NDR - Programmbeschwerde: Antisemitismus im Programm

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Maren
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NDR - Programmbeschwerde: Antisemitismus im Programm

Beitrag von Maren »

NDR-Rundfunkrat
Frau Vorsitzende
Dagmar Pohl-Laukamp
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg

2.7.2015


Betr: Antisemitismus NDR/ Thieleman Vs. Petrenko


Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

ich bitte Sie zu prüfen, ob der Kommentar vom 23.6.2015 des NDR-Kultur-Programmes gegen den NDR-Staatsvertrag verstoßen hat.

Nachdem ich mich bereits mehrmals erfolglos über die Bagatellisierung und Verharmlosung von faschistischen Verbrechen und der Verherrlichung von Nazi-Ideologien in Osteuropa im NDR-Programm beschwert habe, ist es jetzt in NDR-Kultur-Programm zu einer – sogar - offen rechtsextremistischen Entgleisung gekommen, zu der den Urhebern, Ihnen und Ihren Gremien bestimmt wieder eine der gängigen Exkulpationen einfallen wird:

Frau Eleonore Büning von der FAZ hat den Vorfall beschrieben:

„Als gäbe es beim Radio gar keine Redakteure mehr, die offen antisemitische Entgleisungenbemerken und verhindern könnten, spekuliert eine NDR-Kommentatorin über das etwaige Konkurrenzverhältnis zwischen Petrenko (kürzlich gewählt zum Drigenten der BerlinerPhilharmoniker, Anm. F.K.) und seinem Dirigentenkollegen Christian Thielemann und vergleicht, da die beiden ja demnächst wieder in Bayreuth auftreten werden,den einen, Thielemann, als ,Experten deutschen Klanges‘ mit Wagners nobler Wotan-Figur, denanderen, Petrenko, mit der Figur des Alberich, dem ,winzigen Gnom, der jüdischen Karikatur‘.

Dieser Vergleich ist lupenreiner, unverhüllter Antisemitismus, der dem früheren gängigen Repertoire der Nationalsozialisten entspricht.

Wie üblich versuchte der NDR sich mit deplatzierten und unsensiblen Begründungen herauszureden:

"Eine Gleichsetzung des Dirigenten Kirill Petrenko und der Wagnerschen Ringfigur Alberich habeich in meinem Kommentar keinesfalls beabsichtigt," ließ die Autorin zunächst verlautbaren.

Völlig zutreffend daraufhin eine der vielen Zuschriften:

"... keinesfalls beabsichtigt." Was war denn damit beabsichtigt?? Diese 'Anmerkung' (!) ist Ihnen überhaupt nicht abzunehmen. Damit beleidigen Sie, wie schon Ihre Redaktion am gestrigen Tag, die Intelligenz Ihrer Leserschaft.Dennoch dürfen Sie sich seit gestern über die (wenn, vermutlich, lediglich vorübergehende) erhebliche Vergrösserung Ihrer Leserschaft im internationalen Musikbetrieb freuen."

Programm- Leiterin Frau Barbara Mirow reagierte mit der NDR-typischen "Eigentlich-sind-wir unfehlbar"-Attidüde":

Sie bedauerte den Text ihrer Mitarbeiterin (den sie nach einigen Tagen aus dem Internet verschwinden ließ) mit Fehlern im Abnahmeverfahren der Redaktion, erklärte aber mit keinem Wort, warum antisemitische Äußerungen in ihrem Arbeitsbereich überhaupt aufkommen konnten. So entsteht der Eindruck, dass latenter Antisemitismus in der Redaktion weiterhin nicht auszuschließen ist, es lediglich einer besseren Kontrolle bedarf, ihn nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen.

Korrekt wäre es aus meiner Sicht gewesen, sich bei den beiden Dirigenten öffentlich zu entschuldigen und eine Untersuchung für die Hörer und Zuschauer anzukündigen, in der dargelegt wird, warum die Mitarbeiterin sich antisemitisch äußerte und warum die Redaktion den braunen Faux-pas geduldet hat.

Ich bitte Sie festzustellen, dass der Beitrag gegen die Programm-Richtlinien des NDR-Staatsvertrages verstoßen hat.


Mit freundlichen Grüssen

F. Klinkhammer
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Maren
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Re: NDR - Programmbeschwerde: Antisemitismus im Programm

Beitrag von Maren »

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,

für Ihre E-Mail vom 2. Juli 2015 an die Vorsitzende des NDR Rundfunkrates danke ich Ihnen. Frau Pohl-Laukamp hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.

Ich habe die Leiterin von NDR Kultur, Frau Mirow, um eine Stellungnahme zu Ihrer Programmbeschwerde zum Kommentar „Petrenko vs. Thielemann?“ gebeten. Sie finden diese Stellungnahme im Anhang zu diesem Schreiben.

Ich hoffe, dass Sie die Entschuldigung, der ich mich ausdrücklich anschließen möchte, und die Erläuterungen der Redaktion nachvollziehen können.

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor

ARD-Vorsitzender
Intendant des Norddeutschen Rundfunks
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
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Maren
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Re: NDR - Programmbeschwerde: Antisemitismus im Programm

Beitrag von Maren »

Sehr geehrter Herr Marmor,

Frau Mirows Ausführungen zu dem Kommentar von Frau Lange habe ich zur Kenntnis genommen. Ich begrüße im Ergebnis, dass sich die Programm-Chefin im Vergleich zur bisherigen Praxis anderer Programm-Verantwortlicher für den Beitrag entschuldigt hat. Zwar wird nicht erklärt, warum eine wichtige Programm-Mitarbeiterin wie Frau Lange so unhistorisch und nazi-nah argumenieren konnte, dennoch lege ich keinen Wert auf eine weitere Behandlung im Rundfunkrat. Wenn ich vergleichsweise die ständige Verherrlichung bzw. Marginalisierung der Gesinnung und Taten der faschistischen Freiwilligen-Verbände in der Ukraine durch ARD-Aktuell sehe, handelt es bei NDR-Kultur in der Tat um einen Einzelfall.

Mit freundlichen Grüßen
Friedhelm Klinkhammer
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