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Informationsunterdrückung in der Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst

Verfasst: 13. August 2017, 14:10
von Maren
ZDF
Intendanz
Herrn Bellut
ZDF-Straße 1
55127 Mainz


Programmbeschwerde

Informationsunterdrückung in der Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“


Sehr geehrter Herr Bellut,

hiermit wird Beschwerde erhoben wegen des bewussten Verschweigens wesentlicher Informationen innerhalb der Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ vom 09.08.2017.

Zum Sachverhalt:

Zwei unbekannte Männer hatten in der Nacht vom 11. Juni 2017 zwei Frauen im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg brutal angegriffen. Die 26 und 30 Jahre alten Frauen wurden massiv ins Gesicht geschlagen und stürzten von ihren Fahrrädern. Die Männer schlugen weiter auf sie ein und zerrten die Frauen in ein Gebüsch. Ein Zeuge hörte die Hilferufe und die Täter ließen somit von ihren Opfern ab. Die beiden jungen Frauen erlittenen bei dem Überfall schwere Kopfverletzungen, Knochenbrüche im Gesicht sowie ausgeschlagene Zähne und wurden anschließend aufgrund ihrer "erheblichen Gesichtsverletzungen" in ein Krankenhaus zur stationären Behandlung eingeliefert.

Der Polizeibericht, POL-HH: 170612-3, vom 12.06.2017 enthielt eine einigermaßen detaillierte Täterbeschreibung. http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/6337/3658273

Personenbeschreibung Polizeibericht:
1,70 m bis 1,75 m groß -"südländisches" Erscheinungsbild - schlanke Figur - kurze, dunkle Haare - einer der Täter war mit einer hellen Oberbekleidung bekleidet


In der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ vom 09.08.2017 wich der Moderator jedoch erheblich von den Angaben der Hamburger Polizei ab. Selbst die von Rudi Cerne angegebene Beschreibung der Körpergröße der Straftäter wird im Polizeibericht anders beziffert. https://www.zdf.de/gesellschaft/aktenze ... s-100.html
Hinweis: Link ist nicht mehr gültig und die entsprechende Seite mit der Beschreibung nicht mehr auffindbar. Nachschauen können Sie den Fall und den Fahndungsaufruf hier im Video ab Minute 40:40 - 43:47.
https://vimeo.com/229042844


Personenbeschreibung „Aktenzeichen XY ungelöst“:
Die Männer sollen etwa 1,70 bis 1,80 Meter groß und dunkelhaarig gewesen sein.


Die Reihe „Aktenzeichen YX ungelöst“ hat laut Eigenbeschreibung seit nunmehr 50 Jahren den Anspruch durch die Involvierung der Öffentlichkeit die Verbrechensbekämpfung zu unterstützen. "Themenlieferanten" für die Beiträge in XY seien Strafverfolgungsbehörden, wie z.B. die örtliche Kriminalpolizei, die Staatsanwaltschaften, die Landeskriminalämter und das BKA. Es erschließt sich daher nicht im Mindesten, warum die Verantwortlichen und der Moderator Rudi Cerne derart von den Inhalten der „Themenlieferanten“ – hier die Polizei HH – abweichen.

Was genau spricht nach Ansicht der Redaktion dagegen, den korrekten Wortlaut eines öffentlich einsehbaren Polizeiberichtes zu übernehmen? Welchen Sinn hat eine Öffentlichkeitsfahndung nach unberechenbaren, gewaltbereiten Sexual-Straftätern, wenn die von der Polizei bereitgestellten Fahndungsmerkmale nicht in die komfortable Veröffentlichung durch eine reichweitenstarke Sendung einbezogen werden?

Das offensichtliche Unbehagen und die Unsicherheit von journalistischen Betrieben, sich durch die Preisgabe eines vagen Herkunftsmerkmals der Stigmatisierung schuldig zu machen, verfängt bei diesem Fall nicht. Ein Journalismus, der wider besseres Wissen Realitäten verschleiert, sorgt lediglich dafür, dass Zweifel und Misstrauen gegenüber der Berichterstattung weiterhin anwachsen. Neuste Studien belegen diesen Trend.


ZDF-Staatsvertrag
§ 6 Berichterstattung

(1) Die Berichterstattung soll umfassend, wahrheitsgetreu und sachlich sein. Herkunft und Inhalt der zur Veröffentlichung bestimmten Berichte sind sorgfältig zu prüfen.


Zum Zwecke der Transparenz werden wir diese Beschwerde sowie weiterführenden Schriftverkehr auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.


Mit freundlichen Grüßen


Maren Müller
Vorsitzende

Re: Informationsunterdrückung in der Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst"

Verfasst: 2. September 2017, 16:35
von Maren
Antwort des ZDF-Intendanten Thomas Bellut auf die Programmbeschwerde:
Pol HH_ Bellut_geschwärzt.pdf
(2.68 MiB) 1138-mal heruntergeladen
Hinweis: Am 13.08.2017 informierte ich die Polizei HH per Mail polizeipressestelle@polizei.hamburg.de über die Programmbeschwerde und hinterfragte den Stand der Ermittlungen bzw. die Meinung der zuständigen Ermittlungsbehörden zum geschilderten Fall bei Akte XY ungelöst.

Am nächsten Tag (14.08.2017) kontaktierte mich ein freundlicher Polizeibeamter aus der zuständigen Hamburger Dienststelle telefonisch und teilte mir auf meine Anfrage hin mit, dass es aus Sicht der Polizei HH keinen Grund gäbe, die zum Zeitpunkt des öffentlichen Fahndungsaufrufes bei Akte XY veröffentlichte Personenbeschreibung der Polizei in Frage zu stellen bzw. zu verändern. Auch hätten sich im Fall des Gewaltverbrechens keine neuen Erkenntnisse oder Fortschritte ergeben.

Am 17.08.2017 erschien auf dem Presseportal der Hamburger Polizei eine "Ergänzung zum versuchten Sexualdelikt in Hamburg-Wilhelmsburg vom 11.06.2017", in der bekannt gegeben wird, dass "die aus heutiger Sicht (17.08.2017) gültige Täterbeschreibung" erstmals mit dem Zeugenaufruf in der Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" am 09.08.2017 veröffentlicht worden sei.

Es möge sich jeder selbst über die Ungereimtheiten und inkonsistenten Momente dieses Falles ein Bild machen.

Dass überdies ein Fall von heimtückischer schwerster Körperverletzung (schwere Kopfverletzungen, Knochenbrüche im Gesicht, ausgeschlagene Zähne) verharmlosend als "versuchter Sexualdelikt" deklariert wird, ist im Gesamtkontext verheerend für die beiden Opfer, die sich von diesem verabscheuungswürdigen Angriff wohl Zeit ihres Lebens nicht mehr erholen werden.