Kritik am Reformstaatsvertrag: „Alle sind irritiert über die Borniertheit der Anstalten“

Andreas Nowak, der medienpolitische Sprecher der CDU im sächsischen Landtag, erklärt, warum der Reformstaatsvertrag für ARD und ZDF im Parlament scheitern kann und was er vom Gebaren der Sender hält. […]

Nirgendwo gibt es wirkliche Reformschritte, die von den Anstalten ausgehen. Insofern ist dieser Reformstaatsvertrag ein wichtiger Anfang. Es kann aber auch nur ein Anfang sein. Wer glaubt, dass es damit erledigt ist, irrt. Schon jetzt ist sichtbar, dass wesentliche Teile nachgebessert werden müssen. Beim Sport werden die Kosten jetzt auf fünf Prozent des Gesamtbudgets begrenzt. Nötig wären fünf Prozent des Programmbudgets. Bei der Unterhaltung findet gar keine Begrenzung statt. Durch die Plattform-Möglichkeiten befürchte ich sogar, dass die Anstalten künftig mehr anstatt weniger Geld haben wollen. De facto ist das nämlich keine Angebotsbeschränkung, sondern eine Ausweitung. Auch die Zusammenarbeit mit den Privaten sehen wir kritisch. Hier ist zu befürchten, dass das zu Lasten der Außenpluralität geht und die Privaten Anteile am Rundfunkbeitrag fordern könnten. Teilweise hört man diesen Anspruch auf Arbeitsebene heute schon. Zu einer größeren Anzahl von ARD-Gemeinschaftseinrichtungen in Ostdeutschland steht gar nichts im Entwurf. […]

Wir leisten uns den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk Europas. Gleichzeitig fällt er immer wieder durch politische Unausgewogenheit und Haltungsjournalismus auf. Hier ist ein Kulturwechsel erforderlich.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien-und-film/medienpolitik/ard-und-zdf-scharf-kritisiert-das-haelt-andreas-nowak-vom-gebaren-der-sender-110502408.html

ARD, ZDF und Deutschlandradio sollen digitaler, schlanker und moderner werden. Die Akzeptanz in der Bevölkerung soll gestärkt werden. So steht es im Entwurf des Reformstaatsvertrags für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Acht Sachverständige übten im Sächsischen Landtag teilweise heftige Kritik sowohl an den Plänen als auch am Status quo in den Sendern. […]

Die beiden Gewerkschaftsvertreterinnen Bettina Hesse (ver.di) und Hanna Möllers, die Justiziarin des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), störten sich an der geplanten Verschärfung der Vorgaben für Onlinetexte.

Wenn beim ÖRR nur noch solche Artikel erscheinen dürften, für die zuvor Audio- oder Videobeiträge erstellt wurden, verunmögliche das manche Information, etwa im Angebot der „Tagesschau“ oder bei „Breaking News“. Derartige mediale Genregrenzen seien überholt und sollten entfallen, meinte Hesse: „Kein Verlag wird gerettet, nur weil ÖRR wenige Texte im Internet anbietet.“

Hesse kritisierte auch die Verpflichtung zur senderübergreifenden Kooperation von ARD-Anstalten und dem ZDF als zu weitreichend. Eine Zusammenarbeit könne zwar sinnvoll sein, harte Verpflichtungen aber drohten die Eigenständigkeit der Sender auszuhöhlen. Zudem bedeuteten Kürzungen im eigenen Programm immer weniger Aufträge für freie Mitarbeiter und Arbeitsverdichtung für die Redaktionen.

Beide Gewerkschafterinnen vertraten den Standpunkt, dass im Sinne der Angebotsvielfalt nicht der ÖRR reguliert werden müsse, sondern digitale Plattformen wie TikTok oder Instagram.

Möllers argumentierte, dass die digitalen Plattformen ihre Algorithmen längst auf Aufmerksamkeit „getrimmt“ hätten. Auf diese Weise würden „Desinformation, Hass und Hetze“ verbreitet, ohne dass jemand dafür haften müsse. Das gefährde „auf Dauer die Demokratie“. Im Reformgesetz fehle es auch an einer „digitalen Strategie“:

„Im Moment wird in den digitalen Friedhof außerhalb der Plattformen exportiert. Die User bleiben in den Plattformen, wechseln nicht in die ÖRR-Plattformen.“

Nach Möllers Einschätzung werden die geplanten Änderungen vorwiegend zu Kürzungen bei Information, Kultur, im regionalen Hörfunk und bei Textartikeln führen. Durch die weiter forcierten „Kompetenzzentren“ könne zwar Doppelarbeit vermieden werden, das Wissen, die Strukturen und die Beziehungen vor Ort gingen dadurch aber allmählich verloren. Sie verlangte, die „Reform nicht an Sparzwängen, sondern an demokratischen Erfordernissen“ auszurichten. Man habe leider versäumt, die Reform zusammen mit den betroffenen Journalisten auszuarbeiten. Im aktuellen Zustand könnten sie eine Zustimmung „guten Gewissens“ nicht empfehlen.

https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/ard-zdf-co-warum-der-reformentwurf-im-dresdener-landtag-niemanden-ueberzeugte-a5144149.html

Sachsens CDU-Landtagsfraktion kann Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag so nicht zustimmen

Selbstverständlich. Diese Klage ist entweder ein unfreundlicher Akt ohne Einsicht in Notwendigkeiten, oder die Anstalten pokern darauf, dass mit den neuen Möglichkeiten der Beitrag weiter steigen könnte. Dabei haben sie heute Rücklagen, die nach Meinung der Rundfunkkommission bis zur Wirksamkeit des Reformstaatsvertrags ausreichen. Noch ist nicht klar, wie das Bundesverfassungsgericht das alles bewertet. Die Anhörung des Gerichts wurde dieses Mal sehr breit verteilt. Nicht nur die Bundesländer und die Anstalten waren zu einer Stellungnahme eingeladen, auch Verbände und Institutionen. Wir begrüßen es, dass die Länder dieses Mal einheitlich vor Gericht agieren und die Klage gemeinsam ablehnen und sich auch nur durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten lassen. Das zeigt, dass wenigstens hier Einigkeit herrscht. Alle sind irritiert über die Borniertheit der Anstalten, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. […]

So einfach ist es nicht. Das Widerspruchsverfahren ist keine Idee aus den Parlamenten. Diese werden nämlich dadurch geschwächt. Die Hoffnung, dass die Anstalten dann moderat anmelden würden, damit eine Beitragserhöhung geräuschloser beschlossen wird, dürfte nicht aufgehen. Bisher haben die öffentlich-rechtlichen Sender keine Aktivitäten in diese Richtung gezeigt – im Gegenteil. Das zeigt auch die derzeit laufende Klage. Außerdem richtet sich das Verfahren einseitig nur auf die Möglichkeit einer Erhöhung des Beitrags. Dass dieser stabil bleiben oder sogar sinken solle, ist offenbar gar nicht intendiert. Vor allem aber die Schwächung der parlamentarischen Mitwirkung bleibt ein Pro­blem. Für uns wäre dieser Staatsvertrag deshalb so nicht zustimmungsfähig.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien-und-film/medienpolitik/ard-und-zdf-scharf-kritisiert-das-haelt-andreas-nowak-vom-gebaren-der-sender-110502408.html