IZA-Institut - Interview zu Befristung

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Maren
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IZA-Institut - Interview zu Befristung

Beitrag von Maren »

Prgrammbeschwerde: "Interview zu Befristung"

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/be ... w-101.html

Sehr geehrte NDR-Rundfunkräte,

wieder einmal können wir bei ARD-aktuell beobachten, wie Tatsachen verdreht und dazu genutzt werden, bestimmte Meinungen und Standpunkte als allein gültig darzustellen und damit das Publikum zu manipulieren. Diesmal ging es um eine Problematik, die in allen Leitmedien – auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk - trotz der großen gesellschaftlichen Bedeutung weitgehend unerwähnt bleibt oder von ihnen kleingeredet wird:

In einem Interview mit einem Repräsentanten des IZA-Instituts erweckt ARD-aktuell den Anschein, als sei die Redaktion ernsthaft an einer Diskussion über die grassierende Befristung von Arbeitsverhältnissen interessiert. Der Inhalt des Interviews zeigt aber, dass ARD-aktuell über die Formate des neoliberalen Mainstreams nicht hinauskommt und sich faktisch daran beteiligt, die Reduktion und Zerstörung von Dauerarbeitsverhältnissen in Deutschland zu bemänteln und wegzureden.

Wie immer, wenn ARD-aktuell den Anschein von Objektivität und eigener Neutralität wahren will, wird ein sogenannter "Experte" hinzugezogen. Es zählt zum Typikum manipulativer Berichterstattung, dass unerwähnt bleibt, in welchen Abhängigkeitsverhältnissen bzw. Diensten der jeweilige Experte steht. Dem Zuschauer soll verborgen bleiben, dass die vorgebrachten Argumente einer einseitigen Interessenlage entspringen.

Im vorliegenden Fall: Interview-Partner Eichhorst ist "Direktor im Bereich Arbeitsmarktpolitik Europa des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA)". Ihn zu interviewen bedeutet: pure Arbeitgeberpositionen zu publizieren, zu verbreiten und zu propagieren.

Das IZA versteht sich als "ein privates, unabhängiges Wirtschaftsforschungsinstitut und betreibt nationale sowie internationale Arbeitsmarktforschung. Als gemeinnützige GmbH wird es durch die Deutsche Post-Stiftung gefördert. Daneben wirbt das Institut im Wettbewerb regelmäßig Forschungs- und Beratungsaufträge von anderen Stiftungen, Regierungsinstitutionen und internationalen Organisationen ein."

Präsident des Instituts ist nach wie vor der frühere Vorstandsvorsitzende der "Deutsche Post World Net" und wegen Steuerhinterziehung zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilte Klaus Zumwinkel.

Direktor des Instituts war Klaus F. Zimmermann,

http://www.ossietzky.net/12-2014&textfile=2689
https://lobbypedia.de/wiki/Forschungsin ... der_Arbeit

der gerne in Anzeigen für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft posierte, für die neoliberale Gleichschaltung des DIW gesorgt hatte und dort nach diversen Skandalen 2011 zurücktreten musste, aber bis 2016 Chef des IZA blieb. Abgelöst hat ihn Hilmar Schneider (u.a. Berater für Merkel).

Das IZA erstellt u. a. Studien für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und die Bertelsmann Stiftung, findet es also nicht im Geringsten anrüchig, dass es regelmäßig hochdotierte Forschungsaufträge von einer Arbeitgeber-PR-Agentur annimmt, die diese dann wieder zum Zwecke ihrer politischen Propaganda nutzt. So viel zur ideologischen Grundhaltung und zur „Unabhängigkeit“ des von der Bertelsmann Stiftung beauftragten „Forschungs“-Instituts

(s. Wolfgang Lieb, http://www.nachdenkseiten.de/?p=20443#more-20443).

Dass die Einstufung als „gemeinnützig“ ebenfalls keine Garantie im Sinne von Objektivität darstellt, belegen wir mit unserem eigenen Argument: Der Deutsche Meeresanglerverband e.V. ist ebenfalls gemeinnützig, aber die Fische und die Natürschützer geben ziemlich wenig drauf.

Seine wirtschaftsliberalen Positionen vernetzt das Institut über seine "Policy Fellows" mit Arbeitgeberorganisationen, politischen Parteien und neoliberalen Denkfabriken. Als Mittelsleute dienen einflussreiche Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Medien und Gesellschaft. Sie trgen dazu bei, das Beratungsangebot des Instituts zu akzentuieren und seine Forschungsergebnisse in die Öffentlichkeit zu lancieren. Zu "Fellows" zählen u.a. Thilo Sarrazin (SPD, früher Bundesbank), Dirk Niebel (FDP, Teppichspediteur), Diana S. Furchtgott-Roth (ehem. Wirtschaftsberaterin von George W. Bush), Michael Krohns (Phönix/ZDF !), Thomas Straubhaar (Wirtschaftsrat der CDU), Tim Butcher (Britische Niedriglohnkommission), Karen Horn (wichtige Koordinatorin neoliberaler Netzwerke), und, man höre und staune – mindestens bis 2016 - Nico Fickinger (Arbeitgebervertreter im neu gebildeteten NDR-Rundfunkrat).

Das Interview ist formal gestaltet wie üblich, als Mikrofon-Hinhalten, ausgeführt von einem öffentlich-rechtlichen Journalisten, der nicht in der Lage oder nicht willens ist, die beschönigenden Antworten seines Interview-Partners zu hinterfragen.

Die zynische Aussage des IZA-Vertreters,"schließlich ist es auf diesem Gebiet (gemeint sind ungelernte Kräfte) relativ einfach, Arbeitskräfte auch zu ersetzen. Deshalb gehen die Arbeitgeber hier ungern längerfristige Verpflichtungen ein", blieb zum Beispiel ohne Vertiefung, obwohl ein kritischer Journalist daraufhin hätte rückfragen müssen, inwiefern es als sozialpolitisch vertretbar ausgegeben werden kann, Menschen so zur Manövriermasse von Unternehmen und Kapital zu degradieren.

Vollends absurd wurde es, als der ARD-aktuell-Mikrofonhalter nach den europäischen Fristvertragstandards fragt und zur Antwort bekommt: "Die Befristung ist hierzulande weniger prekär als in anderen europäischen Ländern. In Spanien, Italien oder Frankreich sind befristete Arbeitsverträge viel riskanter - und viel häufiger." Kein Wort, keine Frage, keine Information zu dieser ausweichenden und vernebelnden Antwort.Verschwiegen wird z.B., dass in Spanien die Befristungsbedingungen kaum anders als in Deutschland, in einigen Punkten für spanische Arbeitnehmer sogar noch günstiger sind. So bei Kettenverträgen und bei der Beschäftung in verschiedenenen Unternehmensgruppen.

Vernebelnd ist auch der Hinweis auf die vermeintlich günstigeren Vorschriften des Kündigungsschutzes in Deutschland, die es angeblich notwendig machen, auf Fristverträge auszuweichen. Der IZA-Experte und auch der ARD-aktuell-Vertreter ignorieren, dass der frühere normale Schutz vor Kündigung in mehr als 80% der deutschen Betriebe faktisch keine Rolle mehr spielt. Der Grund: Seit der Neufassung im Jahre 2004 (zur Zeit der Schröder/Fischer-Regierung) findet das Kündigungsschutzgesetz in Betrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern („Kleinbetriebe“) keine Anwendung mehr. Die bis dahin gültige Grenze von fünf Arbeitnehmern hatte die Bundesregierung 2004 auf zehn erhöht, angeblich um den Mittelstand zu unterstützen und die Beschäftigung anzukurbeln. Es ist ein journalistisches Trauerspiel, dass der ARD-aktuell-Vertreter auch in diesem Punkt den Argumenten des IZA-Vertrers nichts entgegensetzt hat, weil er es entweder nicht wollte oder nichts darüber wusste.

Nicht nachvollziehbar sind auch die Angaben zur Entwicklung der atypischen Beschäftigung in Deutschland.

Entgegen der beschönigenden Darstellung im Interview sind die befristeten Arbeitsverhältnisse unter den 15-64 Jährigen von 2000 bis 2016 um 44%, der Zeitunternehmensverträgler um 31% und der Teilzeitbeschäftigten (bis 20 Wochenstunden) um 20% gestiegen, der Anteil der geringfügig Beschäftigten hat sogar um 150% zugenommen. Besonders beklemmend: Mehr als 16 % der jüngeren Beschäftigten müssen auf der Basis von Zeitverägen arbeiten. Eine Entwarnung oder der Stop dieser arbeitnehmerfeindlichen Entwicklung wird nirgendwo – weder unter Politikern noch unter Medienvertretern – diskutiert. Es geschieht eher das Gegenteil, wie das ARD-aktuell Interview zeigt.

Insgesamt vermittelt der ARD-aktuell-Beitrag den wohl beabsichtigten faktenwidrigen Eindruck: Bei uns in Deutschland steht alles zum Besten, trotz der Millionen Fristverträgler und deren Zukunftsungewissheit.

Die wirklich brisanten Fragen zur Befristung von Arbeitsverhältnissen wurden nicht gestellt, zum Beispiel die Fragen nach den Auswirkungen auf die Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmer, nach der zunehmenden Lohndrückerei, nach dem Verlust an Sozialstaatlichkeit, nach den Zusatzlasten für das Gesundheitssystem, nach dem Kulturverlust und nach der Marginaliseirung des Solidargedankens usw. Sie blieben außen vor, obwohl auf einige dieser Aspekte auch in den Programmrichtlinien des Rundfunkstaatsvertrags ausdrücklich abgestellt wird. Unzählige Untersuchungen haben inzwischen ergeben, dass befristete Arbeitsverhältnisse einhergehen mit Zukunftsangs, Unsausgeglichenheit, Motivationsverlust und Beschäftigungsfähigkeit und mit mehr medizinisch indizierten Beeinträchtigungen, z.B. mit Schlafstörungen, Depressionen, affektiven Störungen und Manien (52% sollen bereits betroffen sein). Dass ARD-aktuell-Vertreter entsprechend kritische Nachfragen dazu vermeiden, zeigt, wie sehr sie verinnerlicht haben, dass es bei dem herrschenden Wirtschaftssystem in erster Linie nicht um individuelle Schicksale geht, sondern um die Betrachtung und Entrechtung des Menschen als Dispositionsmasse für Wirtschaft und Kapital.

Das Verschweigen des beruflichen Hintergrundes des Experten und die einseitigen und oberflächlichen Interviewfragen des ARD-aktuell-Vertreters sind mit den Programm-Richtlinien unvereinbar. In § 11 e des RSTV heisst es:
"In Berichten und in Beiträgen, in denen sowohl berichtet als auch gewertet wird, dürfen keine Tatbestände unterdrückt werden, die zur Urteilsbildung nötig sind. Alle Beiträge haben den Grundsätzen journalistischer Sorgfalt und Fairness und ihrer Gesamtheit der Vielfalt der Meinungen zu entsprechen".
F. Klinkhammer, V. Bräutigam
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Maren
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Re: IZA-Institut - Interview zu Befristung

Beitrag von Maren »

Von: l.marmor@ndr.de
Betreff: Ihre E-Mail

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

in Ihrer E-Mail vom 8. September 2017 kritisieren Sie erneut die Berichterstattung von ARD-aktuell.

Ich habe die verantwortliche Redaktion gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Stellungnahme_Befristung_geschwärzt.pdf
(1.1 MiB) 708-mal heruntergeladen
Aus meiner Sicht liegt kein Verstoß gegen die Programmgrundsätze des NDR oder sonstige Vorschriften vor. Durch die Übersendung dieser Stellungnahme bringe ich dies zum Ausdruck.

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor

Intendant des Norddeutschen Rundfunks
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
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Maren
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Re: IZA-Institut - Interview zu Befristung

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde vom 8.9.17: Fristverträge
Stellungnahme des NDR vom 25.9.17


Sehr geehrte Rundfunkräte,

die Stellungnahme des Intendanten Marmor und seines Mitarbeiters ist unzureichend.

Zu bemängeln ist zunächst einmal, dass beide es nicht für nötig erachten, auf die Kritik insgesamt einzugehen. Stattdessen picken sie sich manipulativ ein paar Punkte heraus und behandeln sie jeweils für sich, allerdings reichlich amateurhaft. Diese Methode ist nicht neu, sie wurde schon während unserer aktiven Zeit im NDR angewendet, um die Rundfunkräte abzulenken und einzuwickeln.

Intendant Marmor behauptet:

"Unsere Berichterstattung verfolgt keine manipulativen Zwecke, dies gilt sowohl für die Themenauswahl, als auch für deren journalistische Umsetzung. Das öffentlich-rechtliche ARD- Gemeinschaftsprogramm wird aus Rundfunkbeiträgen finanziert und arbeitet frei von staatlicher Einflussnahme oder Lobbyismus. Unser Ziel ist es, unser Publikum möglichst gut, umfassend und transparent zu informieren."

Mit dem Aufsagen von Staatsvertragsbestimmungen und der Behauptung, man richte sich ausschließlich nach diesen Vorgaben, ist aber konkrete Kritik an Beispielen vom Gegenteil nicht zu widerlegen. Auf solche billigen Mittel greift nur zurück, wer in der Sache keine guten Argumente gegen die Kritik hat.

Die Anmerkung, dass das Gemeinschaftsprogramm aus Rundfunkbeiträgen finanziert werde, trägt keinen Deut zur Entlastung von unserer Kritik bei. Es handelt sich um einen baren Allgemeinplatz, eine Plattitüde. Geradezu lächerlich ist die Behauptung, das Gemeinschaftsprogramm arbeite frei von staatlicher Einflussnahme oder Lobbyismus: Sie, die Rundfunkräte, sind nicht bloße Repräsentanten von vermeintlich relevanten gesellschaftlichen Gruppen, sondern Sie sind selbstverständlich politische Interessenvertreter im Aufsichtsgremium.

https://www.rubikon.news/artikel/fatale-altlast

Intendanten und Direktoren werden von Ihnen bzw. dem Verwaltungsrat gewählt, sind Ihnen rechenschaftspflichtig. Sogar die Besetzung von Hauptabteilungsleiterpositionen geschieht nicht ohne Placet von Gremienmitgliedern. Die Höhe des Rundfunkbeitrags wird von staatlichen Organen festgesetzt, denen die staatlich beeinflusste "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs" zuarbeitet und die ständig Sinn und Unsinn von Programmaufwendungen hinterfragt. Eine staatliche Rechtsaufsicht, überwacht die Art der NDR-Geschäftsführung. Diese Hinweise mögen genügen – neu sind sie Ihnen sicher nicht, wohl aber in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt – um zu kennzeichnen, wie dümmlich hier versucht wird, sich in Kaisers neue Kleider zu hüllen.

Der Behauptung Marmors und seines Adlaten nach ist es das Ziel des NDR, das Publikum möglichst gut, umfassend und transparent zu informieren. Sollte das tatsächlich das selbstgesteckte Ziel sein, so lägen viele Meilen bis dahin vor ARD-aktuell. Im Weg dahin klafft eine Riesenlücke.

Eine weitere Schutzbehauptung:

"Und trotz kritischer und journalistisch ausgewogener Fragen wird in einem Interview natürlich vor allem die Meinung eines Experten wiedergegeben."

Es ist zumindest reichlich anmaßend, wie sich die beiden NDR-Granden hier selbst attestieren, die Fragen im kritisierten Beitrag seien "kritisch und journalistisch ausgewogen" gewesen. Andersherum wird ein Schuh draus: Die Fragen sind mainstreamkonform, neoliberal glattgebürstet und liegen fernab einer Lebensrealität, in der sich Menschen mit befristeten Verträgen von Zukunftssorgen und Arbeitsplatzverlustängsten tagtäglich gequält finden. Dazu noch einen "Experten" aus einem neoliberal-orientierten Thinktank zu bemühen ist eine abgefeimte Provokation für jeden Arbeitnehmer, der gezwungen wird, mit Rundfunkbeiträgen das ARD-Gemeinschaftsprogramm zu finanzieren.

Jeder durchschnittliche und um Objektivität bemühte Redaktionsleiter hätte bei einem gesellschaftlich so wichtigen Thema wie "befristete Arbeitsverträge" auf die Ansichten eines parteiischen und befangenen "Experten" wie Eichhorst verzichtet. Unter allen Umständen dann, wenn bekannt ist, dass dieser "Experte" und ein einflussreiches NDR-Rundfunkratsmitglied sich institutionell so nahe stehen/standen, dass zumindest von einer engen ideellen Verbindung ausgegangen werden könnte. Das hat ein "Gschmäckle", sagt der Schwabe. In vornehmeren Kreisen nennt mans wohl die Pflege von Freundeskreisen.

Weiter behaupten Marmor und seine Chefredaktion:

"Zudem werden von ARD-aktuell bewusst Expertinnen und Experten mit verschiedensten wirtschaftlichen und politischen Hintergründen befragt, um auch darüber umfassende Einschätzungen und Meinungen abbilden zu können".

Auch das ist eine Behauptung, die mit der Realität nicht in Einklang zu bringen ist. Hier die kurze Einschätzung der von Marmor aufgeführten Fall-Beispiele:

Der Beitrag über die Leiharbeitnehmer am 8.8.17 wird zwar mit einer Anmerkung des Linke-Politikers Klaus Ernst begleitet, aber mit dem ARD-aktuell Hinweis abgeschwächt: "Leiharbeit ist für die Linke eine prekäre Arbeitssituation." Damit wird der Eindruck vermittelt, Leiharbeit sei lediglich nach Ansicht der Linkspartei, nicht aber generell ein belastendes Arbeitsverhältnis. Von welcher Schwelle an abwärts prekäre Arbeit gegeben ist, wird dergestalt beliebig gemacht. Mit Expertenberatung hat das ganze nichts zu tun, zumal ARD-aktuell am selben Tag in einem Parallel-Beitrag mit tumber Regierungspropaganda aufwartete: "Soviele offene Stellen wie nie."

Der Beitrag vom 15.3.17 über Schlafstörungen bei Arbeitnehmern ist zwar gesendet worden, allerdings versteckt auf "Tagesschau.de" und im Nachmittags-Radio-Programm des NDR. Der Expertenrat richtete sich dabei nicht auf die Veränderung der Arbeitsbedingungen, sondern auf den Verzicht von Smartphones und die Einnahme von Baldrian vor dem Schlafengehen. Bemerkenswert auch: Obwohl das Problem der Schlafstörungen wegen erhöhten Arbeitsdrucks seit Jahren bekannt ist, gab es bei ARD-aktuell zu diesem Thema seit dem 9.2.2010 ganze drei Beiträge.

Der Bericht über die Digitalisierung ist der einzige der aufgelisteten Beiträge, in dem korrekterweise Experten der Arbeitnehmerseite – in diesem Fall eine Vertreterin des DGB – hinzugezogen wurden.

Der Rest der zur Entlastung aufgezählten Beiträge hat mit der Frage der Inanspruchnahme von Experten nichts zu tun.

Der Intendant behauptet, mit Expertenberatung würden umfassende Einschätzungen und Meinungen wiedergegeben. Bei ARD-aktuell werden jedoch in aller Regel Experten nur als opportune Zeugen aufgeführt, zu dem Zweck, den redaktionseigenen Meinungsjournalismus zu tarnen und zu verschleiern. Das Gebot der Sachlichkeit und Objektivität wird mit diesem billigen Trick umgangen.

Wir sehen keine Veranlassung, von dem Vorwurf der Verletzung von Programmrichtlinien abzurücken.

F. Klinkhammer, V. Bräutigam
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