Projekt: Öffentliche formale Programmbeschwerde – Part 2

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Ziemlich beste Feinde – Deutsche Medien und die Griechen

Die kampagnenartigen Berichterstattungen über „Hemd-aus-der-Hose-Varoufakis“ und seine Regierungsmannschaft innerhalb der Genres Tendenz, übler Geschmack und beitragsfinanzierter Schmuddel-Talk sind Ausdruck der oft beklagten Gleichschaltung unserer Leitmedien.

In Griechenland herrscht eine, für europäische Verhältnisse, außerordentlich prekäre Situation. Der Zustand, in den das Land von gewissenlosen und korrupten Figuren (lange vor Syriza und Varoufakis) manövriert wurde, kann guten Gewissens als humanitäre Katastrophe bezeichnet werden.
Die Obdachlosigkeit ist dramatisch angestiegen, 3 Millionen Menschen haben keine Krankenversicherung, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 50 %, die Sozialleistungen wurden drastisch gekürzt, die einfache Bevölkerung wird enteignet und entrechtet. Die Suizidrate steigt. Das verfügbare Haushaltseinkommen der Griechen ist um ein Drittel gesunken.

Wie weit muss sich das griechische Volk noch auszehren und erniedrigen lassen, bevor die üppig steuer- und beitragsfinanzierten Technokraten und Schlips- und Hosenanzugträger in Parlamenten und Medienanstalten inne halten und sich für die zutiefst inhumanen und anmaßenden Anweisungen von den zu machenden „Hausaufgaben“ in Grund und Boden schämen?

Innerhalb der Tagesschau vom 09.04.2015 verkündete der Moderator:

„Athen hat fristgerecht die Summe von 450 Mill. € an den IWF zurück gezahlt. Der IWF hat den Eingang der Zahlung bestätigt.“

Positive Nachrichten verkaufen sich schlecht und dass sich ausgerechnet Griechenland genau an seine vertraglichen Vereinbarungen hält, könnte offenbar nach Meinung der Tagesschau-Redaktion das durch entsprechende Hiobsbotschaften „aufgeklärte“ Publikum verstören. Die Bestätigung der frohen Botschaft durch den IWF ist sicherheitshalber zu erwähnen, zu unglaublich ist diese Meldung! Griechenland konnte sich tatsächlich am Finanzmarkt reichlich eine Mrd. Euro besorgen und musste für die kurzlaufenden Staatspapiere nur knapp 3 % Zinsen bieten. Die Griechen haben also bis dato auf Punkt und Komma alles getan, um die fälligen Zahlungen pünktlich zu leisten und den Kollektivmobbern in Medien und Politik gezeigt, dass sie verlässliche Partner sind.

Positivmeldungen wie diese sind natürlich nicht dazu geeignet, das Publikum auch weiterhin in seiner skeptischen Haltung gegenüber den „faulen Griechen“ zu bestärken. Es muss dringend eine Relativierung her. Wie sonst will man unter diesen Umständen im ARD-DeutschlandTrend „vernünftige“ Votings erzielen? Aus diesem Grund lässt die Redaktion den Moderator in weiser Voraussicht die Blindmeldung hinzufügen:

„Griechenland droht allerdings in der nächsten Zeit das Geld auszugehen. Wann genau das ist, ist unklar.“

Soviel, so unklar. Es wird also eine Meldung, die per se eine sehr positive für uns alle ist, ohne Not zur Negativmeldung aufgeblasen. Ein Adverb, welches eigens dafür erfunden wurde, eine gewisse Einschränkung auszudrücken, genügt nicht. Der nicht näher definierte Zeitraum, „in der nächsten Zeit“, wird im letzten Satz noch in einer Weise konkretisiert, die den Charakter eines lupenreinen Verlautbarungsjournalismus offenbart.

Die offensichtliche politische Manipulation, die aus der Berichterstattung der tradierten Medien offen und vollkommen schmerzfrei zu Tage tritt, richtet sich eindeutig gegen den Hoffnungsträger der Griechen, die demokratisch gewählte Partei Syriza. Sozial und emotional reduzierte Berichterstattungen, wie sie derzeit gerade in der Griechenlandberichterstattung an der Tagesordnung sind, zeigen Wirkung innerhalb der öffentlichen Meinung, wie man unschwer in den Kommentarspalten, diversen Umfrageergebnissen oder auch an solch unfassbaren Aktionen von Opfern publizistischer Blindleistungen sehen kann.

Wirtschaftsjournalist Norbert Haering, der bereits seit geraumer Zeit an den Kampagnen deutscher Medien gegen unser europäisches Nachbarland Griechenland verzweifelt, schrieb bereits Anfang des Jahres in seinem Blog:

In was für einer Mediendemokratie leben wir hier eigentlich? Wo haben die Journalisten von links bis rechts nur ihr Hirn und ihre Ehre, dass sie ohne nachzudenken, diese von oben in Umlauf gebrachten Parolen voneinander abschreiben? Ich schäme mich für meine Branche.

Update:
Griechenland braucht Reformen – und unsere europäischen Partner einen neuen Ansatz.
Von Yanis Varoufakis
Veröffentlicht am 27.04.2015

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