Westdeutscher Rundfunk Köln
Anstalt des öffentlichen Rechts
Appellhofplatz 1
50667 Köln
Förmliche Programmbeschwerde wegen Verstößen gegen Angebotsgrundsätze gemäß WDR-Gesetz (insbes. §5 Programmgrundsätze)
Sehr geehrte Frau Dr. Vernau,
hiermit erheben wir Programmbeschwerde gegen die Sendung „Die 100“ vom 15.12.2025 aus den o. g. Gründen.
In der beanstandeten ARD-Sendung stimmen hundert zufällig ausgewählte Teilnehmer u. a. darüber ab, ob Deutschland gut regiert werde.
Laut einer früheren Aussage der Unternehmenskommunikation handelt es sich bei dem Konzept der Sendung um ein Beteiligungsformat, in welchem sich Bürger für die Teilnahme an der Sendung bewerben können und erst kurz vor Aufzeichnung der Sendung erfahren, welches Thema behandelt wird. Wir nehmen an, dass sich an Konzept und Organisation nichts geändert hat.
Zitat: „Im Mittelpunkt der Sendung stehen Menschen aus der Bevölkerung, die frei ihre Meinung äußern. Jede und jeder kann sich für die Teilnahme an der Sendung bewerben. Die Teilnehmenden erfahren erst kurz vor der Aufzeichnung der Sendung, welches Thema behandelt wird. Der NDR schließt keine Menschen aus, die als Privatperson teilnehmen – auch nicht aufgrund von Nebentätigkeiten im darstellenden Bereich.“
Auch wenn die Beschwerdeführer die aktuelle Show in ihrer Gesamtanmutung eher in die Sparte Klamauk einordnen würden, richtet sich die Programmbeschwerde lediglich gegen einen Aspekt, der unserer Meinung nach rassistische Stereotype bedient und damit klar gegen die Vorgaben des WDR-Staatsvertrages, des Medienstaatsvertrages und der von der ARD unterzeichneten Charta der Vielfalt verstößt.
Offenbar im hehren Anspruch, die von Bundeskanzler Merz losgetretene Stadtbild-Debatte unter dem Aspekt „Rassismus“ kritisch unter die Lupe zu nehmen, griff die Redaktion tief und wenig originell in die US-amerikanische Cartoon-Kiste. Reproduziert wurde dazu eine makabre Szene aus der Zeichentrickserie Family Guy.
https://www.youtube.com/watch?v=nYUbnc86HF0
Im Cartoon wird mittels Haut-Farbscala die Realität einer ganz offensichtlich weißen Person dargestellt. Die Macher des Cartoons überließen (wohl im Glauben an dessen Intelligenz) dem Publikum alle weiteren Schlussfolgerungen. Die Redaktion der Sendereihe „Die 100“ hingegen füllte die Leerstelle in aller Öffentlichkeit mit der einzigen schwarzen Person unter den 100 Teilnehmern und brachte sie sichtlich in Verlegenheit.
Zitat Morgenpost: „In einer politischen Debattensendung geht Satire, vor allem in dieser plumpen Form, nach hinten los. Es verstärkt Rassismus und die damit verbundenen Stereotypen. Opfer ist der einzige Schwarze im Bürgerforum, der – reduziert auf seine Hautfarbe – vorgeführt wird.“
Wenn, wie weiter oben ausgeführt, die Teilnehmer erst kurz vor der Aufzeichnung der Sendung erfahren, welches Thema behandelt wird, gehen wir davon aus, dass die öffentlich vorgeführte PoC (nichtweiße Person) sprichwörtlich für die grenzwertige Szene missbraucht wurde. Die Redaktion musste demnach bereits bei der Planung sicher gehen, dass für die Nummer mit der Hautfarbenskala eine geeignete Person aus dem Pool der Freiwilligen zur Verfügung steht. Die Frage ist: Wurde dieser Teilnehmer von vornherein über seine unwürdige Rolle im Spiel ins Bild gesetzt?
Eine kurze Sichtung der Teilnehmer aus den vergangenen Sendungen brachte zutage, dass Teilnehmer mit dunkler Hautfarbe nicht vorkamen. Offenbar brauchte man für die vergangenen Themen solche Personen nicht, obwohl der Anteil bestens Integrierter, die zu einem beträchtlichen Teil in Deutschland geboren sind, nicht zu unterschätzen ist.
https://mediendienst-integration.de/bev ... utschland/
Die an den Haaren herbeigezogene Nummer mit dem Hautfarben-Chart sollte vermutlich den Rassismus in der von Bundeskanzler Merz losgetretenen Stadtbild-Debatte demonstrieren und scheitert damit grandios an den eigenen rassistischen Stereotypen. Moderator Till Nassif bezeichnet die Aktion zwar vorsichtshalber als „wahnsinnig überspitzt“, trifft damit aber nicht den Kern des Problems. Denn diese Aktion war „wahnsinnig“ daneben und dazu vollkommen überflüssig, denn sie taugte in keiner Weise dazu, die hiesige Stadtbilddebatte zu befrieden, sondern warf lediglich eine Nebelkerze.
Wenn man eine zunehmend gesellschaftlich etablierte und oft ungerechte Unterscheidungskategorie zwischen den Ethnien anprangern will, sollte man die Probleme vor Ort nicht mittels surrealem Klamauk und zu Lasten eines arglosen Protagonisten ins lächerliche ziehen, sondern Realitäten abbilden, die klar sichtbar für Alle sind, die sehen wollen.
Leserkommentar: “Viele Beobachter interpretieren die Debatte um das veränderte Stadtbild sofort als Ausdruck von Rassismus. Dabei wird oft übersehen, dass es in dieser Diskussion gar nicht primär um phänotypische Merkmale der Menschen geht – also Hautfarbe, Haarfarbe oder Augenfarbe. Vielmehr richtet sich die Sorge auf tiefgreifende kulturelle Veränderungen im unmittelbaren Lebensumfeld:
Städte oder Stadtteile, die über Jahrzehnte oder Jahrhunderte von mitteleuropäischer und speziell deutscher Alltagskultur geprägt waren, werden in immer kürzerer Zeit von anderen kulturellen Praktiken und Symbolen überprägt. Das zeigt sich konkret in der starken Zunahme bestimmter Geschäftsformen (Dönerläden, Shisha-Bars, orientalische Friseursalons, Gold- und Schmuckgeschäfte) in vielen migrantisch geprägten Stadtvierteln, einer veränderten Sprachlandschaft – sowohl gesprochen als auch in Beschriftungen und Werbung, auffälligen Veränderungen in der Alltagskleidung (lange Gewänder, Kopftücher, Verschleierung), und nicht zuletzt in sich wandelnden Verhaltensnormen und Umgangsformen im öffentlichen Raum.
Wer diese Entwicklungen kritisch anspricht, möchte in der Regel nicht Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Aussehens ausgrenzen, sondern die Geschwindigkeit und Intensität der kulturellen Überprägung thematisieren – und die Frage stellen, wie viel Veränderung ein gewachsenes Gemeinwesen in kurzer Zeit verkraften kann, ohne dass das Gefühl von Heimat und Zusammenhalt verloren geht.“
Der ÖRR hat den Anspruch „die Würde des Menschen sowie die sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer zu achten. [Die Rundfunkprogramme] sollen […] auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken.“ (§51 MStV, Abs. 1).
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/MStV-51
Um das genannte „diskriminierungsfreie Miteinander“ zu erreichen, sind u. a. drei Aspekte ausschlaggebend:
• Diversität sowie Gleichberechtigung und Gleichbehandlung vor der Kamera
• Diversität sowie Gleichberechtigung und Gleichbehandlung hinter der Kamera
• antirassistische Formate und Inhalte.
Aus Charta der Vielfalt, die auch von öffentlich-rechtlichen Anstalten unterzeichnet wurde: https://www.charta-der-vielfalt.de/viel ... tionalit-t
Im Medienstaatsvertrag für Rundfunk und Telemedien steht in den allgemeinen Grundsätzen, dass die Rundfunkprogramme „in ihren Angeboten die Würde des Menschen zu achten und zu schützen“ haben, sowie „dazu beitragen [sollen], die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinungen anderer zu stärken.“ (§3 MStV, Abs.1).
Dieser Grundsatz ist nicht mit rassistisch konnotierten Inhalten vereinbar.
https://www.ard.de/die-ard/organisation ... rtrag-100/
§ 5 Programmgrundsätze WDR-Gesetz
(1) Für die Angebote des WDR gilt die verfassungsmäßige Ordnung. Die Vorschriften der allgemeinen Gesetze und die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und des Rechts der persönlichen Ehre sind einzuhalten. Der WDR trägt darüber hinaus in besonderem Maße der Einhaltung journalistischer Standards Rechnung.
(2) Der WDR hat in seinen Sendungen die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Er soll dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinung anderer zu stärken. Die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung sind zu achten.
(4) Der WDR soll die internationale Verständigung, die europäische Integration, den gesellschaftlichen Zusammenhalt, ein diskriminierungsfreies Miteinander in Bund und Ländern und die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern fördern, zum Frieden und zur sozialen Gerechtigkeit mahnen, die demokratischen Freiheiten verteidigen und der Wahrheit verpflichtet sein.
https://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr ... n-100.html
Aus Gründen der Transparenz werden wir diese Beschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins https://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Maren Müller
WDR - Programmbeschwerde "Die 100"
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