ARD-Teletext "USA: Russland tötet Zivilisten" und ZDF-Teletext "Kerry: Vorwürfe gegen Russland und Syrien" vom 6.2.2016

Hier veröffentlichen wir externe Programmbeschwerden mit freundlicher Genehmigung der Beschwerdeführer. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in den Beschwerden thematisierten Anliegen ausschließlich in der Verantwortung der jeweiligen Beschwerdeführer liegen und diese nicht automatisch die Meinung der Forenbetreiber wiederspiegeln.
Gesperrt
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7137
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

ARD-Teletext "USA: Russland tötet Zivilisten" und ZDF-Teletext "Kerry: Vorwürfe gegen Russland und Syrien" vom 6.2.2016

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wiederum richte ich mein Schreiben sowohl an Sie, die Zuschauerredaktion des ZDF, als auch an Sie, die Redaktion von ARD-Aktuell, angesichts der im Kern identen Übernahme der Vorwürfe des Außenministers der USA, John Kerry, gegen die Russische Föderation und die Arabische Republik Syrien.

Im ARD-Teletext werden die Vorwürfe Kerrys dahingehend subsumiert, dass Russland "Angriffe auf Krankenhäuser, Schulen und Rettungskräfte" verübe sowie auf die Vorwürfe "westlicher Staaten" hingewiesen, wonach Russlands Angriffe die "Syrien-Friedensgespräche in Genf torpediert" hätten. Dies lässt die eindeutige totale Blockadehaltung gerade des von Saudi-Arabien und der Türkei gesponsorten "Hohen Verhandlungskomitees" außen vor, welches entgegen der Vereinbarung auf Verzicht auf Vorbedingungen für die Gespräche weiterhin an solchen festhält. Diese mögen zwar auf den ersten Blick als humanitäre Vorbedingungen ausgegeben sein, jedoch fällt eindeutig auf, dass eine Verpflichtung für die Aufständischen nicht in den Vordergrund gehoben wird.

Im ZDF-Teletext wiederum wird John Kerry dahingehend zitiert, dass er der Ansicht ist, dass eine UN-Sicherheitsratsresolution vom Dezember "ausdrücklich die Einstellung von Artillerie und Luftbombardements" fordere. Dies ist so falsch, denn eine allgemeine Einstellung von solchen Kampfhandlungen soll erst, so sehen es die vereinbarten Friedensgespräche zu Syrien vor, im Zuge eines ausgehandelten allgemeinen Waffenstillstandsabkommens in Syrien zwischen den Oppositionsgruppen - das "Hohe Verhandlungskomitee" ist dabei nicht die einzige! - und der Regierung erfolgen. Gruppen, die übereinstimmend als Terroristen bezeichnet werden, bleiben hingegen bei diesem zu vereinbarenden Waffenstillstand außen vor.

Man kommt nicht umhin, festzustellen, dass zum Kriterium, welche Gruppen als terroristisch zu bezeichnen sind, zwangsläufig auch die direkte Kooperation mit Terrorgruppen zu zählen ist. So wird an mehreren Stellen angeführt, dass die sogenannten Ahrar al-Sham, "die Freien Männer der Levante", eindeutig mit der international als Terrororganisation eingestuften Jabhat al-Nusra, der "Unterstützungsfront", kooperieren.

Sowohl in den USA: http://www.latimes.com/socal/daily-pilo ... story.html
als auch hier in Deutschland: http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/15/ak-10-15.php
laufen dahingehend Prozesse gegen Personen, welche diese Gruppe logistisch unterstützt haben.

Die Operationen der russischen Luftstreitkräfte sowie der syrischen Regierungstruppen und ihrer Verbündeten richten sich genau gegen Gruppen wie Ahrar al-Sham und Jabhat al-Nusra, welche exakt in dem Gebiet in Nord-Aleppo aktiv sind, wo den Regierungstruppen es zuletzt u.a. auch gelang, die jahrelange Belagerung der Orte Nubl und al-Zahraa durch eben diese Gruppen aufzuheben. Gruppen wie Ahrar al-Sham und auch Jabhat al-Nusra haben dabei ebenso nie Abstand davon genommen, ihrerseits mit Artillerie auf Wohngebiete zu feuern, und ihrerseits Wohngebiete als Stützpunkte für ihre militärischen Aktivitäten zu nutzen. Im Fachjargon spricht man bei letzterem von der "Nutzung menschlicher Schutzschilde".

Schließlich ist bei den Äußerungen Kerrys auch noch zu bedenken, dass die USA mitnichten ein unbeschriebenes Blatt sind, was die Verursachung von "Kollateralschäden" angeht. So werden diese generell als durchaus akzeptabel erachtet, wie im folgenden Artikel der CNN zu lesen ist: http://edition.cnn.com/2016/01/11/polit ... cy-supply/

Bis zu 50 tote Zivilisten, heißt es da, ist die US-Luftwaffe willens in Kauf zu nehmen gegen den Islamischen Staat, welchem Gruppen wie Ahrar al-Sham und vor allem Jabhat al-Nusra in wesentlichen Punkten ähneln, sowohl was Ideologie als auch Taktiken betrifft. Darüber hinaus ist allgemein bekannt, dass das US-Drohnenprogramm, welches auch in Ländern betrieben wird, gegen welche die USA formell nicht kriegerisch vorgeht, ebenso allzu willens ist, Kollateralschäden" in Kauf zu nehmen, und ebenso allzu willens ist, Rettungskräfte, die am Ort eines solchen Drohnenschlags eintreffen, ebenso gezielt auszuschalten.

Die Methodik hinter diesem international betriebenen Mordprogramm - anders kann man es nicht bezeichnen - wurde dabei vor Monaten durch das Magazin The Intercept eindrucksvoll aufgedeckt: https://theintercept.com/drone-papers/

Die USA, welche darüber hinaus seit der Jahrtausendwende auch die Schleifung der Stadt Fallujah im Irak im Zuge ihrer "counter-insurgency"-Operationen zu verantworten hatten, sind so gesehen die Letzten, die international den Zeigefinger wegen der Tötung von Zivilisten erheben sollten.

Ich erwarte von Ihnen, der Redaktion des ZDF sowie der von ARD-Aktuell, Meldungen wie die zitierten Vorwürfe des US-Außenministers Kerry, nicht kritiklos weiterzutragen.

Ein gutes Wochenende wünscht Ihnen

XXX
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7137
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Re: ARD-Teletext "USA: Russland tötet Zivilisten" und ZDF-Teletext "Kerry: Vorwürfe gegen Russland und Syrien" vom 6.2.2016

Beitrag von Maren »

Sehr geehrter Herr XXXXX,

vielen Dank für Ihre E-Mail und Ihr Interesse am Ersten Deutschen Fernsehen.

Wir bedauern, dass Sie den Eindruck gewonnen haben, das Erste berichte nicht objektiv über den Bürgerkrieg in Syrien.
Das Erste berichtet seit Beginn der militärischen Auseinandersetzungen ausführlich in Nachrichten, Beiträgen und Reportagen, versucht in Sondersendungen und Hintergrundberichten auch immer wieder die komplizierte Situation vor Ort einzuordnen. Sehen Sie etwa hierzu https://www.tagesschau.de/ausland/vier- ... n-101.html

Grundsätzlich bemühen sich die Reporter und Redakteure der ARD immer, möglichst gute journalistische Arbeit zu leisten und alle Aspekte des behandelten Themas angemessen zu beleuchten. Dazu gehört auch, Betroffene beider Seiten ausreichend zu Wort kommen zu lassen.

Bei ihrer Arbeit verfolgen die Journalisten der ARD als oberstes Ziel, gründlich zu recherchieren, Fakten zu erhärten und sie verständlich darzustellen. Bei der Auswahl der Themen orientieren sich die Redaktionen an journalistischen Nachrichtenkriterien. Sie können davon ausgehen, dass Sie in den Nachrichtensendungen des Ersten über alle relevanten Entwicklungen informiert werden, sobald belastbare Fakten vorliegen.

Sollte Sie aber selbst über Fakten und solide Dokumente verfügen, die zur Berichterstattung beitragen können, bitten wir Sie sich direkt an die Landesrundfunkanstalt zu wenden. Für ard-aktuell ist der Norddeutsche Rundfunk federführend zuständig. Norddeutscher Rundfunk: fernsehen@ndr.de oder redaktion@tagesschau.de

Denn in diesem Fall ist die Zuschauerredaktion der Programmdirektion Erstes Deutsches Fernsehen nicht die richtige Anlaufstelle. Zur ARD (Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland) gehören neun Landesrundfunkanstalten. Die Anstalten stellen die Sendungen des ARD-Gemeinschaftsprogramms her.

Die ARD-Programmdirektion koordiniert die Zulieferungen für das ARD-Gemeinschaftsprogramm. Sie hat keine Produktions-Möglichkeiten und kann keine Sendungen ankaufen oder in Auftrag geben.

Keinesfalls ist das Erste Deutsche Fernsehen einer politischen Instanz, Partei oder sonstigen Interessengruppen in besonderer Weise verpflichtet. Das öffentlich-rechtliche ARD-Gemeinschaftsprogramm wird aus Rundfunkbeiträgen finanziert und arbeitet frei von staatlicher Einflussnahme. In den Kontrollgremien der Landesrundfunkanstalten achten Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppen darauf, dass journalistische und ethische Standards eingehalten werden.

Wir hoffen, dass wir Ihnen unsere Haltung einsichtig machen konnten. Dennoch haben wir Ihre Kritik aufmerksam überprüft. Anmerkungen wie Ihre helfen uns beim Bemühen, die Programmqualität des Ersten zu sichern und weiter zu verbessern.

Mit freundlichen Grüßen

Erstes Deutsches Fernsehen
Programmdirektion
Zuschauerredaktion Das Erste
Gesperrt

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 29 Gäste