Früherer ukrainischer Parlamentspräsident und „Kommandeur des Maidan“ Andrij Parubij in Lwiw getötet / Täter geständig, Motiv: Rache an ukrainischem Staat wegen totem Sohn / Parubij gilt als Verantwortlicher hinter Maidan-Massaker und Brand von Odessa
Der frühere ukrainische Parlamentspräsident Andrij Parubij ist in der Ukraine auf offener Straße erschossen worden. Ein als Fahrradkurier gekleideter Mann tötete Parubij am 30. August vormittags in der westukrainischen Großstadt Lwiw, als dieser auf dem Bürgersteig unterwegs war. Laut ukrainischen Medienberichten feuerte der Schütze achtmal auf Parubij und flüchtete anschließend vom Tatort. Ein Tatverdächtiger ist ukrainischen Behörden zufolge zwei Tage später festgenommen worden. Präsident Wolodimir Selenski werde persönlich über den Fortgang der Ermittlungen informiert, heißt es in ukrainischen Medien.
Der Festgenommene hat die Tat inzwischen gestanden. Medien zufolge sagte er, der Mord an Parubij sei seine „persönliche Rache an der ukrainischen Staatsmacht“. Der Sohn des mutmaßlichen Täters sei in die ukrainische Armee eingezogen und im Jahr 2023 bei den Kämpfen um die Stadt Bachmut getötet worden. „Kontakte zu russischen Geheimdiensten verneinte er“, schreibt das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND). Dabei habe es tags zuvor aus ukrainischen Ermittlerkreisen noch geheißen, es gebe eine „russische Spur“.
Der erschossene 54-jährige Andrij Parubij gehörte seit der Loslösung des Landes von der Sowjetunion zu den höchsten rechtsextremen Kreisen der ukrainischen Politik. Im Jahr 1991 gründete er gemeinsam mit dem nationalistischen Politiker Oleg Tjagnibok die „Sozial-Nationale Partei der Ukraine“, aus der 2004 die Partei „Swoboda“ (Freiheit) hervorging. Während der Anti-Regierungsproteste auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz ab November 2013 („Euromaidan“) war Parubij bis zum pro-westlichen Umsturz Ende Februar 2014 als Kommandant der paramilitärischen „Selbstverteidigungsarmee“ des Maidan tätig.
Experten gilt er als einer der Drahtzieher des Scharfschützenmassakers am 20. Februar 2014 in der Kiewer Innenstadt, bei dem vier Polizisten und Dutzende Maidankämpfer sowie unbeteiligte Menschen erschossen wurden. Am Abend dieses Tages hatte sich Parubij laut „New York Times“ in der deutschen Botschaft in Kiew mit US-Botschafter Geoffrey Pyatt, dem deutschen Botschafter Christof Weil und anderen europäischen Vertretern getroffen, um das weitere Vorgehen gegen den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch infolge des Massakers abzusprechen.
Laut Erkenntnissen des ukrainischen Politikwissenschaftlers und Konfliktforschers Ivan Katchanovski, der in Kanada an der Universität Ottawa lehrt und das Blutbad rekonstruiert hat, seien die Opfer von Kräften der Maidan-Armee aus Gebäuden erschossen worden, die von Maidan-Paramilitärs besetzt waren und damit unter Kontrolle Parubijs standen. Ein Kiewer Bezirksgericht hatte im Oktober 2023 Katchanovskis Erkenntnisse nach jahrelangen Ermittlungen teilweise bestätigt. Mehrere Schützen hatten sich in den Jahren nach dem Massaker zudem bereits öffentlich zu ihren Taten bekannt.
Infolge der verfassungswidrigen gewaltsamen Machtübernahme der Maidankräfte ab dem 22. Februar 2014 wurde Parubij Vorsitzender des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine. In diesem Amt war er unter anderem für den Einsatz des ukrainischen Militärs mit Panzern gegen ostukrainische Zivilisten und Aufständische ab April 2014 zuständig („Anti-Terror-Operation“). Zudem soll Parubij beim Brandanschlag militanter Nationalisten gegen ukrainische Oppositionelle am 2. Mai 2014 in Odessa eine „Schlüsselrolle“ gespielt haben, berichtete der deutsche Korrespondent Ulrich Heyden. Parubij habe nur wenige Tage vor dem Angriff nationalistische „Aktivisten“ in Odessa besucht und ausrüsten lassen. Diese waren anschließend direkt am Angriff, der zu 48 Todesopfern führte, beteiligt. Ivan Katchanovski sagte, Parubij gab den Befehl „alles niederzubrennen“.
Von April 2016 bis August 2019 übte Parubij das Amt des Parlamentspräsidenten der Ukraine aus. Während seiner Amtszeit bezeichnete er in einer Fernsehsendung Adolf Hitler als „größten Verfechter der direkten Demokratie“. Der Berliner Osteuropahistoriker Grzegorz Rossoliński-Liebe erläuterte später, dass Parubij als Parlamentspräsident zwar aufgehört habe, „braune Hemden zu tragen“ und den „faschistischen Gruß“ öffentlich auszuführen, wie er es noch in seiner Jugend in ukrainischen neofaschistischen Organisationen tat, aber Parubijs „Weltbild“ habe sich „nicht geändert“. Der studierte Historiker Parubij war während seiner politischen Karriere in mehreren nationalistischen und konservativen Parteien aktiv. Ex-Präsident Petro Poroschenko bezeichnete den Tod Parubijs als „Schlag ins Herz der Ukraine“. Die Tageszeitung „Junge Welt“ schreibt, es sei ein „Volltreffer in die Magengrube der faschistischen Rechten des Landes“.
Quelle: Multipolar (Links und Quellen im Original)
Attentat in der Ukraine: Bekannter nationalistischer Politiker erschossen
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