Dradio - Interview zu Wahl in Spanien

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Maren
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Dradio - Interview zu Wahl in Spanien

Beitrag von Maren »

Herrn
Dr. Willi Steul
Intendant
Deutschlandfunk


Betr.: Interview der DLF Redakteurin Kathrin Hondl mit dem ehemaligen Kulturkorrespondenten der FAZ in Madrid, Paul Ingendaay, in der Frühsendung am 20. Dezember 2015 im DLF

Sehr geehrter Herr Dr. Steul,

nach seinem Programmauftrag ist der DLF verpflichtet, unvoreingenommen zu berichten. Leider war das heute im wohl vorproduzierten Ingendaay Interview nicht der Fall, da Frau Hondl, so der Eindruck, nicht mächtig in der spanischen Geschichte war.

An der Wahl heute – 20.12.2015 – in Spanien nehmen mehr als die in dem Interview genannten Parteien: Partido Popular, PSOE, Podemos und Ciudadanos teil. Bei der Wahl kandidiert auch die IU, die für eine III. Spanische Republik eintritt, da die Wiedereinführung der Monarchie die letzte Tat vom Diktator Franco war. – Leider wurde das faschistische System nicht wie in Portugal - hier brachte die Nelken-Revolution die Veränderung - von keiner Revolution, sondern durch Tod Francos beendet. An dessen Tod verdiente auch sein Schwiegersohn, der als Arzt Fotos vom Todeskampf an die Internationale Presse verkaufte.

Die Krux ist, die Franquisten haben der „transición“ jegliche Aufarbeitung der Untaten der Franco-Diktatur verhindert. In der Spiegel-Affäre bemühte Strauß den Franco-Minister Manuel Fraga, der wohl für seine guten Taten von der Bundsregierung mit dem Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband ausgezeichnet wurde. Bisher wurde jede Spurensuche nach den über 120000 ermordeten und verschwundenen Bürgerkriegsopfern verhindert. Auch die Katholische Kirche spielt hier eine mehr als undemokratische Partie.

Es ist unwahr, wenn Ingendaay behauptet, es gäbe keine Ausländerprobleme in Spanien. Die Spanier verachten alles was arabisch in der Kultur des Landes ist. Besonders der Umgang mit Ausländern in ANDALUCÍA El Ejido (größtes Anbaugebiet unter Plastikplanen für Gemüse) – hier vor allem Nordafrikaner – und in den Erbeerplantagen unter Plastik bei Moguer/Huelva – wo es vor allem Afrikaner sind, gibt es immer wieder Probleme. Als Saisonarbeiter werden Polen und andere christlichen Osteuropäer eingestellt.

Und dann die Probleme in den Enklaven von Marokko: Medillin und Ceuta. Hier vor allem das Verhalten der Guardia Civil, was sich bis heute nicht zu eine demokratische Polizeitruppe gewandelt hat. So die Bestätigung von Personen, die im Kulturbereich des Landes tätig sind.

Letzter Punkt – leider im Interview vergessen – der Ort „Valle de los Caídos“- 50 km vor den Toren Madrids in der Sierra de Guadarrama. Hier in dem Felsendom befinden sich die Grabstellen der beiden Totengräber der II. Spanischen Republik: José Antonio Primero de Rivera und Francisco Franco. Jeden Sonntag wird von hieraus eine Messe in die UKW-Äther gesandt. Zu einer Farce wird es mit der Faschistischen Todeshalle, da sie von Benediktinermönchen betreut wird.
Nachgefragt wurde auch nicht von Frau Hondl die Finanzierung der Parteien aussieht. Von der jüngsten Partei geht die Information aus, daß Ciudadanos aus den USA Dollar bekommen hat.

Leider an diesem Sonntagmorgen eine oberflächliche Wahlberichterstattung.

Vor allem das auch nach den Wahlen die hohe Arbeitslosigkeit – besonders bei den Jugendlichen – weiter bestehen bleibt.

Mit Gruß
XXXXXXXX*
*Der Name des Beschwerdeführers ist dem Adressaten und uns bekannt.
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Maren
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Re: Dradio - Interview zu Wahl in Spanien

Beitrag von Maren »

Sehr geehrter Herr XXXXXX,

vielen Dank für Ihre Email vom gestrigen Sonntag.

Obwohl Sie sich eine Programmbeschwerde noch „vorbehalten“, antworte ich Ihnen vorab. Sie kritisieren ein aktuelles Interview am Morgen des Wahltages als zumindest unvollständig. Die Kollegen haben den Beitrag deshalb platziert, um die Hörer des Deutschlandfunks auf den wichtigen Wahlvorgang in Spanien aufmerksam zu machen und dazu die wichtigsten Informationen zum Hintergrund zu übermitteln. Die von Ihnen angesprochenen „Fehlleistungen“ wie das Fehlen von Informationen etwa zur Finanzierung der Parteien, zur Rolle der Franquisten, Haltungen der Guardia Civil, die Probleme mit Erntearbeitern etc. dürften in einem ausführlichen Feature zur politischen Situation in Spanien sicherlich nicht fehlen. Sie müssen jedoch nicht in einem solchen aktuellen Interview zum Wahltag angesprochen werden.

Es wurde auch an keiner Stelle behauptet, dass nicht mehr als die vier großen Parteien zur Wahl stünden. Am heute vorliegenden Ergebnis der von Ihnen in der Berichterstattung am Sonntagmorgen vermissten Isquierda Unida IU (3,67 %, 2 Mandate, Quelle: El Mundo Diario Online) lässt sich aber auch klar ablesen, dass die Erwähnung der IU als ein ebenfalls zur Wahl stehendes Parteien-Bündnis wahrlich nicht zwingend war.

Mit Gruß
Dr. Willi Steul
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