Regierung in Teheran revidiert Angaben - Doch kein Angriff auf Irans Botschaft im Jemen

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Maren
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Regierung in Teheran revidiert Angaben - Doch kein Angriff auf Irans Botschaft im Jemen

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Programmbeschwerde: "Regierung in Teheran revidiert Angaben : Doch kein Angriff auf Irans Botschaft im Jemen"

TS.de: 07.01.2016 18:28 Uhr und Unterdrückung der Nachricht, dass Saudi-Arabien im Jemen Streumunition verwendet.

Sehr geehrter Herr Marmor,

wegen der Berichterstattung über Saudi-Arabien erheben wir erneut Beschwerde, zumal es unübersehbar geworden ist, dass Sie bewusst im Gleichklang und im Interesse der deutschen Außenpolitik hinsichtlich Saudi-Arabiens eine verzerrte und betont unkritische Berichterstattung betreiben. Um dies zu verdeutlichen, listen wir die Ergebnisse der bisherigen Programmbeschwerden auf, damit Sie die Kontinuität dieser propaganda-behafteten Berichterstattung erkennen,

Am 9.10.2015 hatten wir Ihnen vorgeworfen, dass Sie den Amnesty International-Bericht über Menschenrechtsverletzungen der Saudis im Jemen unterdrückt hätten:
"Die Vermutung liegt nahe, dass den Zuschauern der Zusammenhang zwischen deutschen Waffenlieferungen und saudischen Gewaltorgien gegen die jemenitische Bevölkerung sowie den weiter zu erwartenden Flüchtlingsströmen nicht ersichtlich und verständlich deutlich werden soll"
Sie rechtfertigten das Unterdrücken der Nachricht mit der Notwendigkeit einer anderen Nachrichtenauswahl. Ersichtlich war dies ein vorgeschobenes und fadenscheiniges Argument. Es ist bekannt, dass tatsächliche oder auch nur vermutete Menschenrechtsverletzungenbei den "Bösen" z.B. in China, Syrien oder Russland zum bevorzugten News-Genre von ARD-Aktuell zählen.

Am 29.10.2015 schrieben wir Ihnen:
"In der Nacht vom 26.10. auf den 27.10. 15 bombardierte das von Saudi-Arabien angeführte Bündnis in der jemenitischen Provinz Sadaa ein Krankenhaus der Organisation "Ärzte ohne Grenzen“ mehrmals und legte es vollständig in Trümmer. Über diese ....... Angriffe berichteten zwar die Nachrichten-Agenturen. Nicht aber ARD-aktuell (aber erfreulicherweise NDR-Info)".

Ihre Antwort:
"Bezüglich des Luftangriffs auf die Klinik der „Ärzte ohne Grenzen" im Jemen gab es am 27.10.2015 nur wenige Meldungen. Berichte über Opfer fehlten bis zur „Tagesschau" um 20 Uhr ganz. Deshalb hat die Redaktion auf eine Meldung verzichtet (...)"
Eine billige Ausrede, es gab keinen Grund, die Meldung zu unterdrücken, sie hätte sehr wohl kurze Zeit später gesendet werden können. Da Krankenhaus-Bombardierungen Menschenrechtsverletzungen sind, bestand fraglos die Notwendigkeit der Unterrichtung der Öffentlichkeit. Da die Saudis aber zu den bevorzugten Partnern der deutschen Regierung zählen, schaute ARD-aktuell über diese Menschenrechtsverletzung schon mal großzügig hinweg.

Am 12.11. 2015 schrieben wir Ihnen nach einem Tagesschau-Beitrag über die Hinrichtungspraxis in Saudi-Arabien:
"Die in der Agenturmeldung enthaltene und von ARD-aktuell kritiklos übernommene Bezeichnung „erzkonservatives Königreich“ ist aber nicht nur eine an sich unzulässige Wertung, sondern darüber hinaus auch noch eine irreführend beschönigende (und eher das englische Königshaus beleidigende). Saudi-Arabien ist eine mörderische Diktatur, in der politische Parteien, Gewerkschaften und Demonstrationen verboten sind, in der maßlos bestraft, Terror gegen Arbeitsmigranten und System-Gegner geübt wird und die einen Angriffskrieg (mit Hilfe der USA) gegen ein Nachbarland inszeniert"
In Ihrer Antwort bestritten Sie, dass es sich bei Saudi-Arabien um eine mörderische Diktatur handele. Sie hielten unsere Kritik für unzutreffend. Jetzt, um die Jahreswende, setzen Sie diese Art beschönigender und verzerrender Berichterstattung im Interesse der Merkel-Regierung fort.

In dem von uns beanstandeten Beitrag heisst es:
"Der Vorfall liefert neuen Zündstoff im Konflikt der rivalisierenden Regionalmächte. Deren Verhältnis ist nach der Hinrichtung des schiitischen Oppositionellen Nimr al-Nimr in Saudi-Arabien äußerst gespannt. Im schiitisch geführten Iran verwüsteten nach der Exekution am Wochenende Demonstranten diplomatische Vertretungen Saudi-Arabiens. Die Regierung in Riad brach deshalb die diplomatischen Beziehungen zu Teheran ab. Im Jemen führen beide Länder seit Monaten eine Art Stellvertreterkrieg. Saudi-Arabien unterstützt die jemenitische Regierung im Kampf gegen die schiitischen Huthi-Rebellen, die wiederum Hilfe vom Iran bekommen. Sanaa ist in der Hand der Huthis."
Das ist eine verzerrte Berichterstattung: Die Behauptung, der Iran führe seit Monaten eine "Art Stellvertreter-Krieg" im Jemen, ist falsch. Dem Iran wird zwar von westlichen Kreisen die militärische Unterstützung der Huthi-Rebellen nachgesagt, bewiesen ist das aber nicht und wird auch vom Iran bestritten.

Selbst "Spiegel-Online" hatte einräumen müssen, "Viele Experten bezweifeln ...., dass Iran tatsächlich nennenswert Einfluss auf die Rebellen hat." Es wirkt fast wie Realsatire, dass selbst die ARD an anderer Stelle die eigenen Ausführungen infrage stellt: "Ursprünglich richtete sich ihr Widerstand (der Huthi-Rebellen) gegen Ausgrenzung und Benachteiligung. Auch wenn sie später den Iran um Hilfe baten, der verlängerte Arm Teherans sind sie nicht." war am 8.1.2016 von Jürgen Stryjak, SWR, zu hören.

Der Krieg im Jemen ist kein Stellvertreter-Krieg zwischen dem Iran und Saudi-Arabien. Es ist ein Mordfeldzug gegen aufmüpfige Rebellen in einem der ärmsten Länder der Welt. Dieses Verbrechen wird von acht anderen Staaten der Region mit high-tec-Waffen mitgetragen und logistisch von den USA in Kommandoabteilungen - und gelegentlich sogar mit Mord-Drohnen gegen Hochzeitsgesellschaften – unterstützt.

Auch die gewaltsamen Demonstration in Teheran sind ebenfalls verzerrt und inkorrekt wiedergegeben:

Offensichtlich war ein Molotow-Cocktail in ein saudi-arabische Botschaftsnebengebäude geworfen worden, der einen Brand auslöste. Dieser Brand war aber kurzfristig von der Feuerwehr gelöscht worden, so dass die Verwendung des Begriffs "Verwüstungen" übertrieben und verzerrt ist. Unerwähnt blieb, dass Präsident Hassan Rohani die Justiz aufgerufen hatte, die Täter mit aller Härte zu bestrafen und darüber hinaus ankündigte, solche Angriffe auf diplomatischen Missionen ein für allemal abzustellen.

Auffallend an der Tagesschau-Darstellung ist auch, dass von den 47 Hinrichtungen nur noch der Mord an Nim al-Nimr erwähnt wird. Zusammen mit der Behauptung der angeblichen "Verwüstung" der Botschaft, lenkt die Tagesschau damit von der Bestialität und der massiven Menschenrechtsverletzung der anderen 46 Hinrichtungen ab. Damit wird in raffinierter Weise assoziiert, dass die Iraner auf diesen Fall bezogen genauso schlimm wie die Saudis sind, ganz im Sinne der Merkel-Regierung, die weiterhin ein entspanntes Verhältnis zu den Mördern in Saudi-Arabien pflegen möchte.

Sie unterlässt auch diesmal (wie bei China, Russland, Syrien ) den notorischen Hinweis auf Menschenrechtsverletzungen, stattdessen ruft sie beide Seiten wie kleine Kinder zur Verständigung auf, und ARD-aktuell versäumt nicht, solche unsäglichen Plattitüden zusammenhangfrei zu senden, als sei die Tagesschau der Hofmarschall...

In diesen Kontext passt auch die Ankündigung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, im Februar gemeinsam mit König Salman ein vom saudischen Regime veranstaltetes Kulturfestival zu besuchen. Darüber hören wir in der Tagesschau nichts, aber immerhin regt sich über diesen Schritt Unmut in der Opposition und Teilen der CDU.

ARD-Aktuell hat eine Nachricht von Human Rights vom 7.1.2016 unterdrückt, in der Saudi Arabien die Verwendung von international geächteter Streumunition im Jemen vorgeworfen wird. Das Schweigen des Dr. Gniffke steht im Gegensatz zur Berichterstattung von 23.12.2015, als "ARD-aktuell" die unbewiesene Behauptung aufstellte, dass russische Soldaten Streumunition und Bomben ohne Lenksysteme in dicht besiedelten Gebieten in Syrien eingesetzt haben könnten.

Dies ist ein weiteres Musterbeispiel für die Beliebigkeit der von Dr.Gniffke praktizierten Nachrichtengrundsätze. Wir sollen offensichtlich lernen, dass es gute und schlechte Streumunition gibt.

Das nennt man Propaganda und ist mit den Programm-Richtlinien des NDR unvereinbar.

Mit höflichem Gruß

F. Klinkhammer & V. Bräutigam
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Maren
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Beitrag von Maren »

NDR-Rundfunkrat
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg


Programmbeschwerde vom 11.1.16: Regierungsnahe Berichterstattung über Saudi-Arabien

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind mit der Antwort des Intendanten vom 29.1.16 nicht einverstanden.
Antwort Saudi-Arabien_geschwärzt.pdf
(5.23 MiB) 1125-mal heruntergeladen
Da er es vermeidet, inhaltlich auf den Gesamt-Kontext unserer bisherigen Programm-Beschwerden zu Saudi-Arabien einzugehen , müssen wir trotz der Beschwichtigungen davon ausgehen, dass der Vorwurf einer regierungsabhängigen und nachsichtigen Saudi-Arabien-Berichterstattung durch ARD-aktuell zutreffend ist. Insoweit beziehen wir uns auf die Ausführungen in der NDR-Mitarbeiter-Zeitschrift "Wir ir im NDR" Nr. 126, in der intern angeregt wird, "dass mehr recherchiert und eingeordnet werden muss statt der offiziellen Agenda der Politik zu folgen". Die Saudi-Arabien-Berichterstattung belegt eindrücklich, dass diese Kritik nicht von ungefähr kommt.

Sich damit rauszureden, man habe lediglich von einer "Art Stellvertreter-Krieg" gesprochen, reicht nicht aus, den Vorwurf der Falschinformation und der verzerrenden Darstellung auszuräumen. Diese Formulierung soll davon ablenken, dass es sich bei dem Konflikt in erster Linie um einen Konflikt zwischen Saudi-Arabien, den USA einerseits und einer brutal unterdrückten Rebellenformation im Jemen geht, die unabhängig von Teheran agiert. So jedenfalls auch der ARD-Korrespondent Jürgen Stryjak, SWR.

Der Hinweis auf Herrn Aders ändert nichts, allenfalls, dass er - wie ARD-aktuell - unkorrekt und verzerrt berichtet hat.

Es ist falsch, von "Verwüstungen" zu reden, da dieser Begriff nur bei einer völligen Zerstörung verwendet wird. Die war nicht erkennbar. Deshalb hat die überzeichnete Formulierung mit einer angemessenen Nachrichtensprache nichts zu tun. Die propagandistische Absicht gegen den Iran war unverkennbar.

Erlogen ist Behauptung, die deutsche Regierung habe Saudi-Arabien wegen der Todesurteile scharf kritisiert. Sie hat lediglich bekundet dass sie die "Todesstrafe verurteile“, zugleich aber, eine Ungeheuerlichkeit, darauf hingewiesen, dass sie Saudi-Arabien als "Stabilitätsanker" in der Region sehe. Dass ARD-aktuell selbst bei dieser Rechtfertigung falsch zitiert, unterstreicht, wie wenig genau der NDR-Intendant es mit der Wahrheit nimmt.

Es ist eine journalistische Bankrotterklärung, wenn der Indendant schreiben lässt, dass es nicht möglich sei, ein komplexes Geschehen halbwegs objektiv und vollständig in einer Meldung für einen einzigen der „Verbreitungswege“, den wichtigsten nämlich, die TS, unterzubringen. ARD-aktuell hat jahrzehntelang unter Beweis gestellt, dass dies guten Journalisten sehr wohl möglich ist. Bei Dr. Gniffke sieht das halt anders aus.

Auffallend auch, das bei Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien so häufig keine Sendeplätze für kritische Berichte verfügbar sind, selbst wenn dieses „Königreich“ Streubomben abwerfen lässt.

Anders dann, wenn sich eine vage Möglichkeit ergibt, den Russen entsprechende Beschuldigungen anzuhängen. Dafür ist allemal Sendeplatz da: so am 30.12.15, am 23.12.2016, 11.10.15, 2.10.2015.

Wir sehen: Die Propagandaabsicht ist nur dürftig übertüncht.

Im übrigen nehmen wir Bezug auf unsere sonstigen Ausführungen in der Programmbeschwerde.

Wir fordern den Rundfunkrat auf, sich ernsthaft auch mit der unredlichen NDR-Rechtfertigungskultur auseinanderzusetzen.


Mit höflichen Grüßen

V. Bräutigam + F. Klinkhammer
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