Tagesschau zwischen Hybris und Hysterie

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Maren
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Tagesschau zwischen Hybris und Hysterie

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde: Tagesschau zwischen Hybris und Hysterie - Putin könnte mit Cyber-Attacken deutsche Wähler manipulieren

Sehr geehrte NDR Rundfunkräte, sehr geehrter Herr Intendant,

systematisch verzerrt ARD-aktuell das Weltbild des deutschen Publikums mit der Vorstellung eines feindselig-aggressiven Russland und dämonisiert dessen Präsidenten Vladimir Putin. Die Bundestagswahl 2017 könne mittels russischer Cyberattacken auf die Meinungsbildung in Deutschland beeinflusst werden, barmt das „Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie“, BSI, und beruft sich auf so „zuverlässige“, „unabhängige“ und „vertrauenswürdige“ Informanten wie die NATO und den Bundesnachrichtendienst, BND.

Als ob nicht gerade diese nachweislich dem deutschen Michel schon zur Genüge die Hucke vollgelogen hätten und obwohl sich in den USA ein fundierter Konsens durchsetzt, der die dortigen Cyberangriffe innerer politischer Gegnerschaft und nicht den Russen zuschreibt, wie nur noch der Kreis um den berüchtigten Senator Cain behauptet. Dennoch: ARD-aktuell ignoriert diese Entwicklung, relativiert nicht, gibt keine Zusatzinformationen zur rationalen Einordnung ihrer Horrornachrichten.

Man hat es lieber plakativ, wie schon bei der Berichterstattung über die angeblichen russischen Hackerangriffe im US-Wahlkampf.

„Persönliche Anordnung Putins“ – die US-Geheimdienste erheben schwere Vorwürfe gegen den russischen Präsidenten. Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/us-wa ... pos-0.html

Da ist nichts zu weit hergeholt und keine Quelle zu dubios, die Tagesschau ist fraglos dabei, wenn das BSI Parteien und Fraktionen vor Ausspähung durch Hacker warnt. Motive für das BSI sind

„...Cyberangriffe, hinter denen das Amt eine russische Gruppe vermutet. Der Verdacht: vor der Bundestagswahl könnte die öffentliche Meinung manipuliert werden. Clintons Wahlkampf-Manager steht mit seinem Verdacht nicht allein. Mehrere Experten für Sicherheit im Internet betonten, schon nach Bekanntwerden des Datenklaus im Hauptquartier der Demokraten im April hätten alle Indizien für einen Hackerangriff aus Russland gesprochen. Nach einem Bericht der "New York Times" soll die Spur zum russischen Militärgeheimdienst führen. Auch in Europa hätten die russischen Hacker schon Daten geklaut, sagte der Sicherheitsexperte am King's College in London, Thomas Rid, im Sender PBS: "Das ist dieselbe Einheit, die im Mai 2015 in das Netzwerk des Deutschen Bundestages eingedrungen ist." Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/uswah ... k-101.html (Hervorhebungen: d. Verf.)

Eine staatliche Behörde „warnt“. Auf Basis blanker Vermutung. Auf „Verdacht“, es „könnte“ die Wählermeinung manipuliert werden. Statt auf handfeste Belege beruft das BSI sich ausgerechnet auf Clintons Wahlkampfmanager, auf ungenannte „Experten“, auf eine US-Zeitung, die beweislos von „Spuren“ des russischen Militärgeheimdienstes schwadroniert. Und die Tagesschau plappert alles unreflektiert und ungeprüft nach. Die Binsenweisheit, dass qualifizierte und so ergebnisreiche Hackerangriffe wie auf die Clinton-Mails nicht zweifelsfrei einem Urheber zuzuschreiben sind – wenn es denn im Fall der US-Demokratischen Partei überhaupt ein solcher Angriff von außen war und kein Verrat von innen – wurde nicht bedacht.

ARD-aktuell macht sich zur Tröte eines Bundesamtes. Kein Gedanke daran, dass die andauernde antirussische Tendenzberichterstattung der Tagesschau und aller übrigen Mainstream-Medien von BILD bis ZDF sehr viel schlimmer und folgenreicher manipuliert, als es wirkliche russische Hackerangriffe oder Medien je vermöchten.
Michel wird für dumm verkauft, denn der Alarmbericht über zu befürchtendes russisches „Hacking“ stellt keine Beziehung her zu den vergleichbaren Aktivitäten zum Beispiel der USA. Gerade das wäre erforderlich für eine fundierte Meinungsbildung: Ist der NSA-Datendiebstahl schon vergessen? Ist der Datenklau der NSA geklärt oder gar unterbunden worden? Oder wird er nicht vielmehr unvermindert fortgesetzt?

Laut NDR Staatsvertrag (§ 8, Programmgestaltung) ist sicherzustellen, dass
das Programm nicht einseitig einer ... Weltanschauung dient .... Ziel aller Informationssendungen ist es, sachlich und umfassend zu unterrichten .... Berichterstattung und Informationssendungen .... müssen unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung .... auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen ...“
Wir halten fest: ARD-aktuell befolgt diesen Auftrag nicht.

Volker Bräutigam, Friedhelm Klinkhammer
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Maren
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Re: Tagesschau zwischen Hybris und Hysterie

Beitrag von Maren »

PB vom 10.1.2017 Programmbeschwerde: Tagesschau zwischen Hybris und Hysterie

Sehr geehrte NDR-Rundfunkräte,

Wir sind mit der Stellungnahme des Herrn Dr. Gniffke nicht zufrieden.
Stellungnahme_Hybris_geschwärzt.pdf
(1.75 MiB) 859-mal heruntergeladen
Unser Vorwurf lautet:

Obwohl ARD-aktuell verpflichtet ist, umfassend und objektiv zu berichten, reicht die Redaktion dümmliche Verfassungsschutz-Verdächtigungen ans Publikum weiter, benutzt die Schnüffelbehörde als oppurtune Zeugin, prüft dort abgesonderten Unsinn nicht, lehnt sich zurück und meint, man habe allen journalistischen Verpflichtungen Genüge getan, weil man ja nichts anderes gesendet habe, als die Schlapphüte, eine staatliche Quelle (!) von sich gaben. Das ist der "Qualitätsjournalismus" von ARD-aktuell. Heute heisst man solche Produkte treffender: Fake news.

Journalistischen Grundsätzen hätte es entsprochen, wenn man die russenfeindliche Brille abgelegt und die Angelegenheit genauer hinterfragt hätte.

Es waren die "Dienste", Merkels Freunde in den USA, die das Gequatsche von Wahlbeeinflussung durch Russland in die Welt gesetzt hatten, und der antirussisch-propangandistisch orientierte Gniffke gab und gibt diesen Quark begierig an die deutsche Öffentlichkeit weiter. ARD-aktuell als kostspieligste Nachrichtenredaktion in Deutschland hat nicht annähernd das recherchiert, was ein vergleichsweises kleines Magazin wie der "Hintergrund" (Nr.2./2017) kürzlich veröffentlicht hat:

Zu Ihrer Nachhilfe zitieren wir:

"Russlands Präsident höchstpersönlich habe die Cyberattacke angeordnet, so die „Einschätzung“ der US-Dienste, die zur Begründung lediglich anführen können, Wladimir Putin habe schließlich Trump gegenüber Clinton im Präsidentenamt bevorzugt. Einen Beweis für ihre Behauptungen bleiben die beiden Dienste bis heute schuldig.

Tatsächlich bauen diese ihre „Überzeugung“ auf den Erkenntnissen der IT-Sicherheitsfirma CrowdStrike auf, die von den Demokraten mit der Sichtung der DNC- Rechner betraut worden war - das FBI hat die Computer selbst nie untersucht. Innerhalb von 24 Stunden präsentierte die Firma dann im Juni letzten Jahres in einer Pressemitteilung die mutmaßlichen Täter: Zwei Hackergruppen des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB beziehungsweise des russischen Militärgeheimdienstes GRU - „Cozy Bear“ und „Fancy Bear“ getauft - sollen hinter dem Angriff stecken.

Die verwendete Malware sei schon bei früheren Attacken verwendet worden, die CrowdStrike russischen Diensten zuordnet, darunter der Angriff auf den Bundestag Anfang des Jahres 2015.

Das bei den Attacken auf das deutsche Parlament und die DNC-Rechner zum Einsatz gekommene Schadprogramm namens „X-Agent“ wird laut Dmitri Alperovitch einzig und allein von „Fancy Bear“ eingesetzt. Der CrowdStrike-Gründer betonte noch im Dezember gegenüber der Washington Post sein „hohes Vertrauen“ in die Analyse seiner Firma, die mit ihrer Stellungnahme den Grundstein für die „Moskau-manipuliert- US-Wahlen“-Kampagne legte.

Im medialen Getöse dieser Kampagne - die New York Times sprach von „überwältigenden Indizien“ - gingen kritische Stimmen wie die von Jeffrey Carr unter. Der Spezialist für elektronische Kriegsführung lässt kein gutes Haar an der Darstellung von CrowdStrike. Seine eigene Firma habe sich das „X-Agent“-Programm beschaffen können - „und andere können das auch“. „Es ist sowohl albern als auch haltlos, wie CrowdStrike zu behaupten, X-Agent werde ausschließlich von der russischen Regierung eingesetzt, wenn der Quellcode für jeden erhältlich und nutzbar ist.“

Ebenso wie die Täterschaft bleibt auch die Frage offen, inwieweit die publizierten E- Mails die Wählerentscheidung überhaupt beeinflusst haben. Immerhin kaprizierten sich die weitgehend Clinton-freundlichen Leitmedien in den USA in diesem Zusammenhang auf die angebliche Russland-Connection.

Obendrein ist selbst umstritten, ob die E- Mails durch einen Hack an die Öffentlichkeit gelangten. Wikileaks will sie durch einen Whistleblower aus den Reihen der Demokraten erhalten haben, der von Clintons parteiinternen Intrigen angewidert war. „Ich weiß, wer sie geleakt hat“, äußerte sich Craig Murray gegenüber dem Guardian. Der ehemalige britische Botschafter, der enge Verbindungen zur Enthüllungsplattform unterhält, bezeugt: „Ich habe die Person getroffen.“ Sie sei ein Insider und „ganz sicher kein Russe“. Die Vorwürfe gegen Moskau seien „frei erfunden“.

Auch US-Geheimdienstveteranen, darunter mit William Binney ein ehemaliger Technischer Direktor der NSA, bezeichneten die Hackerthese in einer gemeinsamen Stellungnahme als „haltlos“ Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass CrowdStrike-Chef Alperovitch leitender Wissenschaftler des Atlantic Council ist - eine „weitgehend unbemerkte“, aber „relevante“ Verbindung, befindet The Nation. Schließlich wird die US-Denkfabrik unter anderem vom US-Außenministerium, von der NATO, den Regierungen Litauens und Lettlands sowie dem prowestlichen ukrainischen Oligarchen Wiktor Pintschuk finanziert. Sie gehöre „zu den lautesten Stimmen, die zu einem neuen Kalten Krieg mit Russland rufen“, schreibt das US-Magazin.Die an Moskau adressierten Vorwürfe der Wahlmanipulation sind nicht nur substanzlos, sondern offenkundig politisch motiviert - was auch in Bezug auf die Bundestagswahlen gilt.

Nach über einem Jahr emsiger Suche mussten der BND und der Verfassungsschutz Anfang Februar eingestehen, keine Beweise für die Einmischung Russlands in den deutschen Wahlkampf gefunden zu haben. „Wir hätten gerne die gelbe Karte gezogen“, zitiert die Süddeutsche Zeitung einen involvierten Sicherheitsexperten. Von den ursprünglichen Plänen, das fünfzigseitige Geheimdienstpapier öffentlich zu machen, sei mangels Beweisen abgesehen worden. Dessen ungeachtet gab das Bundeskanzleramt die weitere Untersuchung der vermeintlichen russischen Einflussnahme in Auftrag - das Thema kann so öffentlichkeitswirksam am Köcheln gehalten werden. Schützenhilfe dabei leistete Ende März der US-Senat, dessen Geheimdienstausschuss vor einem „möglichen russischen Einfluss“ auf die Bundestagswahl warnte. Belege dafür blieb man der Öffentlichkeit wieder einmal schuldig. Sergej Lawrow trägt die ganze Angelegenheit mit ironischer Gelassenheit. Noch vor Kurzem sei Russland von Präsident Obama als „Regionalmacht“ bezeichnet worden, und nun dirigiere Moskau angeblich die US- Wahl - so äußerte sich der russische Außenminister in einem CNN-Interview zu den Vorwürfen.Diese seien zwar mit „keinem einzelnen Fakt“ belegt worden, aber „die Aufmerksamkeit, die man uns widmet, ist natürlich schmeichelhaft“.

Offensichtlich haben Gniffke und Co bis heute nicht begriffen, dass der hier zitierte Beitrag im "Hintergrund" dem Standard entspricht, den man eigentlich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarten müsste. Aber Journalismus strengt an, Hetzen ist bequemer.

Wir sehen trotz der Einlassung Gniffkes weiterhin einen Verstoß gegen die Programmrichtlinien.

F. Klinkhammer, V. Bräutigam
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Maren
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Re: Tagesschau zwischen Hybris und Hysterie

Beitrag von Maren »

Von: gremienbuero@ndr.de
Betreff: Ihre Programmbeschwerden

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

der Rundfunkrat hat sich in seiner Sitzung am 01.12.2017 mit Ihren nachfolgend aufgeführten
Programmbeschwerden befasst:

Programmbeschwerde vom 03.11.2016 über den Artikel „Weitere Waffenruhe für Aleppo:
Moskau will Luftangriffe am Freitag aussetzen“ vom 02.11.2016 auf „tagesschau.de“

Programmbeschwerde vom 17.11.2016 über die Berichterstattung über den Internationalen
Strafgerichtshof in Den Haag in der Sendung „Tagesschau“ vom 16.11.2016

Programmbeschwerde vom 19.11.2016 über den Artikel „Koalition setzt Angriffe aus:
Brüchige Feuerpause im Jemen“ vom 19.11.2016 auf „tagesschau.de“

Programmbeschwerde vom 02.01.2017 über die Meldung „Nach Hacker-Vorwürfen:
Spannungen zwischen den USA und Russland“ in der Sendung „Tagesschau“ vom 30.12.2016

Programmbeschwerde vom 07.01.2017 über die Meldung „Treffen mit US-Geheimdiensten:
Trump will gegen Cyberangriffe vorgehen“ in der Sendung „Tagesthemen“ vom 06.01.2017

Programmbeschwerde vom 11.01.2017 über den Artikel „Russische Hacker am Werk? BSI
warnt Parteien vor Cyberangriffen“ vom 20.09.2016 auf „tagesschau.de“


Programmbeschwerde vom 05.02.2017 über die Ukraine-Berichterstattung von ARD-aktuell

Programmbeschwerde vom 15.02.2017 über die Berichterstattung auf tagesschau.de über
belagerte syrische Städte

Programmbeschwerde vom 21.02.2017 über die Berichterstattung von ARD-aktuell über die
Lage in Montenegro

Programmbeschwerde vom 26.02.2017 über die Berichterstattung auf tagesschau.de über
Äußerungen von Kanzlerkandidat Martin Schulz zur Agenda 2010

Mit den oben aufgeführten Programmbeschwerden hatten Sie sich an den Rundfunkrat des
Norddeutschen Rundfunks gewandt und einen Verstoß gegen den NDR-Staatsvertrag geltend
gemacht.

Nach intensiver Diskussion, der jeweils eine ausführliche Beratung im Programmausschuss bzw.
im Rechts- und Eingabenausschuss vorausgegangen war, und sorgfältiger Prüfung der
Sachverhalte weist der Rundfunkrat Ihre Programmbeschwerden zurück. Der Rundfunkrat kann in
keinem der oben genannten Fälle einen Verstoß gegen die für den NDR geltenden
Rechtsvorschriften feststellen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Günter Hörmann
Vorsitzender NDR Rundfunkrat
_____________________________
NORDDEUTSCHER RUNDFUNK
Gremienbüro
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel. (040) 4156-3506
Fax (040) 4156-3452
E-Mail: gremienbuero@ndr.de
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