Tagesschau wieder einmal fern von journalistischen Standards
Was die Vorträge angeht: den von Nadia Zaboura über die Berichterstattung zu Israel und Gaza (den es auch in einer Thread-Fassung gibt) hatten wir ja schon vorab empfohlen. Ab 14:22 kommt eine Passage, die auch über das Thema Israel/Gaza-Berichterstattung hinaus relevant ist. Es geht um die „unkritische Weiterverbreitung des Kommandozentralen-Narrativs“ in den deutschen Medien.
Als ein Beispiel nennt sie einen Bericht von tagesschau.de aus dem April, den sie einblendet und aus dem sie Auszüge vorliest: „Erneuter Angriff auf Klinik (…) Die israelische Armee vermutet eine Hamas-Kommando-Zentrale in dem Gebäude.“ Dem stellt Zaboura eine Schalte von CNN zum Korrespondenten Jeremy Diamond in Jerusalem gegenüber. Hier handelt es sich zwar um einen Vergleich unterschiedlicher Darstellungsformen, trotzdem scheint er mir inhaltlich angemessen zu sein. In diesem CNN-Beitrag sagt Diamond:
„Das israelische Militär behauptet, dass sich in dem Krankenhaus eine Kommando- und Kontrollzentrale der Hamas befand. Aber sie haben keine Beweise vorgelegt, um diese Tatsache zu untermauern. Und sie haben auch keine Beweise dafür vorgelegt, dass der militärische Vorteil, den sie durch diesen Angriff erlangt haben, den Schaden aufwiegen würde, den dieser Angriff (…) (angerichtet) hat, (zumal) dieses Krankenhaus das letzte voll funktionierende Krankenhaus im nördlichen Gazastreifen war.“
Zaboura sagt dazu, es sei also – und jetzt kommt der angekündigte allgemeingültige Satz – auch im „schnell getakteten Nachrichtenjournalismus“ möglich zu zeigen, „dass Behauptungen keinen Nachrichtenwert besitzen, sondern erst durch Arbeit zu Journalismus werden“.
Sie fügt dann noch eine leicht schnippische Bemerkung an: „Der CNN-Journalist, den wir gerade gehört haben, kennt offensichtlich die Genfer Konvention und das Römische Statut und ordnet nicht nur die erneut fehlenden Beweise ein, sondern zeigt journalistisch auch diese zentrale Information auf, die man insbesondere im deutschen Nachrichtenjournalismus nicht oder kaum findet: Die Beweislast für militärische Attacken auf geschützte Orte liegt ohne Ausnahme bei denen, die die Waffe, die die Rakete abfeuern.“
