Öffentlich-rechtlicher Rundfunk verweigert Auskunft zum Ausbau des Faktencheck-Netzwerks

Senderübergreifendes Netzwerk soll vor allem bei wichtigen Ereignissen aktiv sein / Investitionshöhe und Definition von „Desinformation“ unklar / ARD verliert weiter an Reichweite

Die ARD will sich nicht näher zum Start eines neuen Faktencheck-Netzwerks äußern. Mehrere Fragen von Multipolar – etwa zu Kosten, Standards und Qualitätssicherung – ließ der zuständige Norddeutsche Rundfunk (NDR) unbeantwortet. Im Juni hieß es in einer Pressemitteilung: „Die ARD erweitert ihre Kapazitäten gegen Desinformation“. Das neue Netzwerk vereine Redaktionen von „Tagesschau“, aus den ARD-Landesrundfunkanstalten, Deutsche Welle sowie Deutschlandradio. Dafür seien die Faktenchecking-Teams der Sender „personell verstärkt“ und „mehr Zusammenarbeit unter den Sendern vereinbart“ worden.Begründet wird die Schaffung des neuen „senderübergreifenden Faktencheck-Netzwerks“ „unter anderem“ mit den veränderten politischen Verhältnissen in den USA: „Anlass für die neue Struktur war unter anderem die Ankündigung von Meta-CEO Mark Zuckerberg, die Zusammenarbeit mit unabhängigen Faktenprüfern in den USA zu beenden.“ Ziel sei es, „gemeinsame Standards für faktenbasierte Recherchen zu etablieren“. Senderübergreifende „Faktenchecking-Teams“ sollen demnach vor allem bei wichtigen Ereignissen wie Wahlen Äußerungen überprüfen – auch mittels „moderner technischer Lösungen“, um „Falschinformationen und KI-generierte Fake-Inhalte schneller zu erkennen, zu überprüfen und zu widerlegen“.

Multipolar fragte beim zuständigen NDR nach, was die geplante personelle Aufstockung die Gebührenzahler kosten wird, wie viele zusätzliche Stellen geschaffen werden, welche Qualifikationen die Faktenchecker mitbringen müssen und wer entscheidet, welche Medien, Fakten und Themen überprüft werden – ob etwa auch Beiträge anderer etablierter Medien, nicht zuletzt von ARD und ZDF, unter die Lupe genommen werden.

Gefragt wurde auch, wie die ARD sicherstellt, dass die dort beschäftigten Faktenchecker mit ihren Artikeln nicht nur ihre persönlichen, politischen Narrative gegen andere politische Narrative durchsetzen wollen, nach welchen Kriterien die angefragten Fachleute ausgewählt werden – und wie sichergestellt wird, dass die angefragten Fachleute nicht selbst Interessenkonflikten unterliegen. Schließlich wollte Multipolar vom NDR wissen, wie die Sendeanstalt „Desinformation“ definiert, ob es dafür eine Grundlage etwa in Pressekodex, Landespressegesetzen oder anderen Regelwerken gibt. In den vergangenen Jahren wurden etliche Fälle bekannt, bei denen Faktenchecker der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten selbst fehlerhaft oder tendenziös mit den zu prüfenden Inhalten umgingen.

Die von Multipolar gestellten Fragen beantwortete der NDR nicht. In einem allgemein gehaltenen Statement heißt es lediglich, in dem Netzwerk würden sich Mitarbeiter „koordinieren“, die jeweils in ihren Rundfunkanstalten für Faktenchecks verantwortlich sind. Das Prüfen von Fakten sei „eine entscheidende Grundlage der journalistischen Arbeit in der gesamten ARD und ein wichtiges Anliegen. Alle journalistisch Beschäftigten wirken so mit ihrer täglichen Arbeit der Verbreitung von falschen Informationen entgegen.“ Die zusätzlichen Personalkosten sowie die Anzahl der dort beschäftigten Mitarbeiter wurden nicht genannt, letztere hänge „von der Art der Zusammenarbeit bei den einzelnen Projekten ab“. Weiter heißt es, der NDR entwickele neue Formate, „die Faktenchecks einem noch breiteren Publikum zugänglich machen sollen“. In diese „Projekte“ werde der NDR „in diesem und auch im kommenden Jahr“ investieren.

Die öffentlich-rechtlichen Anbieter ARD und ZDF verlieren seit Jahren an Reichweite. So sank die Anzahl der Personen, die von den Hörfunk- und Fernsehprogrammen der ARD-Sendeanstalten erreicht wurden (wöchentliche Nutzung), von 54 Prozent (2019) auf 39 Prozent (2025). Im gleichen Zeitraum stieg die Online-Reichweite von ARD-Nachrichtenformaten wie „tagesschau.de“ nur leicht an – von 13 Prozent auf 17 Prozent. Finanziert werden die Rundfunkanstalten von ARD und ZDF weit überwiegend aus den für Bürger und Betriebe verpflichtenden Rundfunkbeiträgen. Aus diesen Beiträgen erhielten allein die ARD-Landesrundfunkanstalten 2024 über 6 Milliarden Euro, das sind 84 Prozent des Gesamtetats.

Quelle: (multipolar)