Union verteidigt SPD-Reform

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Maren
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Union verteidigt SPD-Reform

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde: Union verteidigt SPD-Reform

http://www.tagesschau.de/inland/agenda- ... l-103.html

Sehr geehrte Damen und Herren des Rundfunkrates,

wie immer, wenn Kanzlerin Merkel etwas verkündet, steht ARD-aktuell stramm und geriert sich als schallender Herold ihrer Betrachtungen. Auch im o.g. Beitrag transportiert die Redaktion lediglich vollkommen distanzlos und unkritisch die Behauptungen der obersten politischen Beauftragten des Kapitals in unserer Parteienoligarchie. Mit der Headline und einer Lüge fängt es schon an: ARD-aktuell übernimmt ohne jegliche journalistische Skrupel die hämisch gemeinte Bemerkung der Kanzlerin: "Union verteidigt SPD-Reform". Tatsache ist: Es war eine "Reform", die von allen Parteien (mit Ausnahme der Linken) beschlossen wurde.

Frau Merkel verkündete den großen Erfolg der Agenda 2010 für Deutschland und den Arbeitsmarkt: Dem Schröder-Projekt sei es zu verdanken, dass die Arbeitslosenzahl sich seit 2005 halbiert habe. Das ist bereits nominell falsch und hätte dringend der redaktionellen korrigierenden Ergänzung bedurft: 2005 gab es in Deutschland 4,8 Mio Arbeitslose, dannach wurden die Vorgaben für die Statistik zwecks Aufhübschung geändert. Heute weist diese dergestalt nachgesüßte Statistik trotzdem noch 2,7 Mio Arbeitslose aus, also erheblich mehr als die Hälfte. Real aber sind 3,7 Menschen gänzlich ohne Arbeit.

In den Vorgaben für die Statistik steckt ebensoviel Täuschungsabsicht wie in der Kanzlerinnenbehauptung, die Arbeitlosigkeit sei „halbiert“; das ist sie also nicht einmal mit den geschönten statistischen Daten. Und dazu, dass die nominelle Arbeitsmarktentwicklung ein positives und begrüßenswertes Ergebnis allein der Agenda 2010 sei, gibt es erstens kein qualifziertes Indiz oder gar Beweise, sondern nur Behauptungen von interessierter Seite, und zweitens äußerst gegensätzliche Erkenntnisse der Fachwelt. Ein Blick auf den für die Absenkung der Arbeitslosenzahlen äußerst wirksamen Niedriglohnsektor, auf dem immerhinn fast ein Drittel aller Beschäftigten prekär tätig ist, wäre notwendig gewesen. Es gehört zu den Pflichten von Journalisten, auf falsche, irreführende Angaben von Politikern zumindest aufmerksam zu machen.

Das bloße Weitertragen selbstgefälliger und propagandistischer Zwecklügen aus Politikermund widerspricht hingegen dem Auftrag zu objektiver und vollständiger Berichterstattung gemäß den Programmrichntlinien des Staatsvertrages.

Bezeichnend auch die weitere Gestaltung des Beitrages: Neben CSU-Söder tauchen weitere Politiker auf, die sich nun nicht mehr mit Kanzlerin Merkels Sprüchen über die SPD und die Agenda 2010 befassen, sondern mit den Forderungen des SPD-Kanzlerkandidaten Schulz auseinandersetzen. Die Kanzlerin wird trotz ihrer Rolle als „Spitzenkandidatin“ der Union und trotz ihrer Fake-News zur Arbeitslosigkeit nun beiseite gelassen.

Die Stellungnahmen beziehen sich jetzt auf die Absicht des Kanzlerkandidaten Schulz, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes zu verlängern. Söder und die Grünen erhalten Gelegenheit, dagegen Stellung zu nehmen; die Linke, ohnehin medial grundsätzlich benachteiligt, darf sich ein wenig für Schulzens Forderung erwärmen. Der beabsichtige Eindruck: Schulz und die Schmuddelkinder der Politik machen gemeinsame Sache, da steht demnach Übles bevor. Oder, ins tatsächliche ARD-aktuell-Gewand gekleidet: „Die Linke gibt Rückendeckung“.

Die propagandistische Zielsetzung dieser Darbietung ist beim zweiten, genaueren Blick unverkennbar.

Müssen wir noch ergänzen, dass in diesem Bubenstück unterstützende Stellungnahmen von SPD-Politikern oder den hier inhaltlich mit der SPD verbündeten Gewerkschaften gänzlich fehlen?

Die einseitige Auswahl von unkritisch wiedergegebenen Gegenpositionen zu den Schulz-Forderungen demonstriert eine Parteilichkeit der Berichterstattung, die nach dem Staatsvertrag unzulässig ist. Es ist blanke Meinungsmache, was hier geboten wurde.

Auf Schulz und seine Wahlkampf-Forderungen wird so lange diskreditierend eingedroschen, dass später kaum noch eine Realisierungschance für die Reformvorstellungen mehr bleibt, selbst wenn Schulz nach der Wahl formal die Möglichkeit dazu bekäme. Klappern gehört eben zum Geschäft, ganz besonders im von den Sozis ausgerufenen sozialen Halbjahr, vulgo: der „heißen“ Wahlkampfphase. Journalistenpflicht wäre, es klar als eben dies erkennbar zu machen: Wahlkampflärm aller Beteiligten.

F. Klinkhammer V. Bräutigam
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Maren
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Re: Union verteidigt SPD-Reform

Beitrag von Maren »

Von: l.marmor@ndr.de
Betreff: Ihre E-Mail vom 26. Februar 2017

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

in Ihrer E-Mail vom 26. Februar 2017 kritisieren Sie erneut die Berichterstattung auf tagesschau.de.

Ich habe die verantwortliche Redaktion von ARD-aktuell gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Stellungnahme2010_geschwärzt.pdf
(2.56 MiB) 871-mal heruntergeladen
Aus meiner Sicht liegt kein Verstoß gegen die Programmgrundsätze des NDR oder sonstige Vorschriften vor. Durch die Übersendung dieser Stellungnahme bringe ich dies zum Ausdruck.

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor

Intendant des Norddeutschen Rundfunks
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Maren
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Re: Union verteidigt SPD-Reform

Beitrag von Maren »

PB vom 26. Februar 2017- Kanzlerkandidat Schulz

Sehr gehrte Damen und Herren,

die Stellungnahme des Doktors stellt uns nicht zufrieden, so dass Sie sich nunmehr mit der Angelegenheit zu befassen haben. Wir nehmen vollinhaltlich auf die Ausführungen in unserer Programmbeschwerde Bezug.

Mit höflichen Grüßen

F. Klinkhammer, V. Bräutigam
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Maren
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Re: Union verteidigt SPD-Reform

Beitrag von Maren »

Von: gremienbuero-beschwerden@ndr.de
Betreff: Ihre Programmbeschwerde vom 26.02.2017 / "Kanzlerkandidat Schulz" / Ihr Schreiben vom 30.09.2017

Ihre Programmbeschwerde vom 26.02.2017
über die Berichterstattung auf tagesschau.de über einen Vorstoß von Kanzlerkandidat Schulz zur Agenda 2010


Sehr geehrter Herr Klinkhammer, sehr geehrter Herr Bräutigam,

die o.g. Beschwerde habe ich an den Programmausschuss des Rundfunkrates mit der Bitte um Beratung überwiesen.

Der Programmausschuss wird sich schnellstmöglich in einer der kommenden Sitzungen mit Ihrem Anliegen befassen.
Die abschließende Beratung erfolgt voraussichtlich in der darauffolgenden Sitzung des Rundfunkrates.

Über das Ergebnis der Beratungen werde ich Sie unterrichten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Günter Hörmann
Vorsitzender NDR Rundfunkrat
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NORDDEUTSCHER RUNDFUNK
Gremienbüro
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel. (040) 4156-3506
Fax (040) 4156-3452
E-Mail: gremienbuero-beschwerden@ndr.de
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Re: Union verteidigt SPD-Reform

Beitrag von Maren »

Von: gremienbuero@ndr.de
Betreff: Ihre Programmbeschwerden

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

der Rundfunkrat hat sich in seiner Sitzung am 01.12.2017 mit Ihren nachfolgend aufgeführten
Programmbeschwerden befasst:

Programmbeschwerde vom 03.11.2016 über den Artikel „Weitere Waffenruhe für Aleppo:
Moskau will Luftangriffe am Freitag aussetzen“ vom 02.11.2016 auf „tagesschau.de“

Programmbeschwerde vom 17.11.2016 über die Berichterstattung über den Internationalen
Strafgerichtshof in Den Haag in der Sendung „Tagesschau“ vom 16.11.2016

Programmbeschwerde vom 19.11.2016 über den Artikel „Koalition setzt Angriffe aus:
Brüchige Feuerpause im Jemen“ vom 19.11.2016 auf „tagesschau.de“

Programmbeschwerde vom 02.01.2017 über die Meldung „Nach Hacker-Vorwürfen:
Spannungen zwischen den USA und Russland“ in der Sendung „Tagesschau“ vom 30.12.2016

Programmbeschwerde vom 07.01.2017 über die Meldung „Treffen mit US-Geheimdiensten:
Trump will gegen Cyberangriffe vorgehen“ in der Sendung „Tagesthemen“ vom 06.01.2017

Programmbeschwerde vom 11.01.2017 über den Artikel „Russische Hacker am Werk? BSI
warnt Parteien vor Cyberangriffen“ vom 20.09.2016 auf „tagesschau.de“

Programmbeschwerde vom 05.02.2017 über die Ukraine-Berichterstattung von ARD-aktuell

Programmbeschwerde vom 15.02.2017 über die Berichterstattung auf tagesschau.de über
belagerte syrische Städte

Programmbeschwerde vom 21.02.2017 über die Berichterstattung von ARD-aktuell über die
Lage in Montenegro

Programmbeschwerde vom 26.02.2017 über die Berichterstattung auf tagesschau.de über
Äußerungen von Kanzlerkandidat Martin Schulz zur Agenda 2010


Mit den oben aufgeführten Programmbeschwerden hatten Sie sich an den Rundfunkrat des
Norddeutschen Rundfunks gewandt und einen Verstoß gegen den NDR-Staatsvertrag geltend
gemacht.

Nach intensiver Diskussion, der jeweils eine ausführliche Beratung im Programmausschuss bzw.
im Rechts- und Eingabenausschuss vorausgegangen war, und sorgfältiger Prüfung der
Sachverhalte weist der Rundfunkrat Ihre Programmbeschwerden zurück. Der Rundfunkrat kann in
keinem der oben genannten Fälle einen Verstoß gegen die für den NDR geltenden
Rechtsvorschriften feststellen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Günter Hörmann
Vorsitzender NDR Rundfunkrat
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Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
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Fax (040) 4156-3452
E-Mail: gremienbuero@ndr.de
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