Norbert Himmler wird neuer Intendant des ZDF
Vorher:
Beim ZDF wird am Freitag einE neueR IntendantIn gewählt. Solche Wahlen um den höchsten Posten in Mainz sind eine heikel. Weshalb das ZDF wahrscheinlich ganz froh ist, dass es nicht so viele mitkriegen und die Berichterstattung eher dünne ist.
Eigentlich schien die Sache so haus- wie ausgemacht. Wie im Märchen soll in anstaltsdynastischer Folge Programmdirektor Norbert Himmler neuer Chef werden. Schließlich war schon der amtierende Thomas Bellut, bevor er Intendant wurde, Programmdirektor und bei seinem Vorgänger Markus Schächter wiederum war es auch schon so. Das ZDF als gelebtes Erbkaisertum mit dem Fernsehrat als Senat, der den Cäsaren kürt. …. Außerdem ist noch zu hören, dass sie ja gerne noch andere KandidatInnen präsentiert hätten. Die wären aber nur bei Gewinngarantie angetreten. Ansonsten bleibt alles schön intransparent.
https://taz.de/Archiv-Suche/!5783585&s=Grimberg&SuchRahmen=Print/
Norbert Himmler oder doch Tina Hassel?
Am Freitag entscheidet sich im ZDF-Fernsehrat, wer an die Spitze des Mainzer Senders rückt. Vielleicht sollte sich Favorit Norbert Himmler nicht zu sicher sein. … Es dürfte vielmehr auf den persönlichen Geschmack der Wahlmänner und -Frauen ankommen. Fraglich ist, inwiefern die oft gescholtene Links-Rechts-Lagerbildung im öffentlich-rechtlichen Gremium zum Tragen kommt. Himmler gilt als Kandidat des konservativen-bürgerlichen Freundeskreises, Tina Hassel als Kandidatin des roten Freundeskreises. Dem Fernsehrat gehören Vertreter verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und der Politik an. …. Die Wahl soll um neun Uhr starten, weitere Wahlgänge nicht ausgeschlossen.
Die Sitzung des Fernsehrates startet um 9 Uhr und ist bis 15 Uhr angesetzt. Getagt wird in Präsenz in der Rheingoldhalle Mainz. Voraussichtlich um 9:20 Uhr wird es ernst, dann nämlich startet man mit dem Tagesordnungspunkt, in dem es um die Wahl geht. Norbert Himmler und Tina Hassel haben dann noch einmal die Möglichkeit, sich vor den Fernsehrats-Mitgliedern vorzustellen und ihre Konzepte und Visionen zu präsentieren. Einiges davon ist ja bereits durchgesickert
https://www.dwdl.de/nachrichten/83456/das_ist_der_fahrplan_zur_wahl_des_zdfintendanten/
in echter Verdienst von Himmler ist sein Dirigieren der verschiedenen Genres und Redaktionen. Von außen betrachtet dauerte sicher manches länger als nötig, von innen betrachtet ging es so schnell wie möglich. Die Erwartungen von außen mit den Gegebenheiten in der Anstalt in Einklang zu bringen, braucht eben einen Dirigenten mit Gespür für die richtige Tonlage.
Eine Qualität, die auch als Intendant nicht schaden kann. Tina Hassel mag sie auch besitzen. Im ZDF kann man darüber nur rätseln. Sie bleibt dort vorerst die große Unbekannte. Aus dem Haus heißt es: Sollte Norbert Himmler die Wahl im ZDF-Fernsehrat, wisse man woran man sei. Sollte Tina Hassel die Wahl gewinnen, wird man am Lerchenberg versuchen, aus ihren ersten Worten als gewählte Intendantin so viel wie möglich zu deuten. Auch das sei möglich. Die schlimmste aller Varianten wäre jedoch die Hängepartie, wenn der ZDF-Fernsehrat an diesem Morgen zu keiner Mehrheit kommt und die Entscheidung um Monate vertagt wird. Das würde das ZDF auf der Höhe des Erfolgs lähmen – und das ganz ohne Not.
Die Sitzung des Fernsehrats, und damit auch die Wahl selbst, wird auf der Webseite des Gremiums gestreamt.
https://www.zdf.de/zdfunternehmen/gremien-102.html
Nachher:
Norbert Himmler wird Intendant – eine hervorragende Nachricht ist das
Die Karriere von Himmler ist geprägt davon, dass er das ZDF-Programm nicht durch „Traumschiff“-Gefilde, sondern durch die erste Welle der Digitalisierung, den großen Umbruch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gelotst hat. Wenn das ZDF heute in vielem moderner wirkt und technisch oft weiter ist als die ARD-Sender, hat das auch viel mit Strategien des Duos Bellut/Himmler zu tun. Man traut der Anstalt mit ihm eine ähnlich ruhige, aber radikale Entwicklung zu. …
Als Intendant muss Himmler mehr Zeit mit strategischer Diplomatie verbringen. Er muss diejenigen überzeugen, die eines der beiden abgabenfinanzierten bundesweiten TV-Programme abschaffen wollen, oder das öffentlich-rechtliche System überhaupt. Er muss Sparmaßnahmen durchsetzen. Er braucht mehr Frauen in Spitzenpositionen. Beim Programm wird es darum gehen, ob Zuschauer es in der Mediathek und auf Social Media finden.
https://www.sueddeutsche.de/meinung/norbert-himmler-zdf-intendant-neuer-intendant-1.5340727
Treffen hinter Absperrband: ZDF-Freundeskreise
Das Schöne bei der Wahl in Mainz war auch, dass man einmal die sogenannten Freundeskreise leibhaftig sehen konnte, die im ZDF-Fernsehrat neuerdings viel Wert darauf legen, überparteilich zu sein. Der schwarze, geleitet vom ehemaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung, CDU, versammelte sich in der Pause nach dem ersten Wahlgang hinter einem Absperrband auf der Terrasse vor der Halle. Der rote, von Verdi-Chef Frank Werneke geleitet, beriet sich im Sitzungssaal. Das ist deshalb bemerkenswert, weil ansonsten alle an diesem Tag so taten, als gebe es diese Lagerbildung nicht in dem mächtigen Aufsichtsgremium.
https://www.sueddeutsche.de/medien/norbert-himmler-zdf-zdf-intendantenwahl-1.5340916
Tina Hassel, 57, gab nach dem zweiten Wahlgang in einer kurzen Rede ihren Rückzug als Kandidatin für die ZDF-Intendanz bekannt. Sie sagte an die Fernsehratsvorsitzende und den Fernsehrat gewandt: „Herzlichen Dank Frau Thieme, herzlichen Dank an Sie alle hier. Im zweiten Wahlgang hat es noch keine Mehrheit gegeben. Vier Stimmen trennen Herrn Doktor Himmler und mich. Und ich möchte im Sinne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und eines starken ZDF, dass aus einer kleinen Mehrheit eine große Mehrheit wird, dass Sie alle für Herrn Doktor Himmler stimmen können. Ich auf jeden Fall danke, ich werde an dieser Stelle das Rennen beenden. Ich danke ganz herzlich allen, die für mich gestimmt haben, die mir das Vertrauen ausgesprochen haben. Eine Wahl mit echten Alternativen ist die Krone der Demokratie – genauso ist es. Und insofern reite ich sehr erhobenen Hauptes hier vom Hofe und danke Ihnen allen, aber gratuliere vor allem Herrn Doktor Himmler ganz herzlich, wünsche ihm gutes Gelingen für die großen Aufgaben, die vor ihm liegen. Und wir wollen, glaube ich, beide dasselbe, er jetzt an der Stelle und ich, wo immer ich arbeite: einen starken, modernen, agilen, krisenfesten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dafür brauchen wir auch sie alle, die unsere Arbeit begleiten und auch in möglicherweise noch stürmischeren Zeiten weiter begleiten. Und, das gestatten Sie mir noch zum Abschied: Wir brauchen beide öffentlich-rechtlichen Systeme. So, das war’s. Herzlichen Dank!“