ARD - Verharmlosung faschistischer Organisationen

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Maren
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ARD - Verharmlosung faschistischer Organisationen

Beitrag von Maren »

Norddeutscher Rundfunk
Gremienbüro
Frau Ute Schildt
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg

Norddeutscher Rundfunk
Intendanz
Herr Lutz Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg

Programmbeschwerde gegen den Beitrag „Waffenruhe in der Ostukraine“ in der Sendung Tagesthemen vom 05.09.2014


Sehr geehrter Herr Marmor,
sehr geehrte Frau Schildt,

hiermit legen wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde zum Beitrag „Waffenruhe in der Ostukraine“ in der Sendung Tagesthemen vom 05.09.2014, 21:45 Uhr, wegen der unkommentierten Darstellung verfassungswidriger Kennzeichen sowie der vorsätzlichen Verharmlosung faschistischer Organisationen ein.
http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... -3166.html

Der Reporter Peter Schreiber berichtete im Beitrag „Waffenruhe in der Ostukraine“ über „ukrainische Freiwilligenverbände, die in der vergangenen Zeit herbe Rückschläge hinnehmen mussten“, während im Hintergrund die Flagge mit dem Wappen des Asow-Bataillons mit Wolfsangel und schwarzer Sonne wehte.

Das Wappen des Asow-Bataillons mit Wolfsangel und schwarzer Sonne
Die sogenannte Schwarze Sonne ließ die SS in den Obergruppenführersaal der Wewelsburg ein. Die Schwarze Sonne ist sowohl in der rechten als auch in der unpolitischen Esoterikszene verbreitet. Sie zeigt eine Art Sonnenrad, dessen zwölf Speichen als inverse Siegrune interpretiert werden können. Es können auch drei Hakenkreuze innerhalb des Symbols erkannt werden. Die Schwarze Sonne ist daher zu einem anerkannten Ersatzsymbol für die beiden verbotenen Zeichen geworden. Die Wolfsangel ist ein von den Nationalsozialisten verwendetes Symbol. Es soll besondere Wehrhaftigkeit symbolisieren. Im Kontext von rechtsextremen Organisationen ist die Verwendung der Wolfsangel in Deutschland strafbar. Quelle: Wikipedia


Im gleichen Beitrag wurde ein Interview mit dem Kommandeur des Asow-Bataillons, Andrej Biletski geführt. Biletski ist der Chef der rechtsextremen "Sozial-Nationalen-Versammlung" (SNA). Er tritt für die "rassische Reinigung der Nation" ein und postuliert den Auftrag des ukrainischen Volkes "die weißen Völker der Welt auf ihren letzten Kreuzzug im Kampf ums Überleben" anzuführen. Sein Ausspruch "Der Feind ist das von Semiten angeführte Untermenschentum" ist u.a. nachzulesen bei fr-online.de im Beitrag "Neonazis im Häuserkampf" vom 10. August 2014. http://www.fr-online.de/ukraine/ukraine ... 83302.html
Die Fahne mit dem Asow-Emblem der Wolfsangel wurde in diesem Tagesthemen-Beitrag insgesamt 4 Mal gezeigt: (1 Min.16, 1Min. 20, 2 Min. 30 und schließlich während des gesamten Interviews mit Biletski ab 2 Min. 38).

Nach deutschem Recht wird das öffentliche Zeigen fast aller rechtsextremen Symbole oder Kennzeichen nach § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) und § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) bestraft.
Die unkommentierte Zurschaustellung sowie die bewusste Verharmlosung der Träger verbotener faschistischer Symbole und Kennzeichen innerhalb einer Nachrichtensendung der öffentlich-rechtlichen Medienanstalt NDR (ARD) verstoßen deutlich gegen den gesetzlichen Programmauftrag sowie gegen Gesetze und Vorschriften im Geltungsbereich des GG, des RFStV sowie des Jugendmedienschutzes.

Im Einzelnen:

Die Rechte der Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung finden ihre Schranken laut GG Artikel 5 (2) in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Gesetz zum Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien
§ 4
Unzulässige Angebote

(1) Unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit sind Angebote unzulässig, wenn sie

- Propagandamittel im Sinne des § 86 des Strafgesetzbuches darstellen, deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist,

- Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Sinne des § 86 a des Strafgesetzbuches verwenden,

- zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,

- eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, leugnen oder verharmlosen,

- grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen,

- den Krieg verherrlichen,

- gegen die Menschenwürde verstoßen, insbesondere durch die Darstellung von Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, wobei ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben wird, ohne dass ein berechtigtes Interesse gerade für diese Form der Darstellung oder Berichterstattung vorliegt; eine Einwilligung ist unbeachtlich (…)

Rundfunkstaatsvertrag
§ 3
Allgemeine Grundsätze

(1) Die in der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik (…) haben in ihren Angeboten die Würde des Menschen zu achten und zu schützen; die sittlichen
und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung sind zu achten. Die Angebote sollen dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinungen anderer zu stärken.

§ 10
Berichterstattung, Informationssendungen

(1)
Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Siemüssen unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. (…)

§ 11
Auftrag

(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. (…)

(2) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die
Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.

Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sind zur inhaltlichen Vielfalt und Ausgewogenheit verpflichtet. Im Gegensatz zur Presse genießen sie keinen Tendenzschutz.
Es erschließt sich daher nicht, aus welchem Grund die Journalisten des NDR (ARD) innerhalb der Berichterstattung zur Situation in der Ukraine die sogenannten Freiwilligen-Bataillone darstellen, als repräsentierten sie die positive Seite des bewaffneten Konfliktes. Wider besseres Wissen wird ein glühender Verfechter einer neuen „Rassenordnung“ völlig wertneutral interviewt und die Szenerie ohne jegliche Distanzierung seitens der Journalisten im Beitrag, oder des Moderators Thomas Rothe im Studio, gesendet.
Wir erwarten künftig von den öffentlich-rechtlichen Medienanstalten eine deutliche Abgrenzung von faschistischen Organisationen, auch außerhalb der Bundesrepublik, vernünftige Hintergrundrecherchen zu den interviewten Personen sowie die unverzügliche Einstellung der, dem Jugendschutz abträglichen, Glorifizierung bewaffneter faschistischer Extremistenverbände.

Sollte sich diese Art der Berichterstattung fortsetzen, behalten wir uns weitere Schritte vor.

Zum Zwecke der Transparenz werden wir diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.

Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende
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Maren
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Re: ARD - Verharmlosung faschistischer Organisationen

Beitrag von Maren »

Eingansbestätigung Rundfunkrat
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Re: ARD - Verharmlosung faschistischer Organisationen

Beitrag von Maren »

Weiterleitung WDR
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Antwort - WDR - Verharmlosung faschistischer Organisationen

Beitrag von Maren »

Antwort des Intendanten des WDR, Herr Tom Buhrow, auf unsere Programmbeschwerde.
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2014-11-17 Bescheid TT 5.9.- Schreiben v. 12.09. Publikumskonferenz.pdf
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Antwort auf die Antwort - WDR - Verharmlosung faschistischer Organisationen

Beitrag von Maren »

Westdeutscher Rundfunk Köln
Intendanz
Herrn Buhrow
Appellhofplatz 1
50667 Köln



Ihr Schreiben vom 17.11.2014



Sehr geehrter Herr Buhrow,

vielen Dank für Ihre Antwort auf unsere Programmbeschwerde vom 12.09.2014 den Beitrag „Waffenruhe in der Ostukraine“ in der Sendung Tagesthemen vom 05.09.2014 betreffend, der wir wie folgt entgegnen möchten:

1.) Sie berufen sich innerhalb Ihrer Argumentation auf den Ausnahmetatbestand § 86 (a) Abs. 3 StGB: Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens.
Zitat: "Der Beitrag stellte eine ebensolche Berichterstattung über ein wichtiges Thema des Zeitgeschehens dar." Für eine Berufung auf die laut §86 (a) Abs. 3 StGB zulässige Verwendung von NS-Symbolen innerhalb der Berichterstattung über "Vorgänge des Zeitgeschehens" sehen wir im Gegensatz zu Ihnen keine Voraussetzungen, da sowohl die Bedeutung der gezeigten NS-Symbole (Wolfsangel) als auch der rechtsradikale Charakter des Asow-Bataillons im Dunkeln blieben.
Nur unter der Bedingung, dass das verbotene NS-Kennzeichen zumindest durch einen Hinweis zum Thema der Berichterstattung gemacht wird, ist die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands zu rechtfertigen.

Jedoch war das Thema, laut Ihrer Argumentation, ein anderes: „Es ging in dem zweiminütigen Beitrag in den Tagesthemen darum, die Kernpunkte des Minsker Abkommens darzustellen, die Reaktionen der russischen und ukrainischen Regierung abzubilden, die Anführer bzw. Sprecher der in der Ost-Ukraine kämpfenden Parteien zu Wort kommen zu lassen und obendrein die aktuelle Situation vor Ort darzustellen (…).“

2.) Das Wolfsangel-Symbol ist nicht deshalb in Deutschland verboten, weil es ein "nationalistisches" Symbol ist, sondern weil es sich dabei um einschlägige NS-Symbolik handelt.
Das Asow-Bataillon und dessen Kommandeur A. Bilezki treten für die "rassische Reinigung der Nation" ein und sehen den "Feind" als "das von Semiten angeführte Untermenschentum" und sieht die "historische Mission" der ukrainischen Nation darin, "die weißen Rassen der Welt in einem finalen Kreuzzug für ihr Überleben zu führen".
Zitat Quelle: http://www.fr-online.de/ukraine/ukraine ... 83302.html

Der Umstand, dass Ihre Korrespondenten den Charakter diverser ukrainischer Freiwilligenverbände bereits in anderen Sendungen thematisiert haben, entbindet Sie nicht von Verpflichtungen den aktuellen Sendebetrieb betreffend.

Wir weisen darauf hin, dass - abgesehen von der zu prüfenden rechtlichen Relevanz der beanstandeten Darstellung - verharmlosende Bezeichnungen wie "Freiwilligenbataillone" oder "Ultranationalisten" politisch geeignet sind, dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland, auch im Ausland, schweren Schaden zuzufügen.

Die deutliche Distanzierung und entsprechende Kommentierung der NS-Symbolik durch jeweils verantwortliche Redakteure sollte nach unserer Einschätzung, auch im Hinblick auf die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen, als Mindestanforderung für alle Beiträge dieser Art im Rahmen des Programmangebotes der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten gelten.

3.) Ihr Argument, dass aus „zeitlichen Gründen" die wichtigen Hinweise auf die NS-Symbolik und den rechtsradikalen Charakter des Asow-Bataillons nicht "leistbar" gewesen seien, weisen wir nach erneuter Sichtung des von uns beanstandeten Materials zurück.

Wir übergeben die Beschwerde zur Befassung nun an den Rundfunkrat und setzen Sie darüber hinaus in Kenntnis, dass wir die Einleitung rechtlicher Schritte im Hinblick auf die Anwendung von § 86 a StGB prüfen lassen werden.

Eine Kopie des Schreibens geht auch dem ARD-Rundfunkrat zu. Wir weisen darauf hin, dass unabhängig von der Weiterleitung unserer Beschwerde an die den Beitrag einbringende Sendeanstalt des WDR die Behandlung der Beschwerde durch die ARD/das Erste als verbreitende Sendeanstalt rechtlich vorgeschrieben ist (s. hierzu Punkt IV der Grundsätze für die Zusammenarbeit im ARD-Gemeinschaftsprogramm "Erstes Deutsches Fernsehen" und anderen Gemeinschaftsprogrammen und -angeboten).

Zum Zwecke der Transparenz werden dieses Schreiben sowie der weitere Verlauf des Schriftverkehrs auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende
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Re: ARD - Verharmlosung faschistischer Organisationen

Beitrag von Maren »

Zwischenbescheid durch die Vorsitzende des WRR-Rundfunkrates, Frau Hieronymi.
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Maren
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Re: ARD - Verharmlosung faschistischer Organisationen

Beitrag von Maren »

In seiner Sitzung am 23.01.2015 wurden folgende Programmbeschwerden vom Rundfunkrat des WDR, einstimmig und ohne Enthaltungen, abgewiesen:

- ARD - Brennpunkt - Syrien-Bomben gegen IS
- WDR - Falsches Bildmaterial II
- ARD - Tagesthemen Flucht aus Donezk
- ARD - Verharmlosung faschistischer Organisationen
- ARD - Falschinterpretation OSZE-Bericht
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WDR Rundfunkrat Ablehnung_5 Beschwerden.pdf
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