Programmbeschwerde "Rückkehr nach Mossul"

Hier veröffentlichen wir externe Programmbeschwerden mit freundlicher Genehmigung der Beschwerdeführer. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in den Beschwerden thematisierten Anliegen ausschließlich in der Verantwortung der jeweiligen Beschwerdeführer liegen und diese nicht automatisch die Meinung der Forenbetreiber wiederspiegeln.
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Maren
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Programmbeschwerde "Rückkehr nach Mossul"

Beitrag von Maren »

An: gremienbuero@ndr.de

Sehr geehrte Frau Thümler,

hiermit erhebe ich Programmbeschwerde gegen den Beitrag: "Rückkehr nach Mossul".
Stand: 22.01.2017 18:19 Uhr, von Volker Schwenck

Krasser könnten die Gegensätze nicht mehr sein. Man erinnert sich nur zu gut an die Reportagen von Schwenck aus Ostaleppo. Seit September 2015, nach dem militärischen Eingreifen Russlands, aufgrund einer Bitte des langjährigen Verbündeten der syrisch arabischen Republik und seines Präsidenten Bashar al Assad begann Schwenk sein Herz für die "Rebellen" und deren Anhänger zu entdecken. Dass zu diesem Zeitpunkt längst der größte Teil der
"bewaffneten Opposition" zur al Nusra-Front übergelaufen war, fand sich in den Beiträgen nicht.

Seit 2012 wurde die Bevölkerung von Ostaleppo von verschiedensten Islamistenbanden terrorisiert, gefoltert, entführt und ermordet. Ab dem Jahre 2012 wurde in Aleppo, auch mit Flugblättern, die Drohung der islamistischen Terroristen weiterverbreitet: "Wenn ihr eure Kinder zur Schule schickt, werden wir euch ihre Schulranzen zurückschicken."
Immer wieder überfielen diese Terroristen auch den westlichen Stadtteil Aleppos, um dort schlimmste Massaker in Schulen, Krankenhäusern und christlichen Messen in Kirchen anzurichten. Dass sich auch christliche Würdenträger aus ganz Syrien und speziell Westaleppo bitterlich über die einseitige Berichterstattung beklagten, hat ARD-Aktuell und ebenso Schwenck nie im Geringsten interessiert. Galt es doch die Verbrechen der Westlichen-Werte-Gemeinschaft (WWG), den schmutzigen Krieg gegen Syrien, (Buch: "Der schmutzige Krieg gegen Syrien" von Dr. Tim Anderson, Australien) von der Öffentlichkeit bestmöglichst fernzuhalten.

"Am 4.2.2012 veröffentlichte die Schweizer „katholische internationale Presseagentur“ (Kipa/Apic) ein Interview mit dem Erzbischof von Aleppo, Jean-Clément Jeanbart, in dem er vor den katastrophalen Folgen warnt, die ein gewaltsamer Umsturz in Syrien hätte und den westlichen Medien vorwirft, mit einer verzerrten, irreführenden Berichterstattung Öl ins Feuer zu gießen." (...)

„Die internationalen Medien stellen die syrische Wirklichkeit nicht ehrlich dar, sie werfen Öl ins Feuer ...“ wetterte Monsignore Jean-Clément Jeanbart gleich zu Beginn. Die syrischen Christen (rund 10% der Bevölkerung) würden mittlerweile in Angst und Schrecken leben. Im Falle eines Umsturzes sei die Zukunft der Minderheiten in Syrien generell in Gefahr, so Jeanbart, da die Regierung dann in die Hände der Islamisten fallen würde.

Allein ein aufrichtiger Dialog könne das Land aus der Katastrophe retten, so Jeanbart weiter, aber die von den amtierenden Machthabern angekündigten Reformen lassen auf sich warten und die Opposition weigert sich, zu verhandeln. Der Metropolit von Aleppo ist auch sehr wütend über die internationalen Medien, die seiner Meinung nach in ihrer überwiegenden Mehrheit gegen die syrische Regierung sind und sehr oft falsche Nachrichten über die Realität seines Landes verbreiten. "

http://www.ag-friedensforschung.de/regi ... eppo2.html

In Ostmossul nun begleitet Schwenck die irakischen Streitkräfte, nachdem durch Bombardierungen der US-Koalition und Einmarsch der irakischen Streitkräfte die IS-Terrormilizen die Flucht ergriffen haben, so wie in Ostaleppo die al Quaida-Terroristen. Haben wir jemals Videos von Volker Schwenck aus Mossul gesehen, wo Zivilisten Opfer der westlichen Bombardierungen geworden sind? Nein. Aus mehreren Gründen: - Der Westen und auch die irakischen Streitkräfte möchten unter keinen Umständen Bilder sehen, wie sie Schwenck nahezu pausenlos aus Ostaleppo in Form von Propagandafilmchen geliefert hat und in Ostmossul gibt es schlichtweg kein westunterstütztes "Mossul Media Center", wie das "Aleppo Media Center," AMC, und westfinanzierte Rettungsgruppen, die auch angebliche Rettungen inszenieren.
Im Irak, wir erinnern uns, hat die USA ja bereits den Regimechange vor Jahren vollzogen, während dieser in Syrien noch ausstand. Interessiert es Schwenk in seinem Beitrag, dass die irakischen Streitkräfte beim Einmarsch in Ostmossul schwerste Menschenrechtsverbrechen begangen haben, z. B. Kinder und Jugendliche erschossen haben und diese dann mit ihren Panzern überfuhren?
Angeprangert von Amnesty International und Human Rights Watch? Nein.

"Philip Luther, Experte für die Region Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International, übt scharfe Kritik: "Nachdem sie den Schrecken des Krieges und der Tyrannei des IS entkommen sind, drohen sunnitischen Araberinnen und Arabern im Irak brutale Vergeltungsschläge durch Milizen und Regierungstruppen. Sie werden für die Verbrechen des IS bestraft."
"Er erklärt weiter: "Der IS stellt für den Irak ein reales und tödliches Sicherheitsrisiko dar, doch das ist keine Rechtfertigung für außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen, Folter und willkürliche Inhaftierungen.
Im Kampf um Mossul müssen die irakischen Behörden sicherstellen, dass solche schweren Menschenrechtsverstöße verhindert werden. Die Staaten, die den Militäreinsatz gegen den IS im Irak unterstützen, müssen zeigen, dass sie solche Verstöße nicht länger dulden."
(...) http://www.amnesty.de/2016/10/18/irak-k ... ngstruppen

Der zynische und menschenverachtende Doppelstandard des Kairoer und Hamburger Büros zieht sich wie ein roter Faden durch die Nahostberichterstattung. Man muß aus Sicht Schwencks und des Chefredakteurs von ARD-Aktuell auf der "richtigen" Seite stehen, um bedauert werden zu können.
Da platzt dann auch schon mal einem Wirtschaftsexperten wie Dirk Müller der Kragen:

"Dirk Müller im Tagesausblick vom 17.10.2016 -Kriegspropaganda bei ARD & ZDF"
https://www.youtube.com/watch?v=lxcfhO28nUA
- nur 4 Minuten lang, unbedingt anschauen!

In diesem Beitrag schlägt das Herz Schwencks höher, wenn er die irakischen Streitkräfte filmt und sagt: "Jetzt genießen sie ihren Sieg. Sie hassen den IS, aber sie haben den Befehl, nicht auch Mossuls Bevölkerung zu hassen. Wir tun doch keinem was, sagt der Polizist, oder?

Nein, nein, antwortet der junge Mann aus der Nachbarschaft. Ihr habt uns echt super behandelt."
http://www.tagesschau.de/ausland/weltsp ... l-101.html

Spätestens hier hätte Schwenck berichten müssen, was für schlimme Verbrechen die irakischen Streitkräfte begangen haben.

So steht es auch im Rundfunkstaatsvertrag: "Umfassende, objektive und wahrheitsgetreue Berichterstattung".

Da dies verschwiegen wird und sogar Propaganda für die "super Behandlung" durch die irakischen Streitkräfte gemacht wird, ein klarer Verstoß gegen die bekannten Bestimmungen im Staatsvertrag.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Moser
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Maren
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Re: Programmbeschwerde "Rückkehr nach Mossul"

Beitrag von Maren »

Von: gremienbuero@ndr.de
Betreff: Ihre Nachricht vom 24.01.2017

Sehr geehrter Herr Moser,

wir bestätigen den Eingang Ihrer o.g. Mail.

Da der von Ihnen kritisierte Beitrag von einem SWR-Autoren stammt und somit dem "Weltspiegel" zugeliefert wurde,
habe ich Ihr Schreiben an den SWR weitergeleitet.

Mit freundlichen Grüßen

Ursula Thümler
Rundfunkratsvorsitzende
_____________________________
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Gremienbüro
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel. (040) 4156-3506
Fax (040) 4156-3452
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Maren
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Re: Programmbeschwerde "Rückkehr nach Mossul"

Beitrag von Maren »

Von: Christoph.Hauser@swr.de
An: Herrn Moser

Betreff: WG: Ihre E-Mail vom 24. Januar 2017
Sehr geehrter Herr Moser,

besten Dank für Ihre Zuschrift zum „Weltspiegel“-Beitrag „Rückkehr nach Mossul“ des ARD-Korrespondenten Volker Schwenck vom 22. Januar 2017. Zuständigkeitshalber übernimmt die Beantwortung in diesem Fall der Südwestrundfunk.

Den Vorwurf, unser Korrespondent betreibe hier „Propaganda für die irakischen Streitkräfte“ weisen wir entschieden zurück. Volker Schwenck beschreibt in seiner Reportage die aktuelle Situation in Ost-Mossul nach der Vertreibung des sogenannten „Islamischen Staats“ aus diesem Teil der Stadt. Unser Korrespondent und sein Team waren persönlich vor Ort und berichten aus eigener Erfahrung und mit großer Kenntnis der politischen Lage im Irak.

Dass zum aktuellen Zeitpunkt an diesem Ort in der örtlichen Bevölkerung Erleichterung herrscht, entspricht den authentischen Eindrücken des ARD-Teams – und dies wird unseres Wissens nach auch von anderen Medien nicht bestritten. Volker Schwenck berichtet differenziert über die Lage vor Ort und seine Haltung gegenüber den irakischen Streitkräften zeigt auch textlich die erforderliche professionelle Distanz. Auch kritische Stimmen aus der Bevölkerung kommen zu Wort: „damals haben uns die irakischen Sicherheitskräfte ständig schikaniert“, sagt beispielsweise ein Einwohner.

Auf die Tatsache, dass Zivilisten bei der Rückeroberung Mossuls zwischen die Fronten geraten und Opfer der Angriffe von beiden Kriegsparteien werden – somit auch der irakischen Streitkräfte und der westlichen Allianz – hat die ARD an anderer Stelle in der Berichterstattung mehrfach hingewiesen. Beispielsweise in der „Tagesschau“ vom 29. November 2016 (http://www.tagesschau.de/ausland/mossul ... e-101.html), in einer Live-Schalte in den „Tagesthemen“ vom 12. Januar 2017 (https://www.tagesschau.de/multimedia/se ... -4971.html) aber auch in der „Weltspiegel“-Sendung vom 23. Oktober 2016. Auf die Frage von Moderatorin Ute Brucker nach Gefahren für die Zivilbevölkerung antwortete die Expertin Anja Wehler-Schöck: „… bei einer Bombardierung, bei einem harten Beschuss gerät die Zivilbevölkerung natürlich auch ins Visier. Zum anderen müssen wir befürchten, dass selbst in den befreiten Gebieten, es teilweise zu Racheakten an der Bevölkerung kommt. Und Amnesty International hat letzte Woche einen umfassenden Bericht veröffentlicht, worin bestätigt wird, dass es vielerorts schon zu diesen Racheakten gekommen ist.“

Sie sehen, auch dieser Aspekt wurde bereits zu einem frühen Zeitpunkt in der ARD thematisiert.

Einzelne Kurzbeiträge wie der von Ihnen beanstandete „Weltspiegel“-Beitrag können bei einem solch komplexen Thema nie den kompletten Sachverhalt darstellen. Ausgewogenheit in der Berichterstattung insgesamt ist aber sehr wohl der Anspruch des SWR und der ARD – und diesen sehen wir erfüllt.

Abschließend weise ich darauf hin, dass Sie gemäß § 20 Absatz 3 SWR-Hauptsatzung den zuständigen Ausschuss anrufen und die Beratung der Beschwerde beantragen können. Der zuständige Ausschuss ist in diesem Falle der Fernsehausschuss des Rundfunkrats.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christoph Hauser
Programmdirektor
Information, Sport, Film, Service und Unterhaltung

SWR
Südwestrundfunk
Hans-Bredow-Straße
76530 Baden-Baden
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Maren
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Re: Programmbeschwerde "Rückkehr nach Mossul"

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Damen und Herren des SWR-Rundfunkrates,

die Antwort des Programmdirektors Dr. Christoph Hausers zeigt, dass Zynismus und Menschenverachtung
bei der Nahostberichterstattung vom Büro Kairo aus unter Volker Schwenk und Dr. Hausers praktisch keinerlei
Grenzen gesetzt sind.

Auch darum muss ich sie als Versuch, das Publikum, Sie und mich für dumm und uninformiert zu halten, werten.
Über ein Jahr lang, vom 30. September 2015, bis Mitte Dezember 2016 konnte jeder Zuschauer nahezu täglich, und des weiteren regelmäßig in Programmen des "Weltspiegel" zusehen, wie bei der Befreiung von Ostaleppo, bei denen die Zentren der islamistischen Terrorgruppen von syrischen, aber auch, wenn auch zeitlich in viel geringerem Umfang, von der russischen Armee bombardiert wurden.

Die Isamistengruppen, die bereits 2012 die Scharia-Gerichte in Ostaleppo implementierten und permanent den WestenAleppos bombardierten, die sich in ausgeplünderten Schulen, Krankenhäusern und Kirchen und in selbst angelegten unterirdischen Tunnelsystemen verbargen, waren die anvisierten Ziele. Wie bei allen Bombadierungen aus der Luft gibt es immer zivile Opfer. Diese instrumentaliserte Volker Schwenk bis zum Exzess in Ostaleppo. Sie werden mir keinen einzigen Beitrag zeigen können, von den zivilen Opfern, die seit dem Beginn der sog. Anti-IS-US-Koalition in Syrien oder Irak diesen zum Opfer gefallen sind. Sie sind vom Büro Kairo unter Volker Schwenk nicht existent.

Und in konkretem Fall auch in Mossul nicht.

Doch schauen Sie hier:

https://www.iraqbodycount.org/
https://airwars.org/

Die sog. freie Presse muss also hier als Informationsquelle herangezogen werden:

http://www.fr-online.de/politik/irak-mo ... 54822.html

"Die Meldungen über die Befreiung Mitte Januar waren noch Top-Nachricht in der internationalen Öffentlichkeit, danach verschwand das Geschehen in Mosul wieder aus der Aufmerksamkeit. Anders als beim Kampf in Aleppo, wo Putin und Assad in einer ungeheuren Einseitigkeit als Hauptverantwortliche für den Kriegshorror geschildert wurden und genau dieses Narrativ für Spannung sorgte, ist das Interesse der westlichen Öffentlichkeit an Mosul spärlich.

Das hat sicher damit zu tun, dass die Konstellation zwar ähnlich ist - eine nationale Armee plus Verbündete plus Supermacht gegen Dschihad-Extremisten -, es diesmal aber nicht die "Achse der Bösen" ist, die ihren Feind, der sich in der Zivilbevölkerung verschanzt, mit Luftangriffen bekämpft und Zerstörungen anrichtet. Aus Mosul wird nur die Zahl der getöteten IS-Milizen bekannt gegeben, ansonsten gibt es keine Angaben zu zivilen Opfern oder Verlusten der irakischen Armee oder gar der westlichen Allierten." (...)

https://www.heise.de/tp/features/Mosul- ... 27605.html
https://www.contra-magazin.com/2017/02/ ... eammedien/

Die moralische Bewertung dieses Leugnens überlasse ich Ihnen, aber hier liegt ein klarer Verstoß gegen die geforderte umfassende Berichterstattung laut Rundfunkstaatsvertrag vor, und diese Feststellung habe ich mir zur Aufgabe gesetzt und weise den SWR-Rundfunkrat hiermit an, sich dieser Beschwerde anzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Bernhard Moser
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