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Aufmacher von Claus Kleber im Heute Journal vom 4.4.2019

Verfasst: 16. April 2019, 13:45
von Garfield
Sehr geehrte Damen und Herren

hiermit erhebe ich Programmbeschwerde gegen die Ausgabe des heute Journal vom 4.4.2019, die Claus Kleber, mit den Worten einleitet:

Guten Abend, zu Wasser und zu Luft sind heute Nacht amerikanische, deutsche und andere europäische Verbündete unterwegs nach Estland, um die russischen Verbände zurückzuschlagen, die sich dort wie vor einigen Jahren auf der Krim festgesetzt haben. Keine Sorge. Das ist nicht so. Das ist nur eine Vision. Aber eine realistische. So etwa müsste nämlich im Ernstfall die Antwort der NATO aussehen auf einen Angriff auf das Territorium eines ihrer Mitgliedsstaaten. Und sei er so klein wie Estland. Wenn das in Frage gestellt scheint, würde die Abschreckung brüchig, die seit 70 Jahren den Frieden in Europa sichert. Das Problem ist heute, dass der Bestand des Bündnisses zu seinem 70. Geburtstag brüchiger erscheint als jemals in seiner Geschichte. Einer bisher beispiellos erfolgreichen Geschichte.

Dieser Aufmacher verstößt in mehreren Punkten gegen das Regelwerk des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, insbesondere:

Gegen §5 (1) des ZDF Staatsvertrages ("In den Angeboten des ZDF soll ein objektiver Überblick über das Weltgeschehen .... vermittelt werden.")

Gegen §3 (1) des Rundfunkstaatsvertrages i.d.F von 2018 (Die Angebote sollen dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit .... zu stärken)

Gegen §10 (1) des Rundfunkstaatsvertrages i.d.F von 2018 (Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Sie müssen unabhängig und sachlich sein.)

Gegen §11 (1) des Rundfunkstaatsvertrages i.d.F von 2018 (Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen.)


Von der geschmacklichen Dimension ganz abgesehen, wurde von Herrn Kleber auf einseitige unsachliche Art und Weise die Gefahr einer russischen Intervention in einem der baltischen Staaten suggeriert. Dafür gibt es aktuell jedoch keinen Hinweis, so dass sich die Berichterstattung darüber für ein tagesaktuelles Nachrichtenmagazin sowieso verbietet. Was bewegte also Herrn Kleber dazu mit dieser Schocknachricht aufzumachen?

Leider legt Herr Kleber an dieser Stellen nicht offen, dass er Mitglied der Atlantik-Brücke, einem NATO-nahen Thinktank ist und deshalb nicht als unabhängig gelten kann.

Geht es darum, Kriegsszenarien heraufzubeschwören, um die staatlichen Rüstungsausgaben zu steigern? Diese betragen in Deutschland in 2019 offiziell bereits 45,1 Mrd € plus weitere 4,6 Mrd €, die eigentlich noch hinzugerechnet werden müssten (s. jW vom 8.4. Schwarze Kriegskassen). Diese enormen Rüstungsausgaben entziehen dem Gemeinwesen die Mittel zur Armutsbekämpfung, für Investitionen in Bildung und Infrastruktur und den ökologischen Umbau der Wirtschaft.

Die Bezeichnung der NATO als einer beispiellosen Erfolgsgeschichte kann nur als Propaganda angesehenen werden. Die NATO führte 1999 in Jugoslawien einen völkerrechtswidrigen Krieg, der zu unendlich viel Leid und Elend führte. Die Folgen des Einsatzes von Munition mit abgereichertem Uran führt bis heute zu Krebserkrankungen und Missbildungen in Serbien. Die Ostausdehnung der NATO steht im Widerspruch zu den Zusicherungen gegenüber Russland im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung. Im Sinne des Gemeinwohls ist dies alles andere als eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Leider versäumt es Herr Kleber in diesem Zusammenhang, darauf hinzuweisen, dass er Mitglied der Atlantik-Brücke, einem NATO-nahen Thinktank ist und deshalb nicht als unabhängig gelten kann. Eine Erfolgsgeschichte war die Ostpolitik von Willi Brand, auf der Basis von Dialog und Kooperation.

Aufgrund der groben Verstösse gegen mehrere zentrale Qualitätsstandards im eigenen Regelwerk ist Herr Kleber als journalistischer Mitarbeiter eines öffentlich-rechtlichen Senders nicht mehr tragbar. Ich bitte um Stellungnahme.