Haushaltsdebatte, von ARD-aktuell entstellend berichtet

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Maren
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Haushaltsdebatte, von ARD-aktuell entstellend berichtet

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde: Haushaltsdebatte, von ARD-aktuell entstellend berichtet

http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... 17087.html

Sehr geehrte Damen und Herren Rundfunkräte, sehr geehrter Herr Intendant,

eine ganztägige Haushaltsdebatte im Parlament kann in einer TV-Nachrichtensendung am Abend in den dort dafür verfügbaren 15 Minuten natürlich nicht umfassend dargestellt werden. Also käme es darauf an, die zentralen Aussagen der Parteien zu zitieren, gestützt auf O-Töne von deren Repräsentanten. Wenn stattdessen gezielt Redeausschnitte zitiert werden, die zwar keine Kernaussage des jeweiligen Politikers darstellen, wohl aber geeignet sind, ein regierungsfrommes und manipulatives Narrativ zu bedienen, dann haben wir die typische Gniffkesche Variante von Nachrichtengestaltung vor uns. Konkret die Tagesschau am 23.11. 2016 um 20 Uhr und die Positionsbeschreibung der Partei Die Linke, exekutiert mit einem Clip vom Redeauftritt der Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht.

Mit der willkürlich herausgeschnittenen Sequenz (20 Sek.) erweckt die Redaktion den Eindruck, die Linke sei ein Haufen von "Populisten", die abgekupfert hätten, was von ausländischen „populistischen“ Kräften zu beobachten sei. Frau Wagenknecht wird nicht mit ihrer massiven Kritik am Regierungskurs der Kanzlerin zitiert. Sondern nur mit diesem kleinen Schlenker: "Selbst ein Ronald Trump scheint begriffen zu haben, wie wichtig öffentliche Investitionen sind...“

Diese Randbemerkung während einer Rede von 30 Minuten griff die Redaktion heraus und setzte sie, dreist interpretierend, in Zusammenhang mit den Ausführungen des „begnadeten" SPD-Star-Politikers Oppermann ("Populisten aller Länder vereinigt Euch“). So reduziert ARD-aktuell Debattenbeiträge im Parlament auf das eigene, kleinste verfügbare redaktionelle Denkkaro - und missbraucht den Redebeitrag der einzigen halbwegs oppositionellen Parlamentsfraktion, um dieser „Populismus" anzuhängen und sie zu denunzieren.

Dr. Gniffkes linientreue redaktionelle Praxis ist bekannt. Die propagandistische Ausrichtung und die zu demagogischen Zwecken angewandten Manipulationstechniken haben wir bereits nachhaltig in der Berichterstattung über die US-Präsidenten-Wahl sowie in der Russland-, Ukraine- und Syrienberichterstattung erleben dürfen. Dr. Gniffke hat seine Neigung zu unaufrichtiger Argumentation bis hin zum verächtlich denunziatorischen Übergriff auch gerade eben erst demonstriert, als er das Nachrichten-Portal "Telepolis" des Heise-Verlages als "nicht seriös“ bezeichnete, aber diese Schmähung gegenüber dem dergestalt abqualifizierten Heiseverlag ebenso wortreich wie kleinlaut widerrief, als der zu Recht eine Erklärung verlangt hatte....

http://www.heise.de/tp/features/Tagessc ... 03191.html

Die Rede von Frau Wagenknecht im Wortlaut:

https://www.youtube.com/watch?v=-aI7K9tFDyw

Es gab, wie sich hier erweist, in der 30 min- Rede viele Ausschnitte, die einen objektiven Überblick über die Positionen Wagenknechts zur Regierungspolitik gegeben hätten. Aber nein, die Redaktion ARD-aktuell wollte der GroKo als journalistischer Wasserträger dienlich sein und die ohnehin nur schwache Opposition vorführen, wie sie eben einem Chefredakteur Dr. Gniffke und dessen Intendanten Marmor schmeckt - und dem Publikum dargesellt werden soll: "Trump, Putin, Erdogan, AFD, Wagenknecht... Populisten aller Welt vereinigt euch“. Alles in einen Topf, kurz umrühren, fertig ist die Tagesschau - ein Millionenpublikum wird abgespeist.

Im Rundfunkstaatsvertrag ist festgeschrieben: "Die ARD hat bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit der Programme und Angebote zu berücksichtigen" .

Der ARD-aktuell-Bericht ist mit dieser gesetzlichen Verpflichtung unvereinbar.

F. Klinkhammer V. Bräutigam
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Maren
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Re: Haushaltsdebatte, von ARD-aktuell entstellend berichtet

Beitrag von Maren »

Von: intendanz@rbb-online.de
Betreff: Ihre Programmbeschwerde vom 25.11.2016

Sehr geehrte Herren,

folgenden Bescheid der Intendantin auf Ihre Programmbeschwerde vom 25. November 2016 darf ich Ihnen senden.
antw_rbb_geschwärzt.pdf
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Freundliche Grüße

Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)
Intendanz
Masurenallee 8-14
14057 Berlin
Telefon: +49 30 97993 10000
Telefax: +49 30 97993 10009
intendanz@rbb-online.de

http://www.rbb-online.de
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Maren
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Re: Haushaltsdebatte, von ARD-aktuell entstellend berichtet

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind mit der Stellungnahme der Frau Intendantin nicht einverstanden und bitten Sie deshalb, die Beschwerde dem zuständigen Gremium zuzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen
F. Klinkhammer V. Bräutigam


Unsere Replik auf die Stellungnahme vom 22.12.16

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Intendantin führt zwar zu Recht aus:

"Ein kurzer Beitrag über eine Bundestagsdebatte ist immer eine Zusammenfassung der wesentlichen Elemente. Knappe Ausschnitte aus den Reden auszuwählen, die der Debatte angemessen sind, ist eine besondere Herausforderung. Um eine Verkürzung kommt die Redaktion dabei nicht herum. Umso wichtiger ist es, O-Töne nicht einzeln stehen zu lassen, sondern in den richtigen Kontext zu stellen. "

Das ist aber in diesem Zusammenhang nicht das Problem. Der Vorwurf besteht darin, dass nicht das Typische der Rede ausgewählt wurde, sondern eine Passage, die eine Randbemerkung von Frau Wagenknecht war und die in einen undifferenzierten Populismusvorwurf des Herrn Oppermann mündete. Damit ließ die Tagesschau genau das bestätigen, was der üblichen Mainstream-Denunziation entspricht: Frau Wagenknecht ist linke Populistin mit Rechtsdrall.

Zu bestreiten, dass die Sequenz nicht manipulativ ausgewählt worden war, ist einfach unseriös.

Wie knapp und dennoch das Typische der Rede erfassend berichtet werden kann, zeigte sich sowohl in der abendlichen Tagesthemen-Sendung wie auch in der Berichterstattung bei Focus:

"In den USA hat die Führung der Demokraten den Hoffnungsträger Bernie Sanders verhindert", um dann mit einer "Kandidatin des Establishments" dem Republikaner Donald Trump "den Weg ins Weiße Haus zu ebnen", sagt Wagenknecht. "Das sollte nicht nur der SPD zu denken geben, sondern natürlich auch der CDU, die immerhin auch schon mal Kanzler hatte, die den Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Oligarchie, einer Reichtumsherrschaft, noch ganz gut kannten", fügt sie hinzu und spielt auf Ludwig Erhard an, den Gründervater der sozialen Marktwirtschaft. "

Dass in dem Bericht Klamauk statt Seriosität bevorzugt wurde, räumt die Intendantin ja ein. Es geht nicht um "Inhalte", sondern um "starke Reaktionen". Sie bekennt ehrlich und unbekümmert:

"Es ist gerade auch Aufgabe von ARD-aktuell zu zeigen, welche inhaltlichen Punkte in einer Debatte für die stärksten Reaktionen sorgten – und dieser Ausschnitt war nun mal ein solches Beispiel. Das ist nicht Manipulation, das ist unsere journalistische Pflicht. Wir wollen zeigen, worüber es eine gelebte Debatte gab – in Form von Rede und Gegenrede. Überdies hat dieser Satz nicht nur im Plenarsaal für Aufmerksamkeit gesorgt, sondern auch in der Wahrnehmung etlicher anderer journalistischer Kollegen. "

Entlarvend ist hier das Eingeständnis, sich an der "Wahrnehmung anderer journalistischer Kollegen" zu orientieren (am vorherrschenden Mainstream ), als ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk Impulse privater Medien bedürfte.

Wir bleiben bei unserem Vorwurf, dass der Beitrag mit den Programmrichtlinien unvereinbar ist.
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Maren
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Re: Haushaltsdebatte, von ARD-aktuell entstellend berichtet

Beitrag von Maren »

13-AW an Hr. Klinkhammer u Hr. Brutigam_geschwärzt.pdf
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Von: gremiengeschaeftsstelle@rbb-online.de

Betreff: Ihre Programmbeschwerde vom 25.11.2016

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

beigefügtes Schreiben der Vorsitzenden des rbb-Rundfunkrates darf ich Ihnen senden.
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