Nachrichtenunterdrückung im Monat März 2017

Beitrag von Jens Köhler
In unseren und auch in den externen Programmbeschwerden, die bei vermuteten Programmverstößen regelmäßig an ARD, ZDF und DLF gesendet werden, wird des Öfteren bemängelt, dass wichtige Kontextinformationen unterschlagen werden, sodass das Publikum mangels vollständiger Informationen Geschehnisse nicht realitätsgetreu einordnen kann.
Auch das komplette Vorenthalten wichtiger, nachrichtenwerter Informationen gibt Anlass für Beschwerden. Über die Gründe der Unterdrückung von Nachrichten möchten wir nicht spekulieren, jedoch bleibt festzuhalten, dass die Rundfunkstaatsverträge die Sender verpflichten, die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen und einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben.
Aus unserer Sicht wurden folgende Informationen in den Haupt-Nachrichtenformaten von ARD und ZDF, wie z. B. Tagesschau um 20 Uhr und heute-Journal um 19 Uhr, im Monat März 2017 unterschlagen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Gesamter Monat März 2017
Blockade der Filialen russischer Banken durch ukrainische Extremisten
Ukrainische nationalistische Extremisten haben in mehreren Städten der Ukraine die Filialen russischer Banken zuerst einige Tage blockiert, dann die Eingänge der Filialen zugemauert und die Fassaden mit Farbe und Russland-feindlichen Parolen beschmiert. Die ukrainische Polizei unternahm nichts. Der ganze Vorgang zeigt das weitere Erstarken der ukrainischen nationalistischen Extremisten und ist anderseits für die ukrainische Wirtschaft ein zusätzliches Problem. Allein die russische Sberbank führt 37.000 Konten mittelständischer Unternehmen in der Ukraine. Anstelle eines staatlichen Eingreifens wurde auch auf offizieller Ebene auf die Linie der Extremisten eingeschwenkt: Die ukrainische Nationalbank verhängte Sanktionen gegen Tochterstrukturen russischer Banken in der Ukraine. Die Sanktionen haben keinen wesentlichen Einfluss auf die jeweiligen russischen Mutterbanken, können jedoch zu Instabilität im ukrainischen Bankensystem selbst führen.
Erste Hälfte des Monats März 2017
Krieg in Mossul
Internationale NGO’s berichteten schon Anfang März von katastrophalen Zuständen für die Zivilbevölkerung in Mossul. Sowohl hinsichtlich des Schutzes von Zivilisten vor Luftangriffen, als auch vor Übergriffen durch den IS, bezüglich der Versorgung mit Nahrung und Trinkwasser und medizinischer Hilfe. Erst in den letzten Märztagen gab es einige wenige kurze Berichte dazu auch bei ARD und ZDF. Berichtet wurde über zivile Opfer bei Luftangriffen der US-amerikanisch geführten Militärkoalition.
19.03.2017
dpa-AFX: Wegen der zugespitzten Lage im Kriegsgebiet Donbass verzögert sich die Auszahlung eines IWF-Teilkredits an die Ukraine
Der IWF kündigte am 13.03.2017 in Washington an, ein Treffen des IWF-Verwaltungsrates zu der Auszahlung in Höhe von einer Milliarde US-Dollar zu verschieben. Zunächst sollten die „Auswirkungen der aktuellen Entwicklungen“ auf das Hilfsprogramm geprüft werden.
22.03.2017
Entscheidung des ukrainischen „Sicherheitsdienstes“ zu Einreiseverbot für Julia Samojlowa
Gegen die russische Sängerin Julia Samojlowa wurde ein 3-jähriges Einreiseverbot verhängt. Die Sängerin wollte für Russland am Eurovision Song Contest in Kiew teilnehmen. Die körperlich behinderte Sängerin wurde zur Bedrohung für die nationale Sicherheit der Ukraine erklärt, da sie in der Vergangenheit bei einem Auftritt auf der Krim gesungen hatte.
22.03. und 23.03.2017
Besuch von Parlamentariern einiger westeuropäischer Länder in Aleppo
Einige Parlamentarier westeuropäischer Länder besuchten Aleppo und informierten sich unter anderem über die humanitäre Lage der Zivilbevölkerung.
28.03.2017
Verteidigungsbudget der Russischen Föderation für 2017 sinkt um 25%
Russische Quellen gaben bekannt, dass das Verteidigungsbudget des Landes für 2017 stark reduziert wird auf 48 Mrd. US-Dollar und damit 25% geringer sein wird als 2016. Dies wäre auf jeden Fall eine Nachricht bei ARD und ZDF wert gewesen, da auf diesen Sendern in den vergangenen Jahren kontinuierlich eine russische Bedrohung herbeigeredet wurde und politisch unerfahrene Zuschauer wohl schon schlaflose Nächte hatten, da sie befürchten mussten, dass am nächsten Morgen der Russe vor der Tür steht. Stattdessen wird im deutschen Mainstream das Bedrohungsszenario aufrecht erhalten als Teil der allgemeinen NATO-Aufrüstungspropaganda.
28.03. und 29.03.2017
Gewaltsame Zusammenstöße bei Protesten in Paris
Tausende Angehörige der chinesischen Minderheit in Paris protestierten zunächst friedlich am Platz der Republik wegen der angeblichen Tötung eines 56-jährigen Chinesen durch die Polizei. Es kam zu heftigen Zusammenstößen mit der Polizei.
29.03.2017 und 30.03.2017
Syrische Regierung und syrische „Rebellen“ einigten sich auf Evakuierung von Vororten von Damaskus
Die syrische Regierung und syrische „Rebellen“ haben sich auf die Evakuierung von 2 Vororten von Damaskus geeinigt (laut DLF vom 29.03.2017, 06:00 Uhr). Am 30.03.2017 war im russischen Fernsehen zu sehen, wie diese „Rebellen“ mit ihren Maschinengewehren und ihren Familien in Busse einstiegen, überwacht von syrischem und russischem Militär.
30.03.2017
Forum „Arktis – Territorium des Dialogs“ in Archangelsk
In Archangelsk (Nordwest-Russland) fand ein Treffen hochrangiger Vertreter der Arktis-Anrainer-Staaten statt. Unter anderem nahmen die Präsidenten Finnlands, Islands und Russlands teil.
Fortgesetzte Nachrichtenunterdrückung (hier aus dem Blog-Beitrag zum Vormonat):
Völkerrechtswidriger Krieg im Jemen dauert an
Der völkerrechtswidrige Krieg im Jemen dauerte im Februar und März weiter an. Inzwischen leiden laut einem UN-Bericht mehr als 7 Millionen Menschen dort an Hunger. Die saudisch-amerikanische Koalition mit aktiver Unterstützung Großbritanniens bombardierte Anfang Februar den Flughafen und den Seehafen der Stadt Hodeida am Roten Meer, worüber von Hilfsorganisationen bisher Hilfslieferungen erfolgten. Dies führt im Zusammenhang mit einer Seeblockade durch saudische Kriegsschiffe zu einer weiteren Verschlechterung der humanitären Lage im Jemen. Im übrigen lieferte Großbritannien 2016 Waffen im Wert von 3,6 Mrd. britischen Pfund nach Saudi-Arabien.
Fortgesetzte Nachrichtenunterdrückung (hier aus dem Blog-Beitrag zum Vormonat):
Blockade der Eisenbahnverbindungen aus dem ostukrainischen Donbass in die Ukraine
Infolge einer mehrere Wochen anhaltenden Blockade der Eisenbahnverbindungen aus dem Donbass in die Ukraine durch ukrainische rechtsnationalistische Extremisten kam es zu einem Ausfall der Kohle-Versorgung von Metallurgiebetrieben auf ukrainischem Gebiet. Hier handelt es sich offenbar um einen Konkurrenzkampf ukrainischer „Oligarchen“, ausgeführt von „Freiwilligen“ welche meinen, gegen den Donbass zu kämpfen. Die Regierung in Kiew versuchte vergeblich, die Blockade zu beenden. Die Tragweite wird erkennbar daran, dass die metallurgische Industrie ca. 25% der staatlichen ukrainischen Steuereinnahmen ausmacht. Und dass die Ukraine nun mehr Kohle aus Russland kauft, nachdem die Ukraine zuvor versuchte, ein Wirtschaftsembargo gegen Russland zu etablieren und somit sämtliche traditionelle Handelsbeziehungen abzubrechen.