ZDF - Anfrage zur Syrien-Expertin Kristin Helberg

Bevor Beschwerden formuliert werden, kann es mitunter sinnvoll sein zunächst Fragen zum Verständnis zu stellen, Quellen zu hinterfragen oder einfach Hinweise zu geben.
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Maren
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ZDF - Anfrage zur Syrien-Expertin Kristin Helberg

Beitrag von Maren »

ZDF
Intendanz
Herrn Bellut
ZDF-Straße 1
55127 Mainz


Anfrage zur Syrien-Expertin Kristin Helberg

Sehr geehrter Herr Bellut,

mit den Worten „Kaum ein anderer deutschsprachiger Journalist kennt Syrien so gut wie Kristin Helberg“, leitete Moderator Claus Kleber im ZDF-Heute-Journal vom 4.12.15 das Gespräch mit der aus Berlin zugeschalteten Gesprächspartnerin ein. So habe sie zuletzt acht Jahre dort [in Syrien] gelebt, Land und Leute schätzen gelernt und weiter Kontakt gehalten.

Es geht aus der vagen Zeitbeschreibung „zuletzt“ nicht hervor, wann Kristin Helberg Syrien das letzte Mal besucht hat und wie konkret sich das interessierte Publikum die Kontakte der „Syrien-Expertin“ zu Land und Leuten vorstellen muss.

Unseren Recherchen zu Folge kann Frau Helberg seit Jahren nicht mehr legal nach Syrien einreisen. Ihre aktive Zeit als offiziell akkreditierte westliche Korrespondentin in Syrien beschränkte sich laut Vita lediglich auf die Jahre von 2001 bis 2008 - also zu einer Zeit, als sowohl Deutschland als auch die EU noch sehr engagiert in Entwicklungsprojekte in Syrien eingebunden waren.

Damals berichtete Frau Helberg als feste Freie u. a. für die ARD recht neutral und relativ unaufgeregt z. B. über den syrischen Wassersektor, über Ökowanderwege, über das Zentrum für strategische Gesundheitsstudien, über Syrien als Partner im Friedensprozess, über Syrien als Schlüsselland für die Befriedung des Arabischen Raums und über ähnlich friedliche und optimistisch anmutende Geschichten.

Unseren Recherchen zufolge hatte Frau Helberg Syrien um 2010 aus familiären Gründen verlassen. Als sie später ihre Schwiegereltern in Damaskus besuchen wollte, erhielt sie kein Einreisevisum mehr.

Frau Helberg bezog zunehmend Position auf Seiten der "Revolution" und wandelte sich von einer Journalistin zur Aktivistin. Sie tat damit genau das, was man laut Alpha-Journalist Hajo Friedrichs unterlassen sollte: Sie machte sich gemein mit einer Sache und verlor so ihre Objektivität und ihre Neutralität. Frau Helberg ist u. a. Unterstützerin der gewaltaffinen Regime-Change-Initiative „Adopt a Revolution“, die vom Ausland aus den bewaffneten Kampf gegen die syrische Regierung unterstützt und den Sturz des syrischen Präsidenten Assad fordert.

Helberg wird trotz ihrer langjährigen Abwesenheit von Syrien und ihrer Parteilichkeit für ausschließlich oppositionelle Gruppierungen als Expertin geführt, die das Land so gut kenne „wie kaum ein anderer Journalist“ und wird somit für das Publikum unberechtigterweise zu einer Vertrauensperson in strategischen Nahostfragen verklärt.

Aus diesen Sachverhalten ergeben sich folgende Fragen, die sich auch auf andere Formate, wie bspw. Talks auf Phoenix, beziehen, in denen Kristin Helberg als Expertin in Syrienfragen fungiert:

1. Aus welchem Grund wird Frau Helberg, die in der Syrienfrage eine eindeutige Agenda vertritt, vom Moderator Claus Kleber als Expertin vorgestellt, die „zuletzt“ 8 Jahre in Syrien lebte und das Land wie kaum ein anderer Journalist kenne?

2.) Warum greift das ZDF nicht auf objektive/unparteiische Journalisten (vor Ort) zurück und setzt stattdessen auf Hörensagen über nicht verifizierbare und/oder interessengesteuerte Quellen?

3.) Warum werden in einer Nachrichtensendung des öffentlich-rechtlichen ZDF, die per gesetzlichem Auftrag den Anspruch der Wahrhaftigkeit, Objektivität und Unparteilichkeit zu erfüllen hat, die Einschätzungen einer straff parteiisch argumentierenden Aktivistin der syrischen Opposition verbreitet?

4.) Wie kann dem Publikum guten Gewissens eine Expertin präsentiert werden, die öffentlich dafür warb, dass der Westen möglichst viele Einheiten der Islamischen Front mit der Lieferung moderner Waffen an sich binden möge?

Der mangelnden Differenzierungsbereitschaft in der Berichterstattung zu Syrien ist es offenbar geschuldet, dass sich ein schwarz/weiß-Denken etabliert hat und Zwischentöne oder gar gegenteilige Meinungen zum Konflikt komplett unberücksichtigt bleiben.

Da dem Publikum auch unabhängige Quellen im Internet zugänglich sind, wird die Anti-Assad-Berichterstattung im ZDF zunehmend als embedded in westliche Polit- und Militär-Interessen empfunden und hat weder mit der tatsächlichen Lage in Syrien noch mit dem gesetzlichen Auftrag öffentlich-rechtlicher Anstalten zu tun.

Die Syrer wollen nicht weniger Bomben, sie wollen überhaupt keine Bomben mehr. Sie wollen Frieden und vor allem wollen sie unbehelligt von Regime-Changern, diversen Helfershelfern und geopolitischen Interessenlagen Dritter, selbstbestimmt über ihr Land verfügen.

Da auch unsere Recherchen zur Person Kristin Helberg auf den Aussagen Dritter beruhen, haben wir vor zwei Wochen eine entsprechende Anfrage per Mail an Frau Helberg gestellt um sicher zu gehen. Leider blieb die Mail bislang unbeantwortet.

Sollten sich Tatsachen ergeben, die unseren Angaben zu Frau Helbergs Aufenthaltsstatus widersprechen, möchten wir darum bitten, diesen Sachverhalt bei der Beantwortung der Anfragen auszuklammern.

Zum Zwecke der Transparenz werden wir diese Anfrage sowie weiteren Schriftverkehr zum Thema auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende



Anlage

An: kristin.helberg@gmx.de

Sehr geehrte Frau Helberg,

ich bin Vorsitzende der medienkritischen Rezipienteninitiative "Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien" und uns beschäftigt verstärkt das Thema Syrien, insbesondere weil uns zur Nachrichtengebung von ARD und ZDF zahlreiche Beschwerden erreichen, die wir dann im Auftrag bearbeiten.

In Nachrichten-Sendungen und Talks im öffentlich-rechtlichen Fernsehen werden Sie als Syrien-Expertin vorgestellt. Claus Kleber führte Sie in der Sendung heute-Journal vom 04.12.2015 mit den Worten ein, dass kaum ein anderer deutschsprachiger Journalist Syrien so gut kenne wie Sie. Sie hätten zudem "zuletzt" 8 Jahre in Syrien gelebt.

Unseren Recherchen zu Folge berichten Sie spätestens seit 2011 nicht mehr aus Syrien. Insider berichteten, dass sie Syrien spätestens 2010, vielleicht aber auch schon früher, verlassen haben. Ihr syrischer Ehemann sei damals nach Berlin gegangen, um seinen Facharzt zu machen und Sie folgten ihm. Als Sie ihre Schwiegereltern in Damaskus besuchen wollten, erhielten Sie kein Einreisevisum mehr und seien seither nicht mehr im Land gewesen.

Ihre aktive Zeit in Syrien beschränkt sich also auf die Jahre 2011 – 2008, also zu einer Zeit, als Deutschland und EU noch sehr engagiert in Entwicklungsprojekte in Syrien eingebunden waren. Damals berichteten Sie recht neutral und relativ unaufgeregt und Ihre Beiträge zeigten keine Spuren von Systemkritik.

Im Zusammenhang mit mehreren Programmbeschwerden zu o. g. Beitrag möchten wir gerne Ihr persönliches Statement zu unseren Recherchen einholen, bevor wir mit Argumenten aufwarten, die nicht den Tatsachen entsprechen.

Für eine kurze Rückmeldung wäre ich Ihnen daher sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Maren Müller
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Maren
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Re: ZDF - Anfrage zur Syrien-Expertin Kristin Helberg

Beitrag von Maren »

Die Antwort des ZDF auf die Anfrage zur Syrien-Expertin Kristin Helberg ist eingegangen.
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Es ist sehr schön, dass die Redaktion die Anmerkungen interessiert zur Kenntnis genommen hat, es bei der Beantwortung des Schreibens aber - wie beim ZDF gewohnt - gekonnt vermieden wurde, auf die konkreten Fragen einzugehen und am Thema vorbei laviert wurde. Nicht das Interview mit Claus Kleber wurde kritisiert, sondern lediglich die Anmoderation mit der Behauptung, dass Helberg "zuletzt" in Syrien gelebt habe. Auch wurde in der Anfrage mit keiner Silbe behauptet, dass Helberg für Ihre Parteinahme (die offensichtlich ist) bezahlt wird. Und nein, Kristin Helberg päsentiert ihre "politische Analyse" keineswegs unabhängig. Genau das war Kern der Beanstandung.
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