ARD-how „Die 100“: Unter der Flagge des Sozialneids
Kritik am Format „Die 100“ wird von der ARD zurückgewiesen. Wahrscheinlich hält man diese plumpe Framingshow tatsächlich für Aufklärung oder für ein Indiz für eine gewisse Mitmach-Demokratie im TV. Unstrittig sollte selbst für die größten Fans des real existierenden ÖRR sein, dass Sendungen wie diese auf Manipulation und Verhaltensänderung zielen, indem sie eine Mehrheitsmeinung vorgaukeln, die der Realität nicht standhält.
Unsere Beschwerde zur Sendung des Formates #Die100 „Ist die AfD ein Problem für die Demokratie“ wurde vom Sender (straff gegendert) auf eine Art und Weise abgebügelt, die jenseits von Fehlerkultur an fragwürdigen Konzepten festhält und berechtigte Kritik (auch von Mitwirkenden) zurückweist.
https://publikumskonferenz.de/forum/viewtopic.php?p=10537#p10537
Anna Planken, Ingo Zamperoni und Linda Zervakis (v.l.) führten durch die platte Politshow „Die 100“ des NDR.
Eine Sendung führt sich selbst ad absurdum: In „Die 100 – Was Deutschland bewegt“ kann die ARD das Framing in der Debatte um die Schuldenbremse nicht lassen. Und das trotz guter Vorsätze. […]
Repräsentativ für die 80 Millionen Bundesbürger war die Auswahl nicht, dafür ist die Grundgesamtheit zu klein. Die ARD erhebt diesen Anspruch auch gar nicht, in der Sendung selbst wird allerdings nicht erklärt, wie die Auswahl vonstatten geht: Die Teilnehmer können sich bei ARD-Sendern bewerben; weil das aber nicht reicht, hilft eine Ticketagentur bei der Rekrutierung; sie greift auf ihre Adressdatei zurück, in der Personen registriert sind, die interessiert daran sind, als Publikum bei Fernsehshows aufzutreten. Mit einem Fragebogen versuchen die federführenden Sender NDR und WDR dann, eine ausgewogene Mischung nach Alter, Geschlecht, Beruf und Wohnort zu erreichen, auch die Haltung zu wichtigen gesellschaftlichen Debatten von Handyverbot bis Migration wird abgefragt, ohne dass die Befragten das Thema der Sendung kennen, zu der sie womöglich eingeladen werden.
Für viele Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist dieses Verfahren zu undurchsichtig, es setzt ein Vertrauen voraus, das die Sender nicht mehr ohne Weiteres für sich in Anspruch nehmen können, auch wenn sich die Unterstellung, die ARD habe für die Sendung im September über die Gefährlichkeit der AfD für die Demokratie gezielt Teilnehmer ausgewählt, als unzutreffend erwies.
Ein gewisses Framing ließ sich für Zweifler an der Neutralität der ARD auch am Montag erkennen, etwa anhand des Umstands, dass eine nachgebaute marode Schultoilette als zentrales Requisit herhielt (wie in einer früheren Sendung ein authentisches Flüchtlingsboot, in das die Teilnehmer einsteigen sollten).