Aus der Rubrik „Externe Beschwerden“
Ein Highlight der besonderen Art wurde uns neulich vom geschätzten Mitstreiter und ehemaligen ARD-Redakteur Volker Bräutigam präsentiert. Aus seinem wortgewaltig und emotional vorgetragenem Beschwerdepamphlet sprüht gerechter Zorn auf die Behandlung der Rezipienten durch ihr Personal. Dieser Zorn wird vermutlich nur übertroffen von der Lethargie und Ignoranz vieler Fernsehzuschauer, die offenbar weder gestört noch aufgerüttelt werden durch die Merkwürdigkeiten, die ihnen von „gelernten“ Journalisten oder Nachrichtenablesern mit honorigem Stiftungshintergrund tagtäglich dargeboten werden.
Ich will hoffen, dass für die vier Monate Reaktionszeit auf seinen Zuschauerprotest gegen „desinfomatorische und agitatorische Fehlleistungen der Tagesschau“ nicht die Publikumskonferenz verantwortlich ist, die ja bekanntlich mit Ihren Beschwerden den gesamten Betrieb innerhalb des WDR lahmlegt.
Demonstrative Zuschauerverachtung nennt Herr Bräutigam die Tendenz, Beschwerden solange zu verschleppen, bis sich keiner mehr an den ursprünglichen Beschwerdegegenstand erinnert und in der Zwischenzeit hunderte von neuen Sauherden durch die deutschen Medien-Dörfer getrieben werden.
Seit nunmehr acht Monaten hat das geschätzte Publikum der deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Möglichkeit Programmbeschwerden zur weiteren Behandlung an die Ständige Publikumskonferenz zu senden. Wir sorgen nicht nur dafür, dass die jeweiligen Anliegen nicht mit textbausteinlastigen Standardschreiben aus den Zuschauerredaktionen beantwortet werden, sondern nebenbei auch dafür, dass der jeweilige Intendant auf Unzulänglichkeit in seinem Hause hingewiesen wird. Beschwerden, die inhaltlich dazu geeignet sind, den formalen Weg bis in die Gremien der Rundfunkanstalten zu beschreiten, wurden von unserem Team aufbereitet, nachrecherchiert und in einen Zustand gebracht, die den formalen Anforderungen der Sendeanstalten für formale Beschwerden genügen. Viel Zeit wurde damit verbracht, Texte zu übersetzen, Originalquellen zu sichten und auszuwerten sowie den Kontakt zu Experten und direkt Betroffenen herzustellen.
Die öffentliche Dokumentation der formalen Beschwerdeverfahren, samt der Antworten der Programmverantwortlichen und der „Antworten auf die Antworten“ bis hin zur Befassung in den jeweiligen Gremien diente insbesondere der Veranschaulichung des Selbstverständnisses der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Zusammenspiel mit den Damen und Herren Rundfunk- und Fernsehräte.
Denn, wie Herr Bräutigam in seinem zornigen Brandbrief trefflich formulierte, es sind die Gremien der Rundfunkanstalten, die neben den jeweiligen Intendanten zuständig für Programm-und Redaktionsfehlleistungen sind und von unseren Volksvertretern in den Ländern zu dem Zweck ernannt wurden, im Auftrag und als „Anwälte des Publikums“ einen Kontrollauftrag wahrzunehmen.
Ein Interview mit Herrn Bräutigam
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