Hajo Seppelt, IOC-Entscheidung zu Olympia-Teilnahme russischer Athleten

Hier veröffentlichen wir externe Programmbeschwerden mit freundlicher Genehmigung der Beschwerdeführer. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in den Beschwerden thematisierten Anliegen ausschließlich in der Verantwortung der jeweiligen Beschwerdeführer liegen und diese nicht automatisch die Meinung der Forenbetreiber wiederspiegeln.
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Maren
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Hajo Seppelt, IOC-Entscheidung zu Olympia-Teilnahme russischer Athleten

Beitrag von Maren »

ARD Zuschauerredaktion
Per E-Mail: info@DasErste.de


Programmbeschwerde - Hajo Seppelt, IOC-Entscheidung zu Olympia-Teilnahme russischer Athleten

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 24.7.2016 berichteten Sie in der ARD-Tagesschau über die IOC-Entscheidung, dass auch bezüglich russischer Athleten die Unschuldsvermutung gilt.

Als Interview-Partner hatten Sie Ihren „Doping-Experten“ Hajo Seppelt in der Sendung. Er sprach von „historisch beispiellosem Staatsdoping“, er warf dem IOC-Präsidenten Herrn Thomas Bach eine „Nähe zu Putin“ vor, behauptete es wäre eine „politisch motivierte Entscheidung“.

Ich habe bisher auf Ihren Kanälen noch keine ernstzunehmenden Beweise oder unvorbelastete Zeugen gesehen oder gehört, welche die Mutmaßungen von Herrn Seppelt untersetzt hätten. Ich möchte jedoch keinesfalls Doping verharmlosen, meine Kritik hier richtet sich jedoch gegen die Kontextualisierung des Themas in der Tagesschau vom 24.7.2016 und bei anderen Gelegenheiten.

Was hat Herr Seppelt eigentlich mit Sport zu tun? War er mal Leistungssportler?

Übrigens: In meinem Beruf ist jemand ein „Experte“, der seine Aussagen mit Fakten belegen kann.
Herr Seppelt ist in meinen Augen schon deshalb kein Experte, weil er völlig den Kontext bei seinen einseitig gegen Russland gerichteten Vorwürfen ausblendet. Da er sich schon längere Zeit mit dem Thema Doping beschäftigt, ist ihm doch sicherlich bekannt, dass Doping ein weltweit vorhandenes Problem ist. Auch ist ihm bestimmt bekannt, was namhafte deutsche Universitäten vor wenigen Jahren zum Thema herausgefunden hatten. Er enthält diese Informationen aber dem Publikum vor. Eine der Sendungen von Anne Will war diesbezüglich vor wenigen Wochen schon mal informativer.

Bezüglich der Kontextualisierung „historisch beispielloses Staatsdoping“ muss sich Herr Seppelt vorwerfen lassen, dass er wider besseren Wissens glatt lügt. Als langjährigem Chef-Dopingermittler der ARD sind ihm sicherlich die folgenden Presseveröffentlichungen bekannt: Spiegel online 3.8.2013: „Studie enthüllt systematisches Doping in der BRD“

Spätestens seit Beginn der siebziger Jahre wurde in der BRD offenbar in zahlreichen Sportarten systematisch gedopt, ein unveröffentlichter Bericht der Humboldt-Universität Berlin umfasste mehr als 800 Seiten. Demnach liefen die Fäden in dem 1970 gegründeten Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) zusammen, das bis heute dem Bundesinnenministerium untersteht. (Wenn das mal kein staatlich organisiertes Doping ist…)
BBC.com 16.8.2015: „IAAF accused of suppressing athletes doping study”

In einer anonymen Befragung der Universität Tübingen wurde festgestellt, dass Doping weltweit ein weit verbreitetes Problem ist. Die IAAF hat die Veröffentlichung der Ergebnisse blockiert (dieselbe IAAF, welche die russischen Leichtathleten für Rio sperren lassen hat).

Im selben BBC-Artikel gibt es auch Verweise auf mehrere andere Studien im internationalen Maßstab mit ähnlichen Ergebnissen. (Herr Seppelt kann doch englischsprachige Presseartikel lesen, oder?)

Noch ein Indiz lässt an der Professionalität von Herrn Seppelt zweifeln (das werden Sie bestimmt ins Reich der angeblichen russischen Propaganda verweisen, es gehört jedoch aus meiner Sicht zu einem vollständigen Bild dazu):
Rossiya1 am 9.6.2016: Interview der russischen Journalistin Olga Skabeeva mit Hajo Seppelt in Köln. (veröffentlicht auf youtube)

Nach Detailfragen der Journalistin bricht Herr Seppelt einhergehend mit Beschimpfungen das Interview abrupt ab, wurde aggressiv gegenüber Frau Skabeeva, wirft ihr Mikrofon ins Treppenhaus, wurde aggressiv gegenüber dem Kameramann. Danach verfolgte er die beiden mehrere Minuten auf den Straßen Kölns. (wer Argumente und Beweise hat, muss bei Detail-Nachfragen nicht gleich den Interviewer in solcher Weise aus dem Zimmer werfen, oder?)

Die ganz offensichtlich politisch motivierte, einseitig antirussisch ausgerichtete Dopingkampagne und der Beitrag in der Tagesschau vom 24.07.2016 reihen sich ein in die tägliche Dämonisierung Russlands auf den Sendekanälen von ARD und ZDF. Wenn klar ist, wer der Feind ist, hat der Tag des deutschen Mainstream-Journalisten Struktur.

Bitte denken Sie bei zukünftigen Beiträgen dieser Art daran, dass Ihr Publikum es leid ist, ständig diesen Schwall von Missgunst, Arroganz und Selbstgerechtheit über sich ergehen zu lassen.

An der Einseitigkeit ändern auch vereinzelte anders gelagerte Sendungen wie „Druck, Doping, Depressionen“ am 26.7.2016 auf Ihrem Kanal ARTE nichts.

Ich behalte mir die Veröffentlichung dieser Beschwerde und Ihrer Antwort vor.

Mit freundlichen Grüßen
XXXXXXX*

* Der Name des Einsenders ist der Redaktion und uns bekannt.
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Maren
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Re: Hajo Seppelt, IOC-Entscheidung zu Olympia-Teilnahme russischer Athleten

Beitrag von Maren »

Sehr geehrter Herr XXXXX,

vielen Dank für Ihre e-mail und Ihr Interesse am Ersten Deutschen Fernsehen.

Wir bedauern Ihre Kritik am Kommentar vom ARD-Dopingexperten Hans-Joachim Seppelt in den „Tagesthemen“.

Für Herrn Seppelt gilt wie für alle anderen Journalisten des Ersten auch, dass er sich immer bemüht, möglichst gute journalistische Arbeit zu leisten und alle Aspekte des behandelten Themas angemessen zu beleuchten. Dazu gehört auch, Betroffene beider Seiten ausreichend zu Wort kommen zu lassen. Bei ihrer Arbeit verfolgen die Journalisten der ARD als oberstes Ziel, gründlich zu recherchieren, Fakten zu erhärten und sie verständlich darzustellen. Bei der Auswahl der Themen orientieren sich die Redaktionen an journalistischen Nachrichtenkriterien.

Keinesfalls ist das Erste Deutsche Fernsehen einer politischen Instanz, Partei oder sonstigen Interessengruppe in besonderer Weise verpflichtet. Das öffentlich-rechtliche Gemeinschaftsprogramm wird aus Rundfunkbeiträgen finanziert; die Journalisten unterliegen keiner politischen Einflussnahme. In den Kontrollgremien der Landesrundfunkanstalten achten Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppen darauf, dass journalistische und ethische Standards eingehalten werden und dass die Berichterstattung alle gesellschaftlichen Interessen widerspiegelt.

Wir bedauern es, dass Sie Herrn Seppelts Arbeit nicht schätzen. Seine Dokumentation „Geheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht“, die erstmalig im Dezember 2014 ausgestrahlt wurde, setzte eine Bewegung in Gang, die umfassende sportliche und sportpolitische Konsequenzen für die russische aber auch für die internationale Leichtathletik hatte. Der ARD-Dopingexperte beobachtete die Thematik in den Folgejahren weiter und berichtete in verschiedenen Ausgaben von „Geheimsache Doping“ über seine Erkenntnisse. Für „Wie Russland seine Sieger macht“ und „Im Schattenreich der Leichtathletik“ erhielt Hans-Joachim Seppelt 2016 den Deutschen Fernsehpreis für die Beste Sportsendung.

Sie können also davon ausgehen, dass der Kommentar auf fundierten Rechercheergebnissen basiert. Für Kommentare gilt im Übrigen, dass sie die Meinungen einzelner Journalisten wiedergeben. Sie sind als persönliche Stellungnahme erkennbar. Dass diese Äußerungen nicht immer bei allen Zuschauern auf Zustimmung stoßen, liegt im Wesen des Kommentars, der deutlich Position bezieht. Ihr Vorwurf einseitiger Berichterstattung trifft deshalb nicht zu, weil es sich bei dem von Ihnen kritisierten Beitrag um einen Kommentar handelte.

Wir begrüßen, dass Sie unsere Arbeit aufmerksam verfolgen und hoffen, dass wir Sie trotz aller Kritik auch in Zukunft zu unseren Zuschauern zählen dürfen.


Mit freundlichen Grüßen


Erstes Deutsches Fernsehen
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