Fluchtgründe 34. KW

Fluchtgründe 34. KW

Quelle: Gruppe 22 – Informationszentrum Asyl und Migration
Fotoquelle: OpenPetition

Die selektive Anteilnahme des Publikums/der Bevölkerung an Tod, Zerstörung, Hunger, Elend, Vertreibung und Flucht korrelliert mit der selektiven Berichterstattung über die Konflikte dieser Welt. Welche subjektiven Entscheidungen in den Redaktionen zu Gunsten welcher Konfliktpartei gefällt werden, wie – und ob überhaupt berichtet wird und inwieweit man bereit ist, das Ansehen der kriegstreibenden Bündnispartner und/oder verbündeten Waffenkäufer zu beschmutzen, sei dahin gestellt. Die Welt steht am Abgrund und die Narren pflegen ihre Befindlichkeiten, während sich Millionen Menschen auf der Flucht befinden.

Afghanistan

Bewaffnete Auseinandersetzungen

Weiterhin kommt es zu Kampfhandlungen, Säuberungsaktionen, Luft- und Drohnenangriffen, Razzien der Sicherheitskräfte sowie Überfällen und Anschlägen der Aufständischen, bei denen teilweise auch Zivilisten getötet oder verletzt werden. Nach Presseberichten waren in der vergangenen Woche folgende Provinzen betroffen: Nangarhar, Kunar (Osten), Jawzjan (Norden, hier werden die Distriktszentren von Aqcha, Mardyan und Khaniqa von Aufständischen belagert), Faryab, Sar-i-Pul, Balkh (Norden), Kunduz (Nordosten), Helmand, Uruzgan, Zabul, Nimroz (Süden), Ghazni, Paktika, Paktia (Südosten), Parwan, Logar, Maidan Wardak (Zentrum) und Farah (Westen).

Anschläge und Übergriffe

Am 14.08.17 erschossen Unbekannte in der Provinz Ghor (Westen) drei Angestellte des Catholic Relief Service (CRS).
Am 15.08.17 starb in Kunduz (Nordosten) ein Mitarbeiter des afghanischen Geheimdienstes bei einem Selbstmordanschlag, vier Agenten wurden verletzt. Bei einem Bombenanschlag im Distrikt Chora der Provinz Uruzgan (Süden) kamen zwei Zivilisten ums Leben, acht erlitten Verletzungen. In der Provinz Sar-i-Pul wurden in zwei Massengräbern 40 Leichen gefunden, vermutlich Opfer von Aufständischen.
Die UN bestätigten inzwischen Berichte, wonach am 03.08.17 Kämpfer der Taliban und des IS gemeinsam ein Dorf in der Provinz Jawzjan (Norden) überfallen und dabei mindestens 36 Menschen getötet hätten. Mindestens 18 Opfer seien Zivilisten gewesen (vgl. BN v. 07.08.17).
Am 16.08.17 wurde in Nangarhar (Osten) ein Zivilist bei einem Raketenangriff der Taliban getötet, fünf weitere Personen wurden verletzt. Es handelte sich um Mitglieder einer Familie, die gerade an einer Beerdigung teilnahmen.
Am 17.08.17 starben in Helmand (Süden, im Distrikt Greshk) drei Zivilisten und drei Taliban bei einem Selbstmordanschlag.
Am 19.08.17 wurde bei einem Angriff auf ein Parlamentsmitglied in Parwan (Distrikt Bagram, Zentrum) dessen Leibwächter erschossen. In der Provinz Kunar (Osten) starben zwei Mädchen bei einem Mörserbeschuss der Taliban, acht Zivilisten wurden verletzt.

Jemen

Koalition unter Führung Saudi-Arabiens verantwortet Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser

Nach Presseberichten, die sich auf einen UN-Berichtsentwurf zu Kindern in bewaffneten Konflikten stützen, sollen im Jahr 2016 drei Viertel der Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser (38 von 52) von der Koalition ausgeführt worden sein. Diese bekämpft unter Führung Saudi-Arabiens schiitische Houthi-Rebellen und Anhänger des früheren Präsidenten Saleh. Der Bürgerkrieg habe im selben Zeitraum zudem 1.340 minderjährige Opfer gefordert, von denen 683 Angriffen der Koalition zugeordnet worden seien. Bereits ein Berichtsentwurf des Jahres 2016 habe ähnliche Ergebnisse enthalten, die vom damaligen UN-Generalsekretär Ban Ki-moon entfernt worden seien, nachdem Saudi-Arabien gedroht habe, die Finanzierung vieler UN-Programme einzustellen.
In Jemen herrscht seit September 2014 Bürgerkrieg. Im März 2015 begann der von Saudi-Arabien geführte Militäreinsatz zur Unterstützung der international anerkannten Regierung von Präsident Hadi. Neben Saudi-Arabien gehören der Koalition u. a. Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Marokko, Sudan und Senegal an. Logistische Unterstützung leisten die USA, Frankreich und Großbritannien.
Wegen des Krieges und der mit ihm verbundenen Engpässen bei der Wasserversorgung und der medizinischen Versorgung herrscht eine Cholera-Epidemie, die im bisherigen Verlauf des Jahres beinahe 2.000 Todesopfer forderte. Vermutlich etwa eine halbe Million Menschen sind infiziert.

Kenia

Odinga ficht Präsidentenwahl an

Der in den Präsidentenwahlen vom 08.08.17 unterlegene Raila Odinga focht am 18.08.17 das Wahlergebnis vor dem Obersten Gerichtshof an. Sein Lager geht u.a. davon aus, dass die Wahlcomputer zugunsten des Siegers Uhuru Kenyatta manipuliert wurden. Die meisten nationalen und internationalen Wahlbeobachter beurteilten die Wahl dagegen als frei und fair. Odingas Streikaufruf vom 13.08.17 an seine Anhänger folgten am 14.08.17 nur wenige seiner Anhänger.

Mali

17 Tote bei Angriffen auf UNO-Friedenstruppen

Bei zwei Angriffen auf Stützpunkte der UNO sind am 14.08.17 mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. Am Morgen des 14.08.17 starben vier Menschen bei einem Überfall auf einen UNO-Stützpunkt in Douentza. Am Abend desselben Tages überfielen Unbekannte ein UNO-Lager in Timbuktu, wie die Friedensmission MINUSMA mitteilte. Bei diesem Überfall und der anschließenden Verfolgung der Angreifer starben insgesamt 13 Menschen, unter ihnen fünf malische Wachposten, ein Polizist und ein Zivilist. Sieben Personen seien bei dem Überfall verletzt worden, unter ihnen UNO-Soldaten. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte die Attacken und betonte, dass Angriffe auf UNO-Friedenstruppen nach internationalem Recht als Kriegsverbrechen gelten könnten.

IStGH verurteilt Jihadist zu Reparationszahlungen für Zerstörungen

Für die Zerstörung von Weltkulturerbe in Timbuktu ist der inhaftierte Jihadist Al Mahdi vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zu einer Wiedergutmachung in Höhe von 2,7 Millionen Euro verurteilt worden. Diese Entscheidung gab der IStGH am 17.08.17 in Den Haag bekannt. Die Richter hatten Al Mahdi bereits im September 2016 für seine maßgebliche Rolle bei der Zerstörung Jahrhunderte alter religiöser Bauwerke in der Oasenstadt Timbuktu zu neun Jahren Haft verurteilt. Er hatte eingeräumt, die Angriffe geleitet zu haben und persönlich an der Zerstörung von fünf Monumenten beteiligt gewesen zu sein. Al Mahdi hatte als Mitglied der Islamistengruppe Ansar Dine, die 2012 etwa zehn Monate lang den Norden Malis kontrollierte, die sogenannte Sittenpolizei in Timbuktu angeführt. In dieser Funktion ordnete er die Zerstörung von neun Mausoleen sowie eines Teils der Sidi-Yahia-Moschee an, da die Verehrung Heiliger nach strenger islamischer Auslegung verboten ist. Mit dem Urteil gegen Al Mahdi im September 2016 ahndete der IStGH die Zerstörung von Kulturstätten erstmals als Kriegsverbrechen.

Lange Haftstrafe für früheren Polizeichef von Gao
Aliou Mahmar Touré, während der Herrschaft dschihadistischer Gruppen im Norden des Landes Polizeichef in Gao, ist wegen seiner Gewaltverbrechen zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Touré, als „Handabschneider von Gao“ bekannt geworden, wurde am 18.08.17 von einem Gericht in der Hauptstadt Bamako aller ihm zur Last gelegten Verbrechen (u.a. Gefährdung der staatlichen Sicherheit und schwerer Körperverletzung) schuldig gesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, er habe Dieben die Hand abgeschnitten und unverschleierte Frauen öffentlich auspeitschen lassen. Touré bestritt die Anschuldigungen. Der Prozess dauerte einen Tag.
Menschenrechtsorganisationen beklagen, dass Touré, nicht auch wegen Folter oder Kriegsverbrechen vor Gericht stand.

Nigeria

Boko Haram: 28 Tote bei Selbstmordanschlägen auf Markt und Flüchtlingslager

Am Abend des 15.08.17 betraten drei Selbstmordattentäterinnen den Markt des Dorfes Mandarari (etwa 30 km südöstlich von Maiduguri bei der Stadt Konduga, Bundesstaat Borno). Eine der Terroristinnen sprengte sich auf dem Markt, die beiden anderen in der Nähe vor einem Lager für Binnenflüchtlinge in die Luft. Bei den Anschlägen wurden insgesamt etwa 28 Menschen getötet und 82 verletzt.

Boko Haram: Zwei Dörfer in Adamawa niedergebrannt
In der Nacht des 14.08.17 attackierten mutmaßlich Angehörige der islamistischen Terrororganisation Boko Haram im nordöstlichen Bundesstaat Adamawa die beiden Dörfer Nyibango und Muduhu (Madagali Local Government Area). Sie plünderten Lebensmittel, töteten Vieh und brannten beide Dörfer vollständig nieder.

Sierra Leone

Naturkatastrophe – mehr als tausend Tote befürchtet

Am frühen Morgen des 14.08.17 stürzte nach dreitägigen sintflutartigen Regenfällen eine Schlammlawine vom „Zuckerhut-Hügel“ in Freetown im Stadtteil Regent (15 Kilometer außerhalb des Zentrums) ins Tal. Mehr als 1.000 Menschen könnten dabei umgekommen sein. Auf ihrem Weg rissen die Erdmassen mindestens einhundert Häuser und unzählige Hütten mit sich, in denen Tausende schliefen. Präsident Ernest Bai Koroma verhängte eine einwöchige Staatstrauer. Nach der Ebola-Epidemie ist dies die zweite Naturkatastrophe in drei Jahren, die über eines der ärmsten Länder in Afrikas hereingebrochen ist.

Somalia

Anschläge

Am 14.08.17 brachte al-Shabaab eine Autobombe in einem Taxi vor einem Hotel in Mogadischu zur Explosion. Dabei starb der Taxifahrer, in dessen Fahrzeug die Extremisten die Bombe versteckt hatten.
Al-Shabaab übernahm die Verantwortung für die Ermordung eines Mitarbeiters der Übergangsverwaltung von Hir-Shabelle in Mahaday (Region Middle Shabelle) am 16.08.17 sowie für die Ermordung eines Mitarbeiters des somalischen Geheimdienstes im Stadtteil Waberi von Mogadischu am 17.08.17. Al-Shabaab-Angehörige ermordeten am 17.08.17 in Mogadischu den Leiter der somalischen Vereinigung der Fußballschiedsrichter.

Kampfhandlungen

Al-Shabaab erklärte sich verantwortlich für den Beschuss eines Stützpunktes burundischer AMISOM-Soldaten in Mahaday (Region Middle Shabelle) am 15.08.17 und für einen Angriff auf einen Konvoi burundischer Truppen mit einer Sprengfalle in derselben Stadt zwei Tage später. Mahaday liegt an einer Hauptverkehrsstraße, die Mogadischu mit dem Norden verbindet.
Das Afrikanische Kommando der Vereinigten Staaten (US Africa Command – AFRICOM) führte am 16. und 17.08.17 drei Luftschläge gegen al-Shabaab in Jilib (Region Middle Juba). Nach Angaben von Staatspräsident Präsident Farmajo wurden dabei sieben Extremisten getötet.

Anstehende Wahlen in Somaliland

Die Regierung von Puntland verlegte am 12.08.17 Soldaten in die Regionen Sool und Sanaag, um die Vorbereitungen der somaliländischen Regierung für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im November 2017 zu verhindern. Puntland und Somaliland streiten seit langem über die Zugehörigkeit dieser beiden Regionen.

Südsudan

Mehr als zwei Millionen außer Landes geflohen

Nach UN-Angaben vom 17.08.17 fsind bisher mehr als eine Million südsudanesische Zivilisten nach Uganda geflohen, um dem bewaffneten Konflikt, dem Hunger und der sexuellen Gewalt in dem seit Ende 2013 in ihrem Heimatland andauernden Bürgerkrieg zu entrinnen. Etwa 1.800 Flüchtlinge überqueren täglich die Grenze nach Uganda. Eine weitere Million ist aus Südsudan nach Sudan, Äthiopien, Kenia, in die Demokratische Republik Kongo sowie in die Zentralafrikanische Republik geflüchtet.

Syrien

Über 600.000 Heimkehrer

Am 11.08.17 teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) in Genf mit, dass zwischen Januar und Juli 2017 mehr als 600.000 syrische Flüchtlinge in ihre Heimatorte zurückgekehrt seien. Davon entfielen über 80 Prozent auf Binnenflüchtlinge. Die Übrigen seien aus den Nachbarländern Türkei, Libanon, Jordanien und Irak zurückgekehrt. Viele Rückkehrer wollten ihr Eigentum in den Heimatgebieten sichern, andere glaubten an eine Verbesserung der Wirtschafts- und Sicherheitslage.
Nach UN-Angaben gibt es insgesamt mehr als elf Millionen Geflüchtete. Eine geordnete Rückkehr scheide aus, solange der Bürgerkrieg andauere.

Russischer Luftangriff tötet 200 IS-Kämpfer

Nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen starben bei einem Angriff der russischen Luftwaffe auf den IS in der Nähe von Damaskus mehr 200 seiner Kämpfer. Auch militärische Ausrüstung wurde zerstört. Angaben zum Zeitpunkt des Angriffs wurden nicht gemacht. Die Kämpfer sollen auf dem Weg in die Stadt Deir al-Zor gewesen sei, wo der IS derzeit Kräfte konzentriere, nachdem seine Kämpfer aus dem Süden der Provinz Raqqa und dem Westen der Provinz Homs von den Landstreitkräften der Regierung verdrängt worden seien.

Damaskus: Raketenangriff auf Handelsmesse fordert Tote

Durch einen Raketenangriff auf die Internationale Handelsmesse in der Hauptstadt kamen am 20.08.17 u.a. nach Angaben von AFP sechs Personen ums Leben; rund zwölf erlitten Verletzungen. Die Messe fand erstmals seit 2011 statt. Laut der Regierung soll sie die internationalen Handelsbeziehungen wiederbeleben. Auch westliche Firmen beteiligten sich an der Messe.

Togo

Tote bei Demonstrationen

Am 19.08.17 gingen Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Lomé und in den Städten Anié, Kara und Sokodé gewaltsam gegen von der Oppositionspartei Parti National Panafricain (PNP) veranstaltete Demonstrationen u.a. für eine Begrenzung der Amtsperioden des Staatspräsidenten vor. Dabei wurden in Sokodé mindestens zwei Demonstranten getötet. Eine Demonstration der PNP am 20.08.17 in Lomé wurde von Sicherheitskräften aufgelöst.

Zentralafrikanische Republik/DR Kongo

Fluchtwelle in die DR Kongo/Gewalt in ZAR hält an

Wie UNHCR am 15.08.17 berichtete, flohen in der Woche zuvor mehr als 10.000 Menschen vor der unsicheren Lage in Bema in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) in die Stadt Yakoma in der Provinz Nord-Ubangi in der DR Kongo. Auch in andere Gebiete der DR Kongo halte der Zustrom an. Seit Mitte Mai 2017 seien insgesamt 75.000 Flüchtlinge in das Land gelangt, häufig in entlegene Gebiete, wo nur wenige humanitäre Helfer vor Ort seien.
Die Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik hält an. So wurden bei Kämpfen zwischen Anti-Balaka und der Volksfront für die Wiedergeburt Zentralafrikas (FPRC) in der Stadt Bria am 19.08.17 mindestens 13 Menschen getötet.