https://www.tagesschau.de/ausland/honduras-107.html
Sehr geehrte Rundfunkräte,
auch für ARD-aktuell gilt die gesetzliche Verpflichtung:
Der Beitrag auf Tagesschau.de vom 2.12.17 erfüllt die Voraussetzungen dafür nicht, da völlig unklar bleibt, wie die honduranische Konfliktlage politisch zu bewerten ist. Es ist zwar die Rede vom Präsidenten Hernandez und von der Opposition mit dem Kandidaten Nasralla. Ein Normalbürger kann sich aber keine Vorstellung darüber machen, welche Kräfte die Konfliktparteien in Honduras repräsentieren, welche Ziele sie verfolgen und welche Interessen dem zgrunde liegen. Wie aufgrund der oberflächlichen Informationen die deutschen Bürger und Bürgerinnen zu einem selbstständigen Urteil kommen sollen, bleibt ein Rätsel, so dass insofern ein Verstoß gegen die oben zitierte Programmrichtlinie vorliegt."Ziel aller Informationssendungen ist es, sachlich und umfassend zu unterrichten und damit zur selbstständigen Urteilsbildung der Bürger und Bürgerinnen beizutragen".
Zu vermuten ist, dass in diesem Fall absichtlich und den Programmauftrag zuwider desinformiert wird. Der amtierende Präsident – also der mögliche honduranische Wahlfälscher – ist ein Protegé der "Westlichen Wertegemeinschaft". Da er dem propagandistischen Auftrag folgend ein "Guter“ zu sein hat, fällt es der Politik und den korporierten Massenmedien schwer, seine objektive Rolle zutreffend darzustellen, ihn kritisch zu betrachten. Deshalb die verwirrend chaotische Berichterstattung, die wie immer und ersichtlich ohne eigenständige nähere Prüfung auch von Dr. Gniffke & Friends bereitwillig übernommen und nachvollzogen wurde.
Offenkundiges Ziel: Der deutsche Zuschauer soll zu dem Urteil gelangen, dass die (mutmaßlich betrogenen) honduranischen Protestler nur Gewalttäter und Plünderer seien, der regierende Präsident hingegen ein Besonnener, dem man deshalb nachsehen müsse, dass in seinem Land ungewöhnliche Stimmauszählungen zu seinem Gunsten stattfinden. Man stelle sich vor, derselbe Vorgang hätte sich in Venezuela, Russland oder Hongkong ereignet: In Gniffkes Laden wäre der Teufel los gewesen. Das journalistische Doppelformat wird unvermindert gewahrt.
Was ARD-aktuell seinen Zuschauern über die Verhältnisse in Honduras vorenthält: Die jüngsten Ereignisse sind nach Auffassung von Experten eine Fortsetzung des Putsches von 2009 gegen die damalige demokratisch gewählte Regierung von Präsident Manuel Zelaya. Dieser Umsturz war nicht nur von den USA massiv gesteuert worden, sondern auch die deutsche FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung hatte ihn unterstützt und mitgewirkt. Der damalige Leiter des Stiftungsbüros in der Hauptstadt Tegucigalpa, Christian Lüth, war erst nach heftiger öffentlicher Kritik abgezogen worden und bekam einen Posten im zu dieser Zeit von der FDP geleiteten Entwicklungsministerium. Inzwischen ist Lüth Pressesprecher der AfD, bei der er sich mit Blick auf den Abgeordneten V. Beck als bösartig Homophober outete.
Nicht zuletzt war auch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung verstärkt in Honduras aktiv. Sie hatte nach eigenen Angaben Ausbildungskurse für führende Funktionäre der Wahlbehörde TSE organisiert – die jetzt unter Betrugsverdacht zugunsten der konservativen Regierung steht. Quelle:
https://amerika21.de/2017/12/191109/hon ... efuerchtet
Der amtierende Präsident und vorgebliche erneute Wahlsieger hätte der honduranischen Verfassung nach nicht einmal mehr kandidieren dürfen und hatte nur aufgrund einer Verfügung des korrupten Obersten Gerichts ein weiteres Mal antreten dürfen. In Honduras sind Todesschwadrone unterwegs, die in der letzten sechsjährigen Amtszeit des Präsidenten hunderte von Bürgerrechtlern, Gewerkschaftern, Politikern und Umweltschützern ermordet haben. Das südamerikanische Land gilt als eine der gefährlichsten Regionen der Welt.
Wir sind sicher, dass ARD-aktuell diese Informationen kennt, sie aber unterschlägt, um die deutschen Zuschauer im Sinne der Parteienkamarilla von Union und FDP zu desinformieren und zu manipulieren. Es ging darum, eine s e l b s t ä n d i g e Urteilsbildung der Zuschauer und Zuschauerinnen zu unterbinden. Überspitzt formuliert macht sich ARD-aktuell zum medialen Komplizen eines verbrecherischen südamerikanischen Politikers.
Abs. (4) der Richtlinien nach § 11e des Rundfunkstaatsvertrages bestimmt besondere Anforderungen für Informationsangebote der ARD im Internet: "Die Onlineangebote vertiefen und vernetzen die Programminhalte aus Hörfunk und Fernsehen".
Von einer „Vertiefung" kann in dem hier kritisierten Beitrag keine Rede sein. ARD verweigerte die entsprechende Leistung, obwohl alle informationellen, technischen und sonstigen Voraussetzungen (Platz verfügbar) für eine rechtskonforme Berichterstattung gegeben waren.
Den Qualitätsjournalisten gelang es gerade einmal, eine Agenturmeldung abzuschreiben bzw. unwesentlich zu modifizieren. Auch der Verstoß gegen die Richtlinie zur Gestaltung des Online-Angebots ist evident.
Freundliche Grüße
F. Klinkhammer, V. Bräutigam