ARD-Verfälschung der Rede von Gregor Gysi

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Maren
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ARD-Verfälschung der Rede von Gregor Gysi

Beitrag von Maren »

Norddeutscher Rundfunk
Intendanz
Herrn Lutz Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg


Programmbeschwerde


Sehr geehrter Herr Marmor,

hiermit legen wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde wegen des Verfälschens des Redebeitrages des Fraktionsvorsitzenden der Partei DIE Linke im Bundestag, Gregor Gysi, ein.

Gysis nahm in seiner Rede, anlässlich der 60. Sitzung des Bundestages, am 16. Oktober 2014, u. a. Stellung zur EU-Sanktionspolitik gegenüber Russland und drückte sein Bedauern über die Verschiebung des Petersburger Dialogs aus. Außerdem forderte er die Rücknahme der Sanktionen mit dem Hinweis auf "Minsk".

Innerhalb der Sendungen Tagesschau vom 16.10.2014 um 16:00 Uhr und 17:00 Uhr werden Gregor Gysi durch den Korrespondenten im ARD-Hauptstadtstudio Michael Stempfle folgende Worte in den Mund gelegt:
"Seine (Gysis) Forderung: Die Bundesregierung müsse ihren harten Kurs aufgeben. Schließlich habe sich Russland in Minsk bereit erklärt, Waffen aus der umkämpften Region abzuziehen"

http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... -4937.html
http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... -4935.html

An keiner Stelle seiner Rede hat Gregor Gysi geäußert, dass sich Russland in Minsk bereit erklärt habe, Waffen aus der umkämpften Region abzuziehen.

Die Minsker Vereinbarung ist zwischen den beiden Kriegsparteien Kiew und prorussische Separatisten getroffen worden. Russland und OSZE traten dabei als Vermittler auf.

Originalrede:
http://www.youtube.com/watch?v=uaxGmBrh ... RmGmU0T9jg

Themenrelevante Auszüge der Rede:
(…) Der erste Grund ist die völlig verfehlte Sanktionspolitik gegenüber Russland, das daraufhin die Importe aus Deutschland stark reduziert hat. Das ist politisch, ökonomisch und auch sozial der falsche Weg. Es wird geschätzt, dass uns das bis zu 300 000 Arbeitsplätze kosten kann.
Jetzt sage ich Ihnen, was der Vorteil einer Mitgliedschaft in der EU ist: Der Vorteil einer EU-Mitgliedschaft besteht darin, dass die Länder politisch, wirtschaftlich und zivilgesellschaftlich so eng miteinander verflochten sind, dass ein Krieg zwischen ihnen gar nicht mehr denkbar wäre; da müsste vollständiger Irrationalismus herrschen. Wenn das stimmt, dann brauchen wir zu Russland genauso enge politische, ökonomische und zivilgesellschaftliche Beziehungen: damit ein Krieg zwischen Russland und dem übrigen Europa ebenfalls ausgeschlossen wird. (…) Der Weg der Sanktionen ist völlig falsch und schadet letztlich auch uns, unserer Wirtschaft wie unseren Bürgerinnen und Bürgern.
Deshalb ist, finde ich, die Verschiebung des Petersburger Dialogs ein völlig falsches Signal, das wir in dieser Zeit überhaupt nicht brauchen können.
Nun nehmen wir ja alle erstaunt zur Kenntnis, dass sich – es gibt immerhin das Minsker Abkommen – doch Lösungen in der Ukraine anbahnen. Deshalb sage ich Ihnen noch einmal: Jetzt müssen Sie auch Ihre Bereitschaft signalisieren, die Sanktionen zurückzunehmen; anders ist das Verhältnis nicht zu normalisieren.
(…) Nachzulesen hier: http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/18060.pdf (5487)

Über die Motive für diese erneute Manipulation der Rede eines hochrangigen Politikers durch einen Korrespondenten der ARD ziehen wir folgende Schlüsse:

1.) Es sollte für das Publikum zum wiederholten Mal ein Schuldeingeständnis Russlands konstruiert werden.
2.) Die Bewertung Russlands als Kriegspartei seitens der Linkspartei sollte konstruiert werden. Dafür hat man einen der prominentesten Politiker der Linkspartei exakt die Regierungsposition in den Mund gelegt und die Oppositionspartei auf diese Weise in ihrer Außenwahrnehmung sowie in den Augen ihrer Basis der Glaubwürdigkeit beraubt.

Die erneute (siehe auch: viewtopic.php?f=30&t=164) Verfälschung einer Rede im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise werten wir als Betrug am Zuschauer und als Verstoß gegen die journalistische Ethik. Wir fordern die ARD auf, unverzüglich eine Untersuchung einzuleiten und den unerhörten Vorfall restlos aufzuklären.
Eine Richtigstellung innerhalb der Tagesthemen sehen wir als Mindestforderung an.

(1) Der NDR ist in seinem Programm zur Wahrheit verpflichtet.
(2) Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Sie müssen unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen.

Zum Zwecke der Transparenz werden diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programm-verantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
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Zuletzt geändert von Maren am 19. Oktober 2014, 10:16, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: Formatierung, Zeitangabe eingefügt, Formulierung konkretisiert, Link eingefügt
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Maren
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Re: ARD-Verfälschung der Rede von Gregor Gysi

Beitrag von Maren »

Weiterleitung an SWR
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Maren
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Antwort vom Intendanten des SWR, Herrn Boudgoust

Beitrag von Maren »

Antwort vom Intendanten des SWR, Herrn Boudgoust, auf unsere Programmbeschwerde.
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Maren
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Antwort auf die Antwort - SWR -Verfälschung der Rede von Gregor Gysi

Beitrag von Maren »

SWR
Intendanz
Herrn Peter Boudgoust
Neckarstraße 230
70190 Stuttgart



Ihr Schreiben vom 10.November 2014


Sehr geehrter Herr Boudgoust,

vielen Dank für die Beantwortung unserer Programmbeschwerde vom 18.10.2014.

Leider gehen Sie in Ihrer Stellungnahme mit keinem Wort auf den Kern unserer Beschwerde ein:

Wir haben Beschwerde eingelegt wegen des Verfälschens des Redebeitrags des Fraktionsvorsitzenden der Partei Die Linke Gregor Gysi im Bundestag.

Wir halten es für selbstverständlich, dass der SWR die Falschdarstellung zum Minsker Abkommen einräumt und würden es auch im Interesse der Glaubwürdigkeit der ARD/ des SWR begrüßen, wenn eine solche nachweisbare Falschdarstellung nicht als "allenfalls missverständliche Aussage" bagatellisiert würde.

Ihre Stellungnahme lässt aber unseren Beschwerdepunkt vollkommen unberücksichtigt.
Beanstandet wurde der tatsächlich unerhörte Vorgang, dass dem Fraktionsvorsitzenden der Partei Die Linke in Form der indirekten Rede Worte in den Mund gelegt wurden, die dieser an keiner Stelle seiner Rede geäußert hat.

Dass die indirekte Rede, angezeigt durch die Verwendung des Konjunktivs, ausschließlich der Redewiedergabe gilt (das grammatische Pendant ist die direkte Rede) dürfte auch den Journalisten innerhalb des SWR bekannt sein.

Selbstverständlich handelt es sich beim Hinzufügen von nicht getroffenen Aussagen in Form der indirekten Rede um einen schweren Verstoß gegen die Wahrheits-und Sorgfaltspflicht und selbstverständlich ist neben einer Erklärung, wie es zu dieser Verfälschung kommen konnte, eine Richtigstellung in einem vergleichbaren Sendeplatz der ARD (Das Erste) dringend geboten.

Das einfache Löschen der von uns beanstandeten Sendungen ohne jegliche Richtigstellung widerspricht darüber hinaus den Regeln journalistischen Sorgfaltspflicht, die auch für die ARD bzw. den SWR gelten.

Wenn eine solche wahrheitswidrige Hinzufügung von nicht getroffenen Aussagen nicht als Programmverstoß gewertet würde, wären sämtliche Bestimmungen zur Wahrheits- und Sorgfaltspflicht der Öffentlich-Rechtlichen Sender überflüssig und der Manipulation Tür und Tor geöffnet.

Wir rufen zur Befassung der Beschwerde den SWR Rundfunkrat an. Eine Kopie des Schreibens wird überdies dem ARD-Rundfunkrat zugesandt.

Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass unabhängig von der Weiterleitung unserer Beschwerde seitens der ARD an die den Beitrag einbringende Sendeanstalt des SWR, die Behandlung der Beschwerde durch die verbreitende Rundfunkanstalt ARD (Tagesschau vom 16. 10. 2014) rechtlich vorgeschrieben ist.

Dies gilt im Übrigen für alle Programmbeschwerden, welche die ARD an den SWR oder auch an den WDR weitergeleitet hat
(s. hierzu Punkt IV der Grundsätze für die Zusammenarbeit im ARD-Gemeinschaftsprogramm "Erstes Deutsches Fernsehen" und anderen Gemeinschaftsprogrammen und -angeboten).

Zum Zwecke der Transparenz werden dieses Schreiben sowie der weitere Verlauf des Schriftverkehrs auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
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Erklärung: "ARD-Rundfunkrat" meint in diesem Zusammenhang die Konferenz der Gremienvorsitzenden (GVK).
Zuletzt geändert von Maren am 21. Dezember 2014, 12:59, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Erklärung für GVK eingefügt
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Maren
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Re: ARD-Verfälschung der Rede von Gregor Gysi

Beitrag von Maren »

Zwischenbescheid SWR Rundfunkrat
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Re: ARD-Verfälschung der Rede von Gregor Gysi

Beitrag von Maren »

Die Programmbeschwerde wurde vom Programmausschuss in seiner Sitzung am 16.01.2015 zurückgewiesen.
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