Programmbeschwerde: Obama-Besuch in Athen - Desinformation

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Maren
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Programmbeschwerde: Obama-Besuch in Athen - Desinformation

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde: Obama-Besuch in Athen- Desinformation

http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... 16973.html

Sehr geehrte Damen und Herren des NDR-Rundfunkrates, sehr geehrter Herr Intendant,

über den Auftakt der Europa-Besuchsreise des US-Präsidenten Obama in Griechenland, der „Geburtsstätte der Demokratie“, lieferte ARD-aktuell in allen ihren Angeboten am 16.11.16 ein Prachtstück an höfischer Liebedienerei und Halbinformation. Mit dem unwichtigsten Ereignis beginnend, einem Spaziergang des Ehepaares Obama auf der Athener Akropolis, enthielt die Nachricht in der Hauptausgabe um 20 Uhr (Link s.o.) alles, was während eines solchen Staatsbesuchs an euphemistischen Floskeln und Partikeln abgesondert werden konnte: von redaktionellen Würdigungen und Hinweisen auf Obamas „flammendes Bekenntnis zur Demokratie“ über Selbiges zur NATO bis hin zum Selbstlob dieses Präsidenten im O-Ton dafür, den Konflikt mit Iran diplomatisch gelöst und mit Kuba wieder normale Beziehungen hergestellt zu haben. Alles, was zur Beweihräucherung dieses Besuchers an Positivem zusammengescharrt werden konnte, einschließlich solcher Auszüge aus seiner „großen „Rede“ vom Teleprompter, wurde geboten und auch der Hinweis nicht vergessen, Obama sei bemüht, die „Sorgen“ der Europäer über seinen Nachfolger Trump zu zerstreuen.

Was nicht mitgeteilt wurde, obwohl es für das Verständnis des Zuschauers und zur angemessenen Einordnung dieser Arie nötig bzw. sinnvoll gewesen wäre: die indirekten Appelle an die Welt, Konflikte friedlich zu lösen, äußerte ein Mann, der als bisher einziger US-Präsident weltweit mehr Kriege führte als alle seine Vorgänger und der in seinen beiden Amtszeiten nicht eine einzige Woche ohne Krieg zu verzeichnen hatte; gewohnheitsmäßiger Verletzer des Völkerrechts ( incl. Guantanamo) notorischer Mörder per Drohne; sein Selbstlob über die Wiederherstellung normaler Beziehungen zu Iran „ohne Krieg“ wurde nicht relativiert mit dem Hinweis, dass die USA einen weltweiten jahrzehntelangen Wirtschaftskrieg gegen Iran organisierten, der dort ebenfalls ungezählte Opfer gefordert hat; sein Selbstlob über die Wiederherstellung diplomatischer Beziehungen mit Kuba wurde nicht dergestalt ergänzt, dass die USA das erst nach einer jahrzehntelangen erpresserischen Handelsblockade Kubas machten und erst nach mehr als einem Dutzend UN-Resolutionen, denen Washington bis dahin aber nicht nachgekommen war.

Unerklärt blieb auch, warum Griechenland plötzlich für die USA so wichtig ist, dass es erste Anlaufadresse für diese Obama-Reise wurde: Nach den sich abzeichnenden antiwestlichen Wahlen in Bulgarien und Moldawien und nachdem die Türkei ihre eigenen Wege zu gehen begonnen hat, seit Athen wiederholt erwog, sich statt der ruinösen, Verelendung bewirkenden „Hilfe" des Westens in Moskau um Beistand zu bemühen und sich auch in Syrien das Blatt gewendet hat, schwimmen der Supermacht USA im Mittelmeerraum einige geostrategisch wichtige Felle weg.

Besonders markant für die journalistische Speichelleckerei der ARD-aktuell anlässlich dieser Besuchsreise war allerdings, dass nur in der Tagesschau-Vormittagssendung am 16.11. um 10 Uhr mit einem Nachrichtenfilm darüber informiert wurde, dass am Vortag in Athen Tausende gegen Obamas Besuch demonstriert hatten und dass diese Demonstrationen am Abend und in der Nacht in schweren Krawallen gipfelten – passende Begleitmusik für diesen Besuch eines US-Warlords in Europa.

Die kommerzielle Konkurrenz führte mal wieder vor, was die öffentlich-rechtliche ARD-aktuell in allen übrigen Sendungen zum Thema versäumte bzw. unterschlug

Quelle u.a.: http://de.euronews.com/2016/11/15/tause ... ama-besuch

Wir halten fest: gravierende Verstöße gegen die Programmrichtlichtlinien des NDR-Staatsvertrags.

Volker Bräutigam, Friedhelm Klinkhammer
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Maren
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Re: Programmbeschwerde: Obama-Besuch in Athen - Desinformation

Beitrag von Maren »

Von: l.marmor@ndr.de
Betreff: Ihre E-Mail vom 17. November 2016

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

in Ihrer E-Mail vom 17. November 2016 kritisieren Sie die Berichterstattung der "Tagesschau" über den Obama-Besuch in Griechenland. Ich habe die verantwortliche Redaktion von ARD-aktuell gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Stellungnahme_Obama-Griechenland_geschwärzt.pdf
(3.66 MiB) 769-mal heruntergeladen
Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor

Intendant des Norddeutschen Rundfunks
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Maren
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Re: Programmbeschwerde: Obama-Besuch in Athen - Desinformation

Beitrag von Maren »

PB vom 17.11.16/ Antwort Intendant v. 5.12.16

Sehr geehrte Rundfunkräte,

die Stellungnahme des Herrn Dr. Gniffke ist nicht geeignet, unsere Position zu widerlegen. Obama war nach Angaben der "New York Times" von allen US-Präsidendten derjenige, der am längsten Krieg geführt hat, im Mai 2016 waren es bereits mehr Tage als unter Bush: 2663 Tage gegenüber 2662. Besonders schwerwiegend: In dem von ihm forcierten Drohnenkrieg sind unzählige Zivilisten umgekommen.

In keinem der Berichte wird auf diese unentschuldbare und menschenrechtsverletzende, brutale Regierungsagenda hingewiesen. Auch nicht darauf, dass unter Obama die Schulden der USA auf 20 Billionen Dollar explodiert sind. Aus Alibi-Gründen gibt es in den Beiträgen zwar ein paar kritische Tupferl, die aber angesichts der Fehlleistungen Obamas weder angemessen noch objektivierend wirken.

So ist es Realitätsverleugnung, wenn berichtet wird, die soziale und wirtschaftliche Situation unter Obama habe sich gebessert. Es waren ja gerade die schlechten Verhältnisse, die zu Trumps Wahlsieg beitrugen. Besonders Obama-freundlich erwies sich die Expertin Clüver, die von ARD-aktuell dazu eingesetzt wurde, das Bild von Obama trotz dessen schlechter Bilanz zu schönen. Der übliche Trick bei ARD-aktuell. Dass über die griechischen Demonstranten nicht berichtet wurde, die gegen seinen Besuch protestierten, passt ebenfalls zu dem unübersehbaren Mangel an Qualität, die ja nun endlich mit einem "Qualitätsmanager" behoben werden soll. Ist Ihnen eigentlich bewusst, welche Peinlichkeit und welches Versagen sich mit dieser besonderen personellen Aufstockung der ARD-aktuell dokumentiert?

Im übrigen verweisen in unserer Begründung auf unsere Programmbeschwerde vom 17.11.16.

F. Klinkhammer und V. Bräutigam
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Maren
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Re: Programmbeschwerde: Obama-Besuch in Athen - Desinformation

Beitrag von Maren »

Von: gremienbuero@ndr.de
Betreff: Ihre Programmbeschwerden

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

der Rundfunkrat hat sich in seiner Sitzung am 22.09.2017 mit Ihren nachfolgend aufgeführten
Programmbeschwerden befasst:

Programmbeschwerde vom 17.11.2016 über die Berichterstattung von ARD-aktuell über den Obama-Besuch in Athen

Programmbeschwerde vom 22.12.2016 über die Syrien-Berichterstattung in den Nachrichtenangeboten von ARD-aktuell am 21.12.2016

Programmbeschwerde vom 23.10.2016 über den Artikel „Netzzugang gekappt – Assange ist offline“ vom 18.10.2016 auf „tagesschau.de“

Programmbeschwerde vom 24.10.2016 über die Meldung „Krieg in Syrien: Feuerpause in Aleppo hält auch am dritten Tag“ in der Sendung „Tagesschau“ vom 22.10.2016

Programmbeschwerde vom 27.10.2016 über den Artikel „Internationaler Strafgerichtshof – Auch Gambia will raus“ vom 26.10.2016 auf „tagesschau.de“

Mit den oben aufgeführten Programmbeschwerden hatten Sie sich an den Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks gewandt und einen Verstoß gegen den NDR-Staatsvertrag geltend gemacht.

Nach intensiver Diskussion, der jeweils eine ausführliche Beratung im Programmausschuss bzw. im Rechts- und Eingabenausschuss vorausgegangen war, und sorgfältiger Prüfung der Sachverhalte weist der Rundfunkrat Ihre Programmbeschwerden zurück. Der Rundfunkrat kann in keinem Fall einen Verstoß gegen die für den NDR geltenden Rechtsvorschriften feststellen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Günter Hörmann
Vorsitzender NDR Rundfunkrat

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NORDDEUTSCHER RUNDFUNK
Gremienbüro
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel. (040) 4156-3506
Fax (040) 4156-3452
E-Mail: gremienbuero@ndr.de
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