Bundestag verschleppt Wahlprüfung auf dreist-undemokratische Weise
Vier Monate nachdem die Partei BSW mit 4,981% an der 5%-Hürde scheiterte, hat der Bundestag gestern einen Wahlprüfungsausschuss eingerichtet, bei dem die Partei aufgrund der vielen zum Teil offenkundigen, zum Teil wahrscheinlichen Auszählungsfehler Beschwerde einlegen kann. Obwohl oder weil die Mehrheit der Regierung davon abhängt, dass der Nichteinzug des BSW in den Bundestag Bestand hat, verschleppt dieser die Wahlprüfung.
Das Bundesverfassungsgericht, das wegen übermäßig enger Tuchfühlung mit der Regierung in die Kritik geraten ist, hat im März Klagen auf Neuauszählung unter Verweis auf die vorrangige Zuständigkeit des erst jetzt gegründeten Ausschusses abgewiesen. Das Gericht urteilte zwar, dass eine Verfassungsbeschwerde möglich sei, wenn der Bundestag die Prüfung übermäßig verschleppe. Es äußerste sich aber nicht dazu, wie viel Zeit sich der Bundestag lassen könne. Damit lässt das Gericht der Bundestagsmehrheit alle Möglichkeit, das Verfahren so lange zu verschleppen, dass eine etwaige Neuauszählung mit gutem Ausgang für das BSW keinen nennenswerten Einfluss auf die aktuelle Legislaturperiode haben wird.
Am 27. Juni, kurz bevor sich der Bundestag in die lange Sommerpause verabschiedet, hat er endlich den Wahlprüfungsausschuss gewählt. Ihm gehören drei Abgeordnete der Union, je zwei von SPD und AfD und je einer von Grünen und Linken an. Außer vielleicht der AfD haben alle Fraktionen ein starkes Eigeninteresse daran, BSW draußen zu halten oder mindestens die Entscheidung lange zu verzögern.
Wie um das zu betonen, hat der Auschussvorsitzende von der SPD deutlich gemacht, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bundestagswahlergebnisses keine Priorität für den Bundestag besitzt. Erst einmal will man sich mit Einsprüchen gegen die Europawahl vom 9. Juni 2024 befassen, zu der der Wahlprüfungsausschuss der vergangenen Wahlperiode – aus welchen Gründen auch immer – keine Beschlussempfehlung abgeben mochte.
Ob man ein System als funktionierende Demokratie bezeichnen kann, in dem es für die Regierungsmehrheit im Parlament derart leicht ist, die Neuauszählung einer von Auszählungsfehlern durchzogenen Wahl mit sehr knappem Ausgang zu verhindern oder massiv zu verzögern, wenn davon sogar die Mehrheit der Regierung abhängt, ist zumindest fraglich.
Transparenzhinweis: Der Autor ist BSW-Mitglied.
Quelle:https://norberthaering.de/news/bundestag-verschleppt-wahlpruefung-auf-dreist-undemokratische-weise/