„Die 100“ in der ARD; Tränen, Tumult, TV-Tristesse

Der inszenierte Niedergang. Wie die ARD-Sendung „Die 100” zum Symptom einer Gesellschaft im freien Fall wird. Gebührenfinanziert, natürlich.

Am Montag offenbarte sich in der ARD das ganze Elend unserer Zeit. Während die Republik draußen, vor dem TV-Studio, in politischer, wirtschaftlicher und sozialer Agonie liegt, veranstaltete der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Spektakel, das seinesgleichen sucht. Die Frage des Abends: Ist Deutschland zu „woke“? Die eigentliche Frage hätte lauten müssen: Wie tief kann Fernsehen noch sinken?

Ein Pulk von Menschen, aufgestellt wie Schachfiguren, bewegen sich zwischen Ja und Nein. Ein Moderator mit Hautfarbentafel in der Hand. Eine Journalistin, die Sombreros verteilt. Ein weinender Ex-Fußballer. Ein Mann aus Neustrelitz, der bestimmte Worte nicht als Beleidigung empfinden mag. Das ist keine Debatte. Das ist Varieté am Abgrund.

Schon die Mechanik des Formats verheißt seine Bankrotterklärung: Komplexität wird auf binäre Bewegungsmuster reduziert. Menschen werden zu wandelnden Meinungsbarometern degradiert. Der Diskurs verkommt zur Choreografie. Was sich als demokratische Teilhabe maskiert, entlarvt sich als Simulation von Partizipation. […]

Überall, wo Institutionen versagen, wird die PR-Maschine angeworfen. […]

Erinnern wir uns an Formate früherer Jahrzehnte: Es gab Zeiten, in denen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen tatsächlich debattiert wurde. Wo Argumente zählten, nicht Effekte. Wo Expertise gefragt war, nicht Betroffenheit. Wo der Erkenntnisgewinn im Zentrum stand, nicht die Quote. […]

Die Folge  von „Die 100“ von diesem 15. Dezember 2025 war mehr als nur schlechtes Fernsehen. Sie war ein Menetekel. Ein Fanal des Niedergangs. Ein Symptom für eine Gesellschaft, die sich selbst aufgegeben hat. […]

Es wäre Zeit für Ehrlichkeit. Zeit für Klarheit. Zeit für echten Diskurs statt inszenierter Debatten. Aber die Zeit läuft ab. Die Show geht weiter.

https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/die-100-in-der-ard-traenen-tumult-tv-tristesse-li.10010536

„Die 100“: ARD sendet lupenreine Propaganda zur besten Sendezeit

Die ARD lässt 100 Bürger über die Regierung debattieren – doch die Inszenierung folgt einem bekannten Propaganda-Muster. Eine Medienkritik (Teil 1).

Der öffentlich-rechtliche Journalismus hat einen kaum für möglich gehaltenen, großartigen Höhepunkt erreicht.

Mit dem neuen Format Die 100 – was Deutschland bewegt und dessen erster Folge Werden wir gut regiert?, vom WDR für das ARD-Erste produziert und dieser Tage auch im linearen Hauptprogramm gesendet, haben die Verantwortlichen eindrucksvoll bewiesen, wie ernst sie kritische Forderungen nach mehr Repräsentation und Artikulation möglichst aller wichtigen Schichten hierzulande nehmen! Das ist ein Beteiligungsformat vom Feinsten!

Scherz beiseite: Wir haben es hier mit letztlich lupenreiner Propaganda zu tun. Wie aus dem Lehrbuch. […]

Als „Ja“ und „Nein“, hier zur Frage „Werden wir gut regiert?“.

Aller schlechten Dinge aber sind hier mindestens drei:

Erstens ist schon dieses „Wir“ komplett aus der Luft gegriffen: Wer soll dieses „Wir“ in einer hochgradig gespaltenen, krisen-geprägten Klassengesellschaft denn bitteschön sein? […] Zweitens ist genau dies die hochproblematische, gefährlich über-vereinfachende Schwarz-Weißmalerei, die spätestens seit der Corona-Pandemie alle wichtigen Debatten prägt […] Drittens wird gerade die „Ja, wir werden gut regiert“-Seite mit ihrer „Frontfrau“ Anna Planken so emotionalisierend und hurra-patriotisch in Szene gesetzt, dass man sich fast in schlechte, alte Wochenschau-Zeiten zurückversetzt wähnt.

https://www.telepolis.de/article/Die-100-ARD-sendet-lupenreine-Propaganda-zur-besten-Sendezeit-11116113.html