Wahlnachlese

Hart aber leer: Das Wahlkampf-Fernsehen in der Reformstau-Falle

Im TV-Wahlkampf wurden Spitzenpolitiker von Format zu Format gereicht, um in Sekundenschnelle komplexe Themen zu erklären. Für echten Dialog war kaum Zeit. Damit reproduzieren die Sender genau die Probleme, die sie der Politik vorwerfen, glaubt Peer Schader. […]

Statt echten Austausch zu ermöglichen, werden Politiker immer häufiger zu „Antwortmaschinen“ degradiert. Sie sollen sich in völlig verschiedenen Themengebieten auskennen, in Windeseile Problembeschreibungen anerkennen und ihre Antworten formulieren, bevor der nächste Buzzer oder die nächste Unterbrechung zuschlägt. […]

Umso wichtiger wäre es, dass wir uns mit Blick auf die Zukunft gemeinsam fragen, wie Politikberichterstattung im Fernsehen aussehen muss, um nicht als Teil des Abwärtsstrudels zu funktionieren, in dem sich die Laune des Landes zu befinden scheint.

TV-Verantwortliche müssen sich zuallererst dem Problem bewusst werden, dass Politik nicht immer bloß als Konfrontation inszeniert werden kann – auch wenn gerade Wahlkampf natürlich harte Auseinandersetzung und Rivalität unterschiedlicher Positionen vorherrschen.

https://www.dwdl.de/hauptstadtstudio/101533/hart_aber_leer_das_wahlkampffernsehen_in_der_reformstaufalle/

Vom Duell zum Gipfel

Vor der Bundestagswahl am kommenden Sonntag warben die Spitzenkandidaten der Parteien in mehreren TV-Duellen und anderen Formaten um Stimmen. Für viele Zuschauer dürfte bei diesem Marathon aber inhaltlich einiges auf der Strecke geblieben sein. Die interessanten Fragen wurden gestellt, wenn sich die Moderatoren im Hintergrund hielten. […]

Vielleicht wäre es für die Bundestagswahl in vier Jahren eine gute Idee, weniger auf Show als auf Inhalte zu setzen und mehrere Debatten – nennen wir sie gerne „Gipfel“ – zu unterschiedlichen Themen anzusetzen. Was ließe sich gut vorbereitet und mit einem Live-Faktencheck alles in jeweils 120 Minuten zu den Themen Pflege, Wirtschaft, Klima, Migration, Wohnungsmarkt, Energiewende, Steuersystem oder Schuldenbremse sagen und auch fragen, wenn der Joker der zweisilbigen Antwort oder der Schuldzuweisung an vergangene Regierungen nach wenigen Momenten nicht mehr zieht? […]

Vor allem aber sollten sich die Sender ihre thematischen Schwerpunkte nicht von Bundestagsdebatten und auch nicht von der Wutbürgerei diktieren lassen. Zu sehr verstehen sich ARD und ZDF derzeit als Echokammern sozialer Netzwerke, zu selten werden eigene Akzente gesetzt.

https://medien.epd.de/article/2681/

Huwendiek über Faktenchecks: „Kein kleinliches Erbsenzählen!“

In der heißen Phase des Wahlkampfs schlägt die Stunde der Faktenchecker, an die die Anforderungen zuletzt gestiegen sind, weil Tempo und Präzision gleichermaßen gefragt sind. Ein Spagat, mit dem Frederic Huwendiek, Leiter der Online-Nachrichtenredaktion des ZDF, bestens vertraut ist. […]

Vor wenigen Wochen forderte eine Petition von ARD und ZDF gar einen Live-Faktencheck während der TV-Debatten der Kanzlerkandidaten. Frederic Huwendiek, Leiter der Online-Nachrichtenredaktion des ZDF, war zunächst skeptisch, wie er gegenüber DWDL.de einräumt. „Faktenchecks müssen präzise sein“, sagt er. Und doch sei er eines Besseren belehrt worden. „Man kann Fakten live checken – oder zumindest fast live.“ Wichtig seien jedoch zwei Dinge: Viel (Fach-)Personal und eine sehr gute Vorbereitung. […]

Zu den wichtigen Wahlsendungen, etwa dem „Duell“, „Klartext“ oder der gerade ausgestrahlten „Schlussrunde“, hat der Sender daher eine große, redaktionsübergreifende Crew zusammengestellt, der Mitarbeitende von „Frontal“ und der Wirtschafts- und Rechtsredaktion, aber auch Kolleginnen und Kollegen aus den Inlandsstudios und dem Archiv angehören – zusätzlich zum sogenannten Check-Kernteam, das in der Online-Nachrichtenredaktion angesiedelt ist. „Die haben zu vielen Aspekten, bei denen sie erwartet haben, dass sie Thema in der Sendung werden könnten, vorab schon die Fakten und Zahlen vorbereitet und Experten angefragt“, erläutert Huwendiek […]

Antworten boten ein Liveblog, ein Online-Only-Livestream sowie ein textlicher Faktencheck, der schon kurz nach dem Sendungsende erschien. (Mehr unter: Faktencheck)

https://www.dwdl.de/magazin/101535/huwendiek_ueber_faktenchecks_kein_kleinliches_erbsenzaehlen/

Wieso setzen Medien im Wahlkampf nicht häufiger eigene Themen?

In den vergangenen Wochen ging es in Politiksendungen sehr oft um Migration. Dabei gäbe es ja auch andere Dinge, die Menschen umtreiben. Sie kommen aber kaum vor. Warum? Und was müsste sich strukturell ändern? Darüber spricht Holger Klein mit dem Politik-Journalisten Philip Banse. […]

Dabei gäbe es, das zeigen auch Umfragen, durchaus andere Themen, die die Menschen umtreiben: Wohnen, zum Beispiel. Pflege. Soziale Gerechtigkeit. Müssten Medien nicht auch darüber viel mehr berichten und Parteien konfrontieren?

„Ich vermisse ein journalistisches Selbstbewusstsein, zu sagen: Wir bestimmen jetzt in unserer Sendung mal, was wir für wichtig halten“, sagt der Politik-Journalist Philip Banse im Übermedien-Podcast. Und zwar nicht einfach nur so, sondern weil es Argumente dafür gebe, Tatsachen, Umstände, die man erklären könne. Um dann nicht eins zu eins dem zu folgen, was Parteien „als tolles Wahlkampfthema“ gefunden hätten.

https://uebermedien.de/103079/wieso-setzen-medien-im-wahlkampf-nicht-haeufiger-eigene-themen/