ARD schneidet juristische Einordnung aus Doku Being Jérôme Boateng
Verfasst: 2. Dezember 2025, 20:46
"Ich bin „Teil“ der ARD Doku Being Jérôme Boateng. Zumindest wurde ich so angekündigt. Tatsächlich war vorgesehen, dass ich einen wesentlichen Teil der dritten Folge der Kurzstaffel einnehme: Ich bin seit Jahren mit dem verurteilenden Richter der zweiten Instanz eng befreundet, hatte ihn zu genau diesem Verfahren in meinem damaligen Podcast zu Gast, habe den Fall Boateng von Beginn an juristisch begleitet und als Strafrechtsexperte öffentlich eingeordnet.
Nach „Genuss“ der Doku musste ich feststellen: Geschätzt 95 % meines Interviews sind schlicht rausgeschnitten worden. Übrig geblieben sind drei kurze Statements, die völlig aus dem Kontext gerissen und zum Teil in neue Zusammenhänge hineinkopiert wurden. Die zentrale Botschaft meiner Einordnung – nämlich eine kritische, differenzierte und rechtlich fundierte Auseinandersetzung mit den Urteilen und der bisherigen Bewertung des Falls Boateng – taucht in dieser Doku praktisch nicht auf. Sie wird im Gegenteil durch das Fragmentieren und Montieren meiner Aussagen verzerrt.
Es drängt sich für mich der Verdacht auf, dass diese „Bearbeitung“ meines Beitrags nicht zufällig erfolgte. Der BR hatte sich zuvor von mir „getrennt“. Unser Podcast „Bayern 3 True Crime“ (bei dem ich auch seinereit Boatengs Richter zu Gast hatte) war der erfolgreichste der gesamten ARD Mediathek. Als dann ein anderer True Crime Fall mediale Kontroversen auslöste, versuchte der BR -meiner Meinung nach-seine eigene redaktionelle Verantwortung für diesen Fall kleinzureden. In diesem Kontext muss man auch meine Rolle in „Being Boateng“ sehen: Wer eine kritische, juristisch präzise Stimme loswerden will, kappt ihr schlicht die Sendezeit.
Dass genau jene Passagen herausgeschnitten wurden, in denen ich mich sehr kritisch mit den bisherigen Entscheidungen und der öffentlichen Bewertung des Falls Jérôme Boateng auseinandersetze, ist schwer anders zu deuten, als dass bestimmte Narrative geschützt werden sollten – und zwar auf Kosten einer fairen juristischen Einordnung.
Hinzu kommt: Die Revision zum Urteil des Landgerichts München I hat bereits deutlich gemacht, dass es erhebliche rechtliche und aussagepsychologische Vorbehalte gab. Das BayObLG (Urteil vom 21.09.2023 – 206 StRR 112/23, nachzulesen bei gesetze http://bayern.de) hat das Urteil der zweiten Instanz insgesamt aufgehoben und u.a. auf Mängel in der Beweiswürdigung hingewiesen. Schon aus dieser Entscheidung ergibt sich, dass die Sache rechtlich weit weniger „klar“ ist, als die Doku suggeriert. Auch eine kritische aussagepsychologische Einordnung der Belastungsaussagen standen dabei im Raum. Genau diese Komplexität, diese Zweifel und diese rechtlich hoch relevanten Punkte kommen in „Being Boateng“ nicht vor – erst recht nicht in meinem Beitrag, weil er, bis auf ein paar Sätze, weggeschnitten wurde.
Statt einer offenen, kritischen Aufarbeitung präsentiert die Doku ein in weiten Teilen vorstrukturiertes Bild, bei dem ich als „Teil der Doku“ am Ende vor allem Staffage bin: nützlich für den Anschein von Ausgewogenheit, aber inhaltlich weitgehend neutralisiert. Wer meine tatsächliche juristische Bewertung des Falls kennt, erkennt in den wenigen übriggebliebenen Statements ein Zerrbild.
Um es klar zu sagen: Ich distanziere mich in dieser Form von meiner Beteiligung an „Being Jérôme Boateng“. Es ist schade, dass ich Teil dieser Doku bin – jedenfalls in der Form, in der sie gesendet wurde. Eine Dokumentation, die die massive revisionsgerichtliche Kritik nicht sauber rezipiert und stattdessen mit aus dem Zusammenhang gerissenen Experten Schnipseln arbeitet, verfehlt ihren eigenen Anspruch.
Wer sich ein seriöses Bild vom Fall Jérôme Boateng machen will, sollte daher nicht bei dieser Doku stehen bleiben und sich fragen, warum genau diese Aspekte in der ARD Aufarbeitung praktisch nicht vorkommen."
Dr. Alexander Stevens
https://x.com/realalexstevens/status/19 ... 7599824271
https://www.merkur.de/sport/fc-bayern/n ... 62889.html
Anwalt Stevens erklärt: Welche Einordnung die ARD aus der Doku schnitt: https://archive.ph/64NUV
Nach „Genuss“ der Doku musste ich feststellen: Geschätzt 95 % meines Interviews sind schlicht rausgeschnitten worden. Übrig geblieben sind drei kurze Statements, die völlig aus dem Kontext gerissen und zum Teil in neue Zusammenhänge hineinkopiert wurden. Die zentrale Botschaft meiner Einordnung – nämlich eine kritische, differenzierte und rechtlich fundierte Auseinandersetzung mit den Urteilen und der bisherigen Bewertung des Falls Boateng – taucht in dieser Doku praktisch nicht auf. Sie wird im Gegenteil durch das Fragmentieren und Montieren meiner Aussagen verzerrt.
Es drängt sich für mich der Verdacht auf, dass diese „Bearbeitung“ meines Beitrags nicht zufällig erfolgte. Der BR hatte sich zuvor von mir „getrennt“. Unser Podcast „Bayern 3 True Crime“ (bei dem ich auch seinereit Boatengs Richter zu Gast hatte) war der erfolgreichste der gesamten ARD Mediathek. Als dann ein anderer True Crime Fall mediale Kontroversen auslöste, versuchte der BR -meiner Meinung nach-seine eigene redaktionelle Verantwortung für diesen Fall kleinzureden. In diesem Kontext muss man auch meine Rolle in „Being Boateng“ sehen: Wer eine kritische, juristisch präzise Stimme loswerden will, kappt ihr schlicht die Sendezeit.
Dass genau jene Passagen herausgeschnitten wurden, in denen ich mich sehr kritisch mit den bisherigen Entscheidungen und der öffentlichen Bewertung des Falls Jérôme Boateng auseinandersetze, ist schwer anders zu deuten, als dass bestimmte Narrative geschützt werden sollten – und zwar auf Kosten einer fairen juristischen Einordnung.
Hinzu kommt: Die Revision zum Urteil des Landgerichts München I hat bereits deutlich gemacht, dass es erhebliche rechtliche und aussagepsychologische Vorbehalte gab. Das BayObLG (Urteil vom 21.09.2023 – 206 StRR 112/23, nachzulesen bei gesetze http://bayern.de) hat das Urteil der zweiten Instanz insgesamt aufgehoben und u.a. auf Mängel in der Beweiswürdigung hingewiesen. Schon aus dieser Entscheidung ergibt sich, dass die Sache rechtlich weit weniger „klar“ ist, als die Doku suggeriert. Auch eine kritische aussagepsychologische Einordnung der Belastungsaussagen standen dabei im Raum. Genau diese Komplexität, diese Zweifel und diese rechtlich hoch relevanten Punkte kommen in „Being Boateng“ nicht vor – erst recht nicht in meinem Beitrag, weil er, bis auf ein paar Sätze, weggeschnitten wurde.
Statt einer offenen, kritischen Aufarbeitung präsentiert die Doku ein in weiten Teilen vorstrukturiertes Bild, bei dem ich als „Teil der Doku“ am Ende vor allem Staffage bin: nützlich für den Anschein von Ausgewogenheit, aber inhaltlich weitgehend neutralisiert. Wer meine tatsächliche juristische Bewertung des Falls kennt, erkennt in den wenigen übriggebliebenen Statements ein Zerrbild.
Um es klar zu sagen: Ich distanziere mich in dieser Form von meiner Beteiligung an „Being Jérôme Boateng“. Es ist schade, dass ich Teil dieser Doku bin – jedenfalls in der Form, in der sie gesendet wurde. Eine Dokumentation, die die massive revisionsgerichtliche Kritik nicht sauber rezipiert und stattdessen mit aus dem Zusammenhang gerissenen Experten Schnipseln arbeitet, verfehlt ihren eigenen Anspruch.
Wer sich ein seriöses Bild vom Fall Jérôme Boateng machen will, sollte daher nicht bei dieser Doku stehen bleiben und sich fragen, warum genau diese Aspekte in der ARD Aufarbeitung praktisch nicht vorkommen."
Dr. Alexander Stevens
https://x.com/realalexstevens/status/19 ... 7599824271
https://www.merkur.de/sport/fc-bayern/n ... 62889.html
Anwalt Stevens erklärt: Welche Einordnung die ARD aus der Doku schnitt: https://archive.ph/64NUV