Bellingcat und MH17

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Maren
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Bellingcat und MH17

Beitrag von Maren »

An den MDR


Sehr geehrte Damen und Herren,

am Montag, dem 01.06.2015 haben Sie mehrfach berichtet über eine investigative Gruppe namens „bellingcat“, welche herausgefunden haben will, wer das malaysische Flugzeug MH 17 abgeschossen haben will. Die Gruppe stützt sich bei Ihren Recherchen auf Quellen aus dem Internet und sozialen Medien. Die Gruppe behauptet, russische Radarbilder seien gefälscht worden.

Sie haben den Gründer dieser im letzten Jahr gegründeten Gruppe vorgestellt, einen Blogger. Sie haben berichtet, dass „Experten weltweit“ die Arbeit der Gruppe als sehr zuverlässig ansehen. Wer die Experten sind, haben Sie leider nicht genannt. Wäre aber wichtig gewesen für den Zuhörer. In der Regel kann man als geübter Zuhörer bei einer solchen Formulierung von Geheimdienstnähe ausgehen, dasselbe wie bei „aus gut unterrichteten Kreisen“.

Indem Sie sich ein solches Thema aus dem Mainstream einsammeln und letztendlich mit Bezug auf soziale Netzwerke und eine angebliche computergestützte Untersuchung von Fotos so darstellen, als ob das alles die Wahrheit ist, dieses dann auch mit Bezug auf die Meinung nicht näher genannter Experten verbriefen, zeigt, dass Sie weder willens noch in der Lage sind, Ihre Informationen ernsthaft zu recherchieren und abzusichern, geschweige denn die notwendigen Hintergrund- und Zusatzinformationen zu liefern.

In diesem Zusammenhang haben Sie die folgenden für den Hörer wichtigen Zusatzinformationen unterschlagen:

Offizielle Informationen:

Der Untersuchungsausschuss in den Niederlanden setzt sich zusammen aus Vertretern aus den Niederlanden, Großbritannien, Australien und der Ukraine. Malaysia oder Russland sind nicht dabei. Mehr als 140 Dokumente dieses Untersuchungsausschusses sind bislang geheim. Die Aufzeichnungen des Stimmenrekorders werden geheim gehalten. Es gibt ein geheimes Abkommen zwischen den Teilnehmerländern des Untersuchungsausschusses, wonach unter anderem ein Land die Veröffentlichung von Dokumenten verhindern kann, wenn diese zu dessen Nachteil sind (darüber wurde in der niederländischen Zeitschrift Elsevier mehrfach berichtet, müsste Ihnen doch eigentlich bekannt sein, Sie machen doch den ganzen Tag nichts anderes als Recherchieren – glaubt man Ihrer Selbstdarstellung). Es befand sich ein ukrainisches Militärflugzeug in unmittelbarer Nähe des Zivilflugzeugs. Es gab keine Augenzeugen eines Raketenschweifs. Das Flugzeug ist nicht brennend abgestürzt, wie es bei einem Treffer einer Boden-Luft-Rakete der Fall gewesen wäre.

Informationen aus dem Internet:

Es gibt eine sehr schlüssige Analyse des deutschen Piloten Peter Haisenko, untersetzt mit hochauflösenden Fotos von Einschuss-Stellen an Teilen der Flugzeugaußenhaut. Da sieht man z.B. kreisrunde Löcher mit 30 mm Durchmesser, was dem Kaliber der Bordkanonen entspricht, mit welchen der ukrainische Kampfflugzeugtyp in der Standardausstattung bestückt ist.

Angesichts der vorbeschriebenen bisherigen Sachlage fordere ich Sie auf, umgehend eine Richtigstellung Ihrer Berichterstattung bezüglich der Gruppe Bellingcat zu senden.

Dieser Beitrag war eine extrem tendenziöse Berichterstattung, welche Ihrem Auftrag einer umfassenden Information widerspricht. Im Gegenteil, in diesem Fall muss man Ihnen den bewussten Versuch einer Desinformation unterstellen.

An eine weitere Ihrer Fehlleistungen möchte ich Sie bei dieser Gelegenheit dringend erinnern. Bisher haben Sie auch nur ausweichend geantwortet auf meinen Schriftverkehr der letzten Wochen zu folgenden Inhalten:

Am Sonntag, dem 03.05.2015 gegen 8:15 Uhr haben Sie auf dem Sender MDR aktuell kurz berichtet über Odessa. Einen Tag nach dem Jahrestag des Massakers im Gewerkschaftshaus von Odessa haben Sie dieses nicht einmal erwähnt in dem Beitrag.

Einige Minuten später hatten Sie einen Beitrag zum Thema Pressefreiheit vs. Lügenpresse. Dazu ist mir aufgefallen, dass Sie unter Pressefreiheit scheinbar verstehen, auch unrichtig oder unvollständig berichten zu dürfen. In der letzten Zeit enthalten Sie regelmäßig Ihren Hörern wichtige Informationen vor, welche zur Einordnung Ihrer Berichterstattung erforderlich wären. Ich persönlich fühle mich zum Beispiel schlecht informiert zu folgenden Themen:

- Stand der Ermittlungen zum Massaker von Odessa

- Humanitäre Situation im Donbass,

- Häufiger Beschuss der Gebiete Donetzk und Lugansk mit schweren Geschützen durch die ukrainische Armee oder durch „Freiwilligen-Bataillone“ (Bruch des Minsker Abkommens),

- Morde an Oppositionellen und Journalisten in der Ukraine / Kiew und die Rolle des ukrainischen Geheimdienstes,

- Studentenproteste in Kiew,

- Bergarbeiterproteste in Kiew,

- Proteste in Kiew gegen Grundstücks-Korruption u. a.,

- Versuche Kiews, die nationalistischen und oligarchenfinanzierten Freiwilligenbataillone in die ukrainische Armee zu integrieren,

- Ankündigung Poroschenkos, die Ostukraine und die Krim „zu befreien“,

- Verbleib / Verwendung von deutschen und EU-Hilfsgeldern in der Ukraine,

- Waffenlieferungen der USA in die Ukraine,

- NATO-Militärübungen im Baltikum, in Polen und in Rumänien,

- Bikertour durch Osteuropa im Gedenken an das Ende des 2. Weltkrieges.

Die vorstehende Themenliste ist zwar sehr Ukraine-lastig, aber sicherlich auch für andere Menschen interessant.
Auch für andere Krisenregionen ließen sich ähnliche Listen fehlender Hintergrund- bzw. Begleitinformationen erstellen.
Sehr geehrte Damen und Herren leitende und angestellte Journalisten, es gibt viele wichtige Themen, über die Sie berichten können, worauf warten Sie? Fangen Sie an! Sie haben doch die Pressefreiheit, oder?
Und verwenden Sie bitte die Begriffe Hintergrundinformation, Recherche etc. nicht nur in Ihren Selbstdarstellung-Clips.

Mit freundlichen Grüßen
xxxxxxxxx
altermann

Re: Bellingcat und MH17

Beitrag von altermann »

Die Hauptstrommedien rudern zurück:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/m ... 36874.html
http://www.n-tv.de/politik/Experte-hat- ... 26561.html
Auch eine gute Seite: http://7mei.nl/2015/05/18/mh17-buk-laun ... re-cheats/

Man setzt mit großem Tammtamm Thesen in die Welt und einen Tag später wird das relativiert. Weshalb überlässt man die Recherche den Hobby-Bloggern? Was lernt man denn heute an einer Journalistenschule? Vielleicht wie man NATO-Meldungen in eigene Berichte transformiert?
Sehr aufschlussreich ist dieser Artikel, der beschreibt, wie man investigativer Journalist wird. Eine Stasi-Mitgliedschaft ist von Vorteil: http://www.jungewelt.de/2015/06-04/062.php
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