WDR Monitor: „Linksextremismus: Wie groß ist die Gefahr“

Gesperrt
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7154
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

WDR Monitor: „Linksextremismus: Wie groß ist die Gefahr“

Beitrag von Maren »

Westdeutscher Rundfunk Köln
Anstalt des öffentlichen Rechts
Herrn Tom Burow persönlich
Appellhofplatz 1
50667 Köln


Programmbeschwerde wegen Verstoßes gegen § 5 Absatz 5 Nr.3 WDR-Gesetz bei der Monitor-Sendung vom 08.06.2023 Beitrag „Linksextremismus: Wie groß ist die Gefahr“

https://www1.wdr.de/daserste/monitor/vi ... r-100.html

Sehr geehrter Herr Burow,

gegen die o.b. Sendung lege ich Programmbeschwerde wegen Verstoßes gegen § 5 Absatz 5 Nr.3 WDR-Gesetz ein.
Diese Vorschrift verpflichtet den Westdeutschen Rundfunk (WDR), in seiner Berichterstattung angemessene Zeit für die Behandlung kontroverser Themen von allgemeiner Bedeutung vorzusehen. Wertende und analysierende Einzelbeiträge haben dem Gebot journalistischer Fairness zu entsprechen. Ziel der Berichterstattung ist es, umfassend zu informieren. Insbesondere soll der WDR sicherstellen, dass das Gesamtprogramm nicht einseitig einer Partei oder Gruppe, einer Interessengemeinschaft, einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dient.

In der von mir kritisierten Monitorsendung ist dieser gesetzlich verankerte Grundsatz deutlich verletzt worden. Die Sendung hat nur ein oberflächliches, unterkomplexes und vor allem tendenziöses Lagebild der Demonstrationsveranstaltung in Leipzig wiedergegeben, ohne die genauen Hintergründe der Versammlung vorausgegangene Verurteilung am Oberlandesgericht in Dresden von Lina Engel (führendes Mitglied der sogenannten Hammerbande) ausführlich in die Berichterstattung einzubeziehen. Um dem Rezipienten die Möglichkeit der besseren Kontextualisierung zu ermöglichen, hätte unbedingt darauf verwiesen werden müssen, dass der sogenannten Hammerbande mindestens sechs Überfälle zwischen Oktober 2018 und Frühjahr 2020 vorgeworfen wurden, bei denen insgesamt 13 Personen aus dem tatsächlichen oder angeblich rechtsextremen Spektrum verletzt worden, mehrere davon sogar lebensgefährlich.

In der Anklage hieß es, die Gruppe habe ab August 2018 als kriminelle Vereinigung das gemeinsame Ziel gehabt, Rechtsextreme „planvoll anzugreifen“.

Man kann also durchaus unterstellen, dass die Demonstrationsteilnehmer durch die Teilnahme an dieser Versammlung ihre Sympathie mit den Taten dieser kriminellen Vereinigung zum Ausdruck bringen wollten. Richtig ist, dass die Polizei in Leipzig einen sogenannten Kessel gebildet hat, in den die betroffenen Demonstrationsteilnehmer bis zu 10 Stunden warten mussten, bis sie erkennungsdienstlich bearbeitet werden konnten.

Zu einer seriösen und dem Anspruch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsprechenden erwartbaren Berichterstattung hätte aber gehört, dass die Hintergründe, die zu dieser Lage führten, dem Publikum genauer erklärt werden müsste.
Dazu hätte gehört, dass an diesem Tag in Leipzig Stadtfest, Sachsenpokal und das Grönemeyer-Live-Konzert, parallel stattgefunden haben. Auch die nicht verbotenen Versammlungen konnten lageangemessen stattfinden. Bei einer Versammlung kam es trotz aller Kooperationsbemühungen der Polizei leider zu massiven Angriffen mit Flaschen, Steinen, Pyrotechnik und sogar einem Molotowcocktail auf die eingesetzten Beamten. Dass eine Demonstration mit gewaltbereiten Teilnehmern eine entsprechende Reaktion bei der Polizeiführung auslöste, ist letztendlich aus polizeitaktischer Sicht völlig nachvollziehbar. Auch geschieht eine Einkesselung nicht ohne richterlichen Beschluss nach einem staatsanwaltschaftlichen Antrag. Die Maßnahme ist also ein in einem Rechtstaat üblichen Zusammenwirken von Exekutive und Judikative erfolgt.

Dies alles hätte zur Kontextualisierung in dem Bericht ZWINGEND erwähnt werden müssen. Stattdessen fokussiert sich der Beitrag auf minderjährige Demoteilnehmer mit ihren Müttern. Die Redakteurinnen versuchen damit, gewollt oder aus Unprofessionalität, der Berichterstattung einen emotionalen „Schubs“ zu geben. Der Zuschauer soll dadurch eine emotionalisierte Berichterstattung offensichtlich in seiner Urteilsfindung in eine bestimmte Richtung gedrängt werden.
Die Frage, wieso Mütter mit minderjährigen Kindern auf eine Demo mit gewaltbereiten Akteuren gehen, blieb ebenso unbehandelt, wie die Tatsache, dass der Grund für die lange Wartezeit in erster Linie mit der geringen Kooperationsbereitschaft der Demonstrationsteilnehmer lag.

Sicherlich wäre es auch im Sinne der Ausgewogenheit der Berichterstattung dienlich gewesen, den Leipziger Polizeichef zu dem Demonstrationsgeschehen zu interviewen. Durch eine tiefere Recherche, die für mich konstituierend für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk steht, wäre den Redakteurinnen die enorme Gewaltbereitschaft einiger Demonstrationsteilnehmer sicherlich mehr bewusst geworden. Der Hinweis auf ein durch Pflastersteine zerstörter Helm hätte dem Betrag im Sinne der Ausgewogenheit und besseren Einordnung des Geschehens sicherlich gutgetan.
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Titel der Sendung war: „Linksextremismus: Wie groß ist die Gefahr“.
Bild_helm.jpg
Bild_helm.jpg (63.06 KiB) 2433 mal betrachtet
https://www.bild.de/regional/leipzig/le ... .bild.html

Und warum die Redakteurinnen nicht einen O-Ton des sächsischen Innenministers einbinden konnten, der das aus seiner fachlichen Perspektive hätte entsprechend einordnen können, ist mir aus journalistischer Sicht völlig unbegreiflich.

Man braucht sich nur die Statements der jeweiligen Politiker im gestrigen Innenausschuss des sächsischen Landtages durchzulesen und bekommt klar dargelegt, dass die Monitorberichterstattung eindeutig parteipolitisch eingefärbt ist. Aber gerade das darf der WDR aufgrund § 5 WDR-Gesetz eben nicht.

Dass dem gesamten Beitrag eine gewisse Tendenzberichterstattung zu Grunde liegt, zeigt letztendlich auch die vorgebrachten Statistiken. Zwar sind sowohl die absoluten Zahlen als auch die prozentualen Veränderungen richtig zitiert, allerdings gibt es eine Besonderheit bei der Bewertung von politisch motivierten Straftaten im Phänomenbereich „Rechtsextremismus“.

Durch die unterschiedlich hohe Erfassung von Propagandadelikten (§86a StGB) gibt es immer einen strukturell bedingten höheren Wert bei rechtsextremistischen Straftaten. Insofern müssen, um statistisch sauber vergleichbare Werte zu bekommen, die Propagandadelikte sowohl bei Rechtsextremismus (14.132) und bei Linksextremismus (85) für das Jahr 2022 abgezogen werden.

Journalistisch sauber wäre jedoch die Gegenüberstellung der politisch motivierten Gewalttaten (insbesondere Körperverletzungen und Tötungsdelikte) gewesen. (Siehe Nr. 4 der PMK) Dabei hätte sogar eine Erhöhung der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten von 12,28 Prozent aber eine Reduzierung der linksextremistisch motivierten Gewalttaten (30,01) herausgearbeitet werden können.

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/down ... onFile&v=5


Mit freundlichen Grüßen

Torsten Küllig

Nachtrag:
Die Publikumskonferenz hatte bereits 2018 beim ZDF eine ähnliche Programmbeschwerde eingereicht, der stattgegeben wurde.

Anlage:
pmk2022-factsheets.pdf
(600.18 KiB) 121-mal heruntergeladen
Gesperrt

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast