Campact startet Testballon für Syrienpetition

Campact bewegt Politik!
Campact hat den Anspruch eine lebendige Demokratie zu fördern. 20 bundesweite Kampagnen hat Campact allein im vergangenen Jahr gestartet. Für den Schutz des Saatguts, die Sicherung kommunaler Wasserversorgung und den Stopp von Fracking. Campact stritt für die Energiewende und gegen die ausufernde Agrarindustrie, für den bundesweiten Volksentscheid und gegen Massenüberwachung. Mit ihrer großartigen Initiative gegen das Freihandelsabkommen TTIP hat Campact Millionen Menschen erreicht, aufgeklärt und sensibilisiert. Campact hat in diesem Jahr in 7 Städten 320.000 Menschen gegen CETA und TTIP auf die Straße gebracht, die NGO organisiert Aktionen gegen Massentierhaltung, für die Einführung einer Spekulationssteuer, gegen Steuergeschenke für Monsanto und Co. und gibt auf ihrer Petitionsplattform Otto-Normalverbraucher Raum für sein Anliegen. Wie viele kritische Initiativen und alternative Medien haben auch wir die Arbeit von Campact durch Hinweise, Verlinkung oder auch durch tatkräftige Unterstützung vor Ort zumeist unkritisch und mit großem Engagement begleitet.
Nun häufen sich Hinweise, dass Campact eine NGO im Wartestand sein könnte, die angesichts der erfolgreichen Aktivierung großer Menschenmengen und ihrem Image als glaubwürdige und fortschrittliche Organisation zur Mobilisierung für eine Konfrontation gegen Russland genutzt werden könnte.
Bereits seit einiger Zeit fällt in der Rhetorik und im Demo-Management die einseitig parteiergreifende Positionierung der NGO Campact unangenehm auf. Sei es durch Reglementierung der freien Meinungsäußerung auf Demonstrationen, durch Ausgrenzung russischer Medien innerhalb der Berichterstattung über die bundesweiten Campact-Aktionen und nicht zuletzt durch grenzwertige Äußerungen über die von transatlantisch gebrieften Kräften ohnehin geschasste deutsche Friedensbewegung. Der Verdacht, dass sich eventuell neoliberale Akteure ihre eigene Opposition organisieren und in einem Bereich halten, der ihren Hauptinteressen nicht gefährlich wird, kommt nicht von ungefähr, wenn man sich darüber im Klaren ist, welchen Schaden diverse NGOs unter dem Deckmäntelchen der Demokratieförderung in einigen Ländern angerichtet haben und auch weiterhin anrichten. Professionelle Foundrising-Maschinerien, großzügige „uneigennützige“ Spender und eine ordentliche Portion Propaganda können nachweislich unliebsame Regierungen, (natürlich) in anderen Ländern in Bedrängnis bringen und ganze Regionen ins Chaos stürzen.
Vor dem Start neuer Kampagnenthemen befragt Campact in der Regel mindestens 2.000 zufällig ausgewählte Campact-Aktive per Online-Umfrage. Aktuell kursiert eine grenzwertige Umfrage zu einer neuen Kampagne, deren Ziel es offenbar sein soll, die Bundesregierung aufzufordern, eine Initiative zur Aushebelung des UNO-Sicherheitsrats zu unterstützen. Dies sei nötig, weil „die Vereinten Nationen von Russland blockiert und erpresst“ würden.
Ein personalisierter Link im Text führt zu einer Umfrage, bei der die Angeschriebenen angeben können, ob Sie die Kampagne begrüßen würden.
Nachricht von Campact:
Betreff: Aleppo: Wie wir das Morden beenden können
Hallo …..,
aus Aleppo erreichen uns seit Wochen apokalyptische Bilder. Ganze Stadtviertel sind zermalmt, die Straßen mit Schutt und Staub bedeckt, Schulen und Krankenhäuser zerstört. Die 250.000 in Ost-Aleppo ausharrenden Zivilisten sind den Bomben schutzlos ausgeliefert. Durch die Belagerung gibt es nicht genug Medikamente, um die Überlebenden der Angriffe zu versorgen, die Lebensmittel werden knapp. Und was tut die Weltgemeinschaft?
Vier der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates werfen Bomben auf Syrien ab – an seiner eigentlichen Aufgabe ist der Weltsicherheitsrat gescheitert: Endlich für Frieden zu sorgen. Denn bislang wurde jede verbindliche UN-Resolution für ein Ende der Gewalt von Russland abgelehnt – der Sicherheitsrat ist blockiert!
Um das Bomben endlich zu stoppen, ruft nun der UN-Generalsekretär zu einem ungewöhnlichen Schritt auf: Wenn die Hälfte aller 193 Mitglieder der UN zustimmen (1), könnte eine Notfallsitzung der UN-Hauptversammlung zusammenkommen. Sie könnte die Blockade überwinden und eine wirksame Resolution für eine Beendigung der militärischen Gewalt beschließen!
Wir überlegen deshalb, einen Online-Appell an Bundesaußenminister Steinmeier zu starten, damit Deutschland die Initiative des UN-Generalsekretärs unterstützt. Unter den mehr als 1,8 Millionen Campact-Aktiven haben wir Sie und 4.999 weitere zufällig ausgewählt, um Sie nach Ihrer Meinung zu fragen. Ob wir die Aktion starten, hängt auch von Ihrer Rückmeldung ab. Eine Antwort dauert weniger als eine Minute. Bitte sagen Sie uns bis heute Abend Ihre Meinung! (Link zu Umfrage bei app.lamapoll.de)
Bisher haben die Vereinten Nationen in Syrien versagt: Rund eine Million Menschen werden in belagerten Ortschaften ausgehungert, jeden Tag werden international geächtete Fassbomben eingesetzt und weiterhin verübt das Assad-Regime Kriegsverbrechen mit chemischen Waffen. Doch seit fünf Jahren verhindert das mit Assad verbündete Russland mit seinem Vetorecht im Weltsicherheitsrat eine verbindliche UN-Resolution zu Syrien. Die Weltgemeinschaft droht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.
Weil der UN-Sicherheitsrat seine Pflicht nicht erfüllt, für Frieden und Sicherheit zu sorgen, hat UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon die Mitgliedstaaten aufgerufen, eine Notfallsitzung der UN-Hauptversammlung herbeizuführen. Doch Russland will eine solche Sondersitzung verhindern und baut Druck auf viele UN-Mitglieder auf. Wenn sich die Vereinten Nationen weiter von Russland blockieren und erpressen lassen, werden sie in Syrien endgültig bedeutungslos. Die dramatische Situation in Aleppo lässt kein Zögern mehr zu – Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) muss jetzt Druck machen: Deutschland kann seine guten diplomatischen Beziehungen in der ganzen Welt nutzen, damit die Lähmung der Vereinten Nationen überwunden wird. Denn der Konflikt in Syrien kann nur mit diplomatischen Mitteln gelöst werden. Bitte sagen Sie uns bis heute Abend Ihre Meinung!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Campact-Team
Entweder die „gemeinnützig“ tätigen Verfasser sind sich weder der selektiven Erfassung, noch der politischen Tragweite ihres Pamphlets im Klaren oder sie handeln im Interesse Dritter. Vergessen, oder den Verfassern unbekannt, sind offenbar Beginn, Anlass und Auslöser des Syrienkonfliktes und der unilateral hegemonialen Politik der US-Regierung und ihrer jeweils „willigen“ NATO-Partner die seit 2001 den Nahen Osten verheeren und in Schutt und Asche bomben. Klar ist jedoch: Dieser Text bereitet das „Meinungsmanagement“ für eine „Flugverbotszone“. Was das bedeutet, kann sich jeder, der noch halbwegs seine fünf Sinne beeinander hat und über ein Erinnerungsvermögen verfügt, welches bis zu den monströsen Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung in Libyen durch die Interventionsmächte Frankreich, Großbritannien und USA reicht, welche sich eben nicht an das UN-Mandat aus Resolution 1973 hielten, wonach die Zivilbevölkerung zu schützen und eine „sofortige Waffenruhe“ herbeizuführen wäre. Die Intervention richtete sich seinerzeit einseitig gegen das Regime in Tripolis und unterstützte die Kampftätigkeit der Rebellen. Allein im Zeitraum vom 31. März bis zum 24. Juni wurden 12.500 (!) Einsätze geflogen, darunter 4.700 Kampfangriffe. Sie machten auch vor zivilen Einrichtungen (Infrastruktur, Kraftwerke, Wohnhäuser) nicht Halt und forderten zahlreiche Opfer unter der Zivilbevölkerung.
Der Grundsatz von Campact ist laut Eigenbeschreibung gesetzt: “Internationale Konflikte müssen friedlich und im Rahmen des Völkerrechts gelöst werden. Wir streiten für eine deutsche Außenpolitik, die sich an der Verwirklichung der in der UN-Charta festgeschriebenen universellen Menschenrechte statt an kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen orientiert. Unsere Vision ist eine Welt, in der die Stärke des Rechts an die Stelle des Recht des Stärkeren tritt. Dabei sind wir weder anti-amerikanisch noch anti-russisch und nicht anfällig für Propaganda jedweder Seite.“
Nur um klar zu stellen, von welchen universellen Menschenrechten bei diesem Statement die Rede ist, sei hier die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zur Einsicht angeboten. Und da es laut dieses Pamphletes notwendig ist, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern, verwundert es sehr, dass ausgerechnet die Nationen im bellizistischen Focus der Demokratiebewegten von Campact liegen, deren Agieren auf dem Territorium der Syrischen Arabischen Republik klar mit dem Völkerecht vereinbar ist – nämlich Syrien selbst und Russland. Die komplette Kriegsmaschinerie der westlichen Hegemonialmächte ist illegal über Syrien unterwegs und begeht Kriegsverbrechen entgegen der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte.
Dass Campact sehr wohl anfällig für die Propaganda „einer Seite“ ist, zeigt unter anderem ein Schreiben, welches als Antwort auf einen friedenspolitischen Kampagnenvorschlag formuliert wurde. Ein Bürger äußerte folgende Bitte: „(…)fordert die Bundesregierung auf, ihr „Engagement“ an der russischen Grenze zu überdenken, bzw. sich von dort zurückzuziehen. Es wurde in diesem Zusammenhang schon mehrfach von einem neuen „Kalten Krieg“ gesprochen, falls dieser heiß werden sollte, wird dies hier passieren und nicht in den USA, welche maßgeblich für die derzeitige aufkeimende Eskalation verantwortlich sind.“
Die Antwort von Campact hätte deutlicher nicht ausfallen können – klar auf Nato-Linie und die komplette Leier der bekannten und in Folge der jahrelangen politisch und medialen Indoktrination gegen „Putins Russland“ angereicherten Feindpropaganda als Zugabe: „(…)Aber leider ist Putins Russland ein korrupter Mafiastaat. Um von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken versucht Putin außenpolitisch den starken Mann zu spielen. Die russische Politik in Syrien ist eine absolute Katastrophe. Putin trägt große Mitschuld an dem Blutvergießen dort. Putin unterstützt rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien im Westen. Und er versucht, bei uns Kriegsängste zu schüren, damit die berechtigten Sanktionen gegen Russland wieder aufgehoben werden. Darauf sollten wir nicht herein fallen! Niemand in der NATO ist so dumm einen Atomkrieg mit Russland zu riskieren.“
Campact wurde wegen Förderung der Volks- und Berufsbildung sowie der Studentenhilfe, allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens, Förderung des bürgerschaftlichen Engagements laut letztem zugegangenen Freistellungsbescheid des Finanzamtes für Körperschaften I Berlin (StNr. 27/662/54794) vom 05.04.2016 als gemeinnützig anerkannt. Die Politik, welche Campact mit bellizistischen Spinning und anderen grenzwertigen Verhaltensweisen praktiziert, ist nicht dazu geeignet das demokratische Staatswesen oder gar die Volksbildung zu fördern. Campact – oder zumindest führende Mitglieder der NGO betreiben offensichtlich mit Hilfe der spendenfinanzierten riesigen Plattform und dem mehrfach getesteten Protestpotential seiner Anhänger Lobbypolitik im Interesse der Warlords.
Es bleibt zu hoffen, dass der Testballon gegen die Interessen Syriens am Boden bleibt oder zerplatzt.
Grundsätzlich ist das Eingreifen in die inneren Angelegenheiten eines Staates nach Art. 2 Ziff. 7 der UN-Charta unzulässig, da jeder Staat das Recht hat, sein politisches, wirtschaftliches, soziales und kulturelles System frei zu wählen. (Die Androhung und Anwendung von Gewalt in den internationalen Beziehungen ist nach Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta verboten.) Dieses Recht ist prinzipiell unantastbar.
(1) http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/vergesst-den-un-sicherheitsrat-1675/