Manipulative Berichterstattung zum Thema Wahlen in Nicaragua

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Maren
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Manipulative Berichterstattung zum Thema Wahlen in Nicaragua

Beitrag von Maren »

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Programmbeschwerde

Manipulative Berichterstattung zum Thema Wahlen in Nicaragua - Ihr Beitrag „Ohne Demokratie, aber im Trockenen“
in der Tagesschau vom 07.11.2016

Sehr geehrte Damen und Herren,

auf Tagesschau.de vom 07.11.2016 findet sich ein Kommentar mit dem Titel „Ohne Demokratie, aber im Trockenen“ von Anne-Katrin Mellmann, der sich u.a. mit der Präsidentschaftswahl in Nicaragua befasst.

Zitat:

„Wenn in Nicaragua ein tropischer Regenguss niedergeht, unvorstellbare Mengen in kürzester Zeit, dann sitzt man lieber unter einem Wellblechdach als unter Pappe und Plastik. Zehntausende arme Nicaraguaner sind Präsident Daniel Ortega dankbar, weil ihnen seine Regierung solche Dächer geschenkt hat. Das hat ihre Lebensqualität spürbar verbessert, auch wenn sie arme Leute geblieben sind. Wellblech oder Plastik - das macht einen Riesenunterschied, wenn auch auf niedrigem Niveau.“

Die Einsenderin dieser Kritik meint dazu: „Unglaublich, mit welcher Unverfrorenheit die ARD-Journalistin Anne-Katrin Mellmann in Ihrem Kurzbeitrag für die Tagesschau über Nicaragua und die dortigen Wahlen berichtet.“ Der Bericht von Frau Mellmann ist gespickt von Arroganz und geringschätziger Herangehensweise. Wider besseren Wissens verschweigt Frau Mellmann, dass es sich um umfangreiche Programme für den Bau von kompletten Sozialwohnungen bzw. Einfamilienhäusern handelt.

Bisher hat Nicaragua jedes Jahr durchschnittlich 4.000 Wohnungen gebaut, insgesamt wurden seit 2010 mindestens 25.000 errichtet. Fotos sind hier zu sehen:
https://www.google.com.uy/search?q=vivi ... rce=univ&s

Wie Sie anhand der Fotos erkennen können, geht es um weit mehr als die Frage ob die Menschen unter Plastik oder Wellblech leben. Die Programme für den Bau und Erwerb von Sozialwohnungen schließen zahlreiche Wohnungskooperativen ein, bei denen die Mitglieder unter Anleitung ihre Häuser selbst bauen, wie in vielen Ländern Lateinamerikas. Die Finanzierungsprogramme sind auf die jeweiligen Einkommenshöhen und auf die Bedürftigkeit der Bewerber abgestimmt.

Nicaragua hat vom Internationalen Währungsfond IWF und von der UNO Lob und Auszeichnungen erhalten. Nicaragua ist in wirtschaftlicher Hinsicht Vorbild für andere Länder des Kontinents. Sei es wegen seinem kontinuierlichen Wirtschaftswachstum von rund 5% der letzten Jahre, seiner niedrigen Inflation, sei es in der Drogenbekämpfung (an erster Stelle der Region), sei es wegen der niedrigen Kriminalitätsrate (die niedrigste in der Region), sei es wegen seinem ausgedehnten Straßenbau und Infrastrukturprojekten, sei es wegen der Gleichstellung der Frau (an erster Stelle in Lateinamerika), wegen der staatlichen Gesundheitsfürsorge selbst in abgelegenen ländlichen Gebieten, wegen Alphabetisierungs- und Bildungsprogrammen und zahlreichen Sozialprogrammen, oder sei es wegen der absoluten Pressefreiheit, mit der die konzentrierten Medien die Regierung jeden Tag in Grund und Boden verteufeln und genausowenig offene Lügen scheuen wie bei uns zulande.

Der IWF-Experte Gerardo Peraza, der im April dieses Jahres Managua besuchte, erklärte:

Die Wirtschaft Nicaraguas weist weiterhin gute Wachstumsraten auf. In den letzten fünf Jahren gehörten sie mit durchschnittlich 5,2 Prozent zu den höchsten der Region. Das Bruttosozialprodukt wuchs 2015 um 4,9 Prozent, die Inflationsrate hat sich im Vergleich zu den Vorjahren auf 3,1 Prozent etwas gesenkt. Das Haushaltsdefizit beträgt nur 2,2 Prozent des BSP, die Reserven stiegen um mehr als 200 Millionen Dollar an. Weiter hieß es in der Einschätzung: Die Voraussagen für 2017 sind gut, man geht von einem stabilen Wachstum von 4,5 Prozent aus, bei einer Inflation von sechs Prozent.

Der eigentliche Skandal, über den Ihre Korrespondentin Frau Mellmann sich jedoch ausschweigt, ist, dass der US-Kongress vor den Wahlen in Nicaragua Wirtschaftssanktionen gegen das Land beschloss, obwohl knapp einen Monat vor den Wahlen am 6. November 2016 dem Land durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) ein gelungenes Reformprogramm bescheinigt wurde. Diese Seite der US-amerikanischen Außenpolitik wird durch Ihre Sendeprogramme in aller Regelmäßigkeit unter den Teppich gekehrt. Weil die Bundesregierung und die deutschen Journalisten ja die US-amerikanischen Werte teilen. Und Ihre Zuschauer sollen das gefälligst auch tun.

Die Einsenderin dieser Kritik meint weiterhin: Es ist nicht wahr, dass Ortega die Opposition „juristisch ausgeschaltet“ hätte. Die seit 10 Jahren in vier Lager aufgespaltene Opposition hat sich vor Gericht nach dem Tod eines Parteiführers um interne Führungsrechte der Oppositionspartei PLI gestritten, die entschieden werden mussten. Die Führung wurde einem der vier Oppositionsführer (dem Vizepräsidenten der Partei) zugesprochen, was die Verlierer nicht anerkannten – genausowenig wie sie dann die Wahlen anerkannten. Ein medialer Feldzug gegen die Regierung Ortegas wurde losgetreten, der mit der ganzen Geschichte nichts zu tun hat. Nicht die Sandinisten, sondern die Opposition haben diese Gerichtsverfahren beantragt. Hätten sie sich intern geeinigt, wären die Verfahren ausgesetzt worden.

Wäre die Opposition eine überzeugende politische Kraft in Nicaragua, hätte sie auch hohe Stimmenzahlen erhalten, die man nicht verstecken kann. Doch die Opposition wurde wenig gewählt – was wiederum mit den Umfrageergebnissen übereinstimmt. Die Opposition behauptet, 70% der Nicaraguaner hätten nicht gewählt, was in den meisten Medien kritiklos übernommen wurde. Das Gegenteil ist der Fall. Über 70 % sind zu den Urnen gegangen, was mit den Vorwahlumfragen übereinstimmt, worin die Beteiligungsabsichten zwischen 70 % und 80 % lagen.

Das Infamste am Kommentar von Frau Mellemann ist die Andeutung von Folter in einem kleinen Nebensatz, ohne jedoch näher darauf einzugehen. Sie suggeriert, ohne zu belegen.
Mit dieser Art Journalismus positionieren Sie sich gegen ein chancenreiches Entwicklungsland mit offenbar - aus westlicher Sicht – zu viel Unabhängigkeit und bereiten so den Boden für einen erneuten ferngesteuerten „Regimechange“ in Südamerika.

In Ihrer Sendung wurde eine Missachtung der Programmgrundsätze deutlich: mangelnde Trennung von Information und Kommentar sowie unausgewogene, tendenziöse Darstellung in Kombination mit gezielter Informationsunterdrückung.

Zum Zwecke der Transparenz werden diese Beschwerde und weiterführender Schriftverkehr auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen

i. A. Jens Köhler
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Maren
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Re: Manipulative Berichterstattung zum Thema Wahlen in Nicaragua

Beitrag von Maren »

Reaktion vom NDR:
NDR an rbb_geschwärzt.pdf
(1.16 MiB) 1065-mal heruntergeladen
Die Beschwerde wird zuständigkeitshalber an den rbb weitergeleitet.
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Maren
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Re: Manipulative Berichterstattung zum Thema Wahlen in Nicaragua

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Damen und Herren,

folgende Mail von Frau Schlesinger darf ich Ihnen auf Ihr Schreiben an den NDR vom 12. Dezember 2016 schicken.
Nicaragua_ tagesschau_geschwärzt.pdf
(93.61 KiB) 1065-mal heruntergeladen
Freundliche Grüße

Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)
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