Fake News: Ein Bürgerrat erarbeitet Maßnahmen – auch „Correctiv“ spielt eine Rolle
Der Bürgerrat „Forum gegen Fakes“ will, dass die Bundesregierung Desinformation bekämpft und Nutzer sanktioniert. Die Teilnehmer ließen sich vom Verfassungsschutz beraten.
Schnell mal einen Post auf Facebook oder X abzusetzen, sollte verboten werden – zumindest, wenn es nach den Mitgliedern des Bürgerrats Forum gegen Fakes geht. In einer Welt, die von Falschmeldungen und Desinformation überschwemmt wird, braucht es nach Meinung der 139 Teilnehmer „eine angemessene Bedenkzeit“ von zwei bis fünf Minuten. Im Anschluss soll eine Künstliche Intelligenz (KI), den Inhalt des Postings überprüfen und auf „sensible Themen“ wie „Migration“ anspringen. Verstößt der Verfasser gegen bestimmte Vorgaben, die noch definiert werden müssen, wird der Post nicht veröffentlicht.
Das ist eine von insgesamt 15 Politikempfehlungen, die die Mitglieder des Bürgerrats in einem Gutachten „zum Umgang mit Desinformation“ zusammengetragen haben. Zu den Vorschlägen gehören auch ein Meldeportal und die Strafverfolgung von Personen, die Desinformationen verbreiten.
Innenministerin Faeser will Vorschläge prüfen
Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundesregierung zufällig ausgewählte Bürger in einem Bürgerrat aufeinandertreffen und zu einem Oberthema diskutieren lässt. Erst vor wenigen Wochen veröffentlichte der „Bürgerrat Ernährung“ ein Gutachten, nun folgte die Auswertung des Forums gegen Fakes. Dass das politische Instrument der Bürgerräte in den vergangenen drei Jahren vermehrt zum Einsatz kam, ist kein Zufall: Die Ampel-Regierung hatte sich im Koalitionsertrag darauf geeinigt, „konkrete Fragestellungen“ von einem Bürgerrat diskutieren zu lassen.
Die Teilnehmer des Rats werden nach Angaben der Organisatoren, in diesem Fall der Bertelsmann-Stiftung und des Bundesinnenministeriums (BMI), per Zufallsprinzip ausgewählt. Einzelne Kriterien, unter anderem Geschlecht, Beruf und Bildungsgrad, werden dabei berücksichtigt. Im Gutachten heißt es: „Die Zusammensetzung des Bürgerrats bildet die Vielfalt der Bevölkerung in Deutschland ab.“
Alle Forderungen sind lediglich Empfehlungen für die Politik. Sie können von Politikern aufgegriffen und umgesetzt werden. Im Normalfall werden die entwickelten Ideen aber gar nicht oder nur stark modifiziert umgesetzt. Das liegt unter anderem daran, dass Bürgerräte in der Regel abseits der Ministerien arbeiten.
Dass gerade das Thema Desinformation ausgewählt wurde, begründen die Organisatoren mit der zunehmenden Einflussnahme von KI in den sozialen Medien: „Neben positiven Effekten nimmt die massenhafte Verbreitung von Desinformation und das Fälschen von Bildern oder Videos zu.“ Beim ersten Aufeinandertreffen der Bürgerratsmitglieder im März 2024 einigten sich die Beteiligten auf eine Definition des Begriffs Desinformation.
BMI fördert Bürgerrat „Forum gegen Fakes“
Im Falle des Forums gegen Fakes verhält es sich jedoch anders. Das BMI förderte den Bürgerrat, es war vor, während und nach den Veranstaltungen beteiligt. Demnach handelt es sich bei Desinformation um die gezielte Verbreitung von Falschinformationen, um „Menschen zu manipulieren, öffentliche Debatten zu beeinflussen, die Gesellschaft zu spalten sowie den Zusammenhalt und die Demokratie zu schwächen“.
Der Austausch der Teilnehmer wurde durch „Inputs von Experten“ begleitet, unter anderem vom Bundesamt für Verfassungsschutz. Welche Informationen den Teilnehmern zur Verfügung gestellt wurden, geht aus dem Gutachten nicht hervor.
„Beschränkung der Meinungsfreiheit soll nicht erfolgen“
Nach Präsenzveranstaltungen in Berlin wurden erste politische Forderungen formuliert. So wünschen sich die Mitglieder des Forums gegen Fakes, dass im Wahlkampf ein sogenanntes Desinformationsranking erstellt wird. Aussagen politischer Akteure sollen von „einem gemeinwohlorientierten, unabhängigen Medienhaus – wie beispielsweise Correctiv – überprüft werden“. Medien soll ein „Gütesiegel für qualitativen Journalismus“ verliehen werden, das bei Verstößen gegen zuvor festgelegte Kriterien wieder zurückgezogen werden kann.
Ausgerechnet „Correctiv“ mit seinen Recherchen über einen sogenannten „Geheimplan gegen Deutschland“. Neben dem Aktivismusvorwurf versuchte die AfD die Glaubwürdigkeit des Recherchenetzwerks auch durch den Verweis auf die staatlichen Zuwendungen infrage zu stellen.
Das Medium macht dabei gar keinen Hehl daraus, dass es Geld vom deutschen Staat bezieht, wie eine Recherche der NZZ berichtete.
https://www.nzz.ch/international/correctiv-ld.1777572
Outsourcing von Demokratie