Pipelines aus Russland und Fracking-Gas aus USA – die Chronologie der Gasversorgung in Europa
Bildquelle: via Anti-Spiegel
In den Medien finden sich immer wieder Berichte, dass Europa seine Abhängigkeit vom russischen Gas verringern sollte. Und es finden sich Berichte, dass die USA ihr Fracking-Gas nach Europa verkaufen wollen. Da lohnt sich ein Blick auf die Hintergründe und die historische Entwicklung.
Die Vorgeschichte
Der Westen wirft Russland immer wieder vor, das Gas als „politische Waffe“ oder „Druckmittel“ einzusetzen. Diese Vorwürfe hörte man auch schon früher. Daher lohnt es sich, hier die Vorgeschichte zu betrachten.
Als eine Folge der Entspannungspolitik der SPD in den 1970er Jahren wurden Verträge über die Lieferung von Erdgas mit der Sowjetunion geschlossen. Heute verbraucht Deutschland ca. 100 Mrd. m³ Gas pro Jahr und der größte Teil davon kommt aus Russland. Die Pipelines, durch die das Gas nach Deutschland geleitet wurde, verlaufen durch Weißrussland und die Ukraine. Da es in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen mit diesen Transitländern gekommen ist, wurde mit Nord Stream eine weitere Pipeline durch die Ostsee verlegt und eine zweite ist gegen den massiven Widerstand der USA in Planung.
Probleme mit der Versorgung taten sich nur im Zuge verschiedener Streitigkeiten zwischen Russland und den Transitländern Weißrussland und Ukraine auf.
Im Jahr 2005 kam es zu einem Streit zwischen Russland und der Ukraine über die Gaspreise und die Transitbedingungen. Russland drohte zum 1. Januar 2006 die Gaslieferungen an die Ukraine einzustellen, wenn man sich bis dahin nicht einigen sollte. Zwischen dem 1. und 3. Januar kam es zu Schwankungen in der europäischen Gasversorgung, weil anscheinend die Ukraine aus den Pipelines Gas entnahm, welches für die EU bestimmt war, wie z.B. die „BBC“ berichtete. Am 4. Januar einigten sich Russland und die Ukraine auf einen Kompromiss.
Im Jahr 2007 kam es erneut zu Problemen. Der Grund lag darin, dass die Ukraine einen Gasmix aus russischem und turkmenischem Gas bezog, wobei das turkmenische Gas bedeutend günstiger war als das russische. Im Winter 2007/2008 kam es jedoch von Seiten Turkmenistans zu Lieferschwierigkeiten und Russland sprang ein und lieferte russisches Gas, um die Engpässe zu kompensieren. Die Ukraine weigerte sich in der Folge jedoch, für das aus Russland erhaltene Gas die Differenz zwischen turkmenischem und russischem Preis zu bezahlen. Am 3. März 2008 kam es für zwei Tage zu verringerten Gaslieferungen an die Ukraine, nachdem die Ukraine trotz Aufforderungen aus Russland ihre offenen Rechnungen nicht bezahlt hatte. Am 5. März einigte man sich dann, wie z.B. der „Spiegel“ unter der Überschrift „Energie-Geschacher: Kiew und Moskau legen Gas-Streit bei“ berichtete.
Im November 2008 gab es wieder Probleme, als Russland die Begleichung von 2,4 Mrd. Dollar rückständiger Zahlungen forderte, während die Ukraine von nur 1,3 Mrd. an einen Zwischenhändler sprach. Zusätzlich gab es noch keinen neuen Liefervertrag ab 2009 und Russland knüpfte den Abschluss des Vertrages an die Bedingung, dass erst die Altschulden beglichen werden müssten. Ab 1. Januar 2009 reduzierte Gazprom die Lieferungen und speiste nur noch das Gas in die Pipeline ein, welches für europäische Länder bestimmt war, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am 1. Januar 2009 unter der Überschrift „Russland dreht den Gashahn zu“ meldete:
„Der russische Staatskonzern Gazprom hat im Streit mit der Ukraine seine Drohungen wahr gemacht und seine Gaslieferungen an das Nachbarland am Neujahrsmorgen eingestellt. Im Streit geht es um weit mehr als um den Gaspreis. Westeuropas Energieversorgung ist davon zurzeit nicht beeinträchtigt. … Vermutlich hatte die Ukraine tatsächlich Schwierigkeiten, das Geld für das russische Gas aufzubringen. Naftogas Ukrainy stand in den vergangenen Jahren schon mehrmals am Rande des Bankrotts, was auch daran lag, dass die Gaspreiserhöhungen der vergangenen Jahre nur teilweise an die Verbraucher in der Ukraine weitergegeben wurden. … Die Währung Griwna hat gegenüber dem Dollar deutlich an Wert verloren. Gazprom kam dem entgegen, indem es vorschlug, die Transitgebühren für das nächste Jahr im Voraus zu zahlen und sie mit den aufgelaufenen Schulden zu verrechnen. Das hätte für den Augenblick genau gereicht. Darauf wollte sich die Ukraine aber nicht einlassen, womöglich, weil sie damit einen Trumpf aus der Hand gegeben hätte.“
Trotzdem hatte man sich schon über die Altschulden geeinigt, es fehlte jedoch noch eine Einigung über den künftigen Preis. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schrieb dazu im selben Artikel: „Russland verlangt 250 Dollar (177 Euro) je 1000 Kubikmeter Gas. Russlands Regierungschef Wladimir Putin bezeichnete Moskaus Angebot als Freundschaftspreis, der unter Weltmarktniveau liege. Die finanziell extrem angeschlagene Ukraine will den Preis auf 201 Dollar drücken mit der Begründung, dass die Rohstoffkosten derzeit niedrig seien.“
Zu allem Überfluss hob ein Kiewer Gericht, obwohl dies nicht in seine Kompetenzen fiel, den bis 2010 geltenden Transitvertrag auf. Nun musste Gazprom die Gaslieferungen komplett einstellen und konnte die EU nicht mehr beliefern, da es keine Transitregelung mehr gab.
Wie ging es weiter? Das lesen Sie auf Anti-Spiegel….
