Abhörskandal „unterbelichtet“

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Maren
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Abhörskandal „unterbelichtet“

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde: Abhörskandal „unterbelichtet“

http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... 18689.html
http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... -5083.html

Sehr geehrte Damen und Herren Rundfunkräte des NDR,

das Informationsangebot der ARD-aktuell vom 07. März 2017 wirft ein weiteres Mal die Frage auf, nach welchen Maßstaben diese Redaktion eigentlich arbeitet, nach welchen Kriterien sie Nachrichten gewichtet. War der Fall Yücel für die 20-Uhr-Ausgabe der Tagesschau am 28.02. noch die alles überragende Hauptnachricht des Tages, so schafften es die WikiLeaks-Enthüllungen über die CIA-Hacker-Zentrale in Frankfurt am 07. März in der 20-Uhr-TS nur auf einen Platz im Schlussviertel der Sendung, und in den Tagesthemen ins letzte Drittel. Man fasst es einfach nicht.

Wovon reden wir hier? WikiLeaks präsentiert Dokumente zum Beleg, dass nicht nur der US-Geheimdienst NSA die deutschen Telefon- und Computernetze und damit uns alle ausspäht, sondern dass auch die CIA das macht, und zwar noch viel weitergehend als die NSA; dass die CIA praktisch die gesamte Republik ausspioniert, sogar private Gespräche in unseren Wohnungen mithört und in Frankfurt eine Zentrale unterhält mit zahllosen Agenten, die von hier aus die halbe Welt überwachen. Und ARD-aktuell bringt das in hanebüchen dürftiger Verpackung erst bei Minute 11.04 in der Tagesschau und bei Minute 20.23 in den Tagesthemen!

Keine Frage, Svea Eckerts informative Reportage ist faktenorientierter, sauberer Journalismus. Sie legt umfassend und präzise dar, was zum fraglichen Zeitpunkt über die CIA-Aktivitäten bekannt war. Der Mangel, über den wir hier Beschwerde führen, liegt in der redaktionellen Einordnung und Gewichtung des unser gesamtes Gemeinwesen beschädigenden Vorgangs. Der Bericht taucht erst nach dieser Themenreihe auf: /Ungarn will Asylbewerber systematisch in Containerdörfern einsperren/, EU-Staaten müssen keine humanitären Visa an Flüchtlinge vergeben,/ Terrorprozess gegen "Gruppe Freital“,/ Bischöfe für scharfe Grenze zu Populisten,/ Türkischer Außenminister in Hamburg,/ Irakische Streitkräfte erobern Regierungsgebäude in Mossul zurück./ Dann heißt es im Studio-Text:

„Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hat umfangreiche Dokumente über angebliche Aktivitäten des US-Auslandsgeheimdienstes CIA veröffentlicht. Demnach ist eine wichtige Ausgangsbasis das Generalkonsulat der Vereinigten Staaten in Frankfurt. US-Agenten organisieren den Angaben zufolge von dort aus Abwehraktionen in Europa, Afrika und im Nahen Osten. Es gehe insbesondere um Spionage mittels Hacker-Angriffen.“ Quelle: s. Betreff

Die nachrangige Positionierung dieser Meldung und ihre lapidare Formulierung zeigen, wie sehr es der transatlantisch abgerichteten ARD-aktuell-Redaktion widerstrebt, USA-kritisch zu informieren. Eindeutig subversive Handlungen von US-Agenten werden als „Abwehraktionen“ (!) bezeichnet, obwohl es sich fraglos um hochaggressive Akte handelt. Eindeutig erweist sich die Aufregung über angebliche russische Beeinflussungsoperationen und Hacks russischer Gruppen, die mit Geheimdiensten zusammenarbeiten, als gekünstelt, als politisch motivierte Schwadronage, als Steinwürfe im Glashaus. Eindeutig verletzen die USA mal wieder internationales und deutsches Recht, ohne dass das in dem Text angesprochen würde. Eindeutig erweist sich die deutsche Regierung als unfähig, fundamentale Rechte unseres Staates und seiner Bürger zu schützen, und auch das wird hier mit keinem Wort angemerkt. Wie schon beim NSA-Skandal bleibt Berlin untätig, selbst fürs Minimum diplomatischer Reaktion langt es nicht, etliche mutmaßliche CIA-Agenten des Landes zu verweisen, und ARD-aktuell spricht auch das nicht an. Während die Redaktion sonst, wenn’s gegen „den Russen“ geht, mit ihrem „...mutmaßlich hat Putin...“ immer vorneweg dabei ist, unterlässt ARD-aktuell hier die naheliegende Mutmaßung, dass das Bundeskanzleramt längst über die CIA-Schweinerei in Frankfurt informiert war. Die Redaktion lässt sich mit dem Hinweis abspeisen, die Regierung lehne eine Stellungnahme ab. Entsprechend bietet ARD-aktuell auch keine nennenswerte Folgeberichterstattung zu einem Skandal an, der die gesamte Republik erschüttern müsste. Sie hält das Thema CIA-Spionage absichtlich nicht auf der Tagesordnung. Schoßhund-Verhalten, klassisch. Und weit neben der Spur, die vom Programmauftrag und den Programmrichtlinien Des Rundfunkstaatsvertrags vorgegeben wird.

Dass sich der kritische Zuschauer angesichts solcher Berichterstattung in einen Schlafwagen versetzt wähnt, ist zu erheblichen Teilen auf die verpennte Form zurückzuführen, in der ARD-aktuell wie all die anderen korporierten Mainstreamer über die CIA-Drecksarbeit in Deutschland berichtet.

Volker Bräutigam, Friedhelm Klinkhammer
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Maren
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Re: Abhörskandal „unterbelichtet“

Beitrag von Maren »

Von: gremienbuero-beschwerden@ndr.de
Betreff: Ihre E-Mail vom 09.03.2017

Sehr geehrter Herr Klinkhammer, sehr geehrter Herr Bräutigam,

in Ihrer Zuschrift vom 09.03.2017 kritisieren Sie die Gewichtung der Nachrichten bei ARD-aktuell vom 07.03.2017.

Zu den Aufgaben des Rundfunkrats gemäß § 18 NDR-Staatsvertrag gehört, die Einhaltung der im NDR-Staatsvertrag verankerten Programmanforderungen zu überwachen und den Intendanten in Programmangelegenheiten zu beraten. Daher sind dem Rundfunkrat die Meinungen, Anregungen und Kritik des Publikums sehr wichtig.

§ 13 NDR-Staatsvertrag unterscheidet zwischen Eingaben und Anregungen. Bei Ihrer Zuschrift handelt es sich um eine Anregung zum Programm, die ich zur Kenntnis genommen und an die zuständige Redaktion im NDR weitergeleitet habe.

Mit freundlichen Grüßen

Ursula Thümler
Vorsitzende NDR Rundfunkrat
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NORDDEUTSCHER RUNDFUNK
Gremienbüro
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel. (040) 4156-3506
Fax (040) 4156-3452
E-Mail: gremienbuero@ndr.de
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Maren
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Re: Abhörskandal „unterbelichtet“

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Damen und Herren,

in diesem Fall haben wir keine Anregung gegeben, sondern die Einordnung der Meldung (unter ferner liefen) kritisiert, das heisst, wir haben uns beschwert darüber, dass ein Programmrichtlinienverstoß vorliegt:

"Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen...zu entsprechen". Das nachrangige Behandeln einer wichtigen Meldung entspricht dieser Richtlinie nicht.

Wir erwarten eine vernünftige, rechtskonforme Behandlung unserer Eingabe und keinen Ersatz aus dem Schreibautomaten unter Zugriff auf einen auch noch ungeeigneten Textbaustein.



F. Klinkhammer, V. Bräutigam
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