ARD - Verletzung der journalistischen Sorgfalts- und Wahrheitspflicht
Verfasst: 29. November 2014, 17:44
Norddeutscher Rundfunk
Intendanz
Herr Lutz Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Programmbeschwerde
Sehr geehrter Herr Marmor,
hiermit legen wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde gegen einen Beitrag innerhalb der Tagesthemen vom 20. November 2014 wegen Verletzung der journalistischen Sorgfalts- und Wahrheitspflicht, die auch umfasst, nichts Wesentliches wegzulassen, ein.
Unsere Beschwerde richtet sich explizit gegen den Beitrag, welcher gegen Minute 9:00 die „Standpunkte der Linkspartei zu Israel“ thematisiert. http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... -3323.html
Sollte der Beitrag von einem Gemeinschaftssender produziert worden sein, so bitten wir um eine zügige Weiterleitung der Beschwerde. Wochenlange Verzögerungen des Verfahrens aufgrund verspäteter Weiterleitung sind nicht hinnehmbar. Unberührt davon bleibt die Behandlung der Beschwerde durch die den Beitrag verbreitende Sendeanstalt, an die sich unser Schreiben richtet.
Im Beitrag wird Max Blumenthal unter Auslassung der wesentlichen Information, dass er selbst jüdischen Glaubens ist, eine "antisemitische Gedankenwelt" zugeordnet. Das - in diesem Zusammenhang nicht einmal aussagekräftige - Zitat, das als Beleg für diese schwere Anschuldigung dienen sollte, wurde dabei aus seinem relevanten Kontext gerissen und von der ARD des Weiteren mit der falschen Zusatzinformation kommentiert, das Zitat Blumenthals beziehe sich auf die israelische Politik.
Wir möchten den Intendanten freundlich bitten, in seiner Stellungnahme auf folgende Fragen einzugehen.
1) Weshalb verschweigt der Beitrag, dass es sich bei den Journalisten David Sheen und Max Blumenthal selbst um Juden handelt?
2) Das folgende Zitat wird im Beitrag als Beleg für Blumenthals "antisemitische Gedankenwelt" verwendet:
"Jeder Deutsche sollte sich fragen, ob eine solche Politik dazu angetan ist, des Holocausts zu gedenken."
Inwiefern vermittelt dieses Zitat die von der ARD behauptete "antisemitische Gedankenwelt" des jüdischen Journalisten?
Hat die ARD das Zitat etwa derart verstanden, dass der jüdische Journalist Blumenthal sich gegen ein Gedenken des Holocausts ausspricht? Wollte die ARD, dass der Zuschauer das Zitat derart versteht?
3) Das Zitat ("eine solche Politik") bezieht sich nicht auf die israelische Politik, wie im Beitrag behauptet, sondern auf die deutsche Regierungspolitik gegenüber Israel und den Palästinensern. Wie kommt diese Falschdarstellung zustande?
Die Quelle des Zitats wird in den Tagesthemen angegeben: ein Artikel aus "Der Hintergrund". Der Titel des Artikels lautet: "Der tödliche Status Quo wird von der Bundesregierung verteidigt und gefördert." Der ARD war also der Kontext bekannt.
4) Weshalb wurde das Zitat nicht wenigstens knapp in seinen inhaltlichen Kontext eingeordnet?
Frage des Interviewers: "Beim letzten Angriff auf Gaza wurde auch eine Familie deutscher Staatsbürgerschaft, die Familie von Ibrahim Kalani, getötet. (...) Seitens der deutschen Regierung gab es keinerlei Reaktion- Wie lässt sich dieses Verhalten erklären?
Antwort Blumenthals: " Das Verhalten der deutschen Bundesregierung zeigt nicht nur das Desinteresse an den Rechten der Palästinenser, sondern auch an deren Leben. Das Leben dieser Menschen ist anscheinend weniger wertvoll. Es ist praktisch nicht vorhanden. Gegenteiliges war der Fall, nachdem deutsche Passagiere beim Absturz jenes Flugzeugs in der Ostukraine ums Leben gekommen sind. Da es hieß, die Täter seien womöglich russische Separatisten, war die Empörung groß und erfolgte prompt. Die deutsche Politik gegenüber Israel und den Palästinensern ist allerdings schon seit Konrad Adenauer zu beobachten. Damals hatte Israel übrigens kein Problem, mit dessen Kanzleramtschef Hans Globke, der im Dritten Reich ein bekannter Nazi gewesen war, zu verhandeln. Durch diese Art Politik wurden die Palästinenser zu indirekten Opfern des Holocausts."
Seine Aussagen zusammenfassend folgt nun Blumenthals Fazit:
"Jeder Deutsche sollte sich fragen, ob eine solche Politik tatsächlich dazu angetan (Anmerkung Publikumskonferenz: also geeignet) ist, des Holocausts zu gedenken."
Quelle: http://www.hintergrund.de/201411123311/ ... rdert.html
5) Wie ist zu erklären, dass der Intendant Tom Buhrow in seinem Schreiben vom 17. November 2014 das ukrainische Asow-Bataillon bzw. dessen Kommandeur, der vom "Semiten geführten Untermenschentum" spricht, (siehe: http://www.fr-online.de/ukraine/ukraine ... 83302.html) als "ultranationalistisch" verharmlost und dabei den Begriff Antisemitismus ausspart, wohingegen dem jüdischen Journalist Max Blumenthal von der ARD eine "antisemitische Gedankenwelt" bescheinigt wird? Herr Buhrow bezog sich dabei auf die Tagesthemen vom 5. September 2014, in denen das Asow-Bataillon ebenfalls als "Freiwilligenverband" verharmlost wurde.
Worin liegen diese unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe innerhalb der von der ARD ausgestrahlten Beiträge begründet?
Zum Zwecke der Transparenz werden wir diese Beschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Maren Müller
Vorsitzende
Intendanz
Herr Lutz Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Programmbeschwerde
Sehr geehrter Herr Marmor,
hiermit legen wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V., formal Beschwerde gegen einen Beitrag innerhalb der Tagesthemen vom 20. November 2014 wegen Verletzung der journalistischen Sorgfalts- und Wahrheitspflicht, die auch umfasst, nichts Wesentliches wegzulassen, ein.
Unsere Beschwerde richtet sich explizit gegen den Beitrag, welcher gegen Minute 9:00 die „Standpunkte der Linkspartei zu Israel“ thematisiert. http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... -3323.html
Sollte der Beitrag von einem Gemeinschaftssender produziert worden sein, so bitten wir um eine zügige Weiterleitung der Beschwerde. Wochenlange Verzögerungen des Verfahrens aufgrund verspäteter Weiterleitung sind nicht hinnehmbar. Unberührt davon bleibt die Behandlung der Beschwerde durch die den Beitrag verbreitende Sendeanstalt, an die sich unser Schreiben richtet.
Im Beitrag wird Max Blumenthal unter Auslassung der wesentlichen Information, dass er selbst jüdischen Glaubens ist, eine "antisemitische Gedankenwelt" zugeordnet. Das - in diesem Zusammenhang nicht einmal aussagekräftige - Zitat, das als Beleg für diese schwere Anschuldigung dienen sollte, wurde dabei aus seinem relevanten Kontext gerissen und von der ARD des Weiteren mit der falschen Zusatzinformation kommentiert, das Zitat Blumenthals beziehe sich auf die israelische Politik.
Wir möchten den Intendanten freundlich bitten, in seiner Stellungnahme auf folgende Fragen einzugehen.
1) Weshalb verschweigt der Beitrag, dass es sich bei den Journalisten David Sheen und Max Blumenthal selbst um Juden handelt?
2) Das folgende Zitat wird im Beitrag als Beleg für Blumenthals "antisemitische Gedankenwelt" verwendet:
"Jeder Deutsche sollte sich fragen, ob eine solche Politik dazu angetan ist, des Holocausts zu gedenken."
Inwiefern vermittelt dieses Zitat die von der ARD behauptete "antisemitische Gedankenwelt" des jüdischen Journalisten?
Hat die ARD das Zitat etwa derart verstanden, dass der jüdische Journalist Blumenthal sich gegen ein Gedenken des Holocausts ausspricht? Wollte die ARD, dass der Zuschauer das Zitat derart versteht?
3) Das Zitat ("eine solche Politik") bezieht sich nicht auf die israelische Politik, wie im Beitrag behauptet, sondern auf die deutsche Regierungspolitik gegenüber Israel und den Palästinensern. Wie kommt diese Falschdarstellung zustande?
Die Quelle des Zitats wird in den Tagesthemen angegeben: ein Artikel aus "Der Hintergrund". Der Titel des Artikels lautet: "Der tödliche Status Quo wird von der Bundesregierung verteidigt und gefördert." Der ARD war also der Kontext bekannt.
4) Weshalb wurde das Zitat nicht wenigstens knapp in seinen inhaltlichen Kontext eingeordnet?
Frage des Interviewers: "Beim letzten Angriff auf Gaza wurde auch eine Familie deutscher Staatsbürgerschaft, die Familie von Ibrahim Kalani, getötet. (...) Seitens der deutschen Regierung gab es keinerlei Reaktion- Wie lässt sich dieses Verhalten erklären?
Antwort Blumenthals: " Das Verhalten der deutschen Bundesregierung zeigt nicht nur das Desinteresse an den Rechten der Palästinenser, sondern auch an deren Leben. Das Leben dieser Menschen ist anscheinend weniger wertvoll. Es ist praktisch nicht vorhanden. Gegenteiliges war der Fall, nachdem deutsche Passagiere beim Absturz jenes Flugzeugs in der Ostukraine ums Leben gekommen sind. Da es hieß, die Täter seien womöglich russische Separatisten, war die Empörung groß und erfolgte prompt. Die deutsche Politik gegenüber Israel und den Palästinensern ist allerdings schon seit Konrad Adenauer zu beobachten. Damals hatte Israel übrigens kein Problem, mit dessen Kanzleramtschef Hans Globke, der im Dritten Reich ein bekannter Nazi gewesen war, zu verhandeln. Durch diese Art Politik wurden die Palästinenser zu indirekten Opfern des Holocausts."
Seine Aussagen zusammenfassend folgt nun Blumenthals Fazit:
"Jeder Deutsche sollte sich fragen, ob eine solche Politik tatsächlich dazu angetan (Anmerkung Publikumskonferenz: also geeignet) ist, des Holocausts zu gedenken."
Quelle: http://www.hintergrund.de/201411123311/ ... rdert.html
5) Wie ist zu erklären, dass der Intendant Tom Buhrow in seinem Schreiben vom 17. November 2014 das ukrainische Asow-Bataillon bzw. dessen Kommandeur, der vom "Semiten geführten Untermenschentum" spricht, (siehe: http://www.fr-online.de/ukraine/ukraine ... 83302.html) als "ultranationalistisch" verharmlost und dabei den Begriff Antisemitismus ausspart, wohingegen dem jüdischen Journalist Max Blumenthal von der ARD eine "antisemitische Gedankenwelt" bescheinigt wird? Herr Buhrow bezog sich dabei auf die Tagesthemen vom 5. September 2014, in denen das Asow-Bataillon ebenfalls als "Freiwilligenverband" verharmlost wurde.
Worin liegen diese unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe innerhalb der von der ARD ausgestrahlten Beiträge begründet?
Zum Zwecke der Transparenz werden wir diese Beschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Maren Müller
Vorsitzende