Das Mordsproblem beim BR
Der Bayerische Rundfunk stellt die Zusammenarbeit mit Alexander Stevens bei seinem True-Crime-Podcast ein. Vor allem von der lukrativen Live-Show, die Opferangehörige kritisierten, distanziert sich der Sender. Ist das glaubwürdig?
https://www.sueddeutsche.de/medien/br-podcast-alexander-stevens-li.3283085
BR trennt sich von True-Crime-Podcaster
Der Bayerische Rundfunk beendet seine Zusammenarbeit mit dem Strafverteidiger Alexander Stevens. Der erfolgreiche Podcast „Bayern 3 True Crime“ geht ohne ihn weiter. Zuletzt hatte es vor allem Kritik von Hinterbliebenen an der „Bayern 3 True Crime Live-Tour“ gegeben, die mit dem Podcast zusammenhängt, wie die „Mittelbayerische Zeitung“ und das Portal Übermedien berichten.
Die Live-Tour und der Podcast, bei dem Stevens mit der Journalistin Jacqueline Belle vor dem Mikro (und inzwischen auch der Kamera) sitzt, sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, hier werde im Plauderton über grausame Verbrechen berichtet. In der neuesten Folge geht es tatsächlich zu Beginn ganze sieben Minuten lang um Make-up, Hochzeit und die neuesten Deutsche-Bahn-Erlebnisse, bevor es mit dem Fall losgeht. Übermedien wirft Alexander Stevens vor, er „verwerte“ Kriminalfälle maximal, ohne Rücksicht auf Opfer und Hinterbliebene. Der Bayerische Rundfunk entspreche mit dieser Herangehensweise nicht seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag.
Was meint der BR? Der Sender antwortet auf Nachfrage, bei den behandelten Fällen würden die Interessen der Betroffenen insbesondere in Bezug auf Persönlichkeitsrechte und Opferschutz immer geprüft. Zu Beginn jeder Sendung erfolgt der Hinweis, dass Namen und Details zum Schutz aller Beteiligten geändert wurden.
Unstrittig aber wussten BR-Programmverantwortliche, wie Belle und Stevens den Fall Baumer auf die Bühne brachten. Sahen sie womöglich gar kein Problem darin? Noch größere Fragen wirft die Formulierung auf, mit der sich der BR eigentlich entlasten will: Eine Abnahme der Show durch den Sender sei vertraglich nicht vorgesehen. Demnach hätte also der BR gar keine inhaltliche Durchgriffsmöglichkeit auf eine Show, für die er mit seinem Logo steht – und die sich beim Publikum folglich mit öffentlich-rechtlichen Standards empfiehlt.
Die True-Crime-Show von Stevens und Belle wird es jedenfalls weiter geben und das vorläufig sogar mit BR-Logo. Der Lizenzvertrag für die Show laufe bis August 2026, erklärt eine BR-Sprecherin auf Anfrage. Für das Publikum wird es erst einmal weiter so aussehen, als stünde der BR dahinter. „Die Gespräche über eine einvernehmliche frühzeitige Beendigung blieben ohne Ergebnis“, erklärt der BR.
Eine Konsequenz hat der BR bereits gezogen: „Optimierungen der internen Regeln zur Kooperation“ seien auf den Weg gebracht, teilt eine Sprecherin mit. „In einem nächsten Schritt“ würden nun „nach den Erfahrungen mit dem Fall Baumer“ die Vertragsmuster für die Logo-Lizenzverträge der BR-Media GmbH überarbeitet.
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