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Maren
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Herrn Boudgoust
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Programmbeschwerde


Sehr geehrter Herr Boudgoust,

hiermit erheben wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien, formal Programmbeschwerde gegen den Beitrag Lisas Welt: Der Putin-Erklärer innerhalb der Sendung Report Mainz des SWR vom 25.11.2014, ausgestrahlt um 22.00 Uhr.
http://www.swr.de/report/lisas-welt-der ... index.html

In dieser Sendung erfährt der rechtmäßig gewählte Präsident der Russischen Föderation, eines großen europäischen Nachbarlandes, eine Darstellung, die nicht nur einen deutlichen Verstoß gegen den Rundfunkvertrag darstellt, sondern auch das Wertefundament des Grundgesetzes in eklatantester Weise verletzt.

Der Beitrag stellt sich als ein satirischer dar, der vorgibt, die Politik der russischen Regierung aus der Sicht eines Kindes im Grundschulalter ironisch beleuchten zu wollen. Doch während Kurt Tucholsky im Jahre 1919 noch meinte, die Satire dürfe „alles“, da er davon ausging, sie diene der Beleuchtung von machtpolitischen Missständen „von unten“, erfolgte die noch unter alliierter Besatzung stattfindende rechtliche Grundlegung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter dem Eindruck des verbrecherischen Zivilisationsbruchs der nationalsozialistischen Propaganda, aus deren mörderischen Konsequenzen sich jede verhetzende Darstellung im öffentlichen Raum Deutschlands künftig verbot.

Der vorliegende Beitrag liefert in dieser Hinsicht jedoch nicht nur einen einzelnen Verstoß im Detail, sondern vom ersten Satz an eine sukzessive Kette sich steigernder Verzerrungen der Darstellung Russlands und der russischen Regierung, die sich im Ganzen zu einem Gesamtbild addieren, das als ein grob verhetzendes bezeichnet werden muss.

Der Beitrag beginnt mit den folgenden beiden Sätzen:

„Den Putin versteht in unserer Klasse niemand. Außer ein paar Putin-Verstehern. Deshalb haben wir gestern einen Ausflug in den Zoo gemacht und einen echten Putin-Erklärer getroffen.“

Hier wird die Verständigung über „den Putin“ als Gegenstand eines Unterrichtsgeschehens an öffentlichen Schulen ausgewiesen, in dem offensichtlich dessen Verurteilung als Obskurant wie selbstverständlich sogar soweit vorausgesetzt wird, dass er als ein Wesen, dessen Handlungen nachzuvollziehen sich menschlicher Introspektion per definitionem versperrt, von einem zoologischen Experten erschlossen werden muss. Dem behaupteten Konsens der in einer Klasse versammelten Grundschüler scheint sich nur eine unverständige Minderheit von Schülern zu entziehen, die der Beitrag als „Putin-Versteher“ kennzeichnet. Sie sind es offensichtlich, die der Belehrung durch Expertisen bedürfen.

Bereits in diesem Abschnitt wird also nicht nur der russische Regierungschef dehumanisiert und als Tier dargestellt, sondern diese Betrachtung als notwendig zu platzierende Schulweisheit präsentiert. Offensichtlich ist der Redaktion nicht bekannt, dass das öffentliche Schulsystem der Bundesrepublik Deutschland – gemäß der Verfassungen der Bundesländer, der Wahrung der Menschenwürde, der Ausgewogenheit, Pluralität und Überparteilichkeit des Unterrichts sowie der Neutralität der Amtsführung des Lehrpersonals verpflichtet ist, das Kindern eine eigenständige Urteilsfähigkeit im Rahmen eines diskursiven Unterrichtsablaufs ermöglichen muss, statt ihnen ein vorgefertigtes Urteil einzupflanzen.
Die von Ihnen scherzhaft skizzierte Unterrichtssituation wäre schlichtweg verfassungswidrig.

In den nun anschließenden beiden Absätzen steigert sich die bereits angelegte Tendenz. Dort heißt es, unter Nennung des als politisch-zoologischen „Experten“ eingeführten (verstorbenen) Professor Grzimek, der sich dieses Missbrauchs nicht mehr erwehren kann:

„Der hat uns dann alles über den Putin erklärt: Also, der Putin ist der König der Taiga und der braucht mächtig viel Platz. Weil so ein Putin ist schnell. Der kann in zwei Wochen in Kiew sein!
Als Alphatier hat der Putin keine natürlichen Feinde. Weil er die alle gefressen hat. Aber sein Lebensraum ist trotzdem bedroht. Weil skrupellose Wilderer seinem Revier immer näher kommen! Das darf man aber nicht, weil: Wenn ein Putin sich bedroht fühlt, wird der unberechenbar.“


In der Darstellung, in der der russische Präsident als eine Mischung aus Bär und Tiger daherkommt, wird die Behauptung eines grenzenlosen russischen Expansionismus kolportiert, der konkret die Gefahr eines russischen Einmarsches in die ukrainische Hauptstadt Kiew bedeutet, obgleich es hierfür nicht den geringsten Anlass gibt. Dabei wird das außenpolitische Handeln der russischen Regierung, die laut Umfragen derzeit eine Bevölkerungszustimmung von 81% erfährt, komplett personalisiert und dämonisiert, indem ihre Politik als individueller Wahn eines einzelnen krankhaft isolierten, nämlich „unberechenbaren“ Regenten erscheint, der sich durch mörderische Gewalt aller alternativ denkbaren politischen Stimme im eigenen Land entledigt habe (- was bei einem Land mit über 140 Millionen Einwohner kaum möglich sein dürfte).

Wähnt jedoch der Beitrag sich humorig ausgewogen, indem er auch den US-Präsidenten und die deutsche Kanzlerin als Wilderer nicht unbedingt nur schmeichelhaft zeichnet, so verzerrt sich die Darstellung der Gegenseite, wo ihr Agieren mit der ‚Bedrohung‘ ihres „Lebensraums“ begründet wird, im Kontext der Folgesequenz ins Unerträgliche:

„Dann taucht der auf einmal in Regionen auf, wo er gar nicht heimisch ist. Und alle kriegen Angst vor ihm. Nur weil seine engagierten Freunde dafür sorgen, dass er sich auch in seinem neuen Revier richtig wohl fühlt! Und ihn kein Fluglärm stört.Dabei sucht der putzige Putin doch nur nach einem Platz zum Überwintern! Und wer weiß, wenn sich noch mehr Menschen für den Putin engagieren, ist er vielleicht schon bald wieder in ganz Europa zu Hause!“

Zu diesem letzten Satz zeigt ihr Beitrag eine stilisierte Europakarte, in der niedliche Teddybären ganz Europa besetzen, vom Ural bis zur Iberischen Halbinsel.
Dies ist dann endgültig die Passage, durch die sich Ihr Beitrag auch von Albrecht Müller, dem ehemaligen Wahlkampfleiter des Architekten der bundesdeutschen Ostpolitik, Willy Brandt, das berechtigte Urteil einfängt:

„Volksverhetzung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.“ http://www.nachdenkseiten.de/?p=24135#h17

Die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland, denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch den Rundfunkvertrag verpflichtet ist, dürfen von dessen Redakteuren mit Fug und Recht erwarten, dass sie den historisch belasteten Begriff des „Lebensraums“ im Osten kennen. Dieser wurde von dem Nazi Chefideologen Alfred Rosenberg geprägt, der wegen seiner ideologischen Verantwortung für das Planen und Durchführung eines Angriffskrieges und des systematischen und rassistisch bedingten Massenmords im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrechers zum Tode verurteilt wurde; wegen eines Menschheitsverbrechens also, durch das 55 Millionen Menschen umkamen und hierunter 27 Millionen Sowjetbürger, Bürger jenes Staates also, der den höchsten Blutzoll bei der Befreiung Europas, einschließlich Deutschlands, zahlen musste.

In dessen historischer Nachfolge steht die Russische Föderation.

Wird aber dieser Begriff des „Lebensraums“ mit der unterstellten Drohung verbunden, Russland könne, von einem wahnsinnigen Tier beherrscht, sich des ganzen europäischen Kontinents bemächtigen, als ‚einverleibten Lebensraums‘, dann wird hier Russland komplett als Reinkarnation Nazi-Deutschlands gezeichnet. Dies zeugt von einem in keiner Weise mehr erträglichen Geschichtsvergessenheit und einer beispiellosen Unverschämtheit gegenüber einem großen europäischen Nachbarland.

Mangelnder politischer Anstand zeigt sich aber auch in der demagogischen Darstellung all jener Politiker, die in der Tradition Willy Brandts auf Verständigung mit Russland setzen, wenn sie hier denunziatorisch der Beihilfe einer erneuten Naziokkupation Europas unter russischer Flagge beschuldigt werden. Befremdlich ist hier zusätzlich am Ende des Beitrags, wenn diese Politiker, am Beispiel des sich an ein rosafarbenes Hemd drückenden Gerhard Schröder, mit einem homophoben Zungenschlag lächerlich gemacht werden (obgleich Homophobie doch dauerhaft als gegen Russland gewendeter Vorwurf kursiert), und zwar in dem Satz:

„Und beim nächsten Mal – hat Grzimek versprochen – erklärt er uns, warum sich manche Alphatiere auch untereinander paaren.“

Dass in diesem Beitrag zusätzlich der russische Regierungschef en passant als Schuldiger am Tod der 298 Opfer des Absturzes des malaysischen Flugzeugs MH17 durch seine „engagierten Freunde“ bezeichnet wird, obwohl es sich um eine nach wie vor ungeklärte Katastrophe handelt, gerät da fast schon zu Nebensache.

Insgesamt wird bei einer im Ganzen bedenklich einseitigen und unausgewogenen Berichterstattung der ARD in dieser Sendung der Rubikon des Erträglichen so weit überschritten, dass eine nicht erfolgende Revision dieser geschichtsvergessenen, zutiefst demagogischen und verfassungsmäßige Werte verletzenden ‚Satire‘ eine ernsthafte Rufschädigung der deutschen Gesellschaft bedeuten würde.

Wir erwarten deshalb vom Südwestrundfunk eine angemessen angekündigte Stellungnahme und eine öffentliche Entschuldigung für diese eindeutige Entgleisung - gegenüber der deutschen Öffentlichkeit und der Vertretung der Russischen Föderation.

(Redaktion Anja Kristin Boettcher)

Staatsvertrag über den Südwestrundfunk
§ 3
Auftrag, Angebote

(1) Auftrag des SWR ist, durch die Herstellung und Verbreitung seiner Angebote in
Hörfunk, Fernsehen und Internet als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Er hat in seinen Angeboten einen objektiven und umfassenden Überblick über das internationale, europäische, bundesweite sowie im Schwerpunkt über das länder- und
regionenbezogene Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Er soll hierdurch auch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. (…)

Zum Zwecke der Transparenz werden sowohl diese Beschwerde als auch der weitere Verlauf der Stellungnahmen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlicht.


Mit freundlichen Grüßen


i. A. Maren Müller
Vorsitzende
Zuletzt geändert von Maren am 5. Dezember 2014, 19:29, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: "Report" statt wie ursprünglich versehentlich "Panorama" in ersten Satz - nochmal "Panorama" entfernt
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Maren
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Re: SWR - Lisas Welt

Beitrag von Maren »

Antwort vom Intendanten des SWR auf unsere Beschwerde.
Anmerkung: Die Zahl der kritischen Kommentare und Beschwerden empörter Zuschauer zu dieser Satire dürfte in die Tausende gehen. Der verständnislose Tenor, der sich in der Beantwortung unserer Beschwerde niederschlägt, scheint dies auszublenden.
Dateianhänge
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Maren
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Antwort auf die Antwort - SWR - Lisas Welt

Beitrag von Maren »

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Herrn Boudgoust
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Ihr Schreiben vom 28.01.2015


Sehr geehrter Herr Boudgoust,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort auf unsere formale Programmbeschwerde vom 02. 12. 2014 zum Beitrag „Lisas Welt: Der Putin-Erklärer“, vom 25.11.2014, im Rahmen der Sendung „Report Mainz“.

Ihre Entgegnung auf unsere Beschwerde entkräftet leider weder die von uns vorgebrachten Argumente, noch entspricht sie dem kritisierten Inhalt des von uns beanstandeten Beitrages.

So schreiben Sie zwar zu Beginn korrekterweise, wir sähen in dieser Ausgabe von „Lisas Welt“ „einen deutlichen Verstoß gegen den Rundfunkvertrag“ sowie eine Verletzung des „Wertefundament[s] der Bundesrepublik Deutschland“, konstatieren jedoch darüber hinaus, es sei von uns unmittelbar der Vorwurf der „Volksverhetzung“ erhoben worden.

Richtig ist hieran nur, dass wir in unserer Beschwerde unter Angabe der entsprechenden Quelle einen engen Weggefährten der Ostpolitk Willy Brandts, nämlich seinen damaligen Wahlkampfleiter Albrecht Müller, zitiert haben, der explizit zu diesem Urteil gelangt ist. Dies erschien uns ein sowohl politisch als auch journalistisch gewichtiger Beleg für das Ausmaß der beanstandeten politischen Entgleisung, ohne dass wir uns die strafrechtliche Dimension dieses Vorwurfs ausdrücklich zu eigen gemacht hätten.

Sie konstatieren im zweiten Absatz, der inhaltliche Fokus von „Lisas Welt“ liege auf der „innenpolitischen Diskussion in Deutschland“ über das „Regierungshandel[n] der russischen Regierung“.

Im dritten Absatz heißt es:

„Der Titel der Glosse macht deutlich, dass sich die Glosse nicht in erster Linie über den russischen Staatschef lustig macht. Diese Glosse nimmt vielmehr eine gesellschaftliche Strömung in Deutschland aufs Korn , die in den Augen des Autors dazu neigt, Wladimir Putins Politik zu exkulpieren, indem sie seine Handlungen reflexartig mit einer US-amerikanischen bzw. bundesdeutschen Aggressionspolitik erklärt. Diese Wahrnehmung muss man nicht teilen, es ist aber durchaus mit den Programmgrundsätzen des SWR vereinbar, sie in einer Satire zugespitzt darzustellen.“

Damit erheben Sie, unter Verweis auf den Titel, etwas zum Gegenstand Ihrer satirischen Darstellung, was im Beitrag gar nicht oder nur am Rande vorkommt. Denn eine Gruppe von Menschen, die eine manifeste politische Strömung in der Bundesrepublik Deutschland repräsentieren könnte, stellt allenfalls die, im zweiten Satz des Beitrags zu „Putin-Verstehern“ deklarierte, Minderheit von Kindern einer Grundschulklasse dar, denen der dritte Satz bereits die Notwendigkeit einer prompten pädagogischen Korrektur durch eine Expertenunterweisung attestiert:
„Den Putin versteht in unserer Klasse niemand. Außer ein paar Putin-Verstehern. Deshalb haben wir gestern einen Ausflug in den Zoo gemacht und einen echten Putin-Erklärer getroffen.“
Dieser als „echte[r] Putin-Erklärer“ präsentierte Experte, der im Singular auftritt (also schlecht als Verkörperung einer repräsentativen Bevölkerungsgruppe taugt), ist die Titelinstanz des Beitrags „Der Putin-Erklärer“. Seine Sicht auf den russischen Regierungschef ist dessen eigentliches Thema. Dass dieser Exeget der russischen Politik das Objekt des Spottes darstellen soll, ist gleichfalls unplausibel und wäre, da es sich um eine real existierende, aber verstorbene Person handelt, der es schlichtweg unmöglich ist, ihre Sichtweise auf den Konflikt um die Ukraine mitzuteilen, auch gänzlich pietätlos.

Auch ist es sachlich absolut unzutreffend, dass der im Beitrag fiktiv vorgeführte Professor Grzrimek hier versuche, „Putins Politik zu exkulpieren, indem [er] seine Handlungen reflexartig mit einer US-amerikanischen bzw. bundesdeutschen Aggressionspolitik erklärt“. Seine Erklärung im Gewande der zoologischen Expertise zielt nämlich auf nichts anderes als die spezifischen biologischen Eigenschaften des als Exot präsentierten Raubtier ‚Putin‘, während die anscheinend unverständig-obstinate Gruppe der kindlichen Putin-Versteher (im Plural - erwähnt im zweiten Satz ) im Rest des Beitrags stumm verbleiben und ausschließlich chimärenhaft von hinten gezeigt werden.
Denn nicht sie sind hier das Thema; dieses ist „der Putin“ (aus der Sicht des fiktiv gezeichneten Experten):
„Also, der Putin ist der König der Taiga und der braucht mächtig viel Platz. Weil so ein Putin ist schnell. Der kann in zwei Wochen in Kiew sein! Als Alphatier hat der Putin keine natürlichen Feinde. Weil er die alle gefressen hat.“
Hier bescheinigt der zoologische Experte, nämlich der sich nicht mehr gegen seinen Missbrauch wehren könnende Professor Grzimek, der Spezies des russischen Bären congenitale Eigenschaften:
Aggression, Mordlust, Dominanzstreben und einen unverbesserlichen Expansionsdrang – alles Attribute also, die wohl kaum seiner Beurteilung durch jene „gesellschaftliche Strömung in Deutschland“ entsprechen dürften, die vermeintlich doch den Hauptgegenstand ihrer Glosse darstellen.
Zwar wird die Möglichkeit seiner ‚Bedrohung‘ im nachfolgenden Satz angesprochen, doch auch hier erweist sie sich als eine lediglich vermeintliche, die nur in der Einbildung dieser Spezies, der ‚des Putins‘, existiere:
„Aber sein Lebensraum ist trotzdem bedroht. Weil skrupellose Wilderer seinem Revier immer näher kommen! Das darf man aber nicht, weil: Wenn ein Putin sich bedroht fühlt, wird der unberechenbar.“
Ihre als Replik aufgeführte Behauptung, unsere Beschwerde hätte bereits den wirklichen Gegenstand der „Glosse“ fehltinterpretiert, da diese sich „erkennbar mit einem Teil der sich artikulierenden deutschen Öffentlichkeit beschäftigt“ habe, ist bereits an dieser Stelle eindeutig widerlegt. Dies ist eindeutig sachlich falsch.

Auf unseren Vorwurf, dass hier bereits eine Dehumanisierung des Präsidenten der russischen Föderation stattfindet, antworten Sie folgendermaßen:

"Sie beklagen der russische Präsident werde ‚dehumanisiert‘ aufgrund der Tatsache, dass die „Report Mainz“-Redaktion ihn als Bär dargestellt hat. Lassen Sie mich dazu anmerken: In der Satirerubrik „Lisas Welt“ wurden schon oft Spitzenpolitiker als Tiere dargestellt: Barack Obama und Angela Merkel etwa als Schweine, Ursula von der Leyen als Schaf, Christian Wulff als Tiger. Keine dieser Darstellungen hat bisher dazu geführt, dass der Redaktion der Vorwurf der ‚Dehumanisierung‘ gemacht wurde. Wladimir Putin hat selbst im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise vom „Bär als dem König der Taiga“ und Anregung für dieses Bild geliefert."

Auch an dieser Stelle wird nicht auf unsere Argumentation eingegangen. Das politische Geschäft durch einen bildlichen Transfer in den Bereich der Fabel zu beleuchten ist hier mitnichten gängiges Stilmittel. Denn alle angeführten Figuren sind menschlich: Lisa, die Schulkinder, der Professor, selbst die als schießwütige Wilde repräsentierten Seperatisten und die Politiker Angela Merkel und Barack Obama. „Tierisch“ ist hier nur einer: „der Putin“, dessen spezifisch tierisch-aggressiven Eigenschaften ja der pädagogisch vermittelten Expertise des Zoologen bedürfen, damit unschuldige Kinder nicht irre laufen in der Vorstellung, er sei ein Wesen wie andere auch.
Sie weisen nun die Verantwortung für die Verwendung eines Tiersymbols einer Äußerung des russischen Präsidenten selbst zu, als handle es sich bei einer Referenz zu dem Bären lediglich um dessen persönliche Marotte.

Dabei weist gerade dieses Bild im westeuropäischen Gebrauch eine lange Tradition der gegen Russland mobilisierenden Kriegsrhetorik auf:

"Der russische Bär ist - neben Mütterchen Russland - eine nationale Personifikation Russlands, die in Westeuropa, primär in Großbritannien besonders oft während des Kalten Krieges verwendet wurde. Ihren Ursprung hat die Versinnbildlichung westlichen Reisenden zu verdanken. Ganz besonders Sigismund von Herberstein - ein österreichischer kaiserlicher Rat und Gesandter am Russischen Hof - hat 1549 mit seinem niedergeschriebenem Reisebericht in der Landeskunde Rerum Moscoviticarum Commentarii (Notes on Muscovite Affairs) das Symbol "des russischen Bären" geprägt.
Meist wird dabei auf die (geografische) Größe Russlands angespielt."

Besonders aggressive Zeichnungen des „russischen Bären“ fand man dabei im deutschen Kaiserreich, bereits unter Bismarck, erst recht jedoch in der Phase der wilhelminischen Mobilmachung gegen Russland um die Zeit des ersten Weltkriegs.

Weiß die politische Redaktion von Report Mainz nicht, in welche Tradition sie sich bei der pejorativen Verwendung von tierischen Nationalsymbolen begibt? [Wird hier - vergleichbar blutrünstig - Angela Merkel unter Hinweis auf den preußischen Adler dargestellt?]

Denn, wenn auch seit Ende des 20. Jahrhunderts die Russen selbst den Bär als Maskottchen – wie etwa den Bär Mischa bei den olympischen Sommerspielen 1980 – verwenden, so verweist sein Gebrauch explizit im Kontext ihrer Sendung auf seine unheilvolle diskursive Verwendung im Rahmen einer einhundertjährigen russophoben Kriegsrhetorik.

Dies wird mehr als nur deutlich, wenn man die Eigenschaften betrachtet, die Sie ihm hier andichten:
„ Also, der Putin ist der König der Taiga und der braucht mächtig viel Platz. Weil so ein Putin ist schnell. Der kann in zwei Wochen in Kiew sein!
"Als Alphatier hat der Putin keine natürlichen Feinde. Weil er die alle gefressen hat. Aber sein Lebensraum ist trotzdem bedroht. Weil skrupellose Wilderer seinem Revier immer näher kommen! Das darf man aber nicht, weil: Wenn ein Putin sich bedroht fühlt, wird der unberechenbar."
"Dann taucht der auf einmal in Regionen auf, wo er gar nicht heimisch ist. Und alle kriegen Angst vor ihm. Nur weil seine engagierten Freunde dafür sorgen, dass er sich auch in seinem neuen Revier richtig wohl fühlt! Und ihn kein Fluglärm stört."
"Dabei sucht der putzige Putin doch nur nach einem Platz zum Überwintern! Und wer weiß, wenn sich noch mehr Menschen für den Putin engagieren, ist er vielleicht schon bald wieder in ganz Europa zu Hause!“
Die Verächtlichmachung Putins kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die als zoologische Expertise verkleidete Zeichnung der russischen Politik mit der Zuschreibung folgender Attribute aufwartet:

Diese sei nach innen mörderisch und liquidiere alle Kritiker eines absolutistisch waltenden diktatorischen Herrschers. Sie sei nach außen aggressiv expansionistisch in einem Maße, das unmittelbar zu einer Invasion in Kiew, langfristig aber, wenn ihr nicht muskulär-militärisch Einhalt geboten werde, zu einer gewaltsamen Okkupation ganz Europas führe. Und diese Gefahr liege einzig begründet in der Paranoia und der gewaltbeladenen angeborenen (weil biologistisch hergeleiteten) Unberechenbarkeit des Regenten.

Mitverantwortlich für das Eintreffen des hier imaginierten Szenarios erscheinen am Ende ausschließlich jene, die dem als gemeingefährlich dargestellten Tier Putin Verständnis entgegenbringen.

Denn stellvertretend für alle diejenigen, die sich für eine Verständigung mit Russland einsetzen, heißt es zum Bild Gerhard Schröders:
"Und wer weiß, wenn sich noch mehr Menschen für den Putin engagieren, ist er vielleicht schon bald wieder in ganz Europa zu Hause!"
Verständigungsbereitschaft wird somit demagogisch als Appeasement bezeichnet. Wenn man das für eine realistische und legitime Bewertung dieser Krise hält, dann könnte es darauf nur eine einzige angemessene Antwort geben: einen durch die spezifische Verfassung seines unzurechnungsfähigen Herrschers nicht mehr zu vermeidenden Krieg mit Russland.
Denn, dass ein solcher Eindruck, der eine „russische Gefahr“ nach Maßgabe der vergangenen deutschen Gefahr durchdekliniert werden soll, tatsächlich intendiert zu sein scheint, verrät eben auch die historisch hochgradig belastete Terminologie, die Ihre Redaktion im Beitrag verwendet.

Auch hier zeigt der lapidare Ton Ihrer Erwiderung einen gravierenden Mangel an ernsthafter Bereitschaft auf unsere Argumente einzugehen:

"Desweiteren leiten Sie aus der Verwendung des Begriffs „Lebensraum“ in der Glosse ab, die Redaktion habe Russland als „Reinkarnation Nazideutschlands“ gezeichnet. Auch diesen Vorwurf kann ich in keiner Weise nachvollziehen. Das Wort „Lebensraum“ gehört zum Wortfeld von Tierschützern und Zoologen."

Hier wird mit der an sich schon dehumanisierenden Bildlichkeit des Zoologen als Exegeten russischer Politik die Verwendung eines Terminus legitimiert, der bereits jedem Abiturienten als historisch einschlägig für die vernichtungsideologische Legitimation jenes Angriffskriegs bekannt ist, dem 27 Millionen Sowjetbürger zum Opfer fielen. Dieses Wort anschließend demagogisch gegen just den Nachfolgestaat dieses Landes zu wenden grenzt an Infamie.

Ist ihnen ernsthaft nicht bekannt, dass es sich bei der mörderischen Ideologie des Nationalsozialismus um eine rassistisch auch gegen den ‚russischen Untermenschen‘ gewendete sozialdarwinistische handelt? Um sich dieses Zusammenhangs bewusst zu werden, bedarf es keineswegs der detaillierten Lektüre umfangreicher historischer Anthologien; es reicht ein Wissen auf dem Niveau rezipierter Lexikonartikel.

Um für die „arische Herrenrasse“ „Lebensraum im Osten“ zu erobern und den „jüdischen Bolschewimus“ zu vernichten, sollten große Teile der sowjetischen Bevölkerung vertrieben, versklavt und getötet werden. Das NS-Regime nahm den millionenfachen Hungertod sowjetischer Kriegsgefangener und Zivilisten bewusst in Kauf, ließ sowjetische Offiziere und Kommissare aufgrund völkerrechtswidriger Befehle ermorden und nutzte diesen Krieg zur damals so bezeichneten „Endlösung der Judenfrage“.

Sehr geehrter Herr Boudgoust, genau an dieser Stelle sehen wir einen Rubikon überschritten und können nur erneut bekräftigen, dass eine solche Darstellung der russischen Föderation und ihres Präsidenten dem gesetzlichen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gemäß der geltenden Rundfunkverträge widerspricht und dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland schadet.

Sie wissen, durch zahlreiche Zuschriften, die Sie erhalten haben, wie auch durch vehemente Diskussionen des Beitrags „Der Putin-Erklärer“ im Netz, dass diese „Glosse“ in Deutschland und Russland heftige emotionale Reaktionen ausgelöst hat. Sie wissen, dass diese Ausgabe von „Lisas Welt“ auch im russischen Fernsehen gezeigt und von Zuschauern dort ausgiebig und sehr aufgeregt diskutiert wurde. Und Sie kennen auch die – nachvollziehbare – Stoßrichtung dieser Diskussion, die Frage nämlich, inwieweit diese Sendung ein Hinweis darauf sei, dass sich in Deutschland eine revisionistische und revanchistische Geschichtsbetrachtung zu etablieren beginne.
(Unglücklicherweise erfuhr, gerade, was die ARD betrifft, diese Diskussion zusätzlich noch dadurch eine Befeuerung, nachdem am 07.01.2015 der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk in den Tagesthemen unwidersprochen von einer „sowjetischen Invasion“ auf die Ukraine und Deutschland sprechen durfte.)

Ungeachtet der von uns vorgebrachten Einwände reagieren Sie auch hierauf mit demonstrativem Unverständnis:

In Ihrem Fazit kommen Sie zu dem Ergebnis, dass eine „nicht erfolgende Revision“ dieser Satire eine „ernsthafte Rufschädigung“ der deutschen Gesellschaft bedeuten würde und erwarten eine öffentliche Entschuldigung gegenüber der „deutschen Öffentlichkeit“ und der Vertretung der „russischen Föderation“. Beide Anliegen müssen wir zurückweisen. Zum einen ist nicht zu erkennen, wieso der SWR sich gegenüber der „deutschen Öffentlichkeit“ entschuldigen sollte. […] Aus demselben Grund muss ich auch eine Entschuldigung gegenüber der „Vertretung der russischen Föderation“ ablehnen.

Während wir die mangelnde inhaltliche Stichhaltigkeit Ihrer Ablehnung unserer Forderung bereits klar nachgewiesen haben, möchten wir an dieser Stelle noch einmal das Gewicht der in diesem Beitrag erfolgenden Grenzverletzung veranschaulichen, aus der sich die Notwendigkeit einer umfassenden Entschuldigung ableitet.

In seiner berühmten Rede zur 40jährigen Wiederkehr des Jahrestags des Kriegsendes am 8. Mai 1985, die als Meilenstein des Umgangs der deutschen Gesellschaft mit dem von Deutschen verursachten Grauen des Nationalsozialismus und des 2. Weltkriegs galt, bekundete Bundespräsident Richard von Weizsäcker die nicht vergehende Verantwortung Deutschlands für dieses finstere Kapitel deutscher und europäischer Geschichte folgendermaßen:
Der 8. Mai ist für uns vor allem ein Tag der Erinnerung an das, was Menschen erleiden mussten. Er ist zugleich ein Tag des Nachdenkens über den Gang unserer Geschichte. Je ehrlicher wir ihn begehen, desto freier sind wir, uns seinen Folgen verantwortlich zu stellen.
Zu dieser Verantwortung gehört, dem deutschen Bundespräsidenten zufolge, ganz klar die Bereitschaft, das durch deutsche Schuld verursachte Grauen, welches sich primär auf dem Terrain der Sowjetunion ereignete und das vor allem durch den Blutzoll der Roten Armee beendet wurde, offen anzuerkennen und zu schauen:
Neben dem unübersehbar großen Heer der Toten erhebt sich ein Gebirge menschlichen Leids,
Leid um die Toten,
Leid durch Verwundung und Verkrüppelung,
Leid durch unmenschliche Zwangssterilisierung,
Leid in Bombennächten,
Leid durch Flucht und Vertreibung, durch Vergewaltigung und Plünderung, durch Zwangsarbeit, durch Unrecht und Folter, durch Hunger und Not,
Leid durch Angst vor Verhaftung und Tod,
Leid durch Verlust all dessen, woran man irrend geglaubt und wofür man gearbeitet hatte.
Heute erinnern wir uns dieses menschlichen Leids und gedenken seiner in Trauer.
Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Auch an diese Bedeutung des 8. Mai gilt es heute zu erinnern.
Dies gilt umso mehr, als Richard von Weizsäcker mit Recht feststellte, dass auch und gerade die Deutschen allen Grund haben, denen, die sie damals besiegten, dankbar zu sein, da sie ihrem kämpferischen Einsatz allein verdanken, dem Zugriff der inhumansten und menschenfeindlichsten Ideologie und Herrschaft entronnen zu sein, die es in der Menschheitsgeschichte je gab:
Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
[zitiert nach: http://www.morgenpost.de/politik/articl ... 8-Mai.html]

Es ist mehr als nur verständlich, wenn sich angesichts von Unterhaltungsbeiträgen wie „Der Putin-Erklärer“ bei Bürgern der russischen Föderation, den Nachkommen unserer Befreier vom Totalitarismus des nationalsozialistischen Menschenhasses, der Eindruck einstellt, Deutschland würde jene Erkenntnis, auf der nicht nur die deutsch-russische Versöhnung beruht, welcher sich auch der russische Beitrag zur inzwischen erfolgten Wiedervereinigung Deutschlands verdankt, im Zuge eines aktuellen politischen Konfliktes wohlfeil abstreifen - und dies im Zuge einer aggressiv dämonisierenden Zeichnung Russlands.

Denn auch Ihre Behauptung, im Beitrag „Der Putin-Erklärer“ „[a]n keiner Stelle [werde] das russische Volk in irgendeiner Weise herabgesetzt“, ist nicht zu halten. Wäre das heutige Russland tatsächlich sui generis (durch die spezifische Pathologie seines Regenten) vergleichbar aggressiv expansionistisch wie vor sieben Jahrzehnten Nazi-Deutschland, so wäre auch zwangsläufig seine Bevölkerung partizipatorisch daran beteiligt und stünde demnach auch mit in der Verantwortung. Schon zu früheren, weniger mörderischen expansiven Feldzügen ließ Bertold Brecht „einen lesenden Arbeiter“ kritisch fragen:
Der junge Alexander eroberte Indien.
Er allein?
Cäsar schlug die Gallier.
Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?
Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte
Untergegangen war. Weinte sonst niemand?
Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer
Siegte außer ihm?
Richard von Weizsäcker beendet seine Rede – im Angesicht deutscher Verbrechen - mit einem Plädoyer an die jungen Leute:
Hitler hat stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Hass zu schüren.
Die Bitte an die jungen Menschen lautet:
Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass
gegen andere Menschen,
gegen Russen oder Amerikaner,
gegen Juden oder Türken,
gegen Alternative oder Konservative,
gegen Schwarz oder Weiß.
Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.
Schaut man Ihren Beitrag „Lisas Welt - Der Putin-Erklärer“ an, muss man annehmen, der verstorbene Bundespräsident habe diese warnenden Worte in den Wind geschrieben. Deshalb lässt sich hieraus nur eines schließen:

Die demagogische Zeichnung des russischen Präsidenten und seiner Außenpolitik, wie sie in „Der Putin-Erklärer“ erfolgte, muss zwangsläufig auch eine Bevölkerung treffen, die sich zu 81% durch diese Politik vertreten fühlt. Und wenn, wie in diesem speziellen Fall, Regierung und Bevölkerung nach einem Muster abgebildet werden, nach welchem das Täterkollektiv in seinem öffentlich-rechtlichen Fernsehen die Nachkommen des Opferkollektivs in Analogie zu den eigenen vergangenen Schandtaten abbildet, verdichtet sich der Verdacht des Revisionismus zur sicheren Gewissheit, es sei denn, es erfolge eine glaubwürdige Entschuldigung durch die verantwortliche Redaktion.

Zum Abschluss nun die beiden verbleibenden Punkte, die ebenso wie im vorangehenden eine ernsthaft tragfähige Antwort vermissen lassen.

Sie schreiben hinsichtlich Ihrer Darstellung Wladimir Putins als Verantwortlichen für den Absturz des malaysischen Passagierflugzeugs MH17, den wir kritisierten:

"Lassen Sie mich dazu folgendes antworten: Die Ursache der Flugzeugkatastrophe ist inzwischen in der öffentlichen Diskussion zu einer Weltanschauungsfrage geworden. Es gibt verschiedene Szenarien und Erklärungsmuster. Die aus Sicht der Redaktion überzeugendsten Indizien sprechen dafür, dass eine Rakete aus dem von Separatisten kontrollierten Gebiet für diese Katastrophe ursächlich ist. Dass es über diese Frage […] je einen Konsens geben wird, ist kaum zu erwarten. Vor diesem Hintergrund hat die Redaktion das aus ihrer Sicht plausibelste und überzeugendste Szenario für eine satirische Überspitzung gewählt. Auch das ist legitim."

Es ist mehr als nur erschütternd, falls tatsächlich die komplette Redaktionsmannschaft einer politischen Sendung wie „Report Mainz“ derart bar jeder Kenntnis grundsätzlicher rechtstaatlicher Prinzipien sein sollte, dass sie ernsthaft die Ursache des fahrlässig oder absichtlich herbeigeführten Absturzes einer Passagiermaschine zu einer „Weltanschauungsfrage“ und die Schuldzuweisung zum Tod von fast 300 Menschen als legitimes Spekulationsobjekt ideologischer Selbstverortung erhöbe.
Erneut kann ich nur hoffen, dass die mangelnde Ernsthaftigkeit Ihrer Antwort lediglich Ihre Missachtung für unseren Beschwerdeschritt und nicht etwa das wirkliche Rechtsbewusstsein Ihrer Redaktion widerspiegelt.
Denn es lässt sich nicht bezweifeln, dass sowohl der Abschuss als auch seine Verursachung empirische, höchst wirkliche Geschehen sind, denen vermutlich ein schwer wiegendes Verbrechen zugrunde liegt.

Während in der Tat nur darüber spekuliert werden kann, warum die an der Untersuchung beteiligten Regierungen nicht alle Indizien und Beweise (wie etwa die Tonbänder des Bordfunks) restlos veröffentlichen, stellt die Darstellung einer Schuldzuweisung als fait accompli, wie sie in der „Putin-Erklärer“ erfolgt, eine Verleumdung dar.

Eine solche aber fällt nicht unter die Freiheit der Satire, wie der folgende Beitrag Ihres norddeutschen Schwestersenders zu der Frage „Was darf Satire?“ feststellt:

An einem gewählten Feind festzuhalten, obwohl die Fakten ihn vollständig entlasten, wäre nicht Satire, sondern Propaganda. In diesem Zusammenhang muss auch gesagt werden, dass Satire eines mit Sicherheit nicht darf, und das ist: Fakten verfälschen. […] Hier ist auch ironische Verfremdung, mit der Satire gerne arbeitet, keine Entschuldigung: Die Fakten, die ironisch oder in anderer verfremdeter Form präsentiert werden, müssen trotzdem wahr sein.

Nicht minder fadenscheinig fällt eine weitere Entgegnung aus. Als Antwort auf unsere Kritik, Sie bedienten sich in der bereits politisch fragwürdigen Darstellung Gerhard Schröders [als Exponent einer auf Verständnis für die russische Regierungspolitik setzenden Position] homophober Klischees, schreiben Sie:

"Einen „homophoben“ Zungenschlag, den sie in der Schlusspointe ausmachen, kann ich nicht erkennen. Der Schluss macht sich über das Verhalten von „Alphatieren“ lustig und spielt auf die enge wirtschaftliche Verflechtung als Motiv für Männerfreundschaften wie die zwischen Gerhard Schröder und Carsten Marschmeyer an."

Die zu Grunde liegende Stelle in „Lisas Welt: Der Putin-Erklärer“ lautet jedoch:
Und wer weiß, wenn sich noch mehr Menschen für den Putin engagieren, ist er vielleicht schon bald wieder in ganz Europa zu Hause!
Und beim nächsten Mal – hat Grzimek versprochen – erklärt er uns, warum sich manche Alphatiere auch untereinander paaren.


Ich vermute, dass diese Stelle lediglich handwerklich verunglückt ist. Denn der Vorgang des „Paarens“ ist zweifellos ein sexuell konnotierter, der nicht gerade mit geschäftlichen Beziehungen assoziiert wird. Die Signalwirkung des rosa Hemds, an das sich Gerhard Schröder hier herzig drückt, verstärkt diesen Eindruck.

Wir halten sowohl an unserer Beschwerde als auch an unserer Forderung nach einer Entschuldigung analog unseres Beschwerdeschreibens fest und übergeben den Vorgang zur weiteren Befassung an den Rundfunkrat des SWR.

[Redaktion: Anja Böttcher]

Zum Zweck der Transparenz werden wir diese Antwort sowie den weiteren Verlauf des Vorgangs auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.



Mit freundlichen Grüßen,
i.A. Maren Müller
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Maren
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Re: SWR - Lisas Welt

Beitrag von Maren »

Erneut hat den Vorsitzenden des SWR-Fernsehausschusses also eine Programmbeschwerde von uns erreicht.
Hier ist nun die Antwort.
Erneut haben "Anwälte des Publikums" einstimmig beschieden, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.
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