Protest gegen Gniffkes Blog-Kommentar betr. Assad-Interview

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Maren
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Protest gegen Gniffkes Blog-Kommentar betr. Assad-Interview

Beitrag von Maren »

NDR-Rundfunkrat
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Eingabe: Protest gegen Gniffkes Blog-Kommentar v. 1.3. 2016 auf tagesschau.de betr. Assad-Interview


Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

Dr. Gniffke hat sich nun endgültig unmöglich gemacht. In seinem o.g. Blog-Eintrag behauptet er unter dem Titel

"Darf man mit Assad reden?“

allen Ernstes: "Er hat Giftgas eingesetzt, er hat Städte bombardiert, er lässt Menschen aushungern, in seinen Gefängnissen wird gefoltert – und mit so jemandem führen wir ein Interview“. Daran knüpft Gniffke die rhetorische Frage: "Gibt es für Journalisten eine moralische Grenze, mit wem man spricht? Darf man mit Baschar al-Assad reden? "

Dümmer - und für das Ansehen der wichtigsten Nachrichtensendung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk schädlicher – gehts nimmer. Gniffkes nicht nur wegen ihrer geschichtsklitternden, fälschenden, moralisierenden Prämissen, sondern für einen Journalistien geradezu idiotische Frage provoziert die Gegenfrage: Darf „man" mit US-Präsidenten wie Bush und Obama reden? Schließlich steht fest, dass sie Drohnenüberfälle auf Hochzeitsgesellschaften befahlen, Menschen entführen und foltern ließen, Länder überfallen und Völkerrecht gebrochen haben, Städte bombardieren ließen, verantwortlich für ungezählte Kriegsverbrechen sind und UN-Resolutionen reihenweise mißachtet haben...

Mit seiner peinlichen Rechtfertigung des Interviews mit Präsident Assad bestätigt Gniffke, was wir ihm laufend vorwerfen: Einseitigkeit und Parteilichkeit (in der Syrien-Berichterstattung ebenso belegbar wie in der über die Ukraine und darüber hinaus über den neuerlichen Ost-West-Konflikt) sowie eine das Berufsethos verletzende Neigung zu propagandistischer und dämonisierender Berichterstattung über Assad (und über Putin); das alles gipfelnd in der Parteinahme für die Gegner des syrischen Präsidenten, selbst wenn die zu den terroristischen Kopfabschneidern der Al Kaida zählen.

Dr. Gniffkes kindische Plattitüde, dass man mit einem Interview nicht die Meinung des Interviewten teile, belegt exemplarisch, für wie wenig urteilsfähig er das Publikum seiner Sendung hält und für wie blind gegenüber der Tatsache, dass ARD-aktuell permanent nicht um Neutralität, Unparteilichkeit und Objektivität bemüht, sondern gemäß transatlantischer Sprachregelung „informiert".

Wenn Dr. Gniffkes Redaktion tatsächlich objektiv und den ARD-Programmrichtlinien folgend berichtet hätte, dann wäre ihm möglicherweise auch selbst ein Kommentar wie der hier in Rede stehende als überflüssig erschienen, einen Rest an selbstkritischer Einsichtsfähigkeit beim ihm vorausgesetzt. Dass über unterschiedliche Standpunkte schließlich möglichst ausgewogen berichtet werden soll, ist eine bare Selbstverständlichkeit. Seine Behauptung: "Wir sind .... kein Kriegsgegner Assads und nicht sein Alliierter" zeigt hingegen völligen Realitätsverlust. Dieser NDR-Mann ist offensichtlich nicht in der Lage, seine eindeutig parteiische Informationspolitik zu erkennen, geschweige denn daraus Konsequenzen zu ziehen.

Fakten bewerten ist für den Journalisten das eine. Sich Fakten zurecht zu biegen und fürs eigene Weltbild passend zu machen, wäre das andere und ist Dr. Gniffke nur privatim unbenommen; als dem Chefredakteur von ARD-aktuell ist ihm das untersagt. Dr. Gniffke erlag bei seinen Ausführungen offenbar seiner eigenen Propaganda: Die wüste Story, Assad habe Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt, ist zwar dank seines Zutuns auch von der ARD verbreitet worden, gilt aber inzwischen zumindest in politisch halbwegs aufgeklärten Kreisen als Propagandaprodukt aus westlichen Geheimdienst-Giftküchen. Dass er sich vollkommen verstiegen hatte, als er diese Story adaptierte, hat Gniffke dann wohl aufgrund der heftigen Zuschauerreaktionen bemerkt und versucht, in seinem Blog zurückzurudern:

“Mir ist bewusst, dass der Gifgaseinsatz nicht vollends belegt ist, da haben Sie Recht. Nehmen Sie mir den polarisierenden Einstieg in dem persönlichen Blogeintrag nicht übel, mir ging es um eine Sensibilisierung für die Frage, ob man mit jemandem reden soll, von dem man annimmt, dass er für solche Verbrechen verantwortlich ist. In einem Tagesschau-Beitrag würden wir so nicht formulieren."

„Von dem man annimmt…“ Gniffke behauptet also von sich selbst, er nehme an, die Giftgasstory stimme – und macht damit seine Entgleisung endgültig zum Skandal. Von den Zuschauern nimmt er offenbar an, sie seien vollkommen bescheuert und er sowie ARD-aktuell müssten sie da abholen, wo er sie infolge seiner bisherigen Propaganda vermutet: Aus dem Nebel US-konformer, transatlantischer und pro-türkischer Verblödung. Ob ARD-aktuell je expressis verbis den syrischen Präsidenten Assad des Giftgaseinsatzes bezichtigt hat, wissen wir nicht. Darauf kommt es aber nicht an: Im Sommer 2013 haben Tagesschau und Tagesthemen in unzähligen Beiträgen berichtet, dass fast alle Regierungen der "westlichen Wertegemeinschaft" Assad für den Giftgasangriff verantwortlich machten. Auf die Fragwürdigkeit und Faktenwidrigkeit dieser Vorwürfe hat Gniffke damals wie heute nicht hingewiesen.

Wir fordern Sie auf festzustellen, dass der Blog-Eintrag des Herrn Dr. Gniffke im Widerspruch zu den Programmrichtlinien steht und dass er wegen beweisloser und höchstwahrscheinlich falscher Behauptungen sowie wegen seines selbstgefälligen und unaufrichtigen Stils dem Ansehen von ARD-aktuell und dem des NDR Schaden zugefügt hat.

Mit höflichen Grüßen

F. Klinkhammer und V. Bräutigam
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Maren
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Re: Protest gegen Gniffkes Blog-Kommentar betr. Assad-Interview

Beitrag von Maren »

Betreff: Ihre E-Mail vom 2. März 2016

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

in Ihrer E-Mail vom 2. März 2016 kritisieren Sie einen Blog-Eintrag von Herrn Dr. Gniffke auf tagesschau.de zu einem Interview mit dem syrischen Machthaber Assad.

Ich habe die verantwortliche Redaktion von ARD-aktuell gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Stellungnahme_Blog_geschwärzt.pdf
(5.56 MiB) 891-mal heruntergeladen

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor
Intendant des Norddeutschen Rundfunks
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Maren
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Re: Protest gegen Gniffkes Blog-Kommentar betr. Assad-Interview

Beitrag von Maren »

Dr. Gniffke-Blogeintrag - Ihre Mail vom 18.3.2016

Sehr geehrte Frau Krogmann,

herzlichen Dank für Ihre Stellungnahme. Wir waren überrascht, dass Sie als nachgeordnete Mitarbeiterin den Rechtfertigungspart für Ihren Chef übernommen haben. Das ist ungewöhnlich, weil hierdurch der Eindruck aufkommen könnte, dass Dr. Gniffkes Vorgesetzte es ihm gegenüber an der üblichen dienstlichen Loyalität fehlen lassen. Wir halten das zwar für wenig wahrscheinlich, dennoch empfehlen wir Ihnen bzw. Ihrem Intendanten auf eindeutige diesbezügliche Gepflogenheiten zu achten.

Nach der Lektüre Ihrer Ausführungen sind wir nunmehr wie Sie der Auffassung, dass es sich bei den Blog-Äußerungen von Herrn Dr. Gniffke um keine Programmangelegenheit handelt und deswegen auch nicht unter die Programmbschwerde-Zuständigkeit fällt.

Allerdings bleibt die Frage der Sinnhaftigkeit eines Angestellten-Blogs im öffentlich-rechtlichen Rundfunk weiter bestehen. Herr Dr. Gniffke hätte ja als Kommentator genügend Möglichkeiten, seine – wie auch immer zu bewertenden – Ansichten zu verbreiten. Seine gelegentlich ungeschickten Blogeintragungen haben nicht zum ersten Mal heftige öffentliche unschöne Diskussionen ausgelöst.

Sie "fordern" uns "erneut" auf, in unseren Programmbeschwerden einen "sachlichen Ton" zu wahren:

Haben Sie einmal darüber nachgedacht, wie es nach außen wirkt, wenn eine wichtige Mitarbeiterin einer nach Art.5 GG privilegiert geschützten Rundfunkanstalt wie der NDR sich herausnimmt, gewöhnlichen Bürgern die Art der Meinungsäußerung vorzuschreiben? Wir finden das einerseits belustigend, andererseits aber auch ausgesprochen dreist. Dass wir uns gelegentlich etwas robuster ausdrücken, hängt eng mit der immer wieder durchschimmernden elitären Arroganz unserer Korrespondenzspartner im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zusammen.

Das gilt übrigens auch für die Behandlung dieses Vorgangs: Sie haben zeitlich ungewöhnlich schnell reagiert, weil es um eine für Dr. Gniffke eher persönliche Sache ging. Gewöhnliche Programmbeschwerden bedürfen dagegen bei Ihnen bedeutend längerer Bearbeitungszeiten. Das macht keinen guten Eindruck.


Mit freundlichen Grüßen
F. Klinkhammer und V. Bräutigam
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