Denkbare Überraschungen

Ein Beschwerdebrief von Anja Böttcher an die Autorinnen der Studie „Elf Entwicklungen, die die russische Außenpolitik nehmen könnte“, Dr. phil. Margarete Klein und Sabine Fischer von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
Sehr geehrte Frau Dr. Klein, sehr geehrte Frau Fischer,
mit Entsetzen habe ich den Inhalt der von Ihnen als Herausgeberin mit zu verantwortenden „Studie“ der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) „Denkbare Überraschungen. Elf Entwicklungen, die die russische Außenpolitik nehmen könnte“ gelesen. Im begleitend auf den Seiten der SWP abgedruckten Interview bezeichnen Sie diese Veröffentlichung als „eine Übung in wissenschaftlich angeleiteter Vorausschau“, in der spekulativ „sogenannte[] »graue[] Schwänen«, also möglichen krisenhaften Entwicklungen, die sich über einen längeren Zeitraum abzeichnen“ imaginiert werden. „Ausgangspunkt“ sei „die Erkenntnis“ gewesen, „dass die Annexion der Krim oder auch das russische militärische Eingreifen in Syrien politische Akteure und Experten/innen vollkommen überrascht hat – das übrigens nicht nur im Westen, sondern auch in Russland.“ Dabei geben Sie vor, die fiktional durchgespielten Szenarien seien Hochrechnungen von Entwicklungen auf der Grundlage empirisch gesicherter Fakten: „Dabei denken wir uns keine von der Gegenwart losgelösten Situationen aus, sondern machen bestehende Trends sichtbar und extrapolieren sie in die Zukunft.“ Von solchen imaginär gewonnenen Vorstellungen meinen Sie nun, Handlungsanleitungen gewinnen zu können, sollte tatsächlich eine Krisenlage entstehen, die Analogien zu den ausgemalten Szenarien aufwiese.
Dieses an sich schon höchst zweifelhafte und rein spekulative Verfahren, das es auch angesichts fehlender methodologischer Reflexionen über Grenzen der Aussagekraft imaginärer Krisenastrologie nicht nur mir schwierig machen dürfte, es als „wissenschaftlich“ anzuerkennen, wird erst recht hochgradig fragwürdig, wenn sich bereits bei den Vorüberlegungen und nachgeschobenen Legitimationsversuchen zeigt, dass der Betrachtung eine markante Realitätsverweigerung zugrunde liegt. Dies wird bereits zu Beginn deutlich, wenn die Notwendigkeit eines per Fiktion zu entwickelnden Handlungspotenzials allein vom Überraschungsmoment des SWP-Personals angesichts vermeintlich nicht vorhersehbarer russischer Aktivitäten (wie die Vorbereitung der Eingliederung der Halbinsel Krim in die Russische Föderation nach einem eindeutigen Referendum, das kompetente Analysten trotz seiner mangelnden Übereinstimmung mit der ukrainischen Verfassung als reales Ergebnis des politischen Mehrheitswillens der Bevölkerung erkennen) abgeleitet wird, obgleich diese höchst subjektive Verfassung eigentlich nichts anderes beweist als einen eklatanter Mangel geostrategischen Denkvermögens seitens des SWP.
Das wiederum mag an der ideologisch bedingten Wahrnehmungsverweigerung eines anderen Hauptakteurs in der aktuellen geostrategischen Krise liegen, nämlich der transatlantischen Falkenfraktion des US-Machtapparats und der ihm in blinder Loyalität verbundenen europäischen Akteure. Anders als mit einem mit einem strikten Denkverbot, ein Krisenszenarium, das zur ernsthaften Existenzbedrohung des europäischen Kontinents anwachsen kann, überhaupt wahrzunehmen, lässt sich dieses Loch in der Betrachtung nicht erklären. Denn selbst informierten Laien, denen einfach nur hinreichend an der Fortexistenz des eigenen Kontinents und dem Weiterleben der eigenen Kinder gelegen ist, fallen ohne große Mühe hochkarätige innere Kritiker der aktuellen Russlandpolitik der USA ein, die mehrfach laut und wahrnehmbar auch einem deutschen Publikum ihre von sachkundiger Expertise begleiteten Warnungen kundgetan haben. Hier sei an erster Stelle der ehemalige Berater von Präsident George Bush Senior und Russistikprofessor Stepen F. Cohen von der Princeton University genannt, der wöchentlich in Artikeln und langen Interviews (in der „John Bachelor Show“) in der US-Zeitschrift „The Nation“ die Ukraine-Krise begleitet und dringend vor der Gefahr eines von den USA ausgehenden Dritten Weltkriegs warnt.
Mit ihm darin konform geht Professor John Mearsheimer, Professor der Politikwissenschaft an der University of Chicago und zu Zeiten des vergangenen Kalten Kriegs Experte für „Politics of Nuclear Deterrence“. Seine Einschätzungen wurden in den USA u.a. veröffentlicht in Foreign Affairs und in Deutschland im Handelsblatt und in der Huffington Post. Da er als Verursacher der aktuellen Krise eindeutig die USA und in ihrer Gefolgschaft US-konforme europäische Politiker ansieht, zeigte auch er wenig Überraschung für russische Reaktionen, denen er zugesteht, als Abwehrreaktionen auf eine berechtigte Sorge angesichts einer aggressiven westlichen Geopolitik zu reagieren.
https://www.foreignaffairs.com/articles/russia-fsu/2014-08-18/why-ukraine-crisis-west-s-fault
https://www.foreignaffairs.com/articles/eastern-europe-caucasus/2014-10-17/faulty-powers
http://www.handelsblatt.com/politik/international/brexit-referendum/brexit-news/us-politologe-john-mearsheimer-grossmaechte-verhalten-sich-paranoid-wenn-es-um-ihre-grenzen-geht/13775698-2.html
http://www.huffingtonpost.de/2014/09/04/ukraine-krise-putin-westen_n_5764078.html
Beide Politikwissenschaftler, die sich in den USA einem neorealistischem Politikverständnis zuordnen, entsprechen darin den Einschätzungen des 2005 verstorbenen US-Historikers (gleichfalls der Princeton University) und Diplomaten (Botschafter u.a. in Moskau) George F. Kennan, der bereits 1997 vor einer NATO-Osterweiterung gewarnt hatte: “expanding NATO would be the most fateful error of American policy in the entire post-cold war era.” „Such a decision may be expected to inflame the nationalistic, anti-Western and militaristic tendencies in Russian opinion; to have an adverse effect on the development of Russian democracy; to restore the atmosphere of the cold war to East-West relations, and to impel Russian foreign policy in directions decidedly not to our liking“.
Der Sicht dieser beiden mit Kennan übereinstimmenden Analysten, als Experten noch zu Zeiten des Kalten Kriegs hochkarätig im US-Sicherheitsapparat tätig, entsprach auch die Wahrnehmung der ehemaligen Mitarbeiter der US-Geheimdienste Elizabeth Murrey, Todd E. Peirce, Coleen Rowley und Ann Wright, die sich bereits am 31.08.2014 in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Warnung wandten, dass die Falkenfraktion im US-Machtapparat, wie im Falle des Irakkriegs, Verbündete mit gefälschten Beweisen „russischer Aggression“ einen verantwortungslosen Krieg gegen die Russische Föderation herbeizuführen versuchen könnte.
Und nicht zuletzt stimmen diese Beurteilungen der Ereignisse um den Regierungsumsturz in der Ukraine auch mit der Sicht des als graue Eminenz der Realisten unter den US-Politikern bekannten Henry Kissingers in einem viel beachteten Interview in der Zeitung „The National Interest“ vom 19. August 2015 überein, in dem dieser darauf hinwies, dass kein russischer Präsident im Falle der Krim anders hätte handeln können als Wladimir Putin, da er den „regime change in Ukraine“ als das gesehen hätte, was er sein sollte: nämlich als Testvorlauf eines von den USA systematisch geplanten „regime change“ in der Russischen Föderation. Anders als das subalterne deutsche Funktionspersonal des Transatlantismus sieht sich der alte Hase der US-Politik nämlich nicht genötigt so zu tun, als seien die US-Akteure in diesem geostrategischen Spiel und ihre Pläne, die sie nie verleugneten, die „elephants in the room“, an die man nicht denken dürfe.
Weder die Aktivisten der politischen Zirkel um den dreimaligen demokratischen Präsidentenberater Zbgniew Brzézinsi, dessen politisches Werk „Die einzige Weltmacht“ in deutscher Übersetzung von niemand geringerem als Hans-Dietrich Genscher mit einem Vorwort versehen wurde und der im US-Establishment auf das engste mit US-Vizepräsident Biden verbunden ist, noch die des PNAC Begründers Robert Kagan, der durch seine Ehefrau Victoria Nuland, die zu den eifrigsten „promotern“ des „regime change Ukraine“ zu einem Zeitpunkt gehörte, als sie damit mit Hardlinern wie Senator McCain einen gemeinsam mit der französischen, der polnischen und der russischen Regierung gestarteten Vermittlungsversuch unter der Federführung von Frank-Walter Steinmeier brüskierte, sind Gestalten, deren Absichten und Handlungen ein Henry Kissinger zu kennen, leugnet. Aus all ihren geostrategischen Planschriften geht als vorrangiges US-Interesse hinter der aktiv vorangetriebenen Ukraine-Krise keineswegs das Selbstbestimmungsrecht der ukrainischen Bevölkerung hervor (deren aktuelle Regierung übrigens inzwischen in Umfragen die niedrigste aller Zustimmungsraten seit der Unabhängigkeit der Ukraine von 1992 erhält) und auch nicht das friedlich-demokratische Zusammenleben der Völker Europas, sondern einzig die US-Suprematie im 21. Jahrhundert, für die die US-Falken das Auseinanderbrechen der Russischen Föderation anstreben – ein für alle des klaren Denkens befähigten Europäer alptraumhaftes Szenarium, nach dem auf unserem Kontinent nicht ein Stein mehr auf dem anderen stehen bleiben dürfte (- nachdem unsere werten Verbündeten schon so freundlich waren, unsere Nachbarregion im Nahen Osten in Schutt und Asche zu legen.)
Auch das bekannte auf CNN öffentlich abgegebene Zitat Barack Obamas, das deutlich macht, auf welcher Seite dieses Konflikts das unangenehme Überraschungsmoment lag, dürfte dem ehemaligen US-Präsidenten auch bekannt sein. Es lautete:
„Since Mr Putin made this decision around Krimea in Ukraine, not because of some grand strategy, but because essentially he was caught off-balance by the protest in the Maidan and Yanukovitch then fleeing after we had brokered the deal to transition of power in Ukraine, since that time that improvisation that he has been doing, he has gone deeper and deeper into a situation that is a violation of international law.“
Angesichts der Tatsache, dass ein dem Außenministerium prominent zuarbeitender Thinktank wie die SWP mit dem Außenminister dem „Wohle des deutschen Volks“ und der grundgesetzlichen Bindung deutscher Außenpolitik gemäß Artikel 26 (1) verpflichtet sein sollten („Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“), ist es schon ein wenig befremdlich, wenn Sie – finanziert durch Steuergelder – aus fiktionalen Phantasien über potenziell mögliche Krisenszenarien außenpolitische Handlungsoptionen einer deutschen Außenpolitik ausloten wollen, sich jedoch bei einem solchen Konzept partout von vornherein gegen die Betrachtung des aggressivsten Akteurs in der aktuellen Krise zu immunisieren befleißigen. Und dies, obgleich vergleichbare US-Thinktanks Pläne erarbeitet haben, den polnischen Staat nicht nur zum zentralen Austragungsort, sondern auch zum offensiv treibenden Akteur eines zukünftigen Dritten Weltkriegs gegen die Russische Föderation zu machen.
Natürlich erfolgen die hier höchst beunruhigenden Ausführungen der strategischen Vorbereitung Polens auf seine erneute Rolle als Kriegsschlachtfeld rhetorisch als Planung einer umfassenden ‚pre-emptive“ „counter-insurgency“, aber geschichtsbewusste Deutsche sind sich ja nun doch bewusst, dass auch beim letzten Mal um 5 Uhr 45 vermeintlich nur „zurückgeschossen“ wurde. In Verbindung mit den bekannten oben zitierten politisch-strategischen Zielsetzungen der US-Politik kann kein denkfähiger Mensch ausschließen, dass eine aggressiv ausgerichtete militärische Infrastruktur unter US-Kontrolle, wie die obige sie für Polen vorsieht, das Land offensiv gegen die Russische Föderation in Stellung zu bringen versuchen könnte. Welche mit dem Grundgesetz zu vereinbarenden außenpolitischen Handlungsoptionen wollen Sie dann mit einem Elaborat gewinnen, das gegenüber den zentralen Aggressoren des Konflikts „Des Kaisers neue Kleider“ zu spielen bestrebt ist? Denn weder das transatlantische Mäntelchen noch eine orwellsche Rhetorik heben die Bindung der Bundesregierung und aller anderen Verfassungsorganen an dessen Friedensverpflichtung auf. Wie aber soll das von Ihnen auszulotende „Universum denkbarer Möglichkeiten“ deutscher Außenpolitik dienen, wenn es nur Optionen für die Beschränkung potenziell unfriedlicher Handlungen der Russischen Föderation vorsieht, deren Bevölkerung mit der deutschen die traumatische Erinnerung an den letzten Weltkrieg teilt, während offen hochrangige Vertreter der mächtigsten Verbündeten mit der Möglichkeit der Machtergreifung genehmer Kräfte in Russland, womöglich auch vermittels einer Neuauflage eines Großkriegs, kokettieren? (- wie auch beispielsweise die während dieser Krise amtierenden US-NATO-Befehlshaber Breedlove und Scaparrotti.)
Der obstinaten Leugnung der hegemonialen US-Machtinteressen in dieser systematisch herbeigeführten Krise und der gleichfalls sturen Leugnung der kriegerischen Gefahr, die sich in ihr auftut, entspricht in den vermeintlich wissenschaftlichen Traktaten Ihrer Publikation auch der Umgang mit Fakten (oder Mutmaßungen, die sich als Fakten ausgeben) und der unfassbare Wille zur Diskreditierung friedenspolitischer Stimmen in Deutschland, die doch verfassungsrechtlich so viel fundierter sind als das unsägliche Flirten von geschichtsvergessenen Mitarbeitern außenpolitischer Thinktanks mit der neuen deutschen Beteiligung an einer entfesselt kriegerischen US-Hegemonialpolitik. Ich werde im Folgenden als Beispiel für die fehlende Wissenschaftlichkeit Ihrer Publikation den Beitrag „Russland lanciert eine facettenreiche Kampagne zur Diskreditierung Deutschlands“ von Susan Stewart auseinandernehmen.
Gemäß des (bereits wissenschaftlich ungenügenden) methodischen Gesamtkonzepts Ihres Projekts müsste Stewart zu Beginn auf der Grundlage gesicherter empirischer Fakten eine reale Entwicklung schildern, die sie in einem zweiten Schritt linear in die Zukunft extrapoliert. Was die Autorin in dem Text aber betreibt, ist schlichtweg eine auf das Jahr 2017 verschobene hyperbolische Aufblähung als Nachrichten deklarierter abgestandener Mutmaßungen des transatlantischen Leitmediendiskurses, dessen von einem aggressiv propagandistischen Sprachstil gekennzeichnete Narrative seit zweieinhalb Jahren die Glaubwürdigkeit der deutschen Presse beim hiesigen Publikum in einem bisher ungekannten Maße haben erodieren lassen.
http://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/umfragen/aktuell/mehrheit-hat-kein-vertrauen-in-medien-berichterstattung-zum-ukraine-konflikt/
https://www.youtube.com/watch?v=mEPdRtKP9jo
http://www.heise.de/tp/artikel/42/42784/1.html
http://www.heise.de/tp/artikel/42/42784/42784_1.pdf
Dass hinter dem von den Zuschauern und Lesern untrüglich erkannten hochgradig tendenziösen Kampagnenjournalismus, der nahezu in Gänze die gesamte Russland-Berichterstattung absorbiert hat (und selbst die Sparten Feuilleton und Sport dominiert, was zum letzten Mal in Deutschland unter einem Propagandaminister Goebbels der Fall war) eine kostenaufwendig organisierte Struktur steckt, ist auch spätestens gesellschaftliches Allgemeinwissen geworden, seitdem die Satiresendung „Die Anstalt“ die empirisch sorgfältige Dissertation des Leipziger Medienwissenschaftlers Uwe Krüger zum Thema „Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alphajournalisten – eine kritische Netzwerkanalyse“ (2014) einem Millionenpublikum bekannt machte. (Von daher darf zumindest die Satire noch, was sie öffentlich im NS nicht durfte.)
https://www.youtube.com/watch?v=1ntSxZatFv8
https://www.youtube.com/watch?v=OlTtMPt8Jvg
Frau Stewart aber beschließt, diesen Umstand nicht zur Kenntnis zu nehmen. Statt einer real nachweisbaren Entwicklung wählt sie ein im vermachteten Kontext entstandenes Pressenarrativ als Ausgangspunkt für ihre fiktive Imagination eines zukünftig von bösen Russen herbeigeführten Konfliktszenariums, das, wie alle anderen in Ihrer Veröffentlichung versammelten, die Rolle des initial tätigen Hauptakteurs, nämlich der Falken des US-Machtapparats, leugnet.
Wie der Leitmediendiskurs selbst arbeitet Frau Stewart dabei mit massiver Demagogie in ihrer intellektuell wie sprachlich kaum mittelprächtigen Prosa. Die aber gießt sie nicht nur, sogar noch nicht einmal primär gegen die russische Regierung aus, sondern gegen all jene Teile der deutschen Bevölkerung, die eine Kooperation mit Russland einer kiegsstarren Konfrontation vorziehen und nicht bereit sind, sich der Konfrontationsverordnung von jenseits des Atlantiks demütig zu beugen. Sie alle wenden sich konsensual gegen eine Politik der hybriden Kriegsführung gegen ein Nachbarland, gegen die ihr folgende militaristische Aufrüstung (als seien 45 Jahre eines Kalten Kriegs mit der Drohung, sich gegenseitig atomar auszulöschen, nicht genug und als wäre die leider viel zu kurze Zeit einer Abrüstung, die unter der Regierung Bush Junior durch die einseitige Aufkündigung des ABM-Vertrags beendet wurde, nicht ein bewahrenswerter Segen gewesen) und die damit einhergehende Kriegsgefahr, welche Differenzen sie auch bei anderen politischen Fragen trennen mögen. Und in diesem Bedürfnis stellen die Diffamierten die überwältigende Menge von 80% der deutschen Bevölkerung dar, wie aktuell die Körberstiftung in einer Umfrage herausfand, nach der 81% der Deutschen eine engere Kooperation mit der Russischen Föderation wünschen und langfristig sogar 95%.
In Stewarts Text werden diese Menschen aus der als Kollektivsingular einseitig als natürlicherweise anti-russisch deklarierten Einheitsmasse namens „Deutschland“ herauskatapultiert, da ihre (kaum verwunderliche) Artikulation eines politischen Willens nach einer erneuten Ostpolitik, wie sie seit der Ära Willi Brandts eindeutig dem Mehrheitswillen der deutschen Bevölkerung entspricht, ja ihr zufolge eine „Diskreditierung Deutschlands“ darstellt. Die von Stewart allein als nicht diskreditiertbares Deutschsein deklarierte Haltung gegenüber Russland ist die stramm einheitliche Gefolgschaft einer im transatlantischen Einheitschor eisern konfrontativ agierenden Kanzlerin Merkel. Erkennt Frau Stewart eigentlich nicht, was für ein von Subalternität und Paternalismus (oder Maternalismus, der nicht einen Funken besser wäre!) geprägtes Gesellschaftsbild sie hier zeichnet? Und weiß sie nicht, dass eine solche kategorische Feindstellung eine für Russen und Deutsche immer noch traumatisierende Geschichte hat? Findet sie es schick, daran anzuknüpfen? Bemerkt sie nicht, wie erschreckend makaber und lachhaft die Phantasie ist, dafür bedürfe es einer ominösen Steuerung seitens des Kremls? Stewart aber verpanscht in ihrer propagandistischen Imaginationsskizze aus so unterschiedlichen Gruppen wie Geschäftsleuten und Ökonomen, die (wie 69% der Bevölkerung) das unselige Sanktionsregime ablehnen, Friedensaktivisten, die nicht vergessen können, was für eine mörderische Verheerung Krieg bedeutet (in den 80ern, in denen es noch nicht üblich war, Friedensdemonstranten im medialer Einheitlichkeit unterhalb der Gürtellinie kübelweise mit Diffamierungen zu übergießen, gingen allein im bundesrepublikanischen Teil dieses Landes bis zu 1,3 Millionen Menschen auf die Friedensmärsche!), Altpolitiker, die noch an die 90% der Bevölkerung an die Wahlurnen brachten und Wähler rechtspopulistischer Parteien zu einem morbiden Einheitsbrei, den sie als kaputtes Divide-et-Impera-Produkt einer mit dämonischen Begabungen ausgestatteten russischen Regierung zeichnet.
In ihrer orwellianischen Sprache heißt die friedliche Kooperation mit Russland „sich für russische Zwecke instrumentalisieren zu lassen“. Will sie mit dieser Formulierung damit ernsthaft andeuten, alleine die russische Regierung wolle Frieden? Wie kann sie nur glauben, die deutsche Bevölkerung könne sich von einer Regierung repräsentiert fühlen die anderes wolle?
Insgesamt sind ist die krude Botschaft hinter völlig banalen Sätzen in Stewarts Text derart verquast, dass man schon in einem merkwürdig ideologisierten Umfeld arbeiten muss, um dahinter die ominösen Drohungen zu lesen, die die Verfasserin hineindeutet. Dies wird deutlich im Abschnitt „Russlands Ziele und Motivationen“. Zu solchen zählt die Autorin zum Beispiel folgendes: „Kurzfristig möchte die russische Führung eine Aufhebung der EU-Sanktionen erreichen, um die wirtschaftliche Situation ihres Landes zu verbessern.“
Na was für hinterhältige Schelme aber auch! Will deutsche Wirtschaftspolitik, wo sie eigenen Interessen ungestraft folgen darf, etwa anderes? Aber worum soll es denn langfristig gehen: „Längerfristig dient das russische Verhalten dazu, die EU insgesamt zu schwächen, damit Moskau seine ökonomische und sicherheitspolitische Agenda in Europa besser durchsetzen kann.“ Warum ausgerechnet im Falle Russlands ein erklärtermaßen ursprünglich integratives Projekt wie die EU ‚geschwächt‘ werden soll, wenn es mit russischen sicherheitspolitischen Bestrebungen die eigenen verbindet und warum auch zur wechselseitigen Prosperität beitragender Handel gerade im Falle dieses Landes eine ‚Schwächung‘ sein soll, obgleich die wirtschaftlichen Potenziale EU-Europas und Russlands komplett komplementär sind, erklärt Frau Stewart nicht. (Die gute Autorin möge sich vielleicht einfach mal anschauen, wie sehr etwa das westlich herbeigeführte Erliegen des ukrainisch-russischen Handels zur Verelendung der Ukraine beigetragen hat; dann versteht vielleicht sogar sie, dass Victoria Nulands „Fuck the EU“ vor allem auch ein dickes „Fuck Ukraine“ beinhaltete, an dem Russland und EU-Europa (jedoch nicht die USA), die sich auf Dauer einen „failed state“ in ihrer Nachbarschaft nicht werden leisten können, noch jahrzehntelang zu knabbern haben werden. Vielleicht erwächst dann in ihr der Ansatz eines Verständnisses dafür, dass die Cookie-verteilende Falkendame Nuland – wie für andere erfolgreich zerlegte Staaten auch – für die Ukraine nicht den Freiheits-, sondern den Würgeengel gespielt hat.)
Doch Stewart fährt fort: „Teil dieser Agenda ist unter anderem, Wege für Investitionen und konkrete Projektkooperationen zu ebnen und eine geopolitische Konstellation herbeizuführen, bei der Russlands Einflusssphäre im postsowjetischen Raum anerkannt wird.“ Auch hier wieder stellt man sich fassungslos die Frage: Was ist am Wunsch nach Projektkooperation und der Ebnung des Weges für Investitionen bedenklich? Und was meint die Autorin mit der Herbeiführung von „geopolitischen Konstellationen“, die Russlands „Einflusssphäre im postsowjetischen Raum“ anerkennen? Was die deutsche Bevölkerung im Einklang mit unserer Verfassung höchst begrüßenswert fände, wäre, wenn insgesamt gegenseitige Abrüstung begonnen, Aufrüstung zurückgefahren würde, um dahingehend eine gemeinsame ‚Sicherheitsarchitektur‘ zu entwickeln, die gegenseitige kriegerische Konflikte durch für alle geltende politische Regeln zur Problemlösung ersetzte, die folglich auf geostrategisch motivierte Regime changes ebenso verzichtete wie auf die Aufrüstung terroristischer Strukturen zur geopolitischen Schwächung anderer und gemeinsam stattdessen konsequent Verbrechensbekämpfung, vor allem zur Verhinderung terroristischer Anschläge gegen Zivilbevölkerungen, unternähme.
Dadurch würden, einen grundgesetzkonformen Begriff von Sicherheitspolitik vorausgesetzt, alle gewinnen – EU-Länder wie die Kaukasus-Republiken wie die Russische Föderation. Wie also soll die hier Russland zugesprochene ‚Zielsetzung‘ also eine Schwächung Europas bewirken? Sie würde doch zweifelsfrei europäische Sicherheit erhöhen – so wie die Bürger sie begreifen. Nur das Problem ist: Frau Stewart versteht unter „Sicherheitsinteressen“ nicht, was Bevölkerung und das Grundgesetz darunter fassen: nämlich die Verhinderung der Entstehung physischer Gewalt. Ihr geht es um die Sicherung hegemonialer Dominanz im Kräftemessen militärischer Apparate, die sie ganz im Modus des Kalten Krieges begreift, die auch Europäer zu ihrem Primat erheben sollen – und zwar bis zur Gefahr eines den Kontinent vernichtenden Krieges. Und dass es ihr keineswegs um die Sicherheit der Bevölkerung, sondern allein um die Aufrechterhaltung eines US- und Europa aneinander kettenden Machtapparats geht, entschlüpft ihr dann auch im folgenden verräterischen Satz:
„Hinzu kommt das Bestreben, einen Keil zwischen die EU und die USA zu treiben, um den Wirkungsradius beider zu verringern und gemeinsame, gegen Russland gerichtete Anstrengungen zu verhindern.“
In der Logik, die Stewart vertritt, reduziert sich die Stärke, die sie meint, allein auf die feindlich einsetzbare kriegerische Potenz gegen Russland, dessen selbstverständliches Bedürfnis, nicht zum Objekt kriegerischer Angriffe zu werden, sie hier als suspekt darstellt. Da sie es als Kern, als raison d‘etre der transatlantischen Allianz, erachtet, „gegen Russland gerichtete Anstrengungen“ zu unternehmen, also auf den Kriegsfall ausgerichtet zu sein, erhebt sie in der Beziehung zu diesem Land den Kriegsmodus zum Normalfall, da ihn der Zusammenhalt von EU und USA brauche. Ein solches Verständnis, aber ist hochgradig pathologisch und die vollständige Verkehrung der Friedenspflicht des deutschen Grundgesetzes, dem sich die deutsche Bevölkerung mehrheitlich verpflichtet weiß, wenn sie angesichts so offensichtlicher Kriegstreiberei „einen reflexartigen Affekt der Solidarisierung mit Russland“ zeigt.
Wenn ein möglicher Krieg mit Russland den Kern der Gemeinschaft der transatlantisch orientierten Funktionseliten bildet, dann gehört laut Artikel 26 (1) GG die NATO als eine organisatorische Struktur, die programmatisch darauf aus ist, „das friedliche Zusammenleben der Völker“ zu zerstören, nicht nur durch „einen Keil“ ‚geschwächt‘, sondern ein für alle Mal rigoros aufgelöst. Denn das letzte Mal, als eine deutsche Bevölkerung es akzeptierte, von einer solchen Logik regiert zu werden, waren am Ende 27,5 Millionen Sowjetbürger und 7 Millionen Deutsche als Kriegstote zu beklagen.
Insgesamt ist es unfassbar, was Stewart hier als Bedrohung zeichnet: nämlich einen Zustand, in dem sich Deutschland mit Russland, den Kaukasus-Staaten und allen anderen EU-Ländern kooperativ an einer alle diese Länder vereinigenden Politik gemeinsamer wirtschaftlicher Prosperität in Verbindung mit der gemeinschaftlichen Sicherung der physischen Unversehrtheit aller Bürger gegen politisch motivierte Verbrechen beteiligen könnte – und darüber hinaus sogar noch mit Russen zusammen öffentlich feiert (was freilich würdigere und stärker auf die Bürger bezogenen Anlässen gelten sollte als einer hier fiktiv entworfenen Gemeinschaftsparty zum Geburtstag eines Regenten.) Wäre nicht ein solches Szenarium eines, durch das die EU sich nachträglich den Friedensnobelpreis verdiente, den sie als Vertrauensvorschuss 2012 erhielt, als noch nicht für jeden global sichtbar war, dass sie nur wenige Jahre später vom mächtigsten ‚Verbündeten‘ komplett zu einer Hilfskonstruktion einer aggressiv gewendeten NATO degradiert werden würde? Aber was kann Stewart, die den Kriegsfall als Normalfall einer ‚starken‘ europäischen Politik erachtet, auch mit einem Friedensnobelpreis anfangen?
Auf zusätzliche Absurditäten in Stewarts merkwürdigen Auslassungen mag man da kaum noch eingehen, wenn das Verfahren nicht so prototypisch wäre für die gesamte Praxis der Spin-Doktoren der transatlantischen Blockflötenpresse, deren Ergüsse sie fiktional steigert. So deutet sie den in der Zukunft visionär geschauten russischen Medienkonsum als eine revanchistische Gepflogenheit, die für 2017 Böses erahnen lasse: „In Russland werden zahlreiche Interviews mit Überlebenden des Zweiten Weltkriegs veröffentlicht, die sich an das Leid erinnern, das die Wehrmacht verursacht hat, und ihre Erfahrungen dramatisch schildern. Vor dem Jahrestag kommen mehrere Spielfilme mit dieser Thematik in die Kinos. Sie stellen die Grausamkeit des nationalsozialistischen Regimes und den Hass seiner Vertreter auf Russland heraus (bzw. auf die damalige UdSSR, aber diese Tatsache wird heruntergespielt).“
Hätte sich Stewart mehr mit den im deutschen TV kontinuierlich gezeigten Dokumentationen voll zahlreicher Interviews von Überlebenden des Zweiten Weltkriegs befasst, die an das Leid erinnern, das die Wehrmacht verursacht hat, und die Erfahrungen von Deutschen, Russen und anderen Osteuropäern schildern, dann wüsste sie, dass sich der Hass des nationalsozialistischen Regimes nicht nur gegen die Staatsform der Sowjetunion, sondern als eine rassistisch motivierte Vernichtungsideologie auch gegen den „slawischen Untermenschen“ richtete und damit in grausam massenmörderischer Konsequenz auch gegen die Vorfahren der heutigen Russinnen und Russen, die mit vollem Recht der Auffassung sind, gemeinsam mit anderen Sowjetvölkern für die Befreiung Osteuropas vom rassistischen Massenmord den höchsten Blutzoll bezahlt zu haben. Für wen Menschenwürde unteilbar ist, der wird Stewarts hier im fiktionalen Modus vorgenommene Leugnung der bösartigen nazistischen Vernichtungsideologie im Verhältnis zu Slawen als nicht minder widerwärtig erachten als die in Deutschland als Straftat ausgewiesene Holocaustleugnung. Der jüdisch-US-amerikanisch-litauische Historiker Dovid Katz, den die Zunahme des aktuellen geopolitisch motivierten Geschichtsrevisionismus, den seit 2008 Teile des US-Softapparats im Baltikum und der Ukraine befeuern, zur Gründung der Plattform „Defending History“ motiviert hat, sieht hierin sogar eine Entstellung auch des Shoa-Gedenkens am Werke, die als „Holocaust obfuscation“, als verfälschende Geschichtsverzerrung, gefährlicher sei als die platte Leugnung des anti-jüdischen Völkermords, da diese nur besonders plumpe Verteidiger finde. Wer die rassistische Perfidie des „Generalplans Ost“ leugnet, durch den überhaupt der aggressive Angriffskrieg Nazideutschlands zu einem Krieg des organisierten Völkermords wurde (auch an den osteuropäischen Juden: Die systematischen Massenerschießungen jüdischer Zivilisten in der Ukraine begannen im September 1941!), der betreibt eine Entsorgung der Geschichte von atemraubender Bösartigkeit, die hinter der der Holocaustleugner in nichts zurücksteht. Stewart ist sich dafür nicht zu schade. Dass sie solche revanchistischen Phantasien aber finanziert von deutschen Steuerzahlungen für die SWP verbreiten darf, ist alarmierend.
Dagegen erweist sich der folgende auf Russland gemünzte Anwurf lediglich als unfreiwillig komische Selbstentblößung des westlichen Diskurses, der auf Dritte projiziert, was er selbst betreibt: „Da russische Politiker/innen dazu neigen, auch internationale Beziehungen zu personalisieren, wird hauptsächlich Angela Merkel für die als antirussisch wahrgenommene Politik verantwortlich gemacht.“
Damit deutet Stewart nur an, die russische Presse könnte tatsächlich auf das aktuelle deutsche Niveau herabsinken, indem sie es komplett kopierte. Denn der Beleg, dass Deutschlands Journalisten von der BIlD-Zeitung bis zur TAZ hemmungslos die russische Politik von vornherein personalisieren und in ihrem Regenten dämonisieren, bedarf nur der Betätigung einer Suchmaschine zu Russland betreffenden deutschen Zeitschriftencovern. Die sehen nämlich so aus:
Diese Bildzitate sagen wirklich alles.
Im Resümee erweist sich Stewarts Aufsatz, der qualitativ durchaus prototypisch für das gesamte Elaborat steht, das hier als „Studie“ eine kompositorisch, sprachlich und inhaltlich substanzlose Fiktion ausgibt, als eine rein propagandistische Etüde, die:
-
– der Russischen Föderation eine durch keinen einzigen Beleg empirisch erhärtete Subversionsabsicht gegen Deutschland unterstellt,
– dabei ein paternalistisches und undemokratisches Staats- und Demokratieverständnis vertritt (demzufolge eine stabile Demokratie eine ist, in der sich die gesamte Bevölkerung Deutschlands wieder, „die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen“, in kriegerischer Bereitschaft hinter einer zur grenzenlosen Konfrontation bereiten eisernen Kanzlerin als einheitliche Kampfmasse formiert),
– in diesem Kontext die Vorstellung einer Russland umfassenden breiten sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Kooperation zum Wohle aller zu einem Bedrohungsszenarium erhebt,
– sich in keiner Weise der grundgesetzlich verankerten Friedenspflicht deutscher Außenpolitik verpflichtet fühlt, sondern, im Gegenteil, diese durch eine bewusste Diffamierung diskreditiert (nämlich, indem die Autorin Friedenswillen – ausgerechnet! – rhetorisch als rechtspopulistisch brandmarkt),
– deutschen Bürgern pauschal Mündigkeit abspricht, da sie – frei von Belegen – deren Friedenswillen nicht als Ausdruck einer souveränen politischen Haltung akzeptieren kann, sondern diffamierend als Produkt feindlicher Manipulation verunglimpft,
– durch Leugnung des massenmörderischen anti-slawischen Rassismus des NS auch die Menschenwürde heutiger Russinnen und Russen mit den Füßen tritt.
In Gänze erfolgt in diesem Pamphlet ein Umgang mit verfassungsmäßigen Grundwerten unserer rechtsstaatlichen Demokratie und vor allem mit dem sie einleitenden Grundsatz, „die Menschenwürde ist unantastbar“, den niemand zu der Zeit, bevor die deutsche Bevölkerung ideologisch dazu geprügelt werden sollte, einen erneuten deutschen Militarismus als „neue deutsche Verantwortung“ zu schlucken, auch wenn dafür das Völkerrecht zu missachten sei, falls das Begehren eines Verbündeten, der keine sanktionsfähige internationale Rechtsverpflichtung je unterzeichnet hat, von seinen ‚Partnern‘ die Missachtung der eigenen Verfassung verlangte, sich je hätte vorstellen können.
Just in solchen Vorstößen sehe ich die Hauptgefahr einer inneren Destabilisierung der deutschen Gesellschaft begründet, die ich nicht minder fürchte als Sie: nämlich in dem gewaltsamen systematischen und von oben verfolgten Versuch der Herbeiführung eines Bruchs des gesellschaftlichen Konsensus nach zwei von Deutschland verbrochenen Weltkriegen, der in der gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz des Grundgesetzes seine politisch-formale Entsprechung fand – mit dem Ziel, in bundesdeutschem Vasallentum gegenüber einer aggressiv auftretenden „einzigen Weltmacht“ (Brzézinski) alle politischen Grundlagen von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu entsorgen, wo sie als Hindernis einer übergeordnetem physischen und ökonomischen Hegemonie eines seine eigene Rechtsbasis destruierenden „Westens“ begriffen werden. Wenn zunehmend innergesellschaftlich die größte Gefahr für Rechtsstaat und Demokratie vom eigenen Regierungs- und Sicherheitsapparat ausgeht, der auf ihre Bewahrung eigentlich vereidigt wurde, haben verantwortungsvolle Bürger ein großes Problem.
Freilich wird die zu diesem Ziel angestrebte gesellschaftliche Deaktivierung der friedenspolitisch aktiv sich artikulierenden Bürger, wenn man von der Grundrechtseinschränkung durch die von deutschen Diensten flankierte NSA-Totalüberwachung absieht, bisher noch nicht mit Hilfe polizeistaatlicher Mittel verfolgt, sondern der Versuch beschränkt sich noch auf die propagandistische Eindämmung durch Verunglimpfung des Friedenswillens. Aber Übungen zur Aufstandsbekämpfung der NATO, wie sie in diesem Jahr in NRW stattfanden, und das Werben der Verteidigungsministerin für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren lassen vermuten, dass die bundesdeutsche Exekutive auch diese ‚Zurückhaltung‘ aufgeben könnte, sollte die Softpower-Maschinerie einer konzertierten leitmedialen Propaganda ihren Zweck nicht erfüllen.
Denn dass auch deren Zielsetzung auf der NATO-Ebene durch Spin-Doktoren ‚verabredet‘ wird, belegen unter anderem die ergebnisorientierten Publikationen der letzten JAPCC-Konferenz, zu der vom 23. bis zum 25. November 2015 250 Vertreter aus Politik und Medien nach Essen geladen wurden, um Pläne zu entwickeln, wie die Bevölkerung von NATO-Ländern dazu gewonnen werden könne, positiver über die Kriegsaktivitäten des Bündnisses zu denken. Primäre „targets“, auf die zu zielen Lust geweckt werden sollte, waren – wie zu erwarten – der „islamistische Terror“ und Russland. Hier ist nun von Interesse, was die versammelten Medien-, Politik- und Militärvertreter verabredeten und ob diese Absichten mit unserem demokratischen Rechtsstaat vereinbar sind.
Als Kernprinzipien einer im Sinne der NATO erfolgenden „strategischen Kommunikation“ wurden die folgenden genannt:
Key Principles for NATO Strategic Communication:
Emphasize the human rights aspect of the conflict
NATO also needs to publicly and aggressively challenge the lawfare movement and uphold the traditional law of Armed Conflict rules of using force.
NATO must recognize its current struggles in strategic communication and in justifying military operations‘ necessity to the general public.That the public in some key NATO countries does not understand the requirement for NATO collective defence means that NATO needs a fundamental revision of strategic communication frameworks. NATO needs to commit far more resources and efforts to basic communication with the public.
There is a need for large specialized information agencies to leed the battle for strategic communications.
Hier wird deutlich ausgesprochen, dass die Bevölkerungen Europas dazu gebracht werden sollen, NATO-Kriege gutzuheißen und die Zerstörung von Ländern und die Tötung ihrer Bewohner zu billigen. Dazu soll die Propaganda für diese Kriege geballt mit Menschenrechtsrhetorik auffahren, damit Kriegsgegner als Feiglinge und gleichgültig gegenüber Mord und Völkermord verunglimpft werden können. Insgesamt ist die erklärte Absicht zur Diskreditierung von Pazifisten in einer massiv auszubauenden NATO-Propaganda ein gravierender Einschnitt in politische Meinungsbildungsprozesse. Um Gegenstimmen gegen den Krieg auszuschalten, wird ganz und gar auf die Kooperation der Medien gesetzt:
„Conference attendees were united in the belief that it is perception that matters. In attendance to shape public perceptions and, perceptions perhaps of senior political-policy makers the media is a key conduit via which such shaping activities can be affected. The second session oft he conference therefore considered the relationship between the military and the media with a view to considering how NATO might best improve its media messaging. Several current and former senior media player fromt both print journalism and TV participated in a fascinating session during which certain key dynamics were drawn out.“
Offensichtlich geht die Einmütigkeit zwischen Politikern und Medienvertretern so weit, dass Medien unisono als willfähriger Propagandaarm der Armee fungieren sollen. Wenn dann selbst die Platzierung von Nachrichten, deren pro-kriegerischer Tenor vorab feststeht, von der NATO diktiert werden kann, die Abgabe von Redaktionskompetenzen an das Militär somit derart weit fortgeschritten ist, wird das Reden über „eine freie Presse“ zum reinsten Hohn.
Im nächsten Abschnitt geht es speziell um die Deutschen. Zuvor wurden andere NATO-Länder dahingehend untersucht, wie groß ihre Kriegsbereitschaft sei:
„The German case study shows a marked contrast with the American and the English one. After WWII the German pacifist sentiment was very strong and remains so. The public opinion oft he armed forces is almost the opposite of the British and oft he American one. In any case of NATO using force, the Germans are far more susceptible for disinformation campaigns and anti-military campaigns than most other NATO nations. In short, a variety of political and cultural factors make Germany a very problematic case of supporting NATO military operations and to agreeing in any use of force in service of NATO.
The study of Italy very closely resembles that of Germany with a strong leftist and pacifist sentiment in the general public and also a public that opposes a use of force even if a NATO country were directly invaded.“
Im Gegensatz zur medialen Propaganda, die so tut, als sei die Gegenwehr der deutschen Bevölkerung gegen die anti-russische Konfrontation ein Hinweis auf das Wiedererstarken des braunen Ungeists, ist den Konferenzteilnehmer voll bewusst, dass die Abwehr im Gegenteil pazifistisch, zutiefst demokratisch und links motiviert ist. Die Gemeinsamkeit zum ebenfalls von faschistischen Erfahrungen traumatisierten Italien ist kaum zufällig.
Dieser Konsens soll offensichtlich in beiden Gesellschaften gebrochen werden – mit untertänigster Hilfe deutscher Leitmedienjournalisten. Lapidar wird aber an einer späteren Stelle gesagt, dass im Zweifelsfall der hartnäckige Widerstand gegen NATO-Kriege zwar eine Unannehmlichkeit sei, aber kein unüberwindliches Hindernis, da die Kriegsbeteiligung eines Landes auch einfach von oben verfügt werden könne.
Interessant ist auch die Verwendung des Begriffs „Desinformation“ in einem Atemzug mit „anti-militaristischen Kampagnen“. Da „Information“ und „Kommunikation“ in der PR-Sprache nichts Anderes bedeuten als informationelle Einheiten, die bezüglich eines „targets“, also einer Zielgruppe (militärische Terminologie), dem Ziel des Auftraggebers, hier der NATO, zum Ziel verhelfen sollen, gewinnt hierdurch auch das leitmotivisch den medialen Mainstream durchziehende Gerede von der „russischen Desinformation“ eine ganz neue Dimension. Offensichtlich ist eine solche eine jede aus Russland über die NATO-Grenze dringende Stimme oder Botschaft, die in den Bevölkerungen von NATO-Staaten den Unwillen vergrößern könnte, gegen Russland in den Krieg zu ziehen. Vielleicht ist es von daher zu erklären, warum außer politisch auf Erzeugung von Feindschaft ausgerichteten Berichten aus Russland selbst alltäglich Positives nicht mehr medial durchdringen darf – weder Kultur-, noch Sportereignisse, aber auch keine Berichte über positiv dargestellte Einzelpersonen, es sei denn sie träten dezidiert als Regierungsgegner im Sinne der NATO auf.
Unter diesen Umständen erscheint auch die mit US-Hilfe aufgebaute East SratCom Task Force der EU mehr als nur bedenklich. Bei dieser „Aufklärungsstelle“ gegen „russische Desinformation“ können sich Journalisten registrieren lassen, um in regelmäßigen Abständen per Mail zu erfahren, was als solche zu gelten hat. Letztendlich stattet die darin sich ereignende Vernetzung von Informationskriegsmaschinerie und zivilgesellschaftlichen Publikationsorganen die NATO mit einer normativ prägenden Macht über die Gesamtheit europäischer Mediendiskurse aus. Die EU wird damit auch publizistisch zum bloßen Vehikel der NATO. Und zugleich soll, wenn man nun als „Desinformation“ jede Nachricht aus der Öffentlichkeit verbannt, die irgendetwas an Land und Leuten in einem positiven Licht erscheinen lassen könnte, mittels NATO eine unüberwindbare kulturelle Barriere zwischen EU- Ländern und Russland geschaffen werden.
Auch hierbei hat das JAPCC besonders Deutschland im Blick:
„Different dynamics were found to apply to public perceptions within Europe. Indeed, there is no such thing as a general ‚European public opinion‘; opinions and perceptions vary constantly from nation to nation. Such perceptions are normally based on historical issues and often there is a degree of inertia to public opionion which makes it hard to shape and change. Factors which NATO must counter in articulating its views to a sometimes sceptical public include disinformation (for instance, the constant drip feed of Soviet and then Russian disinformation to German audiences for many years).“
Was die Konferenzteilnehmer exakt mit der spezifisch den Deutschen zukommenden „Häppchenkost sowjetischer und danach russischer Desinformation“ meinen, bleibt verschwommen. Auch wenn selbstverständlich die alte Bundesrepublik Deutschland strukturell und kulturell eine anderen westeuropäischen Staaten ebenso ähnelnde Gesellschaft war wie umgekehrt die DDR denen des Warschauer Pakts, so war natürlich Deutschland insgesamt auch in informationeller Hinsicht das Zentrum des Kalten Kriegs. Wie stark jedoch gerade im Bereich der Soft Power zwischen 1945 und 1990 die Sowjetunion den USA unterlegen war, belegen historische Gesamtdarstellungen der CIA-Aktivitäten (vgl. Saunders: „Who paid the Piper“) ebenso eindrucksvoll wie der Verlauf der Geschichte. Wenn aber tatsächlich heute eine propagandistisch eindrucksvolle russische Infrastruktur in Deutschland nachweisbar wäre, könnte dies sachlich belegt, statt durch billige und durchschaubare Propaganda dauernd bloß behauptet zu werden. (Dabei ist es wirklich peinlich, so zu tun, als könnten 28 deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehsender nebst ebenso vielen öffentlich-rechtlichen Radiosendern deutscher, österreichischer und schweizerischer Provenienz plus die US-amerikanischen Sender CBS und CNN zuzüglich der britischen BBC World anscheinend nicht ausreichen, um zwei bescheidene russische Internetportale, nämlich RT Deutsch und Sputniknews, an Einfluss auszugleichen.)
Aber das, was zum Nutzen der NATO entsorgt werden soll, ist eben genau die auf der Konferenz auch angesprochene geschichtliche Erfahrung: das nämlich mit der Kriegsgeneration immer noch nicht ausgestorbene Wissen um einen Krieg, der 27,5 Millionen Sowjetbürgern und sieben Millionen Deutschen das Leben kostete und beide Länder fürchterlich verwüstete.
Wenn sich aber zu einer solchen Kriegsagenda der öffentlich-rechtliche Diskurs vermeintlicher Demokratien hergibt, dann ist die Demokratie in Deutschland in akuter Gefahr: nicht durch das ominöse Phantom „Putin“, auf das sich ein propagandistischer Diskurs eingeschossen hat, und auch nicht durch politische Randphänomene, die erst durch die Erosion einer wirklich demokratischen Kultur entstehen konnten, sondern dadurch, dass die politischen und medialen Funktionseliten selbst so fahrlässig und verantwortungslos werden konnten, zum Zweck der Militarisierung unseres Landes dessen demokratische Grundstruktur zu zerstören.
http://japcc.org/wp-content/uploads/japcc_conf_read_ahead_2015_web.pdf
http://www.heise.de/tp/artikel/46/46431/1.html
http://www.eeas.europa.eu/top_stories/2015/261115_stratcom-east_qanda_en.htm
https://www.japcc.org/wp-content/uploads/Conf_Proceedings_2015_web.pdf
Welches Handlungspotenzial erschließt also Ihre mit den Konferenzzielen so prima kompatible Sammlung von Pamphleten, die Sie ernsthaft als „Wissenschaft“ deklarieren? Jedenfalls keines, das außenpolitisches Handeln auf der Grundlage des Grundgesetzes ermöglicht. Der einzige operative Zweck, den die bösartigen Imaginationen der Autoren hier erfüllen, besteht in der Lieferung in die Zukunft extrapolierter aktueller Anti-Russland-Narrative für die gut NATO-flankierten deutschen Leitmedien. Sie liefern schon einmal vorab eine Beihilfe in Form von Folgenarrativen, die mit dem aktuellen Kampagnenjournalismus voll kompatibel sind. Sie leisten hier lediglich ein Angebot zukünftiger Propaganda, bei denen sich gute transatlantisch vernetzte Alpha-Journalisten frei bedienen können.
Dass Sie bereit sind, für eine derartig unwürdige Publikation sowohl Ihren Namen als auch das Ethos einer wissenschaftlich ausgebildeten Fachkraft preiszugeben, wäre prinzipiell Ihre eigene Sache, täten Sie dies nicht im Auftrag eines durch den Bundeshaushalt und dadurch durch Steuermittel finanzierten Instituts, das deutscher Außenpolitik zuarbeitet. Hiergegen protestiere ich entschieden als Bürgerin, die bereit ist, den Geltungsanspruch des Grundgesetzes und vor allem seine Friedensverpflichtung, aktiv mit allen demokratisch-rechtsstaatlichen Mitteln zu verteidigen.
Da ich angesichts der breit angelegten Diffamierungspraxis des demokratischen Einspruchs seitens der Bürger von „oben“ gegen die alarmierende anti-russische Konfrontationspolitik, trotz der in ihr verborgenen Kriegsbedrohung, nirgendwo mehr die Bereitschaft zu einer offenen Diskussion erwarte, gehe ich davon aus, dass Sie – wie andere in repräsentativer Funktion Tätige – sich nicht die Mühe einer differenziert argumentierenden Auseinandersetzung mit meinem Protest geben werden. Die Erfahrungen der letzten beiden Jahre haben gezeigt, dass die Rückkehr zu den Grundlagen der Ostpolitik eines Willy Brandts und Egon Bahrs leider nur durch massiven Widerstand der Bevölkerung erzwungen werden kann.
Auch die Rechtssubstanz von Artikel 20 GG, dass in einer soliden demokratischen Gesellschaft die Macht gegen den Demos – zumal wenn der den verfassungsmäßigen Status quo verteidigt – gnadenlos baden gehen muss, müssen in diesem Land ausgerechnet die wieder neu lernen, die den Anspruch erheben, die deutsche Bevölkerung demokratisch vertreten zu wollen. Seien Sie sich folglich bewusst, dass Sie durch nichts so sehr damit genau jene gesellschaftliche Erosion vorantreiben, der Sie sich vermeintlich entgegenstellen wollen, wenn Sie im Einklang mit der Konfrontationslogik die mehr als nur notwendige Öffnung der Diskussion darüber, warum sich Deutschland mit seiner aktuell blinden Gefolgschaft gegenüber einer entfesselt militaristischen Hegemonialpolitik des den europäischen Rechtsgedanken alarmierender Weise aufgebenden ‚Westens‘ gewaltig auf dem Holzweg befindet, weiter zu boykottieren helfen. Denn die Sorgen, die mich antreiben, sind die einer Mehrheit und mein friedenspolitisch fundierter demokratischer Kampf um eine friedlich-kooperative Russlandpolitik entsprechen sogar den Bedürfnissen einer überwältigenden Mehrheit der Bundesbürger.
Ein erneutes Drehen an der Eskalationsschraube des propagandistischen Eindreschens auf die wehrhaften Demokraten im Land wird nicht helfen, den Protest zum Schweigen zu bringen. In Zeiten einer hochspezialisierten Kriegstechnologie mag die naive Losung der alten Friedensbewegung „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ nicht mehr ausreichen, um Kriege kurzfristig praktisch zu verhindern. Aber langfristig wird der Unmut sich so addieren, dass aus diesem Land ein Schiff wird, dass sich nicht weiter steuern lassen wird, sollte die Mannschaft auf der Repräsentationsebene vom obstinaten Kurs auf den Eisberg nicht abdrehen wollen.
Falls Sie auf mein Schreiben nicht reagieren (Einwände also aussitzen), werde ich Möglichkeiten suchen und finden, es zu veröffentlichen. Denn sofern Sie mir zeigen, dass Sie keine weiteren Argumente für die von Ihnen zu verantwortende Publikation vorbringen können, gehe ich davon aus, dass deren kritische Analyse von allgemeinem Interesse ist.
Mit freundlichen Grüßen,
Anja Böttcher
Nachtrag:
Am 11.08.2016 schloss ich aus den sehr spezifischen und dubiosen ‚Qualitäten‘ dieser ‚Studie‘, sie tauge einzig dafür, einer transatlantisch gut vernetzten Gruppe von Infokriegern unter den Alphajournalisten eine Vorlage für’s nächste mediale NATO-Narrativ zu liefern – und nur zwei Tage später muss mich Herr Jochen Bittner von der Zeit bestätigen. Und Bittner ist derjenige mehrfach in transatlantischen Netzwerken eingebundene Kandidat unter unseren leitenden Propagandisten, von dem ein deutsches Millionenpublikum seit jener legendären Folge von „Die Anstalt“ weiß, dass er einst Herrn Gauck die Werberede für den neuen deutschen Militarismus (unter dem orwellschen Terminus „neue Verantwortung“) schrieb, auf die er im Anschluss einen Lobpreis für die „Die Zeit“ verfasste.
Hier Bittners Artikel mit freundlicher Unterstützung des Propaganda-Thinktanks SWP (Stiftung Wissenschaft und Politik) im Dienste des deutschen Außenministeriums lautet folgendermaßen: Wladimir Putin: Für Trump und gegen Merkel
Und wieder erlebt das Publikum die gleiche demagogische Masche, die brav den Vorgaben der JAPCC-Konferenz folgt: Während Friedensengagement, Pazifismus, aber vor allem auch Medienkritik zur Domäne der bundesrepublikanischen Linken gehört haben, seitdem nach dem Zweiten Weltkrieg Theodor W. Adorno und Max Horkheimer das Frankfurter Institut für Sozialforschung leiteten, denunziert – unter Einbindung Ihres Beitrags – der NATO-affine Trommler Jochen Bittner in einem demagogischen Stück Text, das Journalismus zu nennen eine Beleidigung für einen jeden ehrbaren Vertreter dieser Branche sein dürfte – Medienkritik pauschal für die Verschärfung der Konfrontation mit Russland – und tut auch noch so, als sei die generell ganz furchtbar rechts. Da kann ich nur mit den Worten aus Goethes „Faust. Der Tragödie erster Teil“ schließen:
„Jochen, mir graut vor dir.“
Und vor Ihnen auch.
Nur eine Frage hätte ich doch noch: Falls Sie Kinder haben und das, was sie da betreiben, furchtbar schiefgeht, werden Sie denen dann noch ohne Erröten in die Augen schauen können?
Denn dass das, was Sie da alle miteinander betreiben, nichts anderes ist als schamlose propagandistische Kriegstreiberei, das meinen mit mir zwei Drittel Deutschen, welche der Russlandberichterstattung seit 2014 nicht mehr trauen, zwei ehemalige Bundeskanzler (Helmut Schmidt wurde vor seinem Tod in dieser Hinsicht ziemlich deutlich) und in einem Aufruf 60 Altpolitiker, Künstler und Autoren unterstützt von fast 1500 zustimmenden Kommentaren.
Ukraine-Krise: „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“
Zweiter Nachtrag:
Eine Reaktion seitens der SWP erfolgte nur anhand der durch eine unbekannte Mitarbeiterin übermittelten Verweigerung einer Auseinandersetzung. Am 17.08.2016 erhielt ich per Email die folgende „Antwort“:
Haben Sie Dank für Ihre ausführliche Auseinandersetzung mit der von Dr. Sabine Fischer und Dr. Margarete Klein herausgegebenen Studie. Es ist uns leider nicht möglich, uns mit allen Bürgerinnen und Bürgern bzw. ihren Ideen inhaltlich auseinanderzusetzen. Dies ließe uns zu wenig Zeit für unsere Hauptaufgabe – die Beratung von Bundesregierung und Bundestag sowie die ihr zugrundeliegende Forschung. Hier hoffe ich auf Ihr Verständnis.
Der Inhalt meines Beschwerdebriefs, der ja aufzeigt, dass das Elaborat zu ernsthaften außenpolitischen Beratungszwecken gar nicht taugen kann, wird komplett ignoriert.