Programmbeschwerde wegen manipulativer Einflussnahme auf das Brexit-Referendum

Hier veröffentlichen wir externe Programmbeschwerden mit freundlicher Genehmigung der Beschwerdeführer. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in den Beschwerden thematisierten Anliegen ausschließlich in der Verantwortung der jeweiligen Beschwerdeführer liegen und diese nicht automatisch die Meinung der Forenbetreiber wiederspiegeln.
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jensp24

Programmbeschwerde wegen manipulativer Einflussnahme auf das Brexit-Referendum

Beitrag von jensp24 »

Sehr geehrter Herr Bellut,

Fanny Fascar, rief offen zu „Vote Stay“ im Fernsehkanal „ZDF-heuteplus“ auf. Zusätzlich wurde dieser Beitrag auch auf Facebook am 21. Juni 2016 gegen 14 Uhr mit dem Titel „Ruft eure britischen Freunde an und überzeugt sie vom ‪#‎VoteStay‬ beim ‪#‎Brexit‬-Referendum! Sonst hat Deutschland ein Problem, sagt ZDF heuteplus-Reporterin Fanny Facsar.“ ‬‬‬‬

In diesem Beitrag erläutert Frau Fascar die Nachteile, die sich aus dem Brexit für Deutschland ergeben und rief offen dazu auf, britische Freunde, Bekannte und Verwandte dazu umzustimmen, gegen den Brexit zu stimmen.

Paragraph 10 des Rundfunkstaatsvertrag vom 31.08.1991,in der Fassung des Fünfzehnten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 15./21. Dezember 2010 heit es ganz klar:
„(1) Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Sie müssen unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. Kommentare sind von der Berichterstattung deutlich zu trennen und unter Nennung des Verfassers als solche zu kennzeichnen.
Der Beitrag läßt sich somit auch nicht als Kommentar der Reporterin Fascar einstufen, sondern trägt deutlich den Charakter einer Berichterstattung bzw. Informationssätze.

Das ZDF hat sich darüber hinaus auch im ZDF Staatsvertrag unter § 5 „Gestaltung der Sendungen“ dazu verpflichtet, die politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge neutral und Objektiv zu betrachten. Aus der Sendung lässt sich aber nur eine negative Darstellung des Brexit entnehmen. Ein klassisches Beleuchten der Vor- & Nachteile wurde hier bewusst ausgelassen um den manipulativen Effekt zu erwirken. Der Bericht ist daher als eindeutiges politisches Statement mit der Aufforderung der direkten Einflussnahme auf ein Votum zu nehmen. Dies verstößt in gravierender Weise gegen, die dem ZDF per Staatsvertrag auferlegten Pflichten.

Ich weise vorsorglich darauf hin, dass die Programmbeschwerde, sowie die Antwort des Intendanten Herrn Bellut, im Zuge der Transparenz auf den Seiten der ständigen Publikumskonferenz veröffentlicht wird.

Mit freundlichem Gruß
Jens Ploner
jensp24

Re: Programmbeschwerde wegen manipulativer Einflussnahme auf das Brexit-Referendum

Beitrag von jensp24 »

Die Antwort des ZDF vom 20. Juli 2016:

Sehr geehrter Herr Ploner,

vielen Dank tor lhre E-Mail an den lntendanten des ZDF vom 23. Juni 2016, in der Sie einen Beitrag in unserer Sendung , heute+" vom 21. Juni 2016 ansprechen. Gerne mochte ich Ihnen heute zustandigkeitshalber antworten.

Sie kritisieren einen Beitrag zum , Brexit", der auch auf Facebook veroffentlicht wurde. Dieser verstor.,e , in gravierender Weise gegen die dem ZDF per Staatsvertrag auferlegten Pflichten", weil u.a. ein , klassisches Beleuchten der Vor- & Nachteile (.. .) bewusst ausgelassen" worden sei, , um den manipulativen Effekt zu erwirken".

Zunachst gebe ich Ihnen Recht: Es handelte sich um einen Beitrag, der pointiert argumentierte und eine bestimmte Haltung bezog. Dies wurde in der Anmoderation bzw. in den sozialen Medien auch fOr den Zuschauer durch die bewusst prasente Art der Prasentation deutlich gemacht. Ziel war, eine These- , Kommt der ,Brexit', verliert Deutschland"- auf ihre Stichhaltigkeit zu prufen und aufzuzeigen, welche wirtschaftlichen Konsequenzen ein Ausstieg Gror.,britanniens aus der Europaischen Union fOr Deutschland haben konnte.

Durch die prasentierten Fakten wollte die Redaktion einen Mehrwert in der Debatte um den , Brexit" bieten und- wie beispielsweise auf Facebook geschehen- in die Diskussion mit den Nutzern eintreten. In diesem Sinn mochten wir auch den , Aufruf" zur Klarung dieser Fragen der Autorin verstanden sehen, nicht als , Versuch der Einflussnahme".

Dass es der Redaktion von , heute+" keinesfalls um einen - wie Sie schreiben -
, manipulativen Effekt" ging, zeigt sich auch im Umfang und der Meinungsvielfalt, in dem das Format an anderen Tagen uber die politische Diskussion in Gror.,britannien
berichtet hat. lch erwahne beispielsweise ein austohrliches Interview mit dem Historiker Prof. Sonke Neitzel oder eine Reportage aus Cornwall, in der die Motive der , Brexit"­ BefOrworter ausfOhrlich erlautert und mit durchaus personlichen Statements vorgetragen wurden.

So ergibt sich - zusammen mit der Berichterstattung in den anderen ZDF­ Informationsangeboten- in der Summe ein ausgewogenes und vielfaltiges Bild, in dem positive und negative Aspekte der Entscheidung der Briten beleuchtet wurden.

lch hoffe, Sie stimmen mit mir Oberein, dass nicht jeder einzelne Beitrag in diesem Sinn pluralistisch gestaltet sein muss, sondern dass es auf die Gesamtdarstellung eines Formats bzw. des Senders ankommt. FOr den von Ihnen kritisierten Beitrag mochte ich insofern werben, weil wir wissen, dass gerade jOngere Zuschauer Beitrage , mit Kante" als Element zur Meinungsbildung schatzen.

Es wOrde mich freuen, wenn ich mit meinen Austohrungen lhre Bedenken ausraumen konnte und hoffe, Sie auch weiterhin zu unseren interessierten und kritischen Zuschauern zahlen zu konnen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Frey
jensp24

Re: Programmbeschwerde wegen manipulativer Einflussnahme auf das Brexit-Referendum

Beitrag von jensp24 »

und meine Antwort hierzu:

Dr. Peter Frey
Sehr geehrter Herr Dr. Frey,

vielen Dank für Ihre Antwort vom 20. Juli 2016. Leider kann ich Ihre Ansichten zum Brexit Beitrag und der unnötigen Panikmache sowie der damit verbundenen suggestiven negativen Wirkung der Brexit Entscheidung (z.b. durch die negativen Folgen für Deutschland) nicht nachvollziehen. Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten ist es, ausgewogen und neutral zu den Geschehnissen in der Welt zu berichten. Genau das findet jedenfalls nicht statt, wenn genau in dem von mir kritisierten Beitrag dazu aufgefordert wird, das Votum zu beeinflussen. Es ist eben nicht Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Anstalten politische Entscheidungen zu beieinflussen. Möchte man dann auch auf diese Art und Weise Einfluss auf Wahlen in Deutschland nehmen, indem man dann hier gezielt Meinungen beeinflusst, wenngleich man diese auch als eigene Meinung deklariert? Genau das ist ja die manipulative Wirkung und Suggestive Beeinflussung der persönlichen Meinungsbildung. Ich sehe daher meine Kritik als berechtigt an und fordere Sie daher auf, diese Kritik dem Fernsehrat vorzutragen.

Im weiteren Verlauf beziehen Sie sich auf weitere Berichterstattung anderer ZDF Informationsangebote, die wie Sie es ausführen in der Summe ein ausgewogenes und vielfältiges Bild, in dem positive wie negative Aspekte beleuchtet wurden. Sie erwähnten darin u.a. einen Bericht aus Cornwall, den Sie als Argument vorbringen. Nach näherer Studie dieses Beitrages, zeigt auch dieser eher den negativen Effekt eines Brexit und trotz der persönlichen Statements einiger Briten, ist dieser Beitrag insgesamt gesehen eher als negatives Szenario für den Brexit zu werten. Dies wird im Besonderen deutlich durch die Formulierungen wie „Die Menschen hier sind eigen und pflegen ihre Eigenheiten.“; „Viele wollen raus aus der EU und träumen von Unabhängigkeit und eigener Größe.“; „„Ich glaube nicht an dieses Bild von dem Bürokratie-Monster EU, das immer wieder gemalt wird.“; sowie „Wer glaubt, die Bürokratie würde ohne die EU weniger, der irrt.“. Die von Ihnen vorgetragenen positiven Aspekte eines Brexit sind daher nicht als solche anzusehen. Es ergibt sich daher aus meiner Sicht eher eine Gegenteilige Darstellung des Brexit in den öffentlich-rechtlichen Medien (im konkreten Fall des ZDF) vor allem durch die suggerierenden Meinungsbeeinflussenden Statements einer Redaktion, die sich zur Neutralität und deren Berichterstattung verpflichtet hat.

Viele Grüße
Jens Ploner
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