Tagesschau: Bericht über den „Nukleargipfel“ in Washington

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Maren
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Tagesschau: Bericht über den „Nukleargipfel“ in Washington

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde: Bericht über den „Nukleargipfel“ in Washington

Sehr geehrte Damen und Herren,

am sogenannten „Nukleargipfel“ in Washington am 1.4.16 haben 50 Staaten teilgenommen. Es ging dort nicht um Verhandlungen über nukleare Abrüstung, sondern um Beratungen darüber, wie die Weiterverbreitung nuklearen, zu missbräuchlichen Zwecken nutzbaren Materials besser zu kontrollieren wäre. Russland nahm an dem Treffen nicht teil. Statt im Bemühen um objektive Information die Gründe dafür in Moskau oder im Internet zu recherchieren. ließ ARD-aktuell, seiner transatlantischen Grundeinstellung getreu, die Washington-Korrespondentin Ina Ruck wieder einmal ein intelligenz-befreites Schauerstück an Spekulation, Desinformation und russophober Schlagseite aufsagen:

„Um die Welt wirklich von Atomwaffen zu befreien, müssten zumindest jene, die welche besitzen, dazu bereit sein. Nordkorea aber ist hier in Washington gar nicht dabei. Auch nicht der Mann, der das größte Atomwaffenarsenal der Welt befehligt. Russlands Präsident Putin. Der hat die Einladung ausgeschlagen, weil er, so glauben viele, nicht Teil einer Sache sein will, die Obama dominiert.“

Atomwaffenabrüstung war, wie gesagt, gar nicht das Thema dieses Gipfels. Trotzdem malt Ruck in dieser Frage Russland negativ ab mit dem agitatorischen Hinweis, es habe das größte Atomwaffenarsenal. Eine solche isolierte Feststellung ohne Bezug zu den Realitäten des atomaren Wettrüstens und damit zumindest zu den USA ist unvertretbar.

Zum russischen Arsenal heißt es im Jahresbericht 2015 des internationalen Friedensforschungsinstitut SIPRI, die "... Gesamtzahl sank zwar von 8000 auf 7500, die Zahl der einsatzbereiten Sprengköpfe stieg jedoch von 1600 auf 1780.Diese Tendenz, heißt es in dem Jahresbericht, sei auch in den USA zu beobachten, und zwar mit einem Gesamtrückgang von 7300 auf 7260, aber einem Anstieg bei den einsatzbereiten Waffen von 1900 auf 2080."

Man sieht, die USA verfügen über 300 einsatzbereite Atomsprengköpfe mehr als die Russen. Beide Staaten betreiben zudem "umfassende und teure langfristige Modernisierungsprogramme" (SIPRI).

Quelle: SIPRI Yearbook 2015. Zusammenfassung auf Deutsch hier: http://www.t-online.de/nachrichten/ausl ... n-auf.html

Die einseitig russlandkritische Aussage der Korrespondentin Ruck dient der propagandistisch gezielten Irreführung. Auch wenn man atomare Aggressionsbereitschaft einer Nuklearmacht nur an der Zahl ihrer Bomben messen wollte, die sie einsatzbereit gemacht hat, wären die USA als gefährlicher einzustufen als Russland. Wenn man historische Reminiszenen pflegt, so haben bisher nur die USA Atomwaffen im Krieg eingesetzt, noch dazu gegen einen Gegner, der bereits kapitulieren wollte. Und wenn man lediglich auf völkerrechtswidrige Kriegsexzesse Bezug nähme, so hätten ebenfalls die USA und nicht Russland die Meisterkrone. Das alles bildet sich aber nicht einmal in Form eines Spurenelements bei ARD-aktuell ab. Die Absicht ist klar: Der Russe ist Feind und muss Feind bleiben.

Mit ihrem Schlusssatz unterstellt Ruck dem russischen Präsidenten pure, auf Obamas medialen Erfolg eifersüchtige Eitelkeit. Auch das ist Agitation, wenngleich eine grottenschlechte. Und weil es keine konkreten Anhaltspunkte gibt, versteckt Frau Ruck ihre Absicht zu spekulativer Herabwürdigung hinter der Floskel „...so glauben viele.“ Ein ebenso bekannter wie primitiver journalistischer „Kunstgriff“: Wenn das Schandmaul nichts beweisen kann, behauptet es, andere hätten was Entsprechendes gesagt oder meinten das. Mit einem Minimum an journalistischem Aufwand hätte ARD-aktuell die Frage klären können, was der Grund für die Absage war. Aber soweit reicht es bei der Tagesschau journalistisch nicht mehr:

Michail Uljanow, Ressortleiter für Nichtweiterverbreitung und Rüstungskontrolle im russischen Außenministerium:

„Die US-Organisatoren des Gipfels haben uns selbst zu der Absage bewogen, indem sie ohne jegliche Absprachen die Vorbereitung zu dem Treffen total veränderten. Sie haben fünf Arbeitsgruppen eingeführt und jeden geladenen Staat vorgeschlagen, nur eine zu wählen. Die Teilnahme an weiteren Gruppen war zunächst nicht vorgesehen“, so der russische Diplomat. Zudem seien nur 50 Staaten zum Gipfel eingeladen worden, 150 hätten keine Einladung bekommen. „Nur die USA, Südkorea und die Niederlande, die in der Vergangenheit als Organisatoren solcher Veranstaltungen auftraten, haben die Möglichkeit, die Arbeit aller Arbeitsgruppen zu verfolgen und zu beeinflussen. Die Ergebnisse werden dann dem Gipfel nur zur Genehmigung vorgelegt. Wir können doch aber Dokumente, die ohne unsere Teilnahme erarbeitet wurden, nicht annehmen, insbesondere auf höchster Ebene.“ Der Nukleargipfel in Washington sei nur der Versuch einer geschlossen Staatengruppe, der ganzen Weltgemeinschaft ihre Tagesordnung im Bereich der nuklearen Sicherheit aufzuzwingen.

Nachlesbar war das schon am 31. März in dieser Quelle: http://de.sputniknews.com/politik/20160 ... z44f0VOZME

Sputniknews ist laut Mitteilung des ARD-Chefredakteurs Dr. Gniffke aber keine Quelle, aus der seine Redaktion sich Informationen besorgt, weil sie nicht unabhängig, sondern staatsnah sei. Da lässt ARD-aktuell denn doch lieber die Washinton-Korrespondentin Ina Ruck dumm daherschwätzen und das Klima zwischen Deutschen und Russen weiter vergiften.

Wir fordern den Rundfunkrat auf, die Angelegenheit zu prüfen.

Höflich grüßen

Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer
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Maren
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Re: Tagesschau: Bericht über den „Nukleargipfel“ in Washington

Beitrag von Maren »

Von: publikumsstelle@WDR.DE
Cc: Rundfunkrat@WDR.DE

Betreff: Ihre Programmbeschwerde vom 23. Mai 2016 - Tagesschau Gipfel zu nuklearer Sicherheit in Washington vom 1. April 2016

Sehr geehrter Herr Klinkhammer, sehr geehrter Herr Bräutigam,

anbei übersende ich Ihnen im Auftrag von Intendant Tom Buhrow den Bescheid auf Ihre Programmbeschwerde vom 23. Mai 2016 (Tagesschau Gipfel zu nuklearer Sicherheit in Washington vom 1. April 2016).
Mit freundlichen Grüßen

Intendant Publikumsstelle
Appellhofplatz 1
50667 Köln
publikumsstelle@wdr.de
http://www.wdr.de
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