Anbei ein pdf der ganz und garnicht konservativen Amadeu-Antonio-Stiftung zum israelbezogenen Antisemitismus:
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/ ... schaft.pdf
Man wird ja wohl noch mal sagen dürfen
In Bezug auf Israel sollte es jedoch aufhorchen lassen: Man wird ja wohl noch mal sagen
dürfen«. Dieser Satz impliziert, dass dies aber nicht gesagt werden darf. Auch hier legt
sich aufmerksames Nachhaken nahe. Gibt es das Tabu wirklich, von dem gerade die Rede
ist? Und wer setzt angeblich dieses vermeintliche Tabu durch? Häufig landet man da sehr
schnell bei der vermeintlichen Auschwitz- bzw. Antisemitismuskeule. Also dem Vorwurf:
Jüdinnen und Juden und der Staat Israel instrumentalisieren das Gedenken an den Ho-
locaust gegen unerwünschte Kritik, und um eigene Machtinteressen gegen die Mehrheit
durchzusetzen.
Eigentlich sollte ein täglicher Blick in die unterschiedlichsten Tageszeitungen deutlich
machen, dass dieses häufig behauptete Tabu, man dürfe die Politik Israels nicht kritisieren,
in keiner Weise vorhanden ist. Wohl die Politik keines Staates, vielleicht mit Ausnahme
der USA, ist medial und in alltäglichen Gesprächen so in der Kritik, wie die Politik Israels.
Täter-Opfer-Umkehr
Dass der israelbezogene Antisemitismus, als Kritik getarnt, eine antisemitische Umweg-
kommunikation ist, zeigt sich auch daran, dass diese Variante des Antisemitismus unmittelbar mit der Staatsgründung Israels einsetzte, als Formen des klassischen Antisemitis-
mus durch den Holocaust öffentlich sanktioniert wurden. Insbesondere in Deutschland
geschah dies häufig in Form einer Opfer-Täter-Umkehr. Dass diese aktuelle Variante des
Antisemitismus schon unmittelbar nach der israelischen Staatsgründung Anwendung
fand, zeigt zudem, wie schnell Menschen in der Lage sind, antisemitische Ressentiments
an neue Gegebenheiten anzupassen. So bescheinigte die damalige ZEIT-Kolumnistin Ma-
rion Gräfin Dönhoff bereits 1948, gerade vier Monate nach der Staatsgründung Israels, in
einem Artikel über die Ermordung des UN-Vermittlers für Palästina, Folke Bernadotte,
den Israelis, sehr weit »auf jenem Wege bereits gelangt [zu sein], der erst vor kurzem ein
anderes Volk ins Verhängnis geführt hat« Allein dieser Satz könnte aus einem Lehrbuch
über israelbezogenen Antisemitismus stammen. Er setzt Israel mit dem nationalsozialis-
tischen Deutschland nahezu gleich, mit dem Ziel, Israel zu dämonisieren und deutsche
Verbrechen massiv zu verharmlosen. Zudem vollzieht Dönhoff eine Täter-Opfer-Umkeh-
rung: Die Israelis, viele gerade aus den deutschen Todeslagern entkommen, seien nun die
Täterinnen und Täter und zu schlechter Letzt wird das »deutsche Volk« als Opfer darge-
stellt, da ihm ein eingeschlagener Weg zum Verhängnis geworden sei. Diese Betrachtungs-
weise des Nahostkonflikts und der Missbrauch des Nahostkonfliktes für die Relativierung
der Verbrechen der deutschen Geschichte finden sich auch nach über 60 Jahren immer
wieder und immer häufiger in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung.
Die Passage "Unterscheidungsmerkmale Kritik und Antisemitismus" ist auch sehr lesenswert.