Ein neues Phänomen und drei Beschwerden

Beitragsbild: Ukrainische Hools mit einschlägigem Körperschmuck
Die merkwürdige Vorliebe öffentlich-rechtlicher Anstalten für russische Hooligans
Man könnte meinen, der Hooliganismus wäre eine gute alte russische Erfindung wie der Samowar, die Kalaschnikow oder die Matrjoschka. Die deutschen Ausschreitungen in Lille mit Hitlergrüßen und Reichskriegsflaggen verkamen zur Randnotiz und marodierende Engländer wurden gar als unschuldige Opfer verbrämt.
Zu groß ist die Verlockung, wenn man den Russen, der ja ständig irgendwie Ärger macht, auch während der politikfreien Zeit so richtig dran kriegen kann. Die Vermutung von öffentlichem Interesse oder gar Relevanz geht – wie so oft – bei Programmentscheidungen innerhalb der Berichterstattung von ARD und ZDF fehl. Während die Brot-und-Spiele-Verantwortlichen über die EM berichteten, protestierten in den letzten Tagen auf den Pariser Straßen und Plätzen mehr als zwei Millionen Franzosen gegen ihre Regierung und deren neoliberale Arbeitsmarktreformen, die auf undemokratische Weise am Parlament vorbei verabschiedet wurden. Das deutsche Publikum erfährt davon nur fragmentartig. Berichte über russische Hooligans und Sanktionen sowie Schmähungen jeglicher Art gegen Russland sind wichtiger.
Selbstverständlich sind Hooliganausschreitungen verstörend, egal wo sie stattfinden und welcher Nationalität die testosterongesteuerten Krawallos angehören. Natürlich gibt es auch in Russland eine ähnliche Szene, wie in Kroatien, Deutschland oder England, dem Mutterland des Hooliganismus.
Dass den russischen Hooligans allerdings (insbesondere von ARD und ZDF) mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, als dem Rest der am Sport uninteressierten Nahkämpfer, passt wie die Faust auf’s Auge zum grassierenden Russland-Bashing. Ob russische Politiker, Sänger, Altenpfleger, Soldaten, Journalisten oder Sportler – sie alle unterliegen einem gewissen Generalverdacht seitens des deutschen Qualitätsjournalismus. Preisfrage: Ist das nun staatsvertragswidrige Fremdenfeindlichkeit, hirnlose rassistische Stereotype oder simple Auftragslage von den üblichen Verdächtigen in Sachen Welt-Vorherrschaft? Umsonst schickt man die Anchormen and -women nicht in die USA zur „Schulung“. Das Ziel der konzertierten Aktionen ist offensichtlich die komplette Isolation Russlands an allen erdenklichen Fronten – sei es Wirtschaft, Politik, internationale Beziehungen, Kultur und natürlich besonders breitenwirksam – im Sport. Das Nahziel, der Ausschluss von Olympia, wurde auf ziemlich fragwürdige Weise erreicht – die nächste Etappe ist der Entzug der Fußball-WM 2018. Es bleibt zu hoffen, dass die Anzahl der Bürger wächst, die sich gegen die grassierende mediale Verdummungsmasche zu Lasten einer Nation, mit der uns mehr verbindet als trennt, auflehnt. Gründe dafür gibt es genug – der wohl simpelste heißt: Anstand.
Programmbeschwerde:
Unwahre Tatsachenbehauptung im ZDF heute-journal vom 17.06.2016
Im ZDF heute-journal vom 17.06.2016 behauptete Katrin Eigendorf während einer Schalte aus Moskau, der russische Staat stehe hinter den Hooligans, die sich während der EM unter anderem Prügeleien mit Engländern geliefert hatten.
Zitat Eigendorf:
Hier steht ja der Staat dahinter, hier handelt es sich um ein staatliches System […] um einen Staat, der rechtfertigt, dass seine Hooligans in Europa für Unordnung und Unfrieden suchen – sorgen, das ist – glaube ich – hier der springende Unterschied zu anderen Ländern und das ist auch das, was Russland ganz besonders an den Pranger stellt und wenn man sich die Reaktion der russischen Regierung anschaut, die das alles ja noch rechtfertigt, ist es nicht erstaunlich.
Es wäre interessant zu wissen, auf welche konkreten Quellen sich Katrin Eigendorfs Behauptung stützt.
Vom russischen Sportminister Mutko jedenfalls kommt eine gegenteilige Verlautbarung. Der Sportminister („der Staat“) bezeichnete die Hools als Schande und sah sich zudem zu einer Rüge veranlasst: „Es gibt Leute, die nicht wegen des Fußballs kommen. Sie sehen sich als Helden in ihrer Gruppe. Sie glauben, dass unser Land mit 140 Millionen Bürgern hinter ihnen steht, das Gastgeberland der WM 2018. Doch solche Leute bringen Schande über unser Land und finden das auch noch in Ordnung.“
Die russische Führung verurteilte die Ausschreitungen von Fans bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich als „völlig inakzeptabel“. Kremlsprecher Dmitri Peskow rief die russischen Fußballtouristen auf, sich strikt an geltende Gesetze zu halten. „Man kann auch nur an unsere Fans appellieren, nicht auf Provokationen zu reagieren“, sagte er in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Er forderte zudem die russischen Sportfunktionäre dazu auf, mäßigend auf die Fans einwirken.
Wir ersuchen Sie hiermit um Prüfung der Beschwerde und um die Beibringung eindeutiger Quellen für die abenteuerlichen Behauptungen Ihrer Moskau-Korrespondentin Katrin Eigendorf.
ZDF-Staatsvertrag
(Siebzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) in Kraft seit 1. Januar 2016
§ 5
Gestaltung der Angebote
(1) In den Angeboten des ZDF soll ein objektiver Überblick über das Weltgeschehen, insbesondere ein
umfassendes Bild der deutschen Wirklichkeit vermittelt werden. Die Angebote sollen eine freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung fördern.
(2) Das ZDF hat in seinen Angeboten die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Es soll dazu
beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinung anderer zu stärken. Die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung sind zu achten.
(3) Das Geschehen in den einzelnen Ländern und die kulturelle Vielfalt Deutschlands sind angemessen in
den Angeboten des ZDF darzustellen. Die Angebote sollen dabei auch die Zusammengehörigkeit im vereinten Deutschland fördern sowie der gesamtgesellschaftlichen Integration in Frieden und Freiheit und der Verständigung unter den Völkern dienen und auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken.
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Programmbeschwerde:
Eingabe gegen den Atai-Beitrag – Russische Hooligans zeigen sich stolz nach Ausschreitungen – Tagesschau.de 15.6.2016
Ein besonders eindrucksvolles antirussisches Propagandastückchen hat sich die „Tagessschau“ wieder einmal von Frau Golineh Atai liefern lassen. Nach der Ukraine und Syrien hat sie nun auch die Fußball-EM in Frankreich als Kampfzone gegen Putin gewählt. Russland hat die bösen, der Westen die guten Hooligans. Das Muster ihrer Kriegsberichte kennen wir ja schon aus anderen Kampfgebieten. Auch ihr Stimmungsbericht über die Hooligans ist mit Strereotypen, Halbwahrheiten, Verzerrungen, manipulativer Einseitigkeit und Vorurteilen durchsetzt, wie wir es bei dieser Preisgekrönten längst gewohnt sind. Ersichtlich hat sie wesentliche Teile aus einem Spiegel-Artikel visuell umgesetzt.
Wir wollen uns in diesem Zusammenhang ausnahmsweise nur auf den letzten Teil des Beitrages beziehen. Dort heisst es : „Fan-Vertreter Alexander Schprygin sitzt auch im Organisationskomitee der WM 18 „ (die Kamera schwenkt dabei ein Foto, das ihn zusammen mit Putin zeigt) „Er ist bekannt für rassistische Äußerungen“ – dazu noch ein Foto mit Putin und schließlich ein weiteres älteres von Schprygin mit Hitlergruß – ..“er sei kein Nazi, aber einer, der seine Heimat liebt“.
Dieser visuelle Foto-Bezug auf Putin erweckt wie selbstverständlich den Eindruck, es gebe eine enge ideelle Verbindung zwischen dem Ex-Hooligan Schprygin und Putin selbst. Diese Methode ist zutiefst perfide, weil sie signalisiert, die Hooligan-Ausschreitungen könnten von „ganz oben“ (so ein weiterer Bezug im Text) gedeckt, möglicherweise sogar initiiert worden sein.
Mit diesem Stück liefert die „Tagesschau“ erneut ein besonderen Beitrag zum 75. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion.
Wir sehen in dem Atai-Bericht und in der Entscheidung, diesen unseriösen Beitrag für die Tagesschau auszuwählen, einen Verstoß gegen die Programm-Richtlinien.
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Eingabe nach § 13 NDR-Staatsvertrag: Tagesschau sendet manipulierte Bilder
am 11. Juni 2016 sendete die „Tagesschau“ einen Filmausschnitt aus Marseille, der zeigte, wie ein auf einer Freitreppe stehender englischer Fußball-Fan von hinten mit einem Stuhl niedergeschlagen wird.
Dieser Ausschnitt war manipuliert. Weggeschnitten wurden die Sekunden zuvor, in denen der englische Fan auf derselben Treppe steht und mit seiner ausholenden Krücke als Waffe droht. Er gehört zweifellos zum Kreis der Aggressoren, auch erkennbar daran, dass andere Personen die Treppe unbeteiligt passieren.
Mit der herausgeschnittenen Vorlauf-Szene wird der englische Krückenmann zum unschuldigen Opfer stilisiert, die Tat seines – russischen (?) – Angreifers erscheint besonders verwerflich. Diese Fälschung steht im Kontext redaktioneller Versuche, die russischen Hooligans noch viel brutaler wirken zu lassen als ihre („guten“?) englischen Geistesverwandten und unsere „friedfertigeren“ deutschen Hooligan-Horden. Solche manipulativen Darstellungen ziehen sich durch die gesamte ARD-aktuell-Berichterstattung (und stehen im Gegensatz zu den wohltuend sachlichen und von nationalistischen Untertönen freien Berichten der deutschen Sportreporter bei der Fußball-EM).
ARD-aktuell manipuliert und verbreitet Informationen, um die Prügelorgien der russischen Fans als über das Übliche hinausgehende Abscheulichkeiten dazustellen, u.a. mit der Wirkung, dass die Gewalttaten der deutschen und englischen Hooligans als weniger übel erscheinen und die Aufmerksamkeit von ihnen abgelenkt wird. Mit objektiver Berichterstattung hat das nichts zu tun.
Dass die Manipulation vorsätzlich erfolgte, wird daran deutlich, dass ARD-aktuell sie bis heute gegenüber dem TV-Publikum nicht eingeräumt hat.