Tendenzberichterstattung in den Tagestemen

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Maren
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Tendenzberichterstattung in den Tagestemen

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Programmbeschwerde: Tendenzberichterstattung über u.a. Syrienflüchtlinge, Spendenaktion, Syrien-Verhandlungen in Genf Tagesthemen am 04.02. 2016

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

„Der Krieg ins Syrien geht ins fünfte Jahr. 250.000 Menschen sind gestorben, 11 Mio. auf der Flucht.“ Mit diesen Worten moderiert Th. Roth die o.g. Tagesthemen-Sendung an, in der 12 Minuten lang zum Thema Syrien, Bürgerkrieg, Flüchtlingselend und Genfer Verhandlungen tendenziös berichtet wird; tendenziös bereits deshalb, weil kein einziger aufrichtig um Objektivität bemühter Hinweis auf die Kriegsursachen, die beteiligten Parteien und deren Interessen sowie auf die menschenfeindliche Rolle der Hinterleute und Profiteure dieses Krieges gegeben, sondern nur wieder das antirussische Propagandamärchen auf der Oberfläche serviert wird.

Roth - US-erprobt - legt gleich eingangs ordentlich vor, indem er auf bewegten Luftaufnahmen vom zerstörten Homs bedeutungsschwanger mitteilt, die Aufnahmen seien "von einer russischen Drohne" gemacht worden; sie zeigten, was die Menschen aus solchen Ruinenlandschaften treibe.

Aus Homs wurde vor fast zwei Jahren die vormalige Terroristenbesatzung vertrieben. Erst viele Monate später griff Russland aufgrund des Hilfeersuchens der syrischen Regierung in des Kriegsgeschehen ein. Dennoch wird der falsche Eindruck erweckt: der Russe ist an der Zerstörung von Homs schuld. Keine Frage, nicht einmal ansatzweise eine Erklärung darüber, wer diesen seit fünf Jahren herrschenden Terror mit Bomben, Geld, Waffen und Söldnern inszeniert hatte und mit immer neuen Terrorwellen Syrien entvölkerte: der Westen. Genauer: die USA im Verein mit ihren musterhaften Verbündeten Saudi-Arabien, Katar, Israel, Türkei.

Im anschließenden Bericht des Korrespondenten Th. Ader über das Elend der nach Libanon ausgewanderten Syrien-Flüchtlinge fehlen objektivierende Kriegsursachenhinweise natürlich ebenfalls. Ader bleibt an der Oberfläche und beim Human touch: „100 Dollar UNO-Hilfe pro Monat für sieben Personen, wie soll das funktionieren?“ „Die Flüchtlinge aus Syrien hätten es sich nicht im Traum vorgestellt, dass sie ihr Leben nun ein zweites Mal riskieren müssen, nur weil die Weltgemeinschaft so lange gegeizt hat.“ Allein für diesen sich selbst tragenden demagogischen Schwachsinn von der „Weltgemeinschaft“, der „geizenden“, müsste der Verfasser in eine Journalistenklippschule für angehende Bäckerblume-Redakteure geschickt werden. ARD-aktuell aber wahrt schön opportunistisch Haltung: Als vor gut einem halben Jahr die Flüchtlinge in den UN-Lagern wegen fehlender finanzieller Unterstützung durch die "Weltgemeinschaft" fast verhungerten und zur weiteren Flucht getrieben wurden, hat ARD-aktuell geschwiegen. Human touch nur bei Bedarf.

Dann wieder Th. Roth mit einem Musterfall von Demagogie: Er ruft eine Tabelle der britischen Hilfeorganisation Oxfam auf, in der dargestellt ist, welche Beiträge zur Behebung des syrischen Flüchtlingselends jedes Land aufbringen müsste – gemessen an seiner Wirtschaftskraft – und wieviel einzelne Länder im Vergleich dazu tatsächlich zahlen. Überraschung! Großbritannien trage 237% seines „fairen Anteils“, Deutschland 152%, Frankreich mit 45% jedoch „weit darunter“, Saudi-Arabien 28% „ebenfalls“ und Russland „leistet nur 1% davon“.

Wirksam wird hier insinuiert: Die Russen, diese unfairen Geizhälse. Propaganda vom Feinsten ...gut in den USA gelernt.
Und kein Wort über die Qualität dieser Oxfam-Daten, geschweige denn eine Antwort auf die Frage, inwiefern Russland eigentlich für ein Flüchtlingselend in die Pflicht genommen werden könnte, das es nicht verursacht hat. Aber richtig, der Hauptverursacher, die USA, werden in der von Roth vorgestellten Tabelle ja gar nicht aufgeführt. Ihre 900 Dollarmilliönchen hätten ebenfalls nur einen beschämenden Bruchteil ihres „fairen Anteils“ ausgemacht. Diese Peinlichkeit führt ein transatlantisch abgerichteter Moderator im ARD-aktuell-Studio natürlich nicht auf einer Tabelle vor. Unterschlagung? Das macht doch nix, das merkt ja keiner! Hauptsache, die Russen haben wieder eine Propagandawatsche gekriegt....

Schon geht es weiter im Human touch, nun wird auf die Spendentube gedrückt. Roth plaudert über die Vertreter von 70 Staaten, die in London zu einer Spendenauktion für die syrische Bevölkerung zusammengekommen waren. Korrespondentin Hanni Hüsch weiß darüber zu berichten: „Im Schatten von Westminster Abbey soll Wohltätigkeit die Weltgemeinschaft lenken“ (schon wieder diese „Weltgemeinschaft"!) und liefert gleich ein schönes Stück PR für die in Umfrage-Nöte geratene Kanzlerin Merkel; angeblich ist es gerade dieser Frau “besonders wichtig“, dass viel Geld gesammelt werde. „Jeder Flüchtling, der nicht nach Europa kommt, nimmt Last von ihren Schultern“. Chapeau!
Hier schimmert ein unverhofftes Stück Objektivität aus dem Propagandamüllhaufen: Es geht nicht um die Lasten auf den Schultern der Flüchtlinge. Sondern um die Entlastung der Schultern jener Politiker, die ein gerüttelt Maß an Mitschuld an diesem Krieg und seinem Elend für die Menschen tragen. So weit, das laut zu sagen, geht die Hüsch mit der Objektivität natürlich nicht. Lieber baut sie in ihren Beitrag einen O-Ton der Kanzlerin ein, der vor Heuchelei trieft, weil nur von den Elendssymptomen und ihrer Milderung die Rede ist, nicht aber von den Ursachen – und von den Verursachern des Elends schon gar nicht.

Statt sachlicher Information folgt blanke Hüsch-Kriegspropaganda: „...während sie in London auf Mildtätigkeit setzen, drangsaliert Assad mit russischen Bomben sein Volk.“ Eine absurde Verkennung und verzerrte Darstellung der Situation in Syrien. Es geht aber weiter in dieser Tonlage: „Die Genfer Verhandlungen – ausgesetzt“. Und deshalb lässt Korrespondentin Hüsch in ihrem Stück den britischen Premier Cameron auf Russland los: „Moskau soll seinen Einfluss geltend machen, um die Angriffe zu beenden.“ Russland solle einen Waffenstillstand gemäß dem UN-Sicherheitsratsbeschluss durchsetzen…. eine glatte Falschinformation, denn einen dergestalt Russland verpflichtenden UN-Beschluss gibt es nicht. Eine proamerikanische Propagandistin in ARD-aktuell-Diensten darf sich solche verlogenen Schlenker jedoch erlauben.

Es ist ein Privileg der öffentlich-rechtlichen Qualitätskorrespondenten. Worum es in dieser weltweit - von US-Außenminister Kerry ausgelösten - medialen Propagandakampagne eigentlich geht, wird dann im Schaltgespräch zwischen Th. Roth und dem Kairo-Korrespondenten Volker Schwenck deutlich. Roth: „Gestern sind die Friedensverhandlungen in Genf bis Ende Februar unterbrochen worden. Soll das heißen, Assad will dann mit russischer Hilfe doch lieber auf dem Schlachtfeld auskämpfen?“

Mit keinem Wort geht Roth bei dieser Frage auf die Sachlage ein: Dass es der syrischen Armee mit Hilfe Russlands endlich gelang, die Kopfabschneider-Terroristen der al-Nusra im Norden der Millionenstadt Aleppo zu schlagen, ihren Nachschub aus der Türkei und die Öllieferungen des IS über diese Stecke zu unterbinden und die Besetzung Aleppos durch die al-Nusra teilweise aufzubrechen. Das gesamte Gespräch hindurch zeichnen Roth und Schwenck stattdessen die ARD-aktuell-Linie nach: Es gibt zwei Sorten von Terroristen in Syrien, die böse Sorte heißt IS, die andere ist eigentlich „Opposition“ und heißt deshalb nur „Rebellen“. Der böse Russe bombardiert die Rebellen der al-Nusra, obwohl er doch eigentlich nur die bösen IS-Terroristen bomben soll. Und nun bombardiert der Russe einfach weiter, obwohl die al-Nusra verhandeln will! Diese Russen, also nein!

Warum diese denkwürdige ARD-aktuell-Unterscheidung zwischen zwei gleichermaßen verbrecherischen Kopfabschneider-Terroristenvereinen? Der IS hat sich der US-Gouvernance partiell entzogen, arbeitet jetzt auf eigene Rechnung und für Eigenstaatlichkeit. Die al-Nusra genießt Sympathie in der Türkei und Saudi-Arabien und lässt sich als starker militärischer Partner auf das US-Ziel des Assad-Sturzes orientieren. ARD-aktuell folgt brav der Linie des Bundesaußenministers Steinmeier, dass nun mit allen „Oppositionellen“ verhandelt werden müsse, Kopfabschneiderei hin oder her, "Brutalität herrscht auf allen Seiten". Nur nicht mit dem IS wird geredet. Die al-Nusra und die von ihr geschützen kleinen sonstigen syrischen Kader, „Rebellen“ also, die edlere Sorte Mörderpack, soll gefördert werden. Kleiner Zwischenruf: Vor dem Landgericht Stuttgart müssen sich gerade einige Anhänger der Ahrar al-Sham, die zusammen mit dem Kaida-Ableger Jabhat al-Nusra im Nordwesten Syriens dominant sind, wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ verantworten, also jener Verbrecher, die gerade aus Aleppo von den bösen Russen und der regulären syrischen Armee vertrieben werden.

Die beiden ARD-aktuell-Spitzenkräfte, Roth und der bewährte Terroristen-Verharmloser Schwenck, demonstrieren in ihrer als Information getarnten Agitprop-Arie, wie man mittels Unterschlagung wesentlicher Fakten ein Studiogespräch über die Genfer Syrien-Verhandlungen zu antirussischer Stimmungsmache nutzt und damit nahtlos die kurz vorher von Mr. Kerry gegen die Russen gestartete Kampagne folgsam in Bilder und Worte kleidet.

Roth und Schwenck stellen die Erwartung in den Raum, dass Russland sein Bombardement gemäß der Forderung der al-Nusra-Mörderbande stoppt, auf dass diese sich in Genf gnädig herbeilasse, über einen Friedensplan zu palavern. Moralisierendes Tagesthemen-Politikgeschwätz auf Stammtisch-Niveau: Die russische Regierung möge bitte so dumm sein, Waffenruhe zu halten und zuzuschauen, wie die al-Nusra sich derweil von der Niederlage bei Aleppo erholt und von den USA, Saudi-Arabien, Katar, Israel sowie der Türkei mit neuen Waffen und Söldnern aufrüsten lässt, damit die als "Rebellen" verharmloste Terroristengang eine bessere Verhandlungsposition gegen Assad bekomme ....

Kommentare sind normalerweise kein Beschwerdegrund, die Meinungsfreiheit ist bedauerlicherweise nicht an Qualitätsansprüche gebunden. Ute Brucker würde mit ihrem Beitrag zum Thema ohnehin auf der nach unten offenen Güteskala einsame Werte erzielen. Für sie ist die Unterbrechung der Genfer Verhandlungen „...logisch, wenn immer mehr syrische und russische Bomben vom Himmel fallen. ... Ist doch viel einfacher, die Opposition platt zu bomben, als mit ihr zu reden….“

Ja, so einfach kann man über einen Krieg sowie über US- und Saudi-gesponsertes Terroristenpack daherquasseln, wenn man sich nicht mal selbst fragt, ob mit Kopfabschneidern überhaupt ein Gespräch geführt werden darf. Es ist zu lange her, dass - zu Zeiten eines Kanzlers Helmut Schmidt - die Regel galt: Mit Terroristen und mörderischen Erpressern gibt es keine Verhandlungen, ein Staatsmann gibt ihnen nicht nach.

Strich unter diese 12 Minuten journalistische und politische Tagesthemen-Katastrophe: Es ist Propaganda und niedrigstes Niveau unter Führung eines transatlantisch abgerichteten Moderators, sie lösen unsere Programmbeschwerde aus.

Zu Fragen und Lageeinschätzungen wie in dieser beklagenswerten TT-Sendung kann eine Redaktion nur gelangen, wenn sie Gegeninformationen ausdrücklich nicht zur Kenntnis nimmt, politisches Gegacker von Außenministern dümmlich kopiert, und sich nicht einmal ansatzweise bemüht, ein Mindestmaß an journalistischer Sorgfalt bei der Nachrichten-, Moderations-, Reportage- und Gesprächsgestaltung zu zeigen. Die Ursache solcher den Geist und den Buchstaben der Staatsverträge verletzenden Praxis haben wir wiederholt benannt.

Wir formulieren den Befund erneut:

Wenn Chefredakteur Gniffke und Moderator Thomas Roth aufgrund ihrer chronischen Erkenntnisallergie sich standhaft weigern, russische Quellen wahrzunehmen, nur weil sie staatlich sind, dann kommen eben solche verzerrenden regierungsabhängigen Sendebeiträge dabei heraus. Aufgrund einer anderen Beschwerde (über die unsägliche permanente Berücksichtigung der obskuren „Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ im britischen Coventry) schrieb uns Dr. Gniffke mit Zustimmung des Intendanten Marmor am 19.11. 2015:

„(...) In ihrer Programmbeschwerde vom 04.11.2015 führen die Herren Klinkhammer (...) einen Beitrag auf http://www.de.sputniknews.com an. Dieses Nachrichtenportal ist Teil des staatlichen russischen Medienunternehmens Rossija Sewodnja. Der Generaldirektor von Sputnik, Dmitri Kisseijow, ist auf einer EU-Sanktionsliste und u.a. mit einem Einreiseverbot in die EU belegt. Insofern erscheint der Redaktion von ARD-aktuell diese Quelle weder als unabhängig noch seriös, sondern ganz offensichtlich als staatlich kontrolliert.
https://www.tagesschau.de/ausland/sankt ... ndlOO.html
(...)“

Der Chefredakteur ARD-aktuell verzichtet also staatsvertragswidrig, nämlich mit einer politischen, nicht mit einer journalistischen Begründung, auf eine wichtige Informationsquelle und erklärt sie pauschal für nicht seriös. Die zwielichtige, mutmaßlich geheimdienstlich finanzierte „Beobachtungsstelle“ in London hingegen lässt er am laufenden Band in seinen Sendungen zitieren. Eindeutiger sind Schlagseite, Desinformation, Propaganda und fehlende Seriosität nicht zu belegen.

Es ist erstaunlich, dass derartige Schräglagen niemandem in den Sendern mehr aufzufallen scheinen. Weniger erstaunlich ist demgegenüber, dass das Vertrauen des Publikums zunehmend schwindet. Vor den Augen von Rundfunkräten, die das Interesse dieses Publikum an sauberer und umfassender Information eigentlich schützen sollen.

Wir fordern Sie auf, die Angelegenheit zu prüfen.

Höflich grüßen

V. Bräutigam und F. Klinkhammer
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Maren
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Re: Tendenzberichterstattung in den Tagestemen

Beitrag von Maren »

Betreff: Ihre Programmbeschwerde vom 8. Februar 2016
Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

Sie kritisieren in Ihrer E-Mail vom 8. Februar 2016 erneut die Syrien Berichterstattung von ARD-aktuell.

Ich habe die Redaktion gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen und füge Ihnen die Antwort an.
Roth-1_geschwärzt.pdf
(3.03 MiB) 1025-mal heruntergeladen
Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor
Intendant des Norddeutschen Rundfunks
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Maren
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Re: Tendenzberichterstattung in den Tagestemen

Beitrag von Maren »

NDR-Rundfunkrat
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Programmbeschwerde vom 8.2.2016 - Syrienberichterstattung: Thomas Roth u.a.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind mit der Stellungnahme des Herrn Dr. Gniffke vom 7.3.2016 zu unserer Programmbeschwerde vom 8.2. 2016 nicht einverstanden, da nirgends erkennbar wird, inwieweit das Staatsvertragserfordernis der "unparteiischen, wahrheitsgemäßen, vollständigen und objektiven" Berichterstattung mit dem kritisierten Beitrag erfüllt wird.

Roth zeigte gleich zu Beginn seiner Tagesthemen-Moderation Luftaufnahmen vom zerstörten Homs. Die Aufnahmen seien "von einer russischen Drohne" gemacht worden; sie zeigten, was die Menschen aus solchen Ruinenlandschaften vertreibe, so der Roth-Hinweis..

Aus Homs wurde vor fast zwei Jahren die vormalige Terroristenbesatzung vertrieben. Erst viele Monate später griff Russland aufgrund des Hilfeersuchens der syrischen Regierung in des Kriegsgeschehen ein. Roth erweckt mit seiner schein-neutralen Moderation jedoch den falschen Eindruck, der Russe sei an der Zerstörung von Homs schuld. Die Hinweis auf eine"russische Drohne" in Verbindung mit der Tatsache, dass Russland einen erfolgreichen Bombenkrieg gegen den IS und Al Kaida begonnen hat, führt zwangsläufig – bei nicht so informierten Zuschauern- zu der Assoziation, dass die Zerstörung der Stadt Homs von den Russen herbeigeführt worden sei. Wenn Roth etwas anderes hätte insinsuieren wollten, hätte er ohne großen Aufwand die tatsächlichen Urheber der Zerstörung benennen können. Stattdessen tut er jetzt ganz unschuldig und behauptet, er habe die "Situation“ nur nüchtern beschreiben wollen.

Verleitung zu Fehlschlüssen nennt man diese Form der Propaganda. Nach den staatsvertraglichen Richtlinien wäre es Roths Aufgabe gewesen, die Zuschauer zu befähigen, die Informationen zweifelsfrei richtig einzuordnen. Aber als transatlantisch gefärbeter Journalist bestand hierzu für ihn kein Grund, denn dann hätte er darauf hinweisen müssen, wer diesen seit fünf Jahren herrschenden Terror mit Bomben, Geld, Waffen und Söldnern inszeniert hatte und mit immer neuen Terrorwellen Syrien entvölkerte: der Westen. Genauer: die USA im Verein mit ihren musterhaften Verbündeten Saudi-Arabien, Katar, Israel, Türkei. Dass Roth er als Mitglied der "Transatlantikbrücke" kein Netzbeschmutzer sein will, liegt nahe, hat aber mit objektivem und unabhängigem Journalismus nichts zu tun.

Auch der Oxfam-Hinweis ist ein Musterfall von Demagogie: Roth ruft eine Tabelle der britischen Hilfeorganisation auf, in der dargestellt ist, welche Beiträge zur Behebung des syrischen Flüchtlingselends jedes Land aufbringen müsste – gemessen an seiner Wirtschaftskraft – und wieviel einzelne Länder im Vergleich dazu tatsächlich zahlen. Überraschung! Großbritannien trage 237% seines „fairen Anteils“, Deutschland 152%, Frankreich mit 45% jedoch „weit darunter“, Saudi-Arabien 28% „ebenfalls“ und Russland „leistet nur 1% davon“.

Wirksam wird hier unausgesprochen verbreitet: Die Russen, diese unfairen Geizhälse. Propaganda vom Feinsten ...gut in den USA gelernt.

Keine Antwort bietet Roth nämlich auf die sich zwangsläufig stellende Frage, inwiefern Russland für ein Flüchtlingselend in die Pflicht genommen werden darf, das es nicht verursacht hat. Und typisch für die Berichterstattung: der Hauptverursacher, die USA, werden in der von Roth vorgestellten Tabelle weggelassen. Ihre 900 Dollarmilliönchen haben nur einen beschämenden Bruchteil des „fairen Anteils“ ausgemacht. Diese Peinlichkeit wird von Roth gar nicht erst erwähnt. Informationsunterschlagung? Macht doch nix, das merkt ja keiner! Hauptsache, die Russen haben wieder eine Propagandawatsche gekriegt....

Dass er in seiner Stellungnahme auf unsere genau benannten Vorwürfe überhaupt nicht eingeht, spricht für sich und für die transatlantische Konformität der Sendung.

Unsere Ausführungen über das Schaltgespräch mit Herrn Schwenck hätten wir – so Herr Roth – "verfälscht" wiedergegeben. Diese Beurteilung gibt er über uns ab, ohne ein einziges inhaltliches Argument gegen unsere Ausführungen vorzubringen, es ist genau aus dem Stoff, aus dem seine TT-Moderation gemacht sind: Beurteilungen abgeben, ohne sie mit Fakten zu belegen.

Wir hatten u.a. dargestellt:

"Worum es in dieser weltweit - von US-Außenminister Kerry ausgelösten - medialen Propagandakampagne eigentlich geht, wird dann im Schaltgespräch zwischen Th. Roth und dem Kairo-Korrespondenten Volker Schwenck deutlich. Roth: „Gestern sind die Friedensverhandlungen in Genf bis Ende Februar unterbrochen worden. Soll das heißen, Assad will dann mit russischer Hilfe doch lieber auf dem Schlachtfeld auskämpfen?“

Mit keinem Wort geht Roth bei dieser Frage auf die Sachlage ein: Dass es der syrischen Armee mit Hilfe Russlands endlich gelang, die Kopfabschneider-Terroristen der al-Nusra im Norden der Millionenstadt Aleppo zu schlagen, ihren Nachschub aus der Türkei und die Öllieferungen des IS über diese Stecke zu unterbinden und die Besetzung Aleppos durch die al-Nusra teilweise aufzubrechen. Das gesamte Gespräch hindurch zeichnen Roth und Schwenck stattdessen die ARD-aktuell-Linie nach: Es gibt zwei Sorten von Terroristen in Syrien, die böse Sorte heißt IS, die andere ist eigentlich „Opposition“ und heißt deshalb nur „Rebellen“. Der böse Russe bombardiert die Rebellen der al-Nusra, obwohl er doch eigentlich nur die bösen IS-Terroristen bomben soll. Und nun bombardiert der Russe einfach weiter, obwohl die al-Nusra verhandeln will! Diese Russen, also nein!"

Dass Schwenck ein "Terroristen-Verharmloser" ist, haben wir bereits in anderen Programm-Beschwerden belegt. Gelernt daraus hat er nicht.

Ersichtlich hat es seine Eitelkeit berührt , dass wir über Herrn Roth ausführten, er sei "transatlantisch abgerichtet“:

„Was mich betrifft: Der Vorwurf, ich sei ein 'transatlantisch abgerichteter Moderator' ist polemischer Unsinn. Ich habe immerhin beinahe 10 Jahre meines Lebens in Russland bzw. anfänglich sogar noch in der UdSSR verbracht, war lange Mitglied im Deutsch-Russischen Forum, bin aber deshalb weder ein 'russisch abgerichteter Moderator' noch, wegen der 5 Jahre in New York, 'transatlantisch abgerichtet'. Übrigens auch nicht 'afrikanisch', obwohl ich auch dort drei Jahre gelebt habe." (Ist das Rothscher Humor?)

"Transatlantisch abgerichtet" ist kein netter Begriff, das räumen wir gern ein, aber eine zulässige Zuspitzung (wie Herr Dr. Gniffke zu sagen pflegt), die deutlich macht, dass Herr Roth nicht nur in dem transatlantischen Kungelverein "Atlantikbrücke" beheimatet ist, sondern auch seine Moderation den transatlantischen Interessen entspricht.

Thomas Roth hat sich dementsprechend nicht nur in der Syrien-Berichterstattung als zuverlässiger USA- und Merkel-Verbündeter erwiesen, sondern hat schon früher unter Beweis gestellt, dass Manipulation zu seinem Handwerkzeug gehört. Unvergessen ist das Interviewdes seinerzeitigen Moskau-Korrespondeten Roth mit dem russischen Staatspräsidenten Putin.

Das im Original 27 Minuten lange Gespräch ließ Roth für die ARD zusammenkürzen und dabei so entstellen, dass Aussagen Putins über den Kriegsverursacher Georgien geradezu in ihr Gegenteil verkehrt wurden.„Das Interview mit Putin im Ersten mit Thomas Roth und die unvollständige Veröffentlichung in der ARD sprechen Bände über den Zustand des deutschen „Qualitätsjournalismus“ und die einseitige Propaganda, die wir in täglicher Dosis erfahren.“ hieß es damals auf den „NachDenkSeiten“ im Internet.

Worum ging es konkret? "Thomas „mit den Scherenhänden“ Roth hat sogar die Frechheit besessen, ein ganzes Interview mit Putin zum Konflikt Rußland/Georgien komplett zu verfälschen und Russland die Schuld in die Schuhe zu schieben bzw. zu „schneiden“, schrieb der Herausgeber der medienkritischen Seite „Hinter der Fichte“.

Folge dieser antirussischen Prachtleistung Roths waren im Internet Schlagzeilen wie diese: "ARD manipuliert Putin-Interview“.

Und einen solchen Manipulateur lässt ARD-aktuell heute vor der Kamera agieren und seine antirussischen Allotria treiben, anstatt ihn schamvoll aus dem Verkehr zu ziehen. Die Verantwortlichen setzten vermutlich auf das Kurzzeitgedächtnis des Publikums, Roths „Meisterleistung“ (2008) hat sich längst versendet, sie galt den Herrschaften allerdings wohl schon tags darauf als „verjährt“ ...

Zu Frau Hüsch:
Illustrer als in ihrer Einlassung kann Propaganda nicht belegt werden:

"Die Auswahl der O-Töne erfolgte aus dem gesamten Kontext der Konferenz heraus", schreibt sie. "Die an Russland gerichtete Aufforderung des britischen Premierministers, unverzüglich für einen Waffenstillstand zu sorgen, spiegelte sich in zahlreichen Wortbeiträgen der Konferenz. Sie entspricht also der Nachrichtenlage".

Im Klartext heisst das: Der britische Premier macht Propaganda gegen Russland und Frau Hüsch transportiert sie dann unbearbeitet und ungefiltert über "Tagesthemen" an das deutsche Publikum. Das nennt sie dann die "Nachrichtenlage". Das 1x1 des Journalismus, z.B. auch die Gegenseite zu Wort kommen zu lassen bzw. deren Position kenntlich zu machen, hat sie bei ihrem transatlantischen Propaganda-Eifer offenbar vergessen. Stattdessen plustert sie sich auf. Ihre Reaktion erinnert an den Kinobesucher, der gemütlich in seinen Sessel furzt und dann seinen Nachbarn empört zuruft: „Hier stinkt es aber!"

Frau Hüsch behauptete, Aleppo sei von Assad-Truppen eingekesselt gewesen. Falsch. Die Kämpfe um Aleppo hatten nach langer Zeit erst am 16.2.2016 wieder begonnen. Von Einkesselung kann keine Rede sein, da der Frontverlauf in der Innenstadt, also etwa innerhalb des Stadtringes, sich seit Jahren praktisch nicht geändert hat. Rund 100 000 Menschen leben im terroristisch beherrschten Bereich Aleppos, 2 Mio dagegen in den "Assad"-Stadtteilen. Hieraus den Schluss zu ziehen, Assad bombardiere seine eigen Leute in Aleppo ist Schwachsinn und kann nur von parteiischen und uninformierten Journalisten wie Frau Hüsch behauptet werden. Unseren Vorwurf der Propaganda kann sie nicht entkräften.

Zu Herrn Aders Beitrag in dieser Sendung hatten wir geschrieben:

"Im anschließenden Bericht des Korrespondenten Th. Ader über das Elend der nach Libanon ausgewanderten Syrien-Flüchtlinge fehlen objektivierende Kriegsursachenhinweise natürlich ebenfalls. Ader bleibt an der Oberfläche und beim Human touch:

„100 Dollar UNO-Hilfe pro Monat für sieben Personen, wie soll das funktionieren?“ „Die Flüchtlinge aus Syrien hätten es sich nicht im Traum vorgestellt, dass sie ihr Leben nun ein zweites Mal riskieren müssen, nur weil die Weltgemeinschaft so lange gegeizt hat.“

Allein für diesen sich selbst tragenden demagogischen Schwachsinn von der „Weltgemeinschaft“, der „geizenden“, müsste der Verfasser in eine Journalistenklippschule für angehende Bäckerblume-Redakteure geschickt werden. ARD-aktuell aber wahrt schön opportunistisch Haltung: Als vor gut einem halben Jahr die Flüchtlinge in den UN-Lagern wegen fehlender finanzieller Unterstützung durch die "Weltgemeinschaft" fast verhungerten und zur weiteren Flucht getrieben wurden, hat ARD-aktuell geschwiegen. Human touch nur bei Bedarf."

Dr. Gniffke versucht den "Human-Touch"-Beitrag als objektive Beschreibung der Flüchtlingssituation darzustellen.

"Tatsächlich schildert die Frau, stellvertretend für viele andere Flüchtlinge in dem Lager, sehr anschaulich ihre persönliche Lebenssituation. Im Übrigen hat ARD-aktuell - entgegen der Darstellung der Herren Klinkhammer und Bräutigam - auch in der Vergangenheit immer wieder über die Situation in den Flüchtlingslagern berichtet, sogar bei der Eröffnung des ersten Flüchtlingslagers in Jordanien im Juli 2012. Um das Thema „Kriegsursachen“ ging es in der Reportage überhaupt nicht. Es ging darum, das Schicksal der Flüchtlinge darzustellen."

Also doch: Mit dem Beitrag versuchte ARD-aktuell, die "Herzen der deutschen Zuschauer" anzurühren, ohne die Gründe und Verantwortlichkeiten für das Flüchtlingselend zu benennen. Herr Dr. Gniffke rechtfertigt den Beitrag damit, dass es auch "andere Beiträge über Flüchtlingslager gegeben habe. Dabei sei es immer um Flüchtlingsschicksale und nicht um Ursachen der Fluchtbewegungen gegangen.“

Ja eben! Genau das bemängeln wir! Wie kann man Flüchtlingsschicksale darstellen, ohne die Ursachen für das Elend zu benennen? Aus unserer Sicht ist diese Art von Journalismus eine Bankrotterklärung. Da der Bericht dem Publikum im Zusammenhang mit der Kritik an der russischen Militärintervention präsentiert wurde, ist klar, was insinuiert wurde: "Machthaber" Assad und die Russen tragen die Verantwortung für die Flüchtlingsschicksale.

Wie doppelbödig Dr. Gniffke im Kontext von Flüchtlingsdramen argumentiert, zeigt sich daran, dass wir seit Jahren nichts von den zwei Mio Flüchtlingen erfahren, die vor Poroschenko und seinen Terroraktionen nach Russland geflüchtet sind, selbst in den Zeiten nicht, als ARD-aktuell tagelang über den Ukraine-Konflikt auf Hochtouren berichtete. Die Ostukrainer gehören wohl zu den "Bösen", sind offenbar für ARD-aktuell nur Flüchtlinge zweiter Klasse, sollen den westlich orientierten "Human Touch" nicht erzielen....

Wir bitten um Prüfung.

Mit höflichen Grüßen
F. Klinkhammer + V. Bräutigam
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