Michael Meyen über den neuen Rundfunkstaatsvertrag
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist wohl so unter Druck wie noch nie bisher. Im Interview mit den NachDenkSeiten fokussiert der Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen auf die aktuellen Entwicklungen in Sachen neuer Rundfunkstaatsvertrag, der seit dem 1. Dezember in Kraft ist. Meyen sagt: „Diese Reform findet die Lösung in einer Vergangenheit, die sich längst selbst überholt hat.“ Ein Medienrat sei entstanden, dem man das Etikett „unabhängig“ angeklebt habe, der aber aufgrund seiner Zusammensetzung dem Etikett nicht gerecht werde. Ein Interview über das dicke Brett Rundfunkreform, das aktuelle „Leipziger Urteil“ und die Aussicht, wie es weitergehen wird. Meyens Fazit: „Ein Apparat, der im Jahr gut zehn Milliarden Euro verschlingt, entwickelt so viele Pfründe und Begehrlichkeiten, dass jede Reform scheitern muss.“
„Ich war in Brandenburg bei der Anhörung im Hauptausschuss des Landtags und habe gestaunt, wie offen und ernsthaft es dabei zuging. Blind verteidigt wurde das System eigentlich nur von den ARD-Leuten, von zwei staatsnahen Experten und von den SPD-Abgeordneten. AfD, BSW und CDU haben sich bei kritischen Nachfragen geradezu überboten. Als es dann darauf ankam, ist die BSW-Fraktion fast kollabiert und die CDU sprang dem Ministerpräsidenten zur Seite. In Sachsen haben Grüne und Linke der CDU-SPD-Regierung geholfen, obwohl es auch dort vorher harte Debatten gab. Für mich heißt das: Die Abstimmungen in den Landtagen sind reine Formsache. Selbst wenn Politiker die Probleme sehen und eigentlich wissen, dass es so nicht weitergeht, heben sie am Ende ihre Hand. Darf ich noch einmal zurück auf Los gehen und erzählen, wie es zu diesem Staatsvertrag gekommen ist?“
Bitte.
Die Politik hat auf den Unmut ganz klassisch reagiert. Wenn du nicht mehr weiterweißt, dann gründe einen Arbeitskreis. 2023 hieß das hier Zukunftsrat, war weiblich und kam von weit oben. Vier Medienmanager (Julia Jäkel, Bettina Reitz, Maria Exner, Roger de Weck), …
Jäkel? Die Chefin vom Verlag Gruner + Jahr und Teilnehmerin an den Bilderberg-Konferenzen …
… und Frau von Ulrich Wickert, ja. Das ist ja bei diesem Thema nicht ganz unwichtig. Im Zukunftsrat waren außer den vier Managern noch drei Juristen (Peter M. Huber, Mark D. Cole, Nadine Klass) und eine Medienforscherin (Annika Sehl). Also: wir nicht. Auch niemand von der Front, wenn man so will. Kein Redakteur, kein Filmemacher, kein Musiker und erst recht niemand, der sich das Programm jeden Abend antun will oder muss und vielleicht schon seit Jahr und Tag Beschwerden veröffentlicht, wie Maren Müller von der Ständigen Publikumskonferenz. Nach acht Monaten hinter verschlossenen Türen kam dann Anfang 2024 ein 40-Seiten-Papier heraus, das das Problem Staatsnähe genauso ignorierte wie die Zwei-Klassen-Gesellschaft von festen und freien Mitarbeitern und dann in den nächsten Monaten auch noch zerredet wurde.
Trotzdem wird jetzt von einer Reform gesprochen.
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